3R29/25t – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht durch Senatspräsident Mag. Hans Peter Frixeder als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Gert Schernthanner und die Richterin Mag. a Carina Habringer-Koller in der Rechtssache der Klägerin A* B* , geboren am **, Pensionistin, GB-**, vertreten durch Dr. Günther Riess und Mag. a Christine Schneider, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die Beklagten 1. C*, geboren am **, selbständig, 2. D* OG, FN **, beide **, und 3. E*-Aktiengesellschaft , FN **, **, alle vertreten durch Dr. Franz Essl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen ausgedehnt EUR 187.968,00 sA und Feststellung (EUR 15.000,00) über die Berufung der Klägerin (Berufungsinteresse: EUR 56.665,81 sA) gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28. Jänner 2025, Cg*-49, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert , dass es – einschließlich seiner unbekämpft gebliebenen und bestätigten Teile – insgesamt zu lauten hat:
„1. Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin EUR 117.803,58 samt jeweils 4% Zinsen pa aus EUR 93.172,00 von 9.8.2023 bis 4.3.2024, aus EUR 96.868,00 von 5.3.2024 bis 8.5.2024, aus EUR 96.307,00 von 9.5.2024 bis 18.10.2024 und aus EUR 117.803,58 ab 19.10.2024 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
2. Es wird gegenüber den Beklagten festgestellt , dass diese für sämtliche zukünftige Schäden und Nachteile, auch derzeit nicht bekannte Schäden und Folgen, die der Klägerin A* B*, geboren am **, aufgrund des Verkehrsunfalls vom 13. Juni 2023 in ** entstehen, zur ungeteilten Hand haften, wobei die Haftung der Drittbeklagten mit der Versicherungssumme von € 15.000.000,-- begrenzt ist.
3. Das Leistungsmehrbegehren , die Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin weitere EUR 70.164,42 sA zu bezahlen, und das Zinsenmehrbegehren werden abgewiesen .
4. Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit EUR 29.186,32 (darin EUR 3.409,16 USt und EUR 8.731,35 Barauslagen) bestimmten anteiligen Kosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten EUR 1.042,56 an saldierten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 13. Juni 2023 ereignete sich im Bereich des Taxistands am Flughafen F* ein Verkehrsunfall, an dem einerseits die Klägerin und andererseits der Erstbeklagte als Lenker des von der Zweitbeklagten gehaltenen und bei der Drittbeklagten aufrecht haftpflichtversicherten Taxifahrzeugs mit dem Kennzeichen „**“ beteiligt waren. Die Klägerin und ihr Ehegatte G* B* hatten eine Taxifahrt mit dem Erstbeklagten vereinbart. Der Erstbeklagte übersah, dass die Klägerin den Einstiegsvorgang noch nicht beendet hatte und die linke hintere Tür des Fahrzeugs noch nicht verschlossen war, und fuhr los, wodurch die Klägerin am linken Bein verletzt wurde. Der Unfall wurde durch das Alleinverschulden des Erstbeklagten verursacht.
Die H* AG leistete am 31. Oktober 2023 im Namen der Drittbeklagten eine Akontozahlung von EUR 30.000,00 an die Klagevertreter.
Die Klägerin begehrte ursprünglich EUR 93.172,00 sA und die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden mit der Behauptung, dass ihr ein Schaden von (bisher) EUR 123.172,00 entstanden sei. Darauf habe die Drittbeklagte bereits eine ungewidmete Zahlung von EUR 30.000,00 geleistet. Mit vorbereitendem Schriftsatz vom 4. März 2024 dehnte die Klägerin das Leistungsbegehren auf EUR 96.868,00 sA aus (ON 5). Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2024 dehnte sie das Klagebegehren weiter aus und schränkte es gleichzeitig ein, sodass sich ein Leistungsbegehren von EUR 96.307,00 sA errechnete (ON 13). Zuletzt dehnte die Klägerin mit vorbereitendem Schriftsatz vom 18. Oktober 2024 ihr Leistungsbegehren auf insgesamt EUR 187.968,00 sA aus (ON 36). Begründend führte sie aus, dass sie durch den Unfall eine schwere Verletzung am linken Bein erlitten habe, durch die am 25. Juli 2023 eine Unterschenkelamputation notwendig geworden sei. Der stationäre Aufenthalt (in Großbritannien) habe bis zum 18. August 2023 angedauert. Für ihre schwere Verletzung seien ein Schmerzengeld von EUR 80.000,00 und Pflege- und Haushaltshilfekosten von EUR 81.555,00 angemessen. Darüber hinaus habe sie ihr Wohnhaus in Großbritannien adaptieren und ua einen Lift zwischen Erdgeschoss und erstem Stock und eine Walk-In-Badewanne einbauen lassen müssen. Weitere Kosten beträfen den Hotelaufenthalt des Ehegatten in **, dessen Krankenhausbesuche in ** und in England (Fahrt- und Parkkosten), die verlängerte Parkgebühr für den Flughafen I*, Kosten für die notwendig gewordene Adaptierung des Gartenwegs sowie zusätzlich angefallene Kosten für die verlängerte Unterbringung von zwei Katzen in einem Tierheim in Großbritannien und pauschale Unkosten.
Die Beklagten bestritten das Klagebegehren, beantragten Klagsabweisung und wendeten zusammengefasst ein, dass sowohl das Schmerzengeld- als auch das Pflege- und Haushaltshilfekostenbegehren weit überhöht seien. Darüber hinaus habe die Drittbeklagte bereits vor Klagseinbringung EUR 30.000,00 an Schmerzengeld bezahlt. Eine Beinamputation und eine Prothesenanfertigung seien aufgrund des Unfalls weder medizinisch notwendig noch zweckmäßig gewesen. Die Klägerin habe auch kein Feststellungsinteresse. Weiters werde der Zinsenlauf bestritten. Die Klägerin habe zahlreiche unnötige Kosten verursacht und dadurch ihre Schadensminderungspflicht verletzt. Auch die Adaptierung des Gartenwegs im klägerischen Garten in Großbritannien sei medizinisch nicht notwendig gewesen. Darüber hinaus habe die Klägerin in Großbritannien Sozialversicherungsleistungen bis zum 10. Dezember 2024 (= Schluss der Verhandlung) von GBP 4.518,30 (= EUR 5.449,34) erhalten, die sie sich auf ihre Forderungen anrechnen lassen müsse. Dieser Betrag werde auch compensando als Gegenforderung eingewendet.
Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die Beklagten zur ungeteilten Hand, der Klägerin EUR 101.459,97 sA zu zahlen (Punkt 1.), und stellte fest, dass die Beklagten der Klägerin für sämtliche zukünftige Schäden und Nachteile, auch derzeit nicht bekannte Schäden und Folgen, die der Klägerin aufgrund des Verkehrsunfalls vom 13. Juni 2023 in ** entstehen, zur ungeteilten Hand haften, wobei die Haftung der Drittbeklagten mit der Versicherungssumme von EUR 15 Mio. begrenzt ist (Punkt 2.). Schließlich verpflichtete es die Beklagten zur ungeteilten Hand, der Klägerin die mit EUR 27.303,85 bestimmten anteiligen Prozesskosten zu ersetzen.
Eine ausdrückliche Abweisung des Leistungsmehrbegehrens von EUR 86.508,03 sA erfolgte (im Spruch des angefochtenen Urteils) nicht.
