JudikaturOLG Linz

2R38/25h – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
03. April 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Mag. Christine Mayrhofer und Dr. Werner Gratzl in der Rechtssache des Klägers A* , geb. am **, Make-up-Artist, **, ***, vertreten durch Dr. Alexander Bosio, Rechtsanwalt in 5700 Zell am See, gegen die beklagte Partei B* C* Dr. D*, MSc, Dr. E*, Dr. F* Dr. G* OG H* , FN **, **, **, vertreten durch Univ. Prof. Dr. Friedrich Harrer, Dr. Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, wegen EUR 23.071,08 s.A. und Feststellung (Streitwert EUR 53.760,00), über die Berufungen des Klägers (Berufungsstreitwert EUR 7.936,00) und der beklagten Partei (Berufungsstreitwert EUR 2.000,00) gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 16. Jänner 2025, Cg*-29, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung der beklagten Partei wird keine Folge gegeben. Hingegen wird der Berufung des Klägers teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird in den Spruchpunkten 1., 2. und 5. teilweise bestätigt und teilweise abgeändert, sodass diese zu lauten haben:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger EUR 15.783,08 samt 4 % Zinsen aus EUR 8.642,09 vom 23. November 2023 bis 3. März 2024, aus EUR 10.783,08 vom 4. März 2024 bis 8. Juni 2024 und aus EUR 15.783,08 seit 7. Juni 2024 binnen 14 Tagen zu Handen des Klagevertreters zu bezahlen.

2. Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger weitere EUR 7.231,72 samt 4 % Zinsen aus EUR 5.354,84 vom 23. November 2023 bis 3. März 2024, aus EUR 7.231,72 seit 4. März 2024 binnen 14 Tagen zu Handen des Klagevertreters zu bezahlen, wird abgewiesen.

5. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit EUR 17.171,21 (darin EUR 2.220,98 USt und EUR 3.845,32 Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu Handen des Klagevertreters zu ersetzen.“

In den Punkten 2. und 3. bleibt das Urteil als unangefochten aufrecht.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit EUR 1.751,91 (darin EUR 170,08 USt und EUR 731,40 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt Schadenersatz und die Feststellung der Haftung für künftige Schäden aus einer im September 2022 in der Praxis der beklagten Partei nicht lege artis durchgeführten Ohrspülungsbehandlung. Im Rechtsmittelverfahren sind nur mehr die Höhe des Schmerzengeldes und der Verdienstentgang strittig.

Dazu bezog sich der Kläger auf ein vorprozessual eingeholtes Sachverständigengutachten und brachte zusammengefasst vor, das Schmerzengeld für die künftigen Schmerzen sei noch nicht fällig, sondern Grundlage des Feststellungsbegehrens. Inzwischen habe er sich nochmals einer Tympanoplastik unterzogen, die mit weiteren Schmerzen verbunden gewesen sei. Aufgrund der Dauerfolgen und Einschränkungen im täglichen Leben leide er auch an psychischen Schmerzen. Gerade Wassersportarten, die er nun vermeiden müsse, seien sein großes Hobby gewesen, und er habe auch geplant, eine Taucherausbildung zu absolvieren, was ihm aufgrund der Trommelfellverletzung verwehrt bleibe. Die damit in Zusammenhang stehenden Unlustgefühle und entgangene Lebensfreude bewerte er mit EUR 5.000,00, weshalb sich derzeit ein Schmerzengeldbegehren von EUR 14.900,00 ergebe.

Aus dem außergerichtlich eingeholten Gutachten gehe auch seine Berufsunfähigkeit von jedenfalls drei Wochen hervor. Er sei als Make-up-Artist selbständig tätig, habe sich tatsächlich vier Wochen im Krankenstand befunden und keine selbständige Tätigkeit ausüben können. Ihm sei ein Deckungsbeitrag von EUR 1.840,00 entgangen, berechnet aus erzieltem Umsatz minus der ersparten variablen Kosten, weshalb ein Verdienstentgang in dieser Höhe gefordert werde. Sein Steuerberater führe aus, dass der Deckungsbeitrag pro Woche EUR 460,00 betrage, daher für vier Wochen EUR 1.840,00; die Steuern und Abgaben betrügen pro Woche EUR 138,00. Für den in der Klage geltend gemachten Zeitraum von drei Wochen betrage der Verdienstentgang daher EUR 1.794,00. Inzwischen habe er sich nochmals einer Tympanoplastik unterzogen, weshalb ihm erneut ein zweiwöchiger Verdienstentgang von EUR 1.196,00 entstanden sei.

Nach Erörterung des Unschlüssigkeitseinwandes der beklagten Partei brachte er zum auf zuletzt EUR 3.036,00 summierten (EUR 1.840,00 der Klage + EUR 1.196,00 mit Ausdehnung) Verdienstentgangbegehren vor, es gebe zwei größere Kunden, zum einen den I* in ** und das J*. Beiden Kunden habe er mitgeteilt, dass er in den vom Sachverständigen festgestellten Zeiträumen nicht verfügbar sei. Üblicherweise wäre er aus seiner Erfahrung heraus vom I* an drei Tagen zu einem Tagessatz von EUR 800,00 brutto, vom J* ebenfalls an drei Tagen zu einem vergünstigter Stundensatz von EUR 500,00 brutto gebucht gewesen, sodass sich vom Bruttoverdienstentgang von EUR 3.900,00 abzüglich der Steuern und Sozialabgaben von ca 30 % ein Nettoverdienstentgang von ca EUR 2.730,00 ergebe.

Die beklagte Partei bestritt und wendete zum Verdienstentgang ein, das Begehren sei unschlüssig geblieben, weil dieser nicht anhand des Deckungsbeitrags zu errechnen sei, und bestritt weiters, dass der Kläger üblicherweise vom I* und vom J* gebucht worden wäre. Das Schmerzengeld sei global zu bemessen und in der geltend gemachten Höhe überzogen.

Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die beklagte Partei (zu 1.) zur Zahlung von EUR 10.883,08 s.A. einschließlich EUR 10.000,00 an Teilschmerzengeld, wies das Mehrbegehren von EUR 12.131,72 s.A. (einschließlich jenem auf Verdienstentgang; zu 2.) ab, (zu 3.) das Mehrbegehren von EUR 56,28 s.A. wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs (als vorprozessuale Kosten) zurück und traf (zu 4.) die begehrte Feststellung. Es legte seiner Entscheidung den auf den Urteilsseiten 5 bis 8 ersichtlichen Sachverhalt zugrunde, auf den verwiesen wird (§ 500a ZPO). Zu den Verletzungsfolgen stellte es zusammengefasst (soweit relevant) fest, der Kläger habe aufgrund der am 2.September 2022 eingetretenen Trommelfellperforation eine Otitis media links mit bleibendem Trommelfelldefekt und Tinnitus Grad III sowie eine kombinierte Schallleitungs-Schallempfindungsstörung links (wahrgenommen als dumpfes Ohrgefühl) und geringgradige Schallempfindungs-schwerhörigkeit rechts entwickelt. Er habe daher komprimiert an drei Tagen mittleren und 25 Tagen leichten Schmerzen gelitten, leide noch an Kopfschmerzen, Gereiztheit, Müdigkeit, Nervosität und mitunter auch psychischen Komponenten. Verletzungskausale Schlaflosigkeit sei nicht feststellbar. Er habe sich am 3. April 2023 und am 2. Jänner 2024 im K* jeweils einer Tympanoplastik unterzogen, weshalb er jeweils komprimiert einen Tag an starken, drei Tage an mittleren und sieben Tage an leichten Schmerzen gelitten habe. Durch die zweite Operation sei ein vollständiger Trommelfellverschluss erreicht worden, weshalb er seither zwar nicht mehr aufpassen müsse, dass kein Wasser ins linke Ohr komme, aber weiterhin Wassersportarten wie Tauchen, Turmspringen oder Surfen vermeiden müsse. Vor dem Vorfall sei er in der Freizeit geschwommen und gesurft und habe geplant, einen Tauchschein zu erlangen. Bis auf weiteres werde er komprimiert an vierzehn Tagen pro Jahr an leichten Schmerzen leiden. Spät- und Dauerfolgen seien nicht auszuschließen; weiterhin bestehe eine leichte Schallleitungsschwerhörigkeit und ein dekompensierter Tinnitus Grad III links. Die Wahrscheinlichkeit, dass es in Zukunft zu einer Linderung der Symptome komme, sei sehr gering, aber nicht ausgeschlossen. Auch nach zweimaliger Tympanopastik bestehe ein Restrisiko einer erneuten Trommelfellperforation.

Der Kläger sei nach den drei Behandlungen jeweils zwei Wochen nicht in der Lage gewesen, seinen Beruf als Make-up-Artist auszuüben. Er habe den Kunden vorab mitgeteilt, wann er wegen Arbeitsunfähigkeit nicht verfügbar sei und keine Aufträge ablehnen müssen. Ob er in dieser Zeit, wäre er nicht arbeitsunfähig gewesen, im I* an drei Tagen je EUR 800,00 und bei J* an drei Tagen je EUR 500,00 verdient hätte, konnte es nicht feststellen.

Zum Verdienstentgang führte es in rechtlicher Beurteilung aus, nachdem die beklagte Partei bereits zweimal darauf hingewiesen habe, dass der Begriff des Deckungsbeitrags nicht mit dem zivilrechtlichen Verdienstentgang übereinstimme, habe der Kläger nach Erörterung zuletzt vorgebracht, dass sich ein Nettoverdienstentgang in Höhe von ca EUR 2.720,00 ergebe, weil er, wäre er nicht im Krankenstand gewesen, bei seinen zwei größeren Kunden erfahrungsgemäß EUR 3.900,00 an Bruttoverdienst gehabt hätte und davon ca 30 % Steuern und Sozialabgaben abzuziehen seien. Der entgangene Verdienst sei so zu berechnen, dass der vom Verletzten für den gesamten in Betracht kommenden Zeitraum erzielte tatsächliche Verdienst zuzüglich der allenfalls zur Auszahlung gelangenden Sozialversicherungsrente von jenem Betrag abgezogen werde, den der Verletzte ohne die Körperverletzung erzielt hätte. In der Besonderheit unternehmerischer Tätigkeit liege es, dass der vorübergehende Ausfall nicht automatisch einen Rückgang der Erträge herbeiführe. Der Kläger habe einen Verdienstentgang nicht bewiesen, weshalb das Begehren abzuweisen sei.

Zum Schmerzengeld legte es unter anderem dar, eine Teilbemessung sei nur dann zulässig, wenn in diesem Zeitpunkt die Auswirkungen der Verletzung für die Zukunft nicht in vollem Umfang abschätzbar seien, weil noch kein endgültiger Dauerzustand vorliege oder weil die Schmerzen in ihren Auswirkungen für den Verletzten zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz nicht oder noch nicht endgültig überschaubar erschienen. Grundlage für die Teilbemessung seien die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz aufgetretenen Schmerzen; hingegen könnten künftige Schmerzen, auch wenn sie bereits voraussehbar seien, nicht einbezogen werden. Durch die inzwischen durchgeführte Tympanoplastik habe zwar ein vollständiger Trommelfellverschluss erreicht werden können, doch bestehe weiterhin das Restrisiko einer erneuten Trommelfellperforation. Auch sei nicht ausgeschlossen, dass es in Zukunft zu einer Linderung der Symptome komme. Deshalb seien die vorfallkausalen Auswirkungen für den Kläger zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung noch nicht endgültig überschaubar, weshalb die begehrte Zuerkennung eines Teilschmerzengeldes gerechtfertigt sei.

Neben den festgestellten unfallskausalen physiologischen und psychischen Folgen sei es dem ** geborenen Kläger unfallskausal nicht mehr möglich, sein Leben wie vor dem Vorfall zu gestalten. Besonders zu berücksichtigen sei der Umstand, dass er weiterhin an einem Tinnitus Grad III mit kombinierter Schallleitungs-Schallempfindungsstörung links und geringgradiger Schallempfindungsschwerhörigkeit rechts leide, womit Kopfschmerzen, Gereiztheit, Müdigkeit, Nervosität und dementsprechend auch mitunter psychische Komponenten verbunden seien. Dazu komme, dass der Kläger über die Dauer von 16 Monaten darauf habe achten müssen, kein Wasser in das linke Ohr zu bekommen und er in diesem Zeitraum die von ihm auch vor dem Vorfall ausgeübte Sportarten Schwimmen und Surfen nicht mehr ausüben habe können. Mit inzwischen zwei durchgeführten Tympanoplastiken sei nun seit 2. Januar 2024 ein Trommelfellverschluss erreicht, wodurch er zwar wieder schwimmen könne; Surfen und die von ihm im Jahr 2025 beabsichtigt auszuübende Sportart Tauchen sei ihm aber weiterhin nicht möglich. Unter Berücksichtigung dieses erlittene Ungemachs erachte das Gericht für den Zeitraum von 2. September 2022 bis 6. November 2024 ein Teilschmerzengeld in Höhe von EUR 10.000,00 als angemessen.

Gegen die Entscheidung über das Leistungsbegehren richten sich die Berufungen beider Parteien. Der Kläger bekämpft die Abweisung des Mehrbegehrens auf Schadenersatz und auf Verdienstentgang wegen Verfahrensmängeln und mittels Rechtsrüge und begehrt die Abänderung des Urteils durch Zuspruch eines weiteren Betrags von EUR 7.936,00. Die beklagte Partei strebt mit ihrer auf den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Berufung die Reduktion des Schmerzengeldzuspruchs um EUR 2.000,00 an. Hilfsweise werden Aufhebungs- und Zurückverweisungsanträge gestellt. Beide Parteien treten jeweils der Berufung der Gegenseite mit einer Berufungsbeantwortung entgegen.

Die Berufung der beklagten Partei ist im Ergebnis nicht, die Berufung des Klägers teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Da beide Berufungen die Schmerzengeldbemessung bemängeln, erscheint es zweckmäßig, darauf gemeinsam einzugehen:

Die Beklagte kritisiert zutreffend, dass das Erstgericht zu Unrecht keine Globalbemessung vornahm. Grundsätzlich ist mit einer solchen vorzugehen, wenn keine besonderen Gründe für eine zeitliche Einschränkung bestehen (RIS-Justiz RS0031196, RS0031055). Bei dieser Globalbemessung sind allenfalls unter Anwendung des § 273 ZPO nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartende Unfallfolgen mit einzubeziehen, diese sind daher grundsätzlich auch mit der Globalbemessung abgegolten (RIS-Justiz RS0031300, RS0031307, RS0031015). Die von der Judikatur vertretene Auffassung des Schmerzengeldes als grundsätzlich einmalige Pauschalabgeltung erspart es nicht nur dem Geschädigten, immer wieder neue Schmerzengeldklagen einzubringen, sondern verhindert auch, dass der Schädiger ständig neuen Forderungen ausgesetzt ist, obwohl die Verletzungsfolgen im Bemessungszeitraum des ersten Prozesses bereits hinreichend überschaubar waren. Dementsprechend verlangt die Judikatur für eine ausnahmsweise zulässige Teileinklagung von Schmerzengeld das Vorliegen besonderer vom Verletzten darzulegender Gründe (vgl 6 Ob 185/09p mwN). Ein Teilanspruch auf Schmerzengeld ist daher nicht die Regel, sondern die Ausnahme, wobei es Sache des Klägers ist, nachzuweisen, dass die Geltendmachung eines Teilbetrags aus besonderen Gründen ausnahmsweise doch zulässig ist (RIS-Justiz RS0031305 [T15]; RS0031051; RS0031055 [T11]). Die nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartenden Schmerzen stehen hier aber fest. Das Erstgericht hielt eine Globalbemessung für deshalb nicht möglich, weil infolge der zweiten Tympanoplastik zwar ein vollständiger Trommelfellverschluss erreicht habe werden können, doch weiterhin das Restrisiko einer erneuten Trommelfellperforation bestehe und es nicht ausgeschlossen sei, dass es in Zukunft zu einer Linderung der Symptome komme, wenngleich diesbezüglich eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit bestehe. Für beide Änderungsmöglichkeiten besteht offenbar eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit – nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge sind sie also nicht zu erwarten. Die Feststellung, dass der Kläger bis auf weiters komprimiert vierzehn Tage an leichten Schmerzen pro Jahr leiden wird, ist nicht bekämpft; insoweit ist der Erfolg der letzten Tympanoplastik offenbar nicht offen geblieben. Der Kläger begründete sein Begehren auf Teilbemessung auch nicht mit den vom Erstgericht herangezogenen Argumenten, sondern mit der irrigen Annahme, Ersatz für künftige Schmerzen sei noch nicht fällig. Entgegen dem Erstgericht ist eine Ausnahme, die einer Globalbemessung des Schmerzengeldes hier entgegenstünde, nicht gegeben und das Schmerzengeld daher global zu bemessen, wobei die Dauerfolgen miteinzubeziehen sind.

Die Berufung des Klägers strebt die Erhöhung des Schmerzengeldbetrages an, weil das Erstgericht die schmerzbedingten Unlustgefühle und die langfristigen Einschränkungen im Lebensalltag nicht berücksichtigt habe. Aus den Berufungsausführungen geht aber ebenso hervor, dass auch der Kläger von einer Globalbemessung ausgeht, weil sonst die Langfristigkeit und Dauerhaftigkeit von Beeinträchtigungen nicht einzukalkulieren wäre. Aus welchem Grund die Berufung der beklagten Partei das Schmerzengeld bei Globalbemessung als überhöht ansieht, geht aus ihren Ausführungen nicht hervor.

Das Oberlandesgericht Graz hatte sich bereits 2006 mit einer Schmerzengeldzumessung für eine höchstwahrscheinlich durch eine Gehörgangreinigung entstandene Perforierung des linken Trommelfells auseinanderzusetzen, die zur Ausbildung einer eitrigen bakteriellen Mittelohrentzündung und zu subjektivem Tinnitus führte. Nach einem Spitalsaufenthalt konnte nur das Hörvermögens verbessert, nicht aber der Tinnitus verringert werden. Zusätzlich bestanden tinnitusbedingte Schlafstörungen, woraus eine Infusionstherapie wegen Erschöpfungszuständen, Konzentrationsschwäche, Schwindel und Schlafstörungen durchgeführt wurde, das linke Ohr empfindlich blieb und ein weiterhin belastendes Ohrgeräusch und eine vegetative Erschöpfungsdepression blieben. An Schmerzperioden waren damals ein Monat mittelstarke und drei Monate und acht Tage leichte Schmerzen bei einem Spitalsaufenthalt von 16 Tagen zu berücksichtigen. Der Vorfall ereignete sich bereits 2001, bei einem Begehren von damals EUR 17.000,00 maß das Oberlandesgericht Graz das Schmerzengeld mit EUR 15.500,00 aus. Weitere in der Judikatur zu behandelnde Trommelfellperforationen gingen entweder mit erheblichen Begleitverletzungen einher oder zogen deutlich geringeren Auswirkungen nach sich, sodass Vergleichbarkeit nicht gegeben ist.

Wenn auch die psychischen Folgen hier etwas weniger dramatisch einzuschätzen sind, so bleiben hier doch die dauerhaft leichte Schmerzen von 14 Tagen pro Jahr und, worauf die Berufung des Klägers hinweist, die mit der notwendigen Umstellung der Freizeitgestaltung verbundenen Unlustgefühle, die mit den reinen Verletzungsschmerzen mit zu berücksichtigen sind. Unter diesen Voraussetzungen erscheint das geltend gemachte Schmerzengeld von EUR 14.900,00 insgesamt bei Globalbemessung nicht als überzogen, weshalb über die Berufung des Klägers der Zuspruch darauf abzuändern ist.

Im Zusammenhang mit dem Verdienstentgang kritisiert die Berufung des Klägers die Abweisung des Beweisantrags auf Einholung eines buchhalterischen Gutachtens und führt aus, ein solches hätte durch Einblick in die Buchhaltungsunterlagen des Klägers zu Tage bringen können, welchen geringeren Verdienst er in den Zeiträumen der Krankenstände im Vergleich zum üblichen Verdienst erzielt hätte.

Die gesetzmäßige Ausführung des Berufungsgrundes der Mangelhaftigkeit erfordert, dass der Berufungswerber die für die Entscheidung wesentlichen Feststellungen anführt, die zu treffen gewesen wären. Davon wird er nicht dadurch befreit, dass er im Verfahren erster Instanz die Beweisthemen angab, zu denen er die Beweisaufnahme beantragte (RIS-Justiz RS0043039). Diesen Anforderungen werden die Berufungsausführungen zum Verfahrensmangel nicht gerecht, weil sie die Feststellungen nicht nennen, die auf Basis eines Sachverständigengutachtens zu treffen gewesen wären. Dazu kommt, dass im erstinstanzlichen Verfahren entsprechende Tatsachenbehauptungen gar nicht erhoben wurden. Die Schlüssigstellung des Verdienstentgangsbegehrens erfolgte - zumindest im tatsächlichen Bereich, der begehrte Betrag blieb damit nicht nachvollziehbar - durch die Behauptung, es seien ihm Aufträge zweier Großkunden im bestimmten Umfang entgangen, wozu eine Non-liquet-Feststellung getroffen wurde. Der Beweisantrag auf Einholung eines buchhalterischen Sachverständigengutachtens ersetzt aber nicht ein schlüssiges Vorbringen, welcher Verdienstentgang dem Kläger in welchem Zeitraum entstand und woraus er sich errechne. Ein Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

Dem Erstgericht ist auch darin beizupflichten, dass anhand der Urteilsfeststellungen ein Verdienstentgang nicht zugesprochen werden kann, weil sich das zuletzt erstattete Vorbringen nicht als richtig erwies. Zwar spricht der Umstand, dass der Kläger verletzungsbedingt nicht in der Lage war, seiner selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, dafür, dass er einen Verdienstentgang erlitt – behauptungs- und beweispflichtig für dessen Höhe bleibt aber der Kläger selbst und dieser Behauptungslast kam er nur insoweit nach, als er den Ausfall von Aufträgen zweier Großkunden behauptete, den er aber nicht beweisen konnte. Hinsichtlich des Verdienstentgangsbegehrens führt die Berufung des Klägers daher nicht zum Erfolg.

Die teilweise Abänderung zieht eine geänderte Kostenentscheidung nach sich, die aufgrund der Geringfügigkeit des Unterliegens des Klägers in allen drei Abschnitten auf § 43 Abs 2 ZPO gründet. Im ersten Abschnitt hat die Beklagten den Kläger daher volle Kosten auf Basis von EUR 62.402,09, im zweiten Abschnitt auf Basis von EUR 64.543,08 und im dritten Abschnitt auf Basis von EUR 69.543,08 als Bemessungsgrundlage zu ersetzen. Den Einwendungen der beklagten Partei entsprechend ist der Schriftsatz vom 18. Juni 2024 als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienend nicht zu ersetzen, weil die Vertagungsbitte allein der Sphäre der klagenden Partei zuzurechnen ist. Die Sachverständigengebühren sind nur im tatsächlich verbrauchten Ausmaß ersatzfähig; daher mit EUR 2.060,00. Damit ergibt sich ein Vertretungskostenersatzanspruch des Klägers für den ersten Abschnitt von EUR 3.530,21 netto, für den zweiten von EUR 3.525,70 netto und für den dritten Abschnitt von EUR 4.049,00 netto, insgesamt daher EUR 11.104,91 netto zuzüglich 20 % USt, das sind EUR 2.220,98, und eine Ersatzanspruch der gesamten Barauslagen auf dieser Seite von EUR 3.845,32, sodass sich der Kostenersatzanspruch des Klägers mit EUR 17.171,21 errechnet.

Für das Rechtsmittelverfahren gründet die Kostenentscheidung hinsichtlich des Verfahrens über die Berufung der beklagten Partei auf §§ 41, 50 ZPO, über die Berufung des Klägers auf § 43 Abs 1, 50 ZPO. Der Kläger ist mit seiner Berufung zu drei Fünftel (rund 60 %) durchgedrungen und erhält daher ein Fünftel seiner Kosten und drei Fünftel der Pauschalgebühr, daher EUR 1.023,13 (inklusive EUR 731,40 Barauslagenersatz und EUR 48,62 USt). Der Erhöhungsbetrag für den elektronischen Rechtsverkehr beträgt auch im Rechtsmittelverfahren EUR 2,60 (vgl Obermaier, Kostenhandbuch 4 Rz 3.29). Überdies hat die mit ihrer Berufung im Ergebnis nicht erfolgreiche beklagte Partei dem Kläger auch die Kosten von dessen Berufungsbeantwortung (EUR 728,78 einschließlich EUR 121,46 USt) zu ersetzen, sodass sich eine Kostenersatzpflicht der beklagten Partei für das Rechtsmittelverfahren von EUR 1.751,91 (darin EUR 170,08 USt und EUR 731,40 Barauslagenersatz) errechnet.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil die Ausmittlung des Schmerzengeldes und die Beurteilung der Schlüssigkeit des Vorbringens Einzelfallentscheidungen darstellen.

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