11Rs4/25z – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Richter Senatspräsident Dr. Robert Singer als Vorsitzenden, Mag. Herbert Ratzenböck und Dr. Patrick Eixelsberger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Adalbert Spitzl (Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Dragoljub Velebit (Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, Pensionist, **straße **, **, vertreten durch die Rohregger Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt , Landesstelle B*, Schallmooser Hauptstraße 11, 5021 Salzburg, vertreten durch ihren Angestellten Mag. C*, wegen Korridorpension, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. November 2024, Cgs* 7, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
I. Das Berufungsverfahren wird fortgesetzt.
II. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu tragen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsg ründe:
Mit Bescheid vom 16.4.2024 wurde von der Beklagten der Anspruch des Klägers auf Korridorpension ab 1.4.2024 anerkannt und die monatliche Pension mit insgesamt EUR 1.946,99 (EUR 1.895,88 zuzüglich Höherversicherung EUR 4,03 und Frühstarterbonus EUR 47,08) bestimmt.
Der Kläger begehrte mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage die zusätzliche Zuerkennung des Erhöhungsbetrags nach § 34 APG. Diese Bestimmung sei im Detail dargestellt verfassungswidrig. Bei gebotener verfassungskonformer Interpretation stehe dem Kläger der Erhöhungsbetrag zu.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Der Kläger habe erst im Jahr 2024 das für die Korridorpension erforderliche Antrittsalter erreicht und sei vor deren Inanspruchnahme nicht arbeitslos gewesen, weshalb die Voraussetzungen nach § 34 APG für die Gewährung eines Erhöhungsbetrags nicht erfüllt seien. Diese Bestimmung sei nicht verfassungswidrig, werde doch weder das Bestimmtheitsgebot noch der Gleichheitssatz verletzt.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht unter Bescheidwiederholung die Klage ab. Es traf folgende Feststellungen :
Der Kläger ist am ** geboren. Er stand vom 1.12.2015 bis 31.3.2024 in einem Dienstverhältnis zur D* GmbH. Das Dienstverhältnis endete durch Kündigung des Klägers auf Grund des Pensionsantrittes am 31.3.2024. Der Kläger war vor der Beendigung des Dienstverhältnisses nicht arbeitslos gemeldet.
Bis zum Stichtag (1.4.2024) hat der Kläger 503 Versicherungsmonate erworben. Seit 1.4.2024 bezieht er von der Beklagten eine Korridorpension in Höhe von EUR 1.946,99 monatlich. Ein Erhöhungsbetrag gemäß § 34 APG wurde bei der Berechnung der Pensionshöhe nicht berücksichtigt.
In rechtlicher Hinsicht folgte das Erstgericht der Argumentation der Beklagten. Die Voraussetzungen nach § 34 Abs 1 Z 2 APG seien nicht erfüllt, weil der Kläger am 17.3.2024 das 62. Lebensjahr vollendet und erst damit das für die Korridorpension erforderliche Anfallsalter erreicht habe. Da dem Pensionsantritt auch keine Arbeitslosigkeit vorangegangen sei, falle der Kläger nicht unter die Bestimmung des § 34 Abs 1 Z 3 APG, gegen welche auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung in eine Klagsstattgabe; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Gleichzeitig stellte der Kläger beim Verfassungsgerichtshof einen auf Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B VG gestützten Antrag, in § 34 Abs 1 Z 3 APG, BGBl I 2004/142, idF BGBl I 2023/133 die Wortfolge "infolge der Beendigung des Arbeitslosengeld- oder des Notstandshilfeanspruchs nach §§ 22 und 38 AIVG", in eventu die Wortfolge ", die infolge der Beendigung des Arbeitslosengeld- oder des Notstandshilfeanspruchs nach §§ 22 und 38 AIVG im Kalenderjahr 2024 angetreten werden", als verfassungswidrig aufzuheben.
Aufgrund dieses Antrages wurde mit dem Berufungsverfahren gemäß § 62a Abs 6 VfGG beschlussmäßig innegehalten. Nach Ablehnung der Behandlung des Gesetzesprüfungsantrags mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg durch den Verfassungsgerichtshof ist das Verfahren gemäß § 528b Abs 3 ZPO fortzusetzen.
Die unbeantwortet gebliebene, gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu behandelnde Berufung ist nicht berechtigt .