Das Erstgericht legte seiner Entscheidung – soweit für das Berufungsverfahren noch von Relevanz – die folgenden auf US 6 bis 12 getroffenen Feststellungen zugrunde, wobei die von der Klägerin bekämpfte Feststellung kursiv hervorgehoben und mit [F1] markiert ist:
Die Klägerin erlitt beim Unfall einen zweitgradig offenen trimalleolären Verrenkungsbruch am oberen Sprunggelenk links (Bruch des Innen- und Außenknöchels, Bruch des hinteren unteren Schienbeinrands). Die Klägerin wurde in die Notaufnahme im Landeskrankenhaus F* gebracht, wo die Einrichtung des Bruches und Ruhigstellung im Unterschenkelspaltgips sowie die Aufnahme zur operativen Versorgung erfolgte. Noch am Aufnahmetag wurde eine Stabilisierung mittels äußerem Festhalter vom Schienbein auf das Fersenbein und den ersten und fünften Mittelfußknochen durchgeführt, die Verletzungswunde über dem Innenknöchel wurde chirurgisch gereinigt und ausgeschnitten und eine antibiotische medikamentöse Therapie eingeleitet. Im weiteren Verlauf kam es aufgrund der Verletzungsschwere mit Weichteilschaden zum Absterben von Hautanteilen über der Verletzungswunde am Innenknöchel und schwellungsbedingt zu sogenannten Spannungsblasen (Ablösung der obersten Hautschichten) an der Außenseite. Nach Konsolidierung der Weichteilverhältnisse erfolgte zehn Tage nach dem Unfallereignis die endgültige Stabilisierung mit offener Einrichtung des Innenknöchels und Fixation mit zwei Schrauben sowie offener Einrichtung des Außenknöchels und dessen Stabilisierung mittels Drittelrohrplatte, wobei der äußere Festhalter belassen wurde. Am 9. Juli 2023 konnte die Überstellung der Klägerin in das J* organisiert werden, wobei die Klägerin mit dem Ambulanzwagen transportiert wurde.
Im weiteren Verlauf kam es zum Absterben von Hautanteilen mit einer bakteriellen Entzündung. Dabei handelt es sich um eine bei derartigen Verletzungen typische Komplikation. Zur Vorbeugung der Gefahr eines fehlenden Therapieerfolgs bzw einer weiteren Ausbreitung der Infektion auf das Knochengewebe wurde am 17. Juli 2023 die Entfernung sämtlicher Metallteile sowie des abgestorbenen Weichteilgewebes an der Innen- und Außenseite des Sprunggelenks durchgeführt. Die daraus resultierenden Weichteildefekte wurden vorerst mit einem Vakuumverband zur kontinuierlichen Ableitung des Wundsekrets bedeckt. Aufgrund der prekären Situation von instabilen Knochenverhältnissen, manifestem Weichteilgelenksinfekt sowie ausgedehntem Hautverlust wurde schließlich die Indikation zur Unterschenkelamputation gestellt, welche am 25. Juli 2023 durchgeführt wurde. Die erfolgte Beinamputation ist Folge einer typischen Komplikation der unfallkausalen Verletzungen. Die Klägerin hat kein Verhalten gesetzt, durch das es zu einer Verzögerung im Behandlungsablauf gekommen wäre.
Als Dauerfolge besteht bei der Klägerin der Unterschenkelverlust links, wodurch fortwährend eine Fortbewegung nur noch unter Verwendung der Unterschenkelprothese sowie durch Unterstützung mit zwei Gehstöcken möglich ist. Am 18. August 2023 wurde die Klägerin in die häusliche Pflege entlassen. Zu diesem Zeitpunkt konnte sie sich nur mit dem Rollstuhl fortbewegen, dies bis zur Anpassung der ersten Prothese im November 2023, wobei sie auch ab diesem Zeitpunkt mehrere Wochen benötigte, um mit der Prothese gehen zu lernen. Da es Anpassungsschwierigkeiten gab, erhielt die Klägerin Ende Mai 2024 eine neue Prothese, mit der sie wieder erst den Umgang erlernen musste. Mit der Prothese ist es der Klägerin lediglich möglich, fünf bis zehn Minuten unter Verwendung der Gehstöcke zu gehen; danach muss sie sich wieder ausruhen. Wenn sie längere Strecken zurücklegt, ist dies mit Schmerzen verbunden. Das Treppensteigen ist der Klägerin mit der Prothese nicht möglich, kurze Strecken kann sie seit Mitte Juni 2024 auch mit einem Gehstock zurücklegen, ganz kurze Strecken im eigenen Haus auch ohne Gehstöcke.
Spätfolgen aus der unfallskausalen Verletzung, wie etwa das Auftreten von Narben- und/oder Stumpfproblemen (Entzündungen, Weichteilverwachsungen etc, eventuell sogar mit Operationsnotwendigkeit) sind nicht auszuschließen. Durch die zu erwartende Weichteilverschmächtigung werden in Zukunft Schaftanpassungen und eventuell Neuanordnungen erforderlich sein.
Die Klägerin musste bzw muss aufgrund der unfallskausalen Verletzung und deren Folgen eine Woche starke Schmerzen, acht bis zehn Wochen mittelstarke Schmerzen und fünf bis sechs Monate leichte Schmerzen einschließlich der Unlustgefühle im Rahmen des gesamten Heilungs- und Behandlungsverlaufs und der künftig mit den Dauerfolgen verbundene Schmerzen erleiden. Spätfolgen aufgrund der unfallskausalen Verletzung und der damit verbundenen Beinamputation sind nicht auszuschließen.
Die Klägerin bewohnt gemeinsam mit ihrem Ehegatten ein zweigeschoßiges Haus, wobei sich im Erdgeschoß ein großzügiger Wohn-/Essbereich, ein Wintergarten und eine Toilette mit einem kleinen Waschbecken befinden. Im ersten Stock sind drei Schlafzimmer und das Badezimmer situiert. Vor dem Unfall war die Klägerin auf keinerlei Pflegehilfe angewiesen. Die Hausarbeit (Putzen, Aufräumen, Wäsche erledigen, Kochen) erledigte die Klägerin annähernd zur Gänze allein, wobei sie dafür durchschnittlich drei Stunden täglich aufwendete.
Nach der Rückkehr nach England bis zur Entlassung der Klägerin in die häusliche Pflege (10. Juli 2023 bis 18. August 2023, 41 Tage) erledigte der Ehegatte der Klägerin den Haushalt selbst, wofür er durchschnittlich 90 Minuten täglich aufwendete. Für die Rückkehr der Klägerin in ihr Haus wurde ein Schlafbereich im Wohnbereich eingerichtet, da vorerst noch kein Lift eingebaut war und es der Klägerin nicht möglich war, in den ersten Stock des Hauses, wo die Schlafräume und das Badezimmer situiert sind, zu gelangen. Erst am 18. Jänner 2024 war der Einbau des Liftes abgeschlossen und konnte die Klägerin erst danach wieder die Räumlichkeiten im ersten Stock benutzen. Überdies war sie bis zur Anpassung der ersten Prothese im November 2023 vollständig immobil und konnte sich nur mit dem Rollstuhl fortbewegen. Auch nach Anpassung der Prothese dauerte es noch mehrere Wochen, bis sie sich an die Prothese gewöhnt hatte, sodass sie erst im Laufe der Zeit kürzere Strecken zurücklegen konnte. Die Klägerin konnte aus diesem Grund bis Jahresende 2023 keinerlei Haushaltstätigkeiten durchführen. Weiters war sie auf pflegerische Hilfe beim Toilettengang, beim An- und Auskleiden und bei der Körperpflege angewiesen. Zudem benötigte sie eine Begleitung zu den ein bis zwei Mal wöchentlich stattfindenden Physiotherapien. Insgesamt benötigte die Klägerin daher ab dem Zeitpunkt der Entlassung aus dem Krankenhaus (18. August 2023) bis zum Jahresende pflegerische Hilfe von durchschnittlich 4 Stunden täglich. Weiters mussten Haushaltstätigkeiten im Umfang von rund 3 Stunden täglich, die die Klägerin ohne den Unfall verrichtet hätte, von dritter Seite durchgeführt werden. Sämtliche dieser Tätigkeiten übernahm der Ehegatte der Klägerin.
Ab Jänner 2024 benötigte die Klägerin keine Hilfe mehr beim An- und Ausziehen. Zudem konnte die Klägerin ab Mitte Jänner 2024 aufgrund des Lifteinbaus das Badezimmer im ersten Stock erreichen, sodass sich der Hilfsbedarf bei der Körperpflege (Wegfall der notwendigen Unterstützung beim Zähneputzen) reduzierte. Darüber hinaus war es ihr nun auch möglich, kleinere Hausarbeiten zu verrichten, insbesondere bei der Zubereitung von Mahlzeiten mitzuhelfen, beim Zusammenlegen der Wäsche etc. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin weiterhin volle Unterstützung beim Toilettengang benötigt hätte, eine teilweise Unterstützung war aber weiterhin notwendig. Der benötigte Pflegeaufwand betrug in der Zeit von 1. Jänner bis 29. Februar 2024 2 Stunden täglich (inklusive der weiterhin notwendigen Begleitung zur Physiotherapie), wobei die Klägerin in diesem Zeitraum zehn Termine wahrnahm. Haushaltstätigkeiten mussten ersatzweise für die Klägerin im Umfang von durchschnittlich 2 Stunden täglich erbracht werden.
Ab März 2024 reduzierte sich der Pflegebedarf der Klägerin auf 1,5 Stunden täglich, zumal sie ab diesem Zeitpunkt nur mehr ganz vereinzelt Physiotherapietermine wahrnahm. Sie benötigte aber weiterhin Hilfe bei der Körperpflege sowie vereinzelt beim Toilettengang. Eine Steigerung der Leistung der Hausarbeit ist nicht eingetreten, sodass insoweit weiterhin durchschnittlich zwei Stunden für einen Haushaltshilfeersatz täglich notwendig waren.
Ende Mai 2024 erhielt die Klägerin eine neue Beinprothese, an die sie sich wiederum erst gewöhnen musste. Ab 5. Juli bis 29. Oktober 2024 bestand noch ein Pflegebedarf von 45 Minuten täglich und ein Bedarf in der Haushaltsführung von 90 Minuten täglich. Die Klägerin konnte nunmehr aufgrund der eingebauten neuen Walk-In-Badewanne die Körperpflege im Wesentlichen selbst verrichten und bedurfte nur mehr fallweise Hilfe bei Toilettengängen bzw beim Ein- und Ausstieg aus der Dusche/Wanne. Weiters ist es ihr möglich, aufgrund der Gewöhnung an die Gesamtsituation und an die Prothese vermehrt Haushaltstätigkeiten zu übernehmen, sodass sich hier die benötigte Hilfeleistung auf 90 Minuten reduziert. Sämtliche Pflege- und Haushaltstätigkeiten, die die Klägerin selbst nicht ausführen konnte, übernahm während des gesamten Zeitraums ihr Ehegatte.
Die Kosten für die häusliche Pflege in Großbritannien belaufen sich im Jahr 2024 auf GBP 15,-- bis 35,-- pro Stunde, wobei selbständige Pflegekräfte bereits ab EUR [gemeint: GBP] 15,-- pro Stunde engagiert werden können. Vertrauenswürdige Plattformen bieten Pflegedienste zu Preisen zwischen GBP 18,-- und 20,-- pro Stunde an.
Die Klägerin hat für den Zeitraum 26. Februar bis 7. April 2024 GBP 610,50 und für den Zeitraum 8. April bis 10. Dezember 2024 GBP 3.907,80, insgesamt damit GBP 4.518,30 (umgerechnet zum Wechselkurs zum 10. Dezember 2024 = EUR 5.449,34) als „Attendance Allowance“ erhalten. Dabei handelt es sich um eine Unterstützung für Personen, die das staatliche Pensionsalter erreicht haben und die Hilfe bei der persönlichen Pflege oder Aufsicht benötigen, weil sie krank oder invalid sind. Personen, die eine solche Unterstützung erhalten, müssen diese nicht notwendigerweise für ihre Pflege verwenden, sondern stehen die erhaltenen Beträge der anspruchsberechtigten Person zur beliebigen Verwendung zur Verfügung.
Um die eigenen Räumlichkeiten nach der Beinamputation wieder voll umfänglich nutzen zu können, musste die Klägerin einen Lift einbauen lassen, um wiederum in den ersten Stock gelangen zu können. Weiters war es ihr nicht möglich, die bislang im Badezimmer vorhandene Dusche und Badewanne zu benutzen, da die Dusche zu klein war, um in diese mit der nun gegebenen Einschränkung einsteigen zu können und sich dort hinzusetzen. Ebenso war die vorhandene Badewanne nicht geeignet, um diese mit der Beinprothese zu nutzen. Die Klägerin musste daher eine Walk-In-Badewanne einbauen lassen, um wieder duschen bzw baden zu können. Für den Lifteinbau wendete die Klägerin GBP 18.450,--, das sind bei Ansatz eines Wechselkurses von 1 : 1,16 EUR 21.402,--, auf. Für den notwendigen Badumbau (Einbau der Walk-In-Badewanne inkl Duschsitz) bezahlte sie Klägerin GBP 9.751,-- (= EUR 11.311,--).
Aufgrund der Beinamputation und der räumlichen Gegebenheiten musste die Klägerin folgendes Equipment anschaffen und nachstehende Kosten aufwenden:
Rollstuhl GBP 394,99 = EUR 458,--
Leibstuhl GBP 98,-- = EUR 113,--
Beinstrumpf GBP 53,94 = EUR 63,--
Rollstuhlrampen – GBP 233,90, Duschsessel – GBP 32,99, Betttisch – GBP 85,--, Tragbares Waschbecken – GBP 17,91, Klappbarer Rollstuhl – GBP 129,99, Sitzerhöhung WC - GBP 50,80, Zweiter Rollstuhl für OG – GBP 238,--, ergibt in
Summe GBP 788,59 = EUR 914,76.
Weiters ließ die Klägerin im Garten einen neuen Weg und eine neue Terrasse anlegen. Für die Arbeiten fielen Kosten von GBP 6.236,16 (= EUR 7.234,--) an. Es kann nicht festgestellt werden, dass diese Arbeiten notwendig waren, um der Klägerin die Benutzung des Gartens mit ihrer nunmehrigen Behinderung weiterhin zu ermöglichen [F1]. Bereits vor den Erneuerungsarbeiten bestand auch ein schmaler Terrassenbereich unmittelbar vor der Terrassentür, der unmittelbar vom Haus aus erreicht werden kann und von dem Rampen in den Wiesenbereich führen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 8. August 2023 erhob die Klägerin Schadenersatzansprüche gegen die Drittbeklagte aufgrund des gegenständlichen Unfalls, wobei sie ausführte, ihre Ansprüche (Schmerzengeld, Verunstaltungsentschädigung, Behandlungskosten, vermehrte Bedürfnisse, Verdienstentgang etc) vorerst mit EUR 100.000,-- zu beziffern und die Zahlung eines Akontierungsbetrags von EUR 20.000,-- zu begehren.
Mit weiterem anwaltlichen Schreiben vom 4. Oktober 2023 schlüsselte die Klägerin ihre Ansprüche von insgesamt EUR 169.110,00 detailliert wie folgt auf: […]
Nachdem von der H* AG ** im Namen der Drittbeklagten eine Akontozahlung von EUR 50.000,-- am 27. September 2023 in Aussicht gestellt worden war, wurde am 26. Oktober 2023 mitgeteilt, dass der Versicherer bereit sei, zunächst eine Akontozahlung von € 30.000,-- zu leisten. Nachdem der Klagevertreter erklärt hatte, seine Mandantin nehme diese Akontozahlung an, wenngleich die Höhe angesichts der Forderungen nicht nachvollziehbar sei, erklärte die H* AG mit Schreiben vom 31. Oktober 2023, die Zahlung entsprechend veranlasst zu haben. Mit Schreiben vom 9. November 2023 bestätigte der Klagevertreter gegenüber der H* AG den „ Eingang eines Betrags von EUR 30.000,-- als allgemeines Akonto auf die geltend gemachten Forderungen.“ Beim Klagevertreter langte die Zahlung nur mit dem angegebenen Zahlungsgrund „**“ ein; ein Vermerk „Pain and Suffering“ oder Ähnliches war nicht angebracht.
In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zunächst zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Bestimmungen des Haager Straßenverkehrsübereinkommens, der ROM II- und der ROM I-Verordnung österreichisches materielles Recht für die Prüfung der Berechtigung und der Höhe der einzelnen klägerischen Ansprüche anzuwenden ist (dies ist im Berufungsverfahren nicht mehr strittig). Aufgrund der erlittenen Verletzungen und der medizinisch indizierten Unterschenkelamputation habe die (zum Unfallszeitpunkt 81-jährige) Klägerin Anspruch auf ein angemessenes Schmerzengeld von EUR 55.000,00. Nach den Feststellungen würden Pflegedienste über vertrauenswürdige Plattformen ab GBP 18,00/Stunde angeboten; der Klägerin stünden Pflegekosten von EUR 14.222,41 (nach Abzug von EUR 5.449,34 an in Großbritannien erhaltenen Sozialversicherungsleistungen) und Haushaltshilfekosten von EUR 17.238,00 zu. Dazu kämen die Hotelkosten (für den Aufenthalt des Ehegatten in **) von EUR 7.447,00 und Kosten für diverse Umbauten im Haus der Klägerin in Großbritannien in Höhe von EUR 11.311,00 (Badumbau) und EUR 21.402,00 (Einbau eines Lifts). Darüber hinaus seien noch mehrere andere (betraglich niedrigere) Positionen unfallskausal und daher ersatzfähig. Nicht ersatzfähig seien hingegen die (mit EUR 7.234,00 geltend gemachten) Kosten für die Umgestaltung des Gartens. Insgesamt errechne sich ein Schadenersatzanspruch der Klägerin von EUR 131.459,97, abzüglich der bereits geleisteten Akontozahlung von EUR 30.000,00 somit EUR 101.459,97 sA. Die von den Beklagten erhobene „Gegenforderung“ bestehe insofern nicht zu Recht, als die von der Klägerin bereits erhaltenen Zahlungen der „Attendance Allowance“ vom Klagsanspruch abzuziehen seien. Zinsen könnten erst ab 5. Oktober 2023 (nach detaillierter betraglicher Aufschlüsselung des außergerichtlichen Aufforderungsschreibens) zuerkannt werden.
Gegen den klagsabweisenden Teil – jedoch nur im Umfang von EUR 56.665,81 sA – richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der unrichtigen Sachverhaltsfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung, hilfsweise auch eines Verfahrensmangels, mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass ihr ein zusätzlicher Betrag von EUR 56.665,81 sA zugesprochen werde; in eventu wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt. Darüber hinaus erhebt die Klägerin auch eine Berufung im Kostenpunkt.
Die Beklagten streben mit ihrer Berufungsbeantwortung die Bestätigung des angefochtenen Urteils an.
Die Berufung ist – hinsichtlich der Positionen Schmerzengeld, Pflegekosten und Zinsen – teilweise berechtigt .
Rechtliche Beurteilung
Vorauszuschicken ist, dass die Klägerin am Beginn ihrer Berufung als Berufungsgrund „hilfsweise auch einen Verfahrensmangel“ geltend macht, diesen aber nur auf Seite 6 ihrer Berufung kurz erwähnt, inhaltlich ansonsten jedoch nicht näher ausführt. Auf diesen Berufungsgrund wird daher nur an der entsprechenden Stelle kurz eingegangen. Im Übrigen folgt das Berufungsgericht der „Chronologie“ der in der Berufung geltend gemachten Berufungsgründe.
I. Zur Rechtsrüge:
1. Zur Höhe des Schmerzengelds:
1.1. Die Klägerin argumentiert zusammengefasst, dass sie einen Schmerzengeldanspruch von zuletzt EUR 80.000,00 geltend gemacht habe, ihr unter diesem Titel jedoch nur ein Betrag von EUR 55.000,00 zugesprochen worden sei. Die (implizite) Abweisung des Betrags von EUR 25.000,00 bekämpft sie im Umfang von EUR 15.000,00 und führt dazu aus, dass ihr als über 80-jährigem Unfallopfer die Gewöhnung an die neue Situation naturgemäß schwerer falle und dass aufgrund der zunehmenden Weichteilverschmächtigung die Schaftanpassung ihrer Prothese immer wieder notwendig werde. Sie sei auf die permanente Mithilfe ihres Ehegatten angewiesen und in ihren sozialen Kontakten erheblich eingeschränkt. Für die Berechnung des Schmerzengelds seien die Währungsverhältnisse bei Schluss der Verhandlung erster Instanz (10. Dezember 2024) maßgebend. Bei vergleichbaren Verletzungen seien schon (weit) höhere Schmerzengeldbeträge zuerkannt worden, wobei die in weiterer Folge angeführten Beträge jeweils nach dem Verbraucherpreisindex valorisiert seien.
1.2. Grundsätzlich handelt es sich beim Schmerzengeld nach ständiger Rechtsprechung um eine globale Entschädigung (RS0031191, RS0031415). Das Schmerzengeld ist die Genugtuung für alles Ungemach, das der Verletzte infolge einer Verletzung erduldet (RS0031307, RS0031175). Körperliche und seelische Schmerzen sind dabei gemeinsam zu bewerten (RS0031058). In die Globalbemessung des Schmerzengelds sind neben den bereits erlittenen Schmerzen auch künftige, nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartende körperliche und seelische Schmerzen einzubeziehen. Nach ständiger Rechtsprechung sind auch die auf Dauer verbleibenden Schmerzen samt täglicher Schmerzbelastung sowie die dauernde Bewegungseinschränkung und die dadurch bedingte Beeinträchtigung der Lebensführung, einschließlich einer Beeinträchtigung bei der Sportausübung, in das Gesamtkalkül miteinzubeziehen (RS0031065).
1.3. Das Erstgericht hat – auf Basis des eingeholten unfallchirurgischen Gutachtens (ON 21 iVm Ergänzungsgutachten ON 32) – die von der Klägerin erlittenen Verletzungen festgestellt (US 6) und die von ihr erlittenen Schmerzen komprimiert auf den 24-Stunden-Tag wie folgt bemessen: eine Woche starke Schmerzen, 8 bis 10 Wochen mittelstarke Schmerzen und 5 bis 6 Monate leichte Schmerzen (US 7). Dabei wies das Erstgericht einerseits erschwerend auf die Tatsache hin, dass sich die Klägerin zukünftig, selbst bei Verwendung der Unterschenkelprothese, in aller Regel nur mit zwei Gehstöcken fortbewegen können werde, was eine sehr weitgehende Einschränkung im Alltag, aber auch bei allen Freizeitaktivitäten bedeute (US 19). Andererseits berücksichtigte es – grundsätzlich zutreffend – das fortgeschrittene Alter der Klägerin insofern, als die Zeitspanne, in der sie mit ihrer körperlichen Einschränkung leben müsse, gegenüber einem jungen Unfallopfer doch verkürzt sei. Dies entspricht dem Wesen der Globalbemessung des Schmerzengelds, in die neben den bereits erlittenen Schmerzen auch künftige, nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartende körperliche und seelische Schmerzen einzubeziehen sind (vgl RS0031307). Der Einfluss des Lebensalters des Verletzten auf die Schmerzengeldbemessung wird in der Rechtsprechung des OGH grundsätzlich bejaht (vgl 7 Ob 281/02b, 2 Ob 166/07m). In seiner Entscheidung 2 Ob 105/09v führte der OGH zusammengefasst aus, dass Kindern für Dauerschäden wegen der größeren Länge der Dauerfolge ein Zuschlag zum Schmerzengeld zuzugestehen ist (vgl RS0031307 [T24, 25] = Zak 2010/196, 117 = ZVR 2011/67, 133 [Kathrein] ).
1.4. Daraus folgt im Umkehrschluss aber nicht, dass ältere Personen quasi einen „Abschlag“ von ihrem Schmerzengeldanspruch hinnehmen müssen. Wie bereits ausgeführt, hat die Bemessung des Schmerzengelds nicht nach starren Regeln zu erfolgen; Schmerzperioden können lediglich zur Orientierung als Bemessungshilfe herangezogen werden (RS0125618 [T2]). Wie die Berufungswerberin zutreffend ausführt, ist in der Rechtsprechung des OGH der letzten Jahre eine gewisse Tendenz zu erkennen, den Schmerzengeldzuspruch für gravierende, das weitere Leben bestimmende und mit großem Leiden verbundene Dauerfolgen, wie sie mit der Amputation von Gliedmaßen regelmäßig verbunden sind, nicht zu knapp zu bemessen (vgl 2 Ob 237/01v = ZVR 2002/66, 268 [Danzl] ; 2 Ob 295/01y; 2 Ob 145/02s; RS0031075 [T4]; vgl erst jüngst Danzl Anm zu ZVR 2025/42, 93). In 2 Ob 83/14s sprach der OGH aus, dass die Zuerkennung höherer Beträge im Vergleich zu früheren Schmerzengeldzusprüchen einerseits aufgrund dieser großzügigeren Rechtsprechung und andererseits aufgrund der inflationsbedingten Geldentwertung gerechtfertigt ist (RS0031075 [T10]).
1.5. Bei der Bemessung des Schmerzengelds ist einerseits auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, andererseits aber – zur Vermeidung einer völligen Ungleichmäßigkeit der Rechtsprechung – ein möglichst objektiver Maßstab anzulegen. Es darf der von der Judikatur allgemein gezogene Rahmen für die Bemessung im Einzelfall nicht gesprengt werden. Es ist daher zu prüfen, welche Schmerzengeldbeträge der OGH und die Oberlandesgerichte Unfallopfern, bei denen die Amputation eines Unterschenkels notwendig wurde, in den letzten Jahren zuerkannt haben (wobei die im folgenden genannten Beträge jeweils die gemäß Verbraucherpreisindex valorisierten Beträge sind):
Der OGH sprach ua folgende Schmerzengeldbeträge zu: zu 2 Ob 98/95 EUR 78.581,14 (Unterschenkelfraktur mit Tibiakopffraktur und anschließender Unterschenkelamputation); zu 2 Ob 171/82 EUR 62.898,34 (Bruch des Schlüsselbeins und Zerquetschung des Unterschenkels mit anschließender Unterschenkelamputation); zu 8 Ob 284/82 EUR 55.548,95 (offener Unterschenkelbruch mit anschließender Amputation; 70-jähriger Kläger); wobei die beiden letztgenannten Entscheidungen aus den frühen 1980er Jahren stammen.
Das OLG Linz sprach ua zu 6 R 221/04v EUR 76.050,00 zu (Vorfußquetschung mit Abtrennung der ersten bis fünften Zehe und anschließender Unterschenkelamputation).
Das OLG Wien sprach ua zu 13 R 92/07f EUR 160.700,00 zu (Amputation des Unterschenkels mit starken Stumpf- und Phantomschmerzen).
Das OLG Innsbruck sprach in den drei in der Berufung zitierten Entscheidungen folgende Schmerzengeldbeträge zu: zu 2 R 75/15v EUR 96.390,00 (Unterschenkelamputation; Kläger war zum Unfallszeitpunkt 57-jähriger Pensionist); zu 4 R 29/07g EUR 89.595,00 (Unterschenkelamputation); zu 3 R 38/13g EUR 84.660,00 (Unterschenkelamputation; Kläger war zum Unfallszeitpunkt 75-jähriger Pensionist).
Vor dem Hintergrund der erkennbaren Tendenz der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, das Schmerzengeld für gravierende Verletzungen nicht zu knapp zu bemessen, und unter Berücksichtigung der zitierten Judikate zu Schmerzengeldzusprüchen in vergleichbaren Fällen von Unterschenkelamputationen erachtet das Berufungsgericht das in der Berufung (nur mehr) geforderte Schmerzengeld von EUR 70.000,00 im Ergebnis für angemessen.
2. Zur Höhe der Pflegekosten:
2.1. Die Klägerin argumentiert, dass das Erstgericht einerseits einen unrichtigen Stundensatz für Pflegekräfte in Großbritannien zugrunde gelegt und andererseits das Ausmaß der von ihr benötigten Pflege- und Hilfsleistungen falsch bemessen habe. Der durchschnittliche Stundensatz für eine Pflegekraft in Großbritannien betrage bei einem Rahmen von umgerechnet EUR 18,00 bis EUR 42,00 ca EUR 30,00. Ein solcher Stundensatz sei – entgegen dem vom Erstgericht zugrunde gelegten Stundensatz von nur EUR 21,00 – für eine professionelle Pflegekraft in Großbritannien jedenfalls angemessen. Darüber hinaus habe die Klägerin während der vom Erstgericht gebildeten zeitlichen Perioden jeweils einen höheren Pflegebedarf gehabt, als dies vom Erstgericht festgestellt worden sei.
2.2. Was die Höhe des Stundensatzes betrifft, hat das Erstgericht auf US 9 – unbekämpft – festgestellt, dass sich die Kosten für die häusliche Pflege in Großbritannien im Jahr 2024 auf GBP 15,00 bis 35,00 pro Stunde belaufen, wobei selbständige Pflegekräfte bereits ab EUR 15,00 (gemeint wohl: GBP 15,--) pro Stunde engagiert werden können. Vertrauenswürdige Plattformen bieten Pflegedienste zu Preisen zwischen GBP 18,00 und 20,00 pro Stunde an. Diese Feststellung stützte das Erstgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung auf die von der Klägerin selbst vorgelegten Beilagen, insbesondere Beilage ./AN. Dort heißt es ua wörtlich: „Trusted platforms typically offer care services at rates between GBP 18 and GBP 20 per hour“ (Seite 2). Das Erstgericht führte weiter aus, dass sich aus anderen von der Klägerin vorgelegten Urkunden zwar höhere Pflegekosten ergäben, diese jedoch offensichtlich nicht die Möglichkeit berücksichtigten, zu geringeren Preisen Pflegekräfte zu erhalten. Es sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die von der Klägerin selbst vorgelegte Urkunde ./AN nicht das tatsächliche Marktangebot widerspiegeln sollte. Dazu komme, dass die Beklagten Urkunden vorgelegt hätten, aus denen sich wesentlich geringere Stundensätze ergäben, offensichtlich betreffend Bezüge, die im öffentlichen Dienst bezahlt werden (vgl Beilagen ./2 und ./4; Beweiswürdigung US 16).
Wie bereits ausgeführt, blieb die erstgerichtliche Feststellung auf US 9 (Stundensatz zwischen GBP 18,00 und GBP 20,00 pro Stunde) unbekämpft, sodass sie vom Berufungsgericht den weiteren Überlegungen zugrunde gelegt wird. Soweit die Klägerin in ihrer Rechtsrüge mit anderen Stundensätzen argumentiert, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und ist ihre Rechtsrüge daher insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RS0043312).
2.3. Wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang ausführt, dass es das Erstgericht unterlassen habe, die von ihm aufgenommenen Beweise in das Urteil aufzunehmen, und dass dann, wenn das Berufungsgericht nicht beurteilen können sollte, welche Beweise das Erstgericht überhaupt aufgenommen habe, die Unterlassung der Anführung der aufgenommenen Beweise als rechtserheblicher Verfahrensmangel gerügt werde (Berufung, S 6), ist ihr zu entgegnen, dass das Erstgericht die aufgenommenen Beweise nicht nur im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen (US 6 ff) an zahlreichen Stellen als Klammerzitate angeführt, sondern auch einer äußerst ausführlichen und sorgfältigen Beweiswürdigung unterzogen hat (US 12 ff). Von einem Verfahrensmangel kann keine Rede sein.
2.4. Das Erstgericht legte bei der Umrechnung des Stundensatzes von Britischen Pfund in Euro einmal einen Wechselkurs von GBP 1 : EUR 1,16 unter Hinweis darauf zugrunde, dass die Klägerin diesen Wechselkurs für alle Klagspositionen angewandt habe (US 20). An anderer Stelle, nämlich bei der Umrechnung der sogenannten „Attendance Allowance“ legte es den Wechselkurs zum 10. Dezember 2024 (Schluss der Verhandlung) von ca GBP 1 : EUR 1,2 zugrunde (vgl US 9).
Tatsächlich kommt es (bei Fremdwährungsschulden) für die Umrechnung auf das Währungsverhältnis zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz an (10. Dezember 2024). Dies hat der OGH für die Bemessung des Schmerzengelds bereits wiederholt ausgesprochen (RS0031316; vgl auch 8 Ob 321/98h = RS0111756). Im vorliegenden Fall ist diese Rechtsprechung für die Umrechnung der als Abzugspost zu behandelnden Leistungen der Attendance Allowance anzuwenden. Vice versa kann der hier anzulegende Umrechnungskurs auch für die nach richterlichem Ermessen gemäß § 273 ZPO zu ermittelnden Pflegekosten angewendet werden (siehe auch klägerisches Vorbringen S 6 in ON 43).Wird bei sämtlichen Umrechnungspositionen betreffend Pflege der zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz geltende Währungskurs von GBP 1 : EUR 1,2 herangezogen, wie ihn auch die Klägerin in ihrer Berufung zugrunde legt (vgl dazu etwa auch die Kurshistorie auf „www.boerse.de“ zum Stichtag 10. Dezember 2024), erhöht sich der Stundensatz für Pflege von EUR 21,-- auf EUR 21,60 (siehe sogleich weiter unten).
2.5. Wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, steht einem Geschädigten für die benötigte unfallskausale Pflegeleistung ein Ersatzanspruch auf Bruttolohnkosten für eine professionelle Pflegekraft zu; ungeachtet dessen, ob die Pflege tatsächlich von einer solchen Pflegekraft oder aber von Angehörigen erbracht wird. Dass Hilfsleistungen von Verwandten – wie hier vom Ehemann der Klägerin – freiwillig und unentgeltlich erbracht werden, ändert an der Ersatzpflicht daher nichts (2 Ob 49/98i); die Leistung des Angehörigen soll den Schädiger nicht entlasten (RS0022789). Es kommt darauf an, welches Entgelt der Geschädigte für eine professionelle Pflegeperson zahlen müsste; zu ersetzen sind also die Bruttolohnkosten (RS0022789 [T12]; vgl Danzl/Karner in KBB 7 § 1325 Rz 8 mwN).
Das Erstgericht hat den Pflegebedarf der Klägerin in den einzelnen Zeitperioden von 19. August 2023 (Rückkehr aus dem Krankenhaus in England) bis 29. Oktober 2024 (bis zu diesem Tag wurden die Ansprüche geltend gemacht) ausführlich festgestellt (US 7 bis US 9) und überzeugend begründet (vgl Beweiswürdigung US 13 ff). Selbst die Klägerin räumt in ihrer Berufung ein, dass „sich eine Erleichterung beim Pflegebedarf dadurch ergeben“ habe, „dass ab Juli 2024 die neue Badeinstallation zur Verfügung stand, was die Körperpflege der Klägerin erleichterte […]“ (Berufung, S 14). Davon ausgehend ergeben sich – unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von EUR 21,6 (anstatt EUR 21,00) – aus Sicht der Klägerin für die einzelnen Zeitabschnitte folgende Ansprüche:
19. August bis 31. Dezember 2023: 135 Tage x 4 Stunden x EUR 21,6 = EUR 11.664,00
1. Jänner bis 29. Februar 2024: 60 Tage x 2 Stunden x EUR 21,6 = EUR 2.592,00
1. März bis 4. Juli 2024: 126 Tage x 1,5 Stunden x EUR 21,6 = EUR 4.082,40
5. Juli bis 29. Oktober 2024: 117 Tage x 0,75 Stunden x EUR 21,6 = EUR 1.895,40
insgesamt EUR 20.233,80.
Soweit die Klägerin in ihrer Berufung „zum Ausmaß der Pflege- und Hilfsleistungen“ auch einen (deutlich) höheren Pflege- und Hilfsbedarf der Klägerin pro Tag zugrunde legt, geht sie wiederum nicht vom unbekämpft gebliebenen Sachverhalt aus, sodass ihre Rechtsrüge auch insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.
2.6. Das Erstgericht stellte – ebenso unbekämpft – fest, dass die Klägerin im Zeitraum vom 26. Februar bis 7. April 2024 GBP 610,50 und im Zeitraum vom 8. April bis 10. Dezember 2024 GBP 3.907,80, insgesamt daher GBP 4.518,30 an sogenannter „Attendance Allowance“ (= „Anwesenheits-“ bzw Pflegegeld) bezog. Dabei handelt es sich um eine Unterstützung für Personen in Großbritannien, die das staatliche Pensionsalter erreicht haben und Hilfe bei der persönlichen Pflege oder Aufsicht benötigen, weil sie krank oder invalid sind. Personen, die eine solche Unterstützung erhalten, müssen diese nicht notwendigerweise für ihre Pflege verwenden, sondern stehen die erhaltenen Beträge der anspruchsberechtigten Person zur beliebigen Verwendung zur Verfügung (US 9). Dass diese Sozialleistung von den der Klägerin gebührenden Pflegekosten in Abzug zu bringen ist, ist im Berufungsverfahren dem Grunde nach nicht mehr strittig, zumal die Klägerin die „Attendance Allowance […] in Anerkennung der Überlegungen des Erstgerichts nunmehr als sachlich kongruente Leistung für den Pflegebedarf akzeptiert“ (Berufung, S 15).
Allerdings kritisiert sie den vom Erstgericht gemachten Abzug als überhöht, da eine Anrechnung nur für zeitlich kongruente Leistungen gerechtfertigt sei. In diesem Punkt ist der Klägerin Recht zu geben: Das (österreichische) Pflegegeld ist sachlich kongruent zum Anspruch auf Ersatz der Pflegekosten (RS0122867; RS0030862 [T10]). Diese sachliche Kongruenz muss auch eine zeitliche Kongruenz umfassen. Die Klägerin hat ihre Ansprüche lediglich bis 29. Oktober 2024 geltend gemacht (unstrittig). Das Erstgericht hat jedoch – aufgrund des diesbezüglichen Einwands der Beklagten (vgl ON 44, 6) – die von der Klägerin bis 10. Dezember 2024 bezogene „Attendance Allowance“ in Abzug gebracht. Wie in der Berufung zutreffend ausgeführt wird, betrug diese Sozialleistung ab 8. April 2024 wöchentlich GBP 108,55 (vgl Beilage ./15, 3). Für den Zeitraum von 30. Oktober bis 10. Dezember 2024 (= 42 Tage) sind somit sechs Wochenbeträge zu je GBP 108,55, insgesamt GBP 651,30, in Abzug zu bringen, das sind umgerechnet (Kurs: GBP 1 : EUR 1,2) EUR 781,56. Zieht man diese von dem vom Erstgericht unbekämpft festgestellten Betrag von insgesamt EUR 5.449,34 ab, ergibt sich ein Betrag von EUR 4.667,78. Dieser Betrag ist von den der Klägerin zustehenden Pflegekosten von EUR 20.233,80 in Abzug zu bringen, sodass ihr im Ergebnis im Zeitraum von 19. August 2023 bis 29. Oktober 2024 Pflegekosten von insgesamt EUR 15.566,02 zustehen.
3. Zur Höhe der Kosten für die Haushaltshilfe:
Die vom Erstgericht zu diesem Themenkomplex getroffenen Feststellungen, insbesondere zum Ausmaß der benötigten Haushaltshilfe während der verschiedenen zeitlichen Abschnitte, blieben ebenfalls unbekämpft, wobei darauf hinzuweisen ist, dass der Ehemann der Klägerin während der gesamten Zeit (bis 29. Oktober 2024) nicht nur die Pflege seiner Ehefrau übernommen, sondern auch die Hausarbeit erledigt hat. Der vom Erstgericht zugrunde gelegte Stundensatz von umgerechnet EUR 17,00 stößt auf keine Bedenken des Berufungsgerichts, sodass die betragliche Aufgliederung der Ansprüche der Klägerin aus diesem Titel auf US 21 mit einem Gesamtbetrag von EUR 17.238,00 eins zu eins übernommen werden kann.
4. Zum Zinsenbegehren:
4.1. Das Erstgericht führte aus, dass das außergerichtliche Aufforderungsschreiben vom 8. August 2023 nur eine pauschale Forderung auf Zahlung von EUR 100.000,00 und das Begehren nach einer Akontozahlung von EUR 20.000,00 enthalten habe, sodass es für eine Fälligstellung einer Schadenersatzforderung nicht ausreiche und keinen Zinsenlauf in Gang setze. Eine Aufschlüsselung sei erst durch das Schreiben vom 4. Oktober 2023 erfolgt, sodass Zinsen erst ab 5. Oktober 2023 zugesprochen werden könnten (vgl US 23 f).
4.2. Die Klägerin bekämpft in ihrer Rechtsrüge den Zinsenzuspruch erst ab 5. Oktober 2023 mit dem Argument, dass sie mit dem (vom Erstgericht zitierten) Schreiben vom 8. August 2023 gegenüber der Drittbeklagten Schadenersatzansprüche in Höhe von EUR 100.000,00 geltend gemacht und insofern diesen Betrag fällig gestellt habe, sodass dadurch der Zinsenlauf in Gang gesetzt worden sei. Zinsen seien daher bereits ab 9. August 2023 zuzusprechen.
4.3. Da ein Zeitpunkt für die Fälligkeit von Schadenersatzforderungen im Gesetz nicht bestimmt, die Fälligkeit einer Forderung jedoch Voraussetzung des Verzugs ist (§ 1334 iVm § 904 ABGB), entsteht der Anspruch auf Verzugszinsen (§ 1333 ABGB) aus einer Schadenersatzforderung nicht bereits am Unfalltag, sondern erst mit der (wenn auch außergerichtlichen) Einforderung bzw Mahnung eines ziffernmäßig bestimmten Schadens durch den Geschädigten (RS0023392; vgl Danzl, Das Schmerzengeld 10 [2013], 311 f). Das bloße Begehren eines „angemessenen Schmerzengelds“ genügt nicht, um den Zinsenlauf hiefür beginnen zu lassen (OGH 15.2.1968 JBl 1969, 444). Vielmehr tritt die Fälligkeit einer Schadenersatzforderung erst dann ein, wenn der Schaden feststellbar und vom Geschädigten zumindest zahlenmäßig bestimmt worden ist (2 Ob 181/68 = SZ 41/79 = ZVR 1969/147, 130; vgl auch RS0031473 [T2]).
Im vorliegenden Fall hat der Klagevertreter das Aufforderungsschreiben laut Beilage ./X am 8. August 2023 an die Drittbeklagte per E-Mail übersendet. Darin machte er wörtlich „Schadenersatzansprüche (Schmerzengeld, Verunstaltungsentschädigung, Behandlungskosten, vermehrte Bedürfnisse, Verdienstentgang etc.) geltend, welche zwecks Ingangsetzung des Zinsenlaufs vorerst mit EUR 100.000,00 beziffert und zur Zahlung begehrt“ wurden. Darüber hinaus forderte er die Überweisung einer unverzüglichen Akontozahlung von EUR 20.000,00. Dieses Schreiben erfüllt die von der ständigen Rechtsprechung aufgestellte Voraussetzung eines zahlenmäßig bestimmten Schadenersatzbegehrens. Daraus folgt, dass der Klägerin Verzugszinsen ab dem dem Tag des Zugangs dieses Aufforderungsschreibens folgenden Tag, daher ab 9. August 2023, gebühren (vgl RS0023392 [T8]).
Insgesamt stehen der Klägerin Verzugszinsen in Höhe von jeweils 4% Zinsen per anno aus EUR 93.172,00 (ursprünglicher Klagsbetrag) von 9. August 2023 (Schreiben laut Beilage ./X) bis 4. März 2024 (1. Klagsausdehnung laut ON 5), aus EUR 96.868,00 von 5. März bis 8. Mai 2024 (2. Klagsausdehnung laut ON 13), aus EUR 96.307,00 von 9. Mai bis 18. Oktober 2024 (3. und letzte Klagsausdehnung laut ON 36) und aus EUR 117.803,58 ab 19. Oktober 2024 zu.
II. Zur Tatsachenrüge:
1. Die Klägerin bekämpft die Negativfeststellung [F1] auf US 10 und begehrt stattdessen die positive Feststellung, dass die Arbeiten betreffend die Verlegung von Garten- und Terrassendielen im Ausmaß von EUR 7.234,00 notwendig gewesen seien, um ihr die Benutzung des Gartens mit ihrer nunmehrigen Behinderung weiterhin zu ermöglichen. Begründend weist sie auf ihre eigene Aussage als Partei sowie jene ihres Ehemannes G* B* als Zeuge jeweils in der Verhandlung vom 17. Juni 2024 (vgl Protokoll ON 15) hin. Weiters verweist sie auf einen Kostenvoranschlag, eine Skizze und Fotos, die den „alten“ Zustand des Gartens und der Terrasse sowie den neu gebauten Holzsteg und die neu gebaute Holzterrasse mitsamt Rampe zeigen (vgl die Beilagen ./AI, ./AJ und ./AU). Darüber hinaus legt die Klägerin mit ihrer Berufung (gegen das Neuerungsverbot des § 482 Abs 2 ZPO verstoßend und daher unbeachtlich) weitere Fotos vor, die den nunmehrigen Zustand ihres Gartens zeigen sollen (vgl „Gartenfotos“ a) bis f)).
2. Das Erstgericht hat die bekämpfte Negativfeststellung im Rahmen seiner Beweiswürdigung ausführlich begründet (US 16 f) und dabei betont, dass es sich bei der aus Beilage ./AU (darin Foto auf S 3) ersichtlichen Holzterrasse um eine Neuausführung handle. Wie die alte Terrasse ausgesehen habe, ergebe sich aus den vorgelegten Fotos, insbesondere Beilage ./AJ (darin das 1. Foto) nicht. Auch der auf dem 3. Foto laut Beilage ./AU ersichtliche Holzweg sei neu angelegt worden. Aus diesem Lichtbild laut Beilage ./AU sei ersichtlich, dass die gartenseitige Terrasse auch nach dem Umbau nur über eine Rampe befahrbar sei, die wiederum nur über das Wiesenstück erreichbar sei. Tatsächlich ergibt sich auch für das Berufungsgericht nicht eindeutig, ob zwischen dem dort ersichtlichen Holzsteg und der dort (rechts) ersichtlichen Holzterrasse hinter dem Gebüsch eine Verbindung besteht. Diese wurde von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren auch nicht konkret vorgebracht (vgl vorbereitenden Schriftsatz ON 36). Auch aus den nunmehr vorgelegten Fotos ist eine solche Verbindung nicht mit der notwendigen Klarheit erkennbar.
Abgesehen davon wurde zur neu angelegten Holzterrasse ohnedies eine Auffahrts- und Abfahrtsrampe geschaffen (Foto 3 auf Beilage ./AU), die es der Klägerin ermöglichen sollte, von der Terrasse beim Haus über die Wiese zur Holzterrasse aufzufahren. Das Erstgericht hat in diesem Zusammenhang – unbekämpft – festgestellt, dass bereits vor den Erneuerungsarbeiten vor der Terrassentür des Hauses ein schmaler Terrassenbereich bestand (und weiterhin besteht), der unmittelbar vom Haus aus erreicht werden kann und von dem Rampen in den Wiesenbereich führen (vgl das 3. Foto laut Beilage ./AJ).
Darüber hinaus stellte das Erstgericht – ebenfalls unbekämpft – fest, dass es der Klägerin seit ca Mitte Juni 2024 wieder möglich ist, fünf bis zehn Minuten unter Verwendung der Gehstöcke zu gehen (US 7). Es wäre der Klägerin daher wohl möglich und zumutbar, das kurze Wiesenstück zwischen Hausterrasse und Gartenterrasse unter Verwendung ihrer Gehstöcke zurückzulegen.
Insgesamt stößt die bekämpfte, jedoch vom Erstgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung ausführlich begründete Negativfeststellung auf keine Bedenken des Berufungsgerichts.
III. Ergebnis:
Insgesamt war der Berufung der Klägerin daher teilweise Folge zu geben. Das angefochtene Urteil war in der Hauptsache im Umfang von zusätzlich zuzusprechenden EUR 16.343,61 sA (Schmerzengeld: + EUR 15.000,00 und Pflegekosten: + EUR 1.343,61) und im Zinsenpunkt abzuändern. Das Leistungsmehrbegehren von (nur mehr) EUR 70.164,42 sA war im Spruch des Urteils ausdrücklich abzuweisen.
IV. Zur Kostenentscheidung im erstinstanzlichen Verfahren:
Die teilweise Abänderung des Ersturteils bedingt eine Neufassung der Kostenentscheidung erster Instanz. Zutreffend hat das Erstgericht drei Verfahrensabschnitte gebildet, nämlich den ersten Abschnitt von ON 1 bis inklusive ON 12; den zweiten Abschnitt von der Klagsausdehnung ON 13 (ua Ausdehnung des Schmerzengeldbegehrens auf EUR 60.000,00) bis inklusive ON 35; und den dritten Abschnitt ab der Klagsausdehnung ON 36 (Ausdehnung des Leistungsbegehrens auf EUR 187.968,00 sA; ua Ausdehnung des Schmerzengeldbegehrens auf EUR 80.000,00). Das Erstgericht hat seine Kostenentscheidung auf US 24 bis US 31 äußerst ausführlich und sorgfältig begründet, sodass in weiten Teilen darauf verwiesen werden kann. Ergänzend ist zu den einzelnen Verfahrensabschnitten Folgendes auszuführen:
Erster Verfahrensabschnitt:
In diesem Abschnitt ist die Klägerin bei einem Gesamtstreitwert von EUR 108.172,00 mit ihrem Zahlungsbegehren mit EUR 68.165,56 und mit ihrem Feststellungsbegehren zur Gänze durchgedrungen, sodass sich eine Obsiegensquote von ca 77% errechnet. Der Klägerin stehen daher in diesem Abschnitt 77% der Barauslagen (Pauschalgebühr für die Klage und Übersetzungskosten) sowie 54% ihrer Prozesskosten zu. In diesem ersten Abschnitt wurde ein Schmerzengeld von EUR 55.000,00 gefordert und vom Erstgericht in voller Höhe zugesprochen. Insoweit die Klägerin moniert, dass für die Urkundenvorlage vom 8. April 2024 (ON 9) Kosten zuzusprechen gewesen wären, kann ebenfalls auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts verwiesen werden, wonach diese nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war, zumal die Urkunden in deutscher Übersetzung bereits in der vorbereitenden Tagsatzung vorgelegt hätten werden müssen (US 28).
Was die Ausführungen der Klägerin zu den – dem 1. Verfahrensabschnitt zuzuordnenden – vorprozessualen Kosten betrifft, ist ihr Folgendes zu entgegnen:
Vorprozessuale Kosten sind als Prozesskosten im Sinne des § 41 ZPO anzusehen, wenn der Aufwand zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (RS0035770). Gemäß § