4R16/25p – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch Senatspräsident Mag. Gerhard Hasibeder als Vorsitzenden sowie MMag. Andreas Wiesauer und Mag. Stefan Riegler in der Rechtssache der Klägerin A* B* GmbH, FN **, **gasse **, **, vertreten durch Dr. Thomas Trentinaglia, Rechtsanwalt in Kitzbühel, gegen den Beklagten C* , F**platz **, **, vertreten durch die Anwaltssocietät Sattlegger Dorninger Steiner Partner in Linz, wegen EUR 20.721,12 s.A. (Berufungsinteresse EUR 6.907,04), über die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 11. Oktober 2024, **-28, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten binnen 14 Tagen die mit EUR 1.095,12 (darin enthalten EUR 182,52 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 13. Juli 2023 um ca 13.50 Uhr ereignete sich auf der Bundesstraße ** im Gemeindegebiet von ** in Fahrtrichtung D* ein Verkehrsunfall zwischen E* A* als Lenker des Pkw Ford Transit und F* als Lenker des in den Niederlanden zugelassenen Pkw Volvo V70, für dessen Verwendung in Österreich der Beklagte Versicherungsschutz zu gewähren hat.
Die Klägerin begehrt Schadenersatz in Höhe von EUR 20.721,12 s.A., weil den Lenker des Beklagtenfahrzeuges das Alleinverschulden am Zustandekommen des Verkehrsunfalles treffe. Der Lenker des Klagsfahrzeuges habe nach der auf der rechten Seite vorhandenen Bushaltestelle nach rechts einbiegen wollen und habe hierfür eine scharfe 180 Grad Kurve fahren müssen. Er habe zunächst frühzeitig den rechten Blinker gesetzt, seine Fahrgeschwindigkeit in weiterer Folge erheblich verringert und dann - ohne den rechten Fahrstreifen zu verlassen - etwas nach links ausgeholt, um in einem Zug nach rechts abzubiegen. Der unmittelbar hinter dem Klagsfahrzeug fahrende Lenker des Beklagtenfahrzeuges habe aus unerklärlichen Gründen sein Fahrzeug nach rechts gelenkt, habe die Fahrspur verlassen und sei zunächst über die Fläche der Bushaltestelle gefahren. Jedenfalls habe er viel zu spät bemerkt, dass das Klagsfahrzeug nach rechts abgebogen sei. Bestritten werde, dass der Lenker des Beklagtenfahrzeuges ebenfalls nach rechts einbiegen habe wollen. Dieser hätte seine Fahrgeschwindigkeit jedenfalls so weit reduzieren müssen, dass er auf sämtliche Fahrmanöver des vor ihm fahrenden Klagsfahrzeuges rechtzeitig reagieren hätte können. Auch wenn er geradeaus weiterfahren habe wollen, hätte er seine Pflicht zur Einhaltung eines Sicherheitsabstandes verletzt und hätte den Abbiegevorgang des Klagsfahrzeugs abwarten müssen.
Der Beklagte bestritt und wendete im Wesentlichen ein, dass der Lenker des Beklagtenfahrzeuges im Begriff gewesen sei nach rechts einzubiegen. Der Lenker des Klagsfahrzeuges habe offenbar beabsichtigt, nach links abzubiegen und habe dann, vermutlich aufgrund einer spontanen, ungeplanten Richtungsänderung, das Fahrzeug wiederum nach rechts verrissen, um ebenso wie das Beklagtenfahrzeug nach rechts einzubiegen. Ein rechter Blinker sei am Klagsfahrzeug zu keinem Zeitpunkt gesetzt gewesen. Das Alleinverschulden am Zustandekommen des Verkehrsunfalles treffe daher den Lenker des Klagsfahrzeuges, der unaufmerksam gefahren sei, verspätet bzw verfehlt reagiert habe und insbesondere ein unzulässiges Fahrmanöver von links nach rechts ohne Berücksichtigung des nachkommenden bzw ebenso rechts abbiegenden Verkehrs zu vertreten und somit eine Vorrangverletzung begangen habe.
Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht den Beklagten schuldig, der Klägerin EUR 13.814,08 s.A. zu bezahlen und wies das Mehrbegehren von EUR 6.907,04 s.A. ab.
Nach den für das Berufungsverfahren wesentlichen Feststellungen - im Übrigen wird auf die Seiten 3 bis 5 der Urteilsausfertigung verwiesen (§ 500a ZPO) - verläuft die Bundesstraße ** im Bereich ** in Fahrtrichtung von G* nach D*, das war die ursprüngliche Annäherungsrichtung beider beteiligter Lenker, in Annäherung an die Unfallsörtlichkeit mit einem Richtungsfahrstreifen nahezu geradlinig mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h. An der Unfallsörtlichkeit ist rechtsseitig der Einmündungstrichter der H*straße angebunden. Wenn aus Richtung G* kommend von der ** nach rechts in die H*straße abgebogen wird, ist eine Richtungsänderung von ca 180 Grad zu fahren. Nach links hin befindet sich in diesem Bereich keine Einmündung. Der rechte in Richtung D* führende Fahrstreifen misst im hier maßgeblichen Bereich eine Breite von 5 m, der Fahrstreifen des Gegenverkehrs von 3,2 m.
Der Lenker des Klagsfahrzeuges beabsichtigte von G* kommend nach rechts in die H*straße abzubiegen. Er näherte sich dem Einmündungstrichter, zunächst den rechten Fahrtrichtungsanzeiger für die aus technischer Sicht ausreichende Anzahl von 8 bis 9 Blinkintervallen betätigend und die Geschwindigkeit auf 40 km/h, in weiterer Folge auf eine beginnende Abbiegegeschwindigkeit von 20 km/h vermindernd. Um den Rechtsabbiegevorgang in die H*straße ohne Reversieren durchführen zu können, lenkte er vor dem Abbiegevorgang das Klagsfahrzeug um das technisch für die Durchführung des Abbiegevorganges in einem Zug notwendige Ausmaß nach links, sodass die linke Außenkontur des Klagsfahrzeuges einen Abstand von ca 0,5 m zu der die beiden Fahrstreifen voneinander trennenden Sperrlinie aufwies. Aus dieser Position führte er beginnend mit 1,6 bis 1,8 Sekunden vor der Kollision das Rechtsabbiegemanöver durch, ohne unmittelbar vor dem nach rechts Lenken nochmals in den rechten Außenspiegel zu blicken.
Durch das Ausschwenken des Klagsfahrzeuges nach links hin bis in die Rechtsabbiegeposition, welches die Zeitspanne von ca 3 Sekunden in Anspruch nahm, entstand rechts des Klagsfahrzeuges ein Platzangebot, welches der Lenker des Beklagtenfahrzeuges, der seine Fahrt von G* in Richtung D* auf der ** fortsetzen wollte, nützen wollte, um das Klagsfahrzeug rechts zu überholen.
Der Lenker des Beklagtenfahrzeuges hätte die Kollision vermeiden können, wenn er nicht zum Rechtsüberholen am Klagsfahrzeug angesetzt hätte. Auch der Lenker des Klagsfahrzeuges hätte den Unfall vermeiden können: Hätte er sich nach seinem Ausschwenken nach links zum Zwecke des Abbiegevorganges nach rechts vor seinem nach rechts Lenken nach hinten über die gefahrlose Möglichkeit seines Vorhabens vergewissert, so hätte er das rechts versetzt mit Geschwindigkeitsüberhang in Rechtsüberholposition befindliche Beklagtenfahrzeug erkennen und durch vorläufiges Zuwarten mit seinem nach rechts Abbiegen das Unfallgeschehen vermeiden können.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass der Verkehrsunfall einerseits auf das gemäß § 15 StVO unzulässige Rechtsüberholmanöver des Lenkers des Beklagtenfahrzeuges sowie andererseits darauf zurückzuführen sei, dass der Lenker des Klagsfahrzeuges, dem technisch ein Einbiegen nach rechts in kurzem Bogen (§ 13 Abs 1 StVO) nicht möglich gewesen sei, sich unmittelbar vor seinem nach rechts Lenken nicht mehr durch einen Blick in den rechten Außenspiegel von der gefahrlosen Möglichkeit seines Fahrmanövers im Hinblick auf den auf der rechten Fahrbahnhälfte nachflutenden Verkehr vergewissert habe (vgl RS0074180 und RS0073693). Die Bestimmung des § 13 Abs 1 StVO sei eine Schutznorm, die auch den Schutz des Folgeverkehrs bezwecke. Bei Berücksichtigung der für die Verschuldensabwägung maßgeblichen Kriterien (vgl RS0027389) erscheine eine Verschuldensteilung von 1:2 zugunsten der Klägerin als angemessen.
Gegen die Abweisung des Mehrbegehrens richtet sich die Berufung der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag dahin, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte erstattete eine Berufungsbeantwortung mit dem Antrag, die Berufung der Klägerin abzuweisen.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
In ihrer Mängelrüge macht die Berufungswerberin eine Verletzung des § 182a ZPO dergestalt geltend, dass das Erstgericht sie mit seiner Rechtsauffassung überrascht habe, der Lenker des Klagsfahrzeuges sei verpflichtet gewesen, vor dem Abbiegemanöver nach rechts in den Rückspiegel zu schauen. Das Erstgericht habe keine Erörterung des Sach- und Rechtsvorbringens vorgenommen, obwohl der Beklagte kein Vorbringen in diese Richtung erstattet habe. Bei Erörterung, dass nach Meinung des Erstgerichtes der Lenker des Klagsfahrzeuges unmittelbar vor dem Abbiegen in den Rückspiegel hätte blicken müssen, weil eine unklare Situation, kein Abbiegen in kurzem Bogen oder weil besondere Gründe vorgelegen seien, hätte die Klägerin zunächst vorgebracht, dass kein entsprechendes Tatsachenvorbringen des Beklagten dazu vorliege. Weiters hätte sie vorgebracht, dass tatsächlich ein Einbiegen in kurzem Bogen und keine unklare Verkehrssituation vorgelegen sei, die Anlass für den Lenker des Klagsfahrzeuges gegeben hätte, in den Rückspiegel zu blicken. Die Klägerin hätte vorgebracht, dass für den nachfolgenden Verkehr kein Platz gewesen sei, das Klagsfahrzeug rechts zu überholen, zumal dieses ohnehin einen Seitenabstand zur Mittellinie von ca 0,5 m eingehalten habe und die Fahrbahnbreite von insgesamt 5 m nicht ausgereicht hätte, das Klagsfahrzeug unter Beachtung des Sicherheitsabstandes rechts zu überholen, geschweige denn mit höherer Geschwindigkeit. Außerdem hätte die Klägerin vorgebracht, dass der Lenker des Klagsfahrzeugs nicht mit einem rechtswidrigen Verhalten des nachfolgenden Verkehrs rechnen habe müssen, insbesondere nicht mit einem Rechtsüberholen, sondern auf das rechtmäßige Verhalten des nachfolgenden Verkehrs vertrauen habe dürfen (Vertrauensgrundsatz). Zu diesem Vorbringen hätte sie auch ergänzende Fragen an den Sachverständigen gestellt, nämlich insbesondere zur Frage, weshalb der Sachverständige davon ausgegangen sei, dass ein Platz von 2,5 m (diesbezüglich würden Feststellungen des Erstgerichts fehlen) ausreichend sei, um rechts zu überholen bzw hätte sie die Frage an den Sachverständigen gerichtet, ob sich der Platzbedarf bzw der notwendige Sicherheitsabstand eines (unzulässig rechts) überholenden Fahrzeugs mit dessen Geschwindigkeit ändere.
Bei Verkehrsunfällen kann oftmals bei der Auslegung des Vorbringens zum Unfallshergang kein allzu engherziger Maßstab angelegt werden, will man nicht die Forderung an die Exaktheit des Vorbringens unangemessen überziehen (RS0122871).
In diesem Sinn erachtet das Berufungsgericht insbesondere das Vorbringen des Beklagten, der Lenker des Klagsfahrzeuges sei unaufmerksam gefahren und habe ein unzulässiges Fahrmanöver von links nach rechts ohne Berücksichtigung des nachkommenden Verkehrs zu vertreten, als (gerade noch) ausreichend, um den wesentlichen Vorwurf, der Lenker des Klagsfahrzeuges wäre bei der vorgenommenen Fahrweise verpflichtet gewesen, unmittelbar vor dem Rechtsabbiegen in den rechten Außenspiegel zu blicken, um sich von der Gefahrlosigkeit seines Fahrmanövers zu vergewissern, zu rechtfertigen. In Vorgriff auf die rechtliche Beurteilung kann daher schon an dieser Stelle festgehalten werden, dass zum entsprechenden Verhalten des Lenkers des Klagsfahrzeuges keine überschießenden Feststellungen getroffen wurden, weil sich diese im Sinne dieser Ausführungen im Rahmen des Vorbringens des Beklagten halten (RS0040318).
Eine nähere Erörterung des Sach- und Rechtsvorbringens der Parteien war daher unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich. Davon abgesehen erweisen sich die Berufungsausführungen, welches weitere Vorbringen bei entsprechender Erörterung erstattet worden wäre, als letztlich nicht geeignet, eine für die Berufungswerberin günstigere Entscheidung herbeiführen zu können. Dass das Vorbringen des Beklagten für ausreichend erachtet wird, wurde schon dargelegt. Entgegen der Ansicht der Berufungswerberin wirft das Erstgericht dem Lenker des Klagsfahrzeuges ohnehin nicht vor, nicht in kurzem Bogen eingebogen zu sein, sondern geht ohnehin von dessen technischer Unmöglichkeit aus (vgl US 6). Beim weiteren zu erstattenden Vorbringen handelt es sich im Wesentlichen um Rechtsausführungen, die einem Tatsachenvorbringen nicht zugänglich sind. Zum festgestellten „Platzbedarf“ für ein mögliches Rechtsüberholen und den dazu zu erstattenden Behauptungen, dass bei Berücksichtigung des Seitenabstandes des Klagsfahrzeuges zur Mittellinie von 0,5 m und der Fahrbahnbreite von 5 m ein Überholen unter Beachtung des Sicherheitsabstandes, insbesondere bei höherer Geschwindigkeit nicht möglich wäre, ist der Berufungswerberin zu entgegnen, dass es dabei nicht primär auf ein zulässiges Überholmanöver ankommt, zumal das Rechtsüberholen bei der gegebenen Sachlage jedenfalls unzulässig war und dem Lenker des Beklagtenfahrzeuges ohnehin vorgeworfen wurde. Entscheidend ist nur, ob in Anbetracht des durch das nach links Ausholen des Klagsfahrzeuges entstandenen Platzes ein Rechtsüberholen theoretisch möglich war. Dies wäre aber selbst bei einer maximal zulässigen Breite des Klagsfahrzeuges von 2,5 m, die allerdings bei einem Pkw Ford Transit ohnehin nicht angenommen werden kann, unter Berücksichtigung des Abstandes zur Mittellinie von 0,5 m und der Fahrbahnbreite von 5 m unabhängig von der Busbucht zu bejahen. Auf die allenfalls ergänzend an den kraftfahrtechnischen Sachverständigen zu stellenden Fragen zum konkreten Platzbedarf bzw zum notwendigen Sicherheitsabstand, allenfalls auch unter Berücksichtigung der gefahrenen Geschwindigkeit, kommt es daher ebenfalls nicht an.
Insgesamt liegt daher ein wesentlicher aufzugreifender Verfahrensmangel nicht vor.
In ihrer Tatsachenrüge bekämpft die Berufungswerberin die Feststellung, dass der Lenker des Klagsfahrzeuges das Rechtsabbiegemanöver durchgeführt habe, ohne unmittelbar vor dem nach rechts Lenken nochmals in den rechten Außenspiegel zu blicken. Stattdessen wird eine entsprechende non-liquet-Feststellung begehrt.
Abgesehen davon, dass für das Berufungsgericht nicht ersichtlich ist, was sich daraus im Ergebnis für die Klägerin gewinnen ließe, weil der Lenker des Klagsfahrzeuges bei entsprechendem Blick in den rechten Außenspiegel das rechts versetzt mit Geschwindigkeitsüberhang in Rechtsüberholposition befindliche Beklagtenfahrzeug erkennen hätte können (US 5), sodass bei einem entsprechenden Übersehen des Beklagtenfahrzeuges von einem - zumindest gleichwertigen - krassen Aufmerksamkeitsfehler auszugehen wäre, bestehen keine Bedenken gegen die getroffene Feststellung.
Aus der Zeugenaussage des Lenkers des Klagsfahrzeuges ergibt sich nämlich hinreichend deutlich, dass er (nur) vor der Bushaltestelle in den rechten Außenspiegel geblickt hat. Anders wären die entsprechenden Angaben auf die Frage, wo er gewesen sei, als er nach hinten geblickt habe, nicht verständlich, wäre doch zu erwarten gewesen, dass der Zeuge auch einen allfälligen weiteren späteren Blick in den rechten Außenspiegel geschildert hätte (vgl ON 19.4 S 7).
In ihrer Rechtsrüge moniert die Berufungswerberin zusammengefasst, dass entgegen der Ansicht des Erstgerichtes tatsächlich kein Einbiegen „in langem Bogen“ vorgelegen habe, dass im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auch aus anderen Gründen keine Verpflichtung bestanden habe, vor dem Rechtsabbiegen in den Rückspiegel zu schauen, sowie dass die dazu getroffene Feststellung überschießend und daher eine Überraschungsentscheidung ergangen sei. Weiters macht sie sekundäre Feststellungsmängel zur Breite des Klagsfahrzeuges und zur verbliebenen restlichen Fahrbahnbreite zwischen der rechten Seite des Klagsfahrzeugs und dem rechten Fahrbahnrand unmittelbar vor dem Abbiegevorgang geltend, weil gerade der Umfang des Platzangebotes - im Hinblick auf den notwendigen Sicherheitsabstand bei den gefahrenen Geschwindigkeiten - von Bedeutung sein könnte, ob eine „unklare Verkehrssituation“ vorgelegen sei, die den Lenker des Klagsfahrzeuges verpflichtet hätte, neuerlich in den Rückspiegel zu blicken.
Ist ein vorschriftsmäßiges Einbiegen vom rechten Fahrstreifen der befahrenen Fahrbahnhälfte im kurzen Bogen nach rechts nicht möglich, dann genügt die bloße Fahrtrichtungsänderungsanzeige nach rechts nicht. Der Lenker muss sich vielmehr überzeugen, ob das Einbiegen im Hinblick auf den in der rechten Fahrbahnhälfte nachflutenden Verkehr gefahrlos möglich ist (RS0074180). Die besondere Vorsicht und Aufmerksamkeit und die Verpflichtung, sich zu überzeugen, ob das Einbiegen im Hinblick auf den in der rechten Fahrbahnhälfte nachflutenden Verkehr gefahrlos möglich ist, haben auch dort zu gelten, wo das Linksausschwenken zum Zwecke des Rechtseinbiegens nicht nur durch die Beschaffenheit des Fahrzeuges, sondern zusätzlich noch durch die Beschaffenheit der Einfahrt, in die eingebogen werden soll, erzwungen wird (RS0074180 [T1]; ZVR 1984/157). Wer durch Linksausschwenken eine unklare Verkehrslage schafft, muss sich unmittelbar vor dem Abbiegen nach rechts im Sinne des § 11 Abs 1 StVO davon überzeugen, dass das Abbiegen ohne Gefährdung oder Behinderung möglich ist (RS0073693; vgl auch RS0073793). In diesem Sinn ist die Bestimmung des § 13 Abs 1 StVO, die ein Einbiegen nach rechts in kurzem Bogen vorschreibt, eine Schutznorm, die auch den Schutz des Folgeverkehrs bezweckt (RS0027551).
Unabhängig von der Definition eines Einbiegens in kurzem Bogen bzw des Umstandes, dass der Lenker des Klagsfahrzeuges trotz Ausholens nach links unmittelbar vor dem Rechtsabbiegen nicht den - 5 m breiten - rechten Fahrstreifen verlassen hat, entspricht es der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes, dass einen Fahrzeuglenker, der nach rechts abzubiegen gedenkt und auch den Fahrtrichtungsanzeiger in dieser Richtung setzt, aber durch Einhaltung einer nahe der Fahrbahnmitte liegenden Fahrspur eine unklare Verkehrslage schafft, am Zusammenstoß mit einem nachfolgenden Pkw, dessen Lenker vorschriftswidrig rechts zu überholen versucht, ein Mitverschulden von einem Drittel trifft (ZVR 1982/373; ZVR 1984/157: Mitverschulden 50 %; vgl auch ZVR 1977/116 ua). Die in der Berufung dazu zitierten Entscheidungen sind dagegen nicht unmittelbar vergleichbar. So lag der Entscheidung 2 Ob 166/23k zugrunde, dass der rechtsabbiegende Lenker ordnungsgemäß rechts eingeordnet war, ohne nach links auszuholen, das heißt keinen ausreichenden Platz für ein Rechtsüberholen durch einen Pkw geschaffen hat und daher auch nicht damit rechnen musste (dort Rechtsüberholen durch einen Lenker eines Motorrades, also eines einspurigen Fahrzeuges). Die Entscheidung RS0079255 [T9] (= ZVR 1980/255) betrifft einen ordnungsgemäß eingeordneten Linksabbieger. Ob ein nach links Ausschwenken vor dem Rechtsabbiegen fahrtechnisch erforderlich ist oder nicht (vgl ZVR 1982/373), ist letztlich nicht entscheidend, weil jedenfalls eine unklare Verkehrssituation für den nachfolgenden Verkehr geschaffen wird, die einen (nochmaligen) Blick in den rechten Außenspiegel erfordert.
Dass keine überschießende Feststellung in Bezug auf das Verhalten des Lenkers des Klagsfahrzeuges getroffen wurde, wurde oben in Vorgriff auf die rechtliche Beurteilung schon dargetan. Der dem Lenker des Klagsfahrzeuges angelastete fehlende Blick in den rechten Außenspiegel unmittelbar vor dem Rechtsabbiegen hält sich im Rahmen des Vorbringens des Beklagten, insbesondere der Behauptung einer unaufmerksamen Fahrweise und eines unzulässigen Fahrmanövers von links nach rechts ohne Berücksichtigung des nachkommenden Verkehrs.
Soweit die Berufung neuerlich eine Überraschungsentscheidung moniert, wiederholt sie ihre Mängelrüge, sodass auf die dazu gemachten Ausführungen verwiesen werden kann.
Auch die geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel liegen nicht vor, weil sich aus den getroffenen Feststellungen in hinreichender Weise ergibt, dass jedenfalls ein ausreichender Platzbedarf für ein - wenn auch unzulässiges - Rechtsüberholen bestand, was eine Verpflichtung zum Blick in den rechten Außenspiegel zur Folge hat. Davon abgesehen führt die Berufungswerberin auch nicht aus, welche konkrete Feststellung sie zur Breite des Klagsfahrzeuges und zur verbliebenen restlichen Fahrbahnbreite zwischen der rechten Seite des Klagsfahrzeuges und dem rechten Fahrbahnrand begehrt.
Insgesamt musste der Berufung aus all diesen Gründen ein Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.
Gemäß § 502 Abs 1 ZPO war die ordentliche Revision nicht zuzulassen, weil sowohl die Frage, ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist (RS0042828) als auch die Bewertung des Verschuldensgrades und das Ausmaß des Mitverschuldens des Geschädigten (RS0087606) wegen ihrer Einzelfallbezogenheit keine erhebliche Rechtsfrage darstellen.