Rechtliche Beurteilung
1. § 34 Abs 1 APG lautet auszugsweise:
„Das Ausmaß folgender Pensionsleistungen ist im Anschluss an ihre Feststellung nach den §§ 5 und 6 zu erhöhen (Abs. 2), wenn ihr Stichtag nach § 223 Abs. 2 ASVG (§ 113 Abs. 2 GSVG, § 104 Abs. 2 BSVG) in das Kalenderjahr 2024 fällt:
1. …
2. Korridorpensionen nach § 4 Abs. 2, für die am 31. Dezember 2023 bereits die Anspruchsvoraussetzungen mit Ausnahme der Voraussetzung des Fehlens einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit oder eines die Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 ASVG übersteigenden Erwerbseinkommens am Stichtag vorgelegen sind;
3. Korridorpensionen nach § 4 Abs. 2, die infolge der Beendigung des Arbeitslosengeld- oder des Notstandshilfeanspruchs nach §§ 22 und 38 AlVG im Kalenderjahr 2024 angetreten werden;
4. ...“
2. Die Korridorpension kann gemäß § 4 Abs 2 APG nach Vollendung des 62. Lebensjahres beansprucht werden. Damit hat der Kläger, der erst im März 2024 das 62. Lebensjahr vollendet hat, diese Anspruchsvoraussetzung für die Korridorpension am 31.12.2023 nicht erfüllt, weshalb § 34 Abs 1 Z 2 APG auf ihn nicht anwendbar ist. Gegenteiliges wird auch von der Berufung (zu Recht) nicht behauptet.
3.1 Die Berufung bezweifelt auch nicht, dass Personen, die wie der Kläger direkt aus dem Dienstverhältnis ohne vorherigen Bezug einer Leistung nach dem AlVG die Korridorpension antreten („Direktübertritte“), vom Schutzbereich des Erhöhungsbetrags ausgeschlossen sind. Dies entspricht dem klaren Wortlaut des § 34 Abs 1 Z 3 APG (Antritt der Korridorpension „infolge der Beendigung des Arbeitslosen- oder des Notstandshilfeanspruchs nach §§ 22 und 38 AlVG“) und dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers (vgl AB 2241 BlgNR 27. GP 2).
3.2 Die Berufung strebt im Ergebnis eine verfassungskonforme Interpretation des § 34 Abs 1 Z 3 APG an. Allerdings wurden die zugrundeliegenden verfassungsrechtlichen Bedenken (auch in der Berufung jeweils relevierter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, das Bestimmtheitsgebot und das Eigentumsgrundrecht) vom Verfassungsgerichtshof im Beschluss vom 25.2.2025, G 211/2024 6, nicht geteilt. Dazu wurde ausgeführt:
„Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 4.12.2023, G 197-202/2023 uva., mwN dazu, dass Regelungen über eine Pensionserhöhung im Allgemeinen nicht in das Eigentumsgrundrecht eingreifen) lässt das Vorbringen des Antrages die behaupteten Verfassungswidrigkeiten als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Vor dem Hintergrund maßgeblicher Unterschiede im Tatsächlichen bestehen auch keine Bedenken ob des Gleichheitsgrundsatzes gegen den Ausschluss von der Gewährung einer Erhöhung von Pensionen mit Stichtag im Jahr 2024 für Fälle, in denen der Versicherte anders disponieren hätte können:
Der Antragsteller übersieht, dass der in § 34 Abs. 1 Z 3 APG erwähnte Anspruch auf Arbeitslosengeld u.a. voraussetzt, dass der Betroffene der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (vgl. § 7 Abs. 1 Z 1 AlVG), was wiederum u.a. dessen Arbeitswilligkeit iSd § 9 AlVG bedingt (vgl. § 7 Abs. 2 leg.cit.). Im Falle von Personen, die ihre Erwerbstätigkeit aufgeben, um den Erhöhungsbetrag zu erwirken, wird dieses Kriterium idR nicht erfüllt sein, sodass diesfalls kein Arbeitslosengeldanspruch besteht und als Folge dessen kein Erhöhungsbetrag gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 APG zusteht.
Die in Rede stehende Bestimmung ist (schon nach ihrem Wortlaut, umso mehr unter Heranziehung der Materialien) einer eindeutigen Auslegung zugänglich, sodass die erhobenen Bedenken wegen Verstoßes gegen Art. 18 B-VG nicht zutreffen (zur Zulässigkeit der Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe vgl. VfSlg. 3981/1961, 18.550/2008, 19.530/2011 und 20.070/2016).“
Demnach sind verfassungsrechtliche Erwägungen kein Grund für die von der Berufung angestrebte, schon mit dem Wortlaut des § 34 Abs 1 Z 3 APG nicht in Einklang zu bringende Interpretation. Eine Analogie ist hier jedenfalls unzulässig, weil der Gesetzeswortlaut und die klare gesetzgeberische Absicht in die Gegenrichtung weisen (RS0106092 [T2]).
4. Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Mangels tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten des Verfahrens kommt ein Kostenersatzanspruch des Klägers nach Billigkeit nicht in Betracht.
6. Die ordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, weil die Rechtslage klar ist.