JudikaturOLG Linz

10Bs66/25i – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
28. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen A* B* und andere wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB über die Beschwerde des A* B* gegen den Beschluss der Einzelrichterin des Landesgerichts Linz (im Ermittlungsverfahren) vom 14. März 2025, HR*-35, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Die über A* B*, geboren am **, verhängte Untersuchungshaft wird aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 1 und 2 Z 3 lit a StPO iVm §§ 46a Abs 2, 35 Abs 1 zweiter Satz JGG fortgesetzt.

Dieser Beschluss ist längstens wirksam bis 28. Mai 2025.

Text

Begründung:

Bei der Staatsanwaltschaft Linz behängt zu St* ein Ermittlungsverfahren gegen A* B* und C* wegen des Verdachts des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB.

A* B* wurde am 29. Jänner 2025, 14.35 Uhr (S 2 in ON 8.7), auf Grund einer gerichtlich bewilligten Festnahmeanordnung der Staatsanwaltschaft (ON 6) festgenommen. Nach seiner Einvernahme zum Tatverdacht und zum Haftgrund (ON 8.6) wurde über ihn am 31. Jänner 2025 über Antrag der Staatsanwaltschaft (ON 1.6) aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 1 und 2 Z 3 lit a StPO iVm §§ 35 Abs 1, 46a Abs 2 JGG die Untersuchungshaft mit längster Wirksamkeit bis 14. Februar 2025 verhängt (ON 15).

Mit den Beschlüssen des Erstgerichts vom 14. Februar 2025 (ON 23) und 14. März 2025 (ON 35) wurde die Untersuchungshaft aus dem genannten Haftgrund fortgesetzt.

Die gegen den zuletzt ergangenen Beschluss zwar angemeldete (S 2 in ON 33), jedoch nicht ausgeführte Beschwerde des Beschuldigten A* B* ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ausgehend von den bislang vorliegenden Ermittlungsergebnissen ist A* B* dringend verdächtig, er habe am 11. Jänner 2025 in ** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit C* dem D* durch Versetzen mehrerer Faustschläge in das Gesicht, wodurch der Genannte zu Boden ging, und durch Versetzen mehrerer Fußtritte gegen den Kopf des am Boden Liegenden eine schwere Körperverletzung, nämlich eine Fraktur der Augenhöhlen und der Kieferhöhenvorderwand mit Einblutungen sowie eine Schädelprellung mit Hautabschürfungen oberhalb der Augenhöhlen, absichtlich zugefügt und hiedurch das Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB begangen.

Die qualifizierte Verdachtslage gegen den Beschwerdeführer beruht primär auf der Aussage des Zeugen D*, wonach er von zwei Männern durch Faustschläge niedergeschlagen und noch am Boden liegend – bis zur Bewusstlosigkeit - mit den Füßen gegen den Kopf getreten worden sei (ON 2.5). Die unbeteiligte Zeugin E* bestätigte, dass das Opfer von zwei männlichen Tätern zu Boden gebracht und in der Folge am Boden liegend noch mehrfach von diesen getreten worden sei (S 2 in ON 2.8, ON 28.3). Aufgrund der Beschreibung der Täterbekleidung und Fluchtrichtung wurden A* B* und C* im Zuge einer Fahndung von der Polizei als Beschuldigte ausgeforscht (S 3 in ON 2.2). Zwar konnten die auf der Bekleidung von C* sichergestellten Blutanhaftungen letztlich nicht D* zugeordnet werden, sondern handelte es sich (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) um Blut des Beschuldigten selbst (S 8 in ON 30), doch wurde C* durch D* eindeutig als einer der Täter identifiziert (ON 2.11). Die Identifizierung erfolgte anhand einer Wahlbildvorlage von zehn Lichtbildern und bezog sich der Zeuge dabei auf die markanten Gesichtszüge, die Haare und die Bekleidung des Beschuldigten C* (S 12 in ON 2.11). Es sind keine Gründe erkennbar, warum der Zeuge, C* zu Unrecht belasten sollte. So gab er auch an, den zweiten Täter anhand ihm vorgelegter Lichtbilder nicht zu erkennen (ON 2.12) und ist damit sichtlich um wahrheitsgemäße Angaben bemüht. Dass es sich beim zweiten Täter um A* B* gehandelt haben muss, ergibt sich aus dem Umstand, dass A* B* und C*, die Tätlichkeiten zum Nachteil des Opfers zwar in Abrede stellten, aber dennoch übereinstimmend angaben, zur Vorfallszeit gemeinsam unterwegs gewesen zu sein.

Die widersprüchlichen Angaben der beiden Beschuldigten sind nicht geeignet, die Dringlichkeit des Tatverachts zu relativieren. Während beide zunächst einräumten, sich im Tatortbereich aufgehalten zu haben, änderten sie diese Angaben später dahin ab, nur in der nicht im Nahebereich des Tatorts gelegenen „F*“ gewesen zu sein (S 2 in ON 2.8, ON 8.5, ON 8.6). Während C* angab, von einem (S 4 in ON 8.5) bzw zwei (S 2 in ON 14) Unbekannten zu Boden gestoßen worden zu sein, wodurch er an der Nase geblutet habe (S 2 in ON 14), was A* B* bestätigen könne (S 4 in ON 8.5) bzw ihm dieser geholfen habe, nach diesem Vorfall aufzustehen (S 3 in ON 14), schilderte der Beschwerdeführer derartige Geschehnisse (die das Vorhandensein von Blut auf der Kleidung des C* erklären sollten) nicht (ON 8.6, ON 13). Den ersten Schilderungen von A* B* zufolge, habe er den Mitbeschuldigten vor der neben der „F*“ befindlichen Pizzeria (wieder) getroffen und wisse nicht, was – während seiner Abwesenheit – zum Nasenbluten geführt habe. Nach den Angaben des C* ihm gegenüber habe ihn jemand zu Boden gestoßen (S 4 in ON 8.6). Vor der Haft- und Rechtschutzrichterin berichtete A* B* dagegen, wieder in die „F*“ zurück gegangen zu sein, wobei C* das Nasenbluten damit erklärt habe, dass er „wo angekommen ist oder hingefallen ist“ bzw sei C* „auch vom Lokal runter“ gekommen und „nicht mehr drinnen“ gewesen bzw habe er „in einer Seitenstraße gewartet“ (S 2 in ON 13). Es ist auf Grund dieser inkonsistenten Verantwortung der Beschuldigten davon auszugehen, dass die (wechselnden) Schilderungen nicht den wahren Geschehensablauf wiedergeben, sondern eine Täterschaft verschleiern sollen.

Die Verletzungen des D* sind durch den Arztbrief des G* (H*) vom 13. Jänner 2025 (ON 2.10) objektiviert.

Die subjektive Tatseite lässt sich aus den äußeren Tatumständen ebenso mit der gebotenen Dringlichkeit ableiten. Einem – gemeinsam mit einem weiteren Täter - mehrfach in den Kopfbereich des Opfers tretenden Täter ist bei lebensnaher Betrachtung die Absicht zu unterstellen, dieses dadurch schwer verletzen zu wollen.

Wenngleich der angefochtene Beschluss eine Begründung zum herangezogenen Haftgrund vermissen lässt, ist – ungeachtet der Unbescholtenheit des A* B* (ON 2.4) - nach wie vor vom Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a StPO auszugehen. Die Tatbegehung in Form wiederholter Fußtritte gegen den sensiblen Kopfbereich – im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem weiteren Täter – ohne jeglichen Anlass (das Opfer war bemüht, einer dritten Person zu helfen) zeugen von einer ausgeprägten Aggressionsneigung des Beschwerdeführers, die sich wahllos gegen Außenstehende richtet. Es ist daher mit Grund anzunehmen, dieser werde auf freiem Fuß belassen, ungeachtet des gegenständlichen Strafverfahrens, neuerlich eine Straftat mit schweren Folgen begehen, die sich wiederum gegen die körperliche Integrität und Unversehrtheit anderer richtet.

Eine Unverhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft ist angesichts des in Rede stehenden Strafrahmens von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe (§ 87 Abs 1 StGB [§ 19 Abs 4 Z 1 JGG]), der bei einem tatverdachtskonformen Schuldspruch gegebenen konkreten Straferwartung sowie mit Blick auf die Bedeutung der Sache – auch iSd § 35 Abs 1 zweiter Satz JGG - nicht gegeben.

Gelindere Mittel, die zur Erreichung der Haftzwecke geeignet wären, sind nicht erkennbar.

Mitteilung gemäß § 174 Abs 4 iVm Abs 3 Z 5 StPO:

Vor einer allfälligen Fortsetzung der Haft wird eine Haftverhandlung stattfinden, sofern nicht die Durchführung der Haftverhandlung vor Ablauf der Haftfrist wegen eines unvorhersehbaren oder unabwendbaren Ereignisses unmöglich ist – diesfalls kann die Haftverhandlung auf einen der drei dem Fristablauf folgenden Arbeitstage verlegt werden (§ 175 Abs 3 StPO). Der Beschuldigte kann durch seinen Verteidiger auf die Durchführung einer bevorstehenden Haftverhandlung verzichten (§ 175 Abs 4 StPO). Nach Einbringen der Anklage ist die Wirksamkeit eines Beschlusses auf Fortsetzung der Untersuchungshaft durch die Haftfrist nicht mehr begrenzt; Haftverhandlungen finden nach diesem Zeitpunkt nur statt, wenn der Angeklagte seine Enthaftung beantragt und darüber nicht ohne Verzug in einer Hauptverhandlung entschieden werden kann (§ 175 Abs 5 StPO).

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu.

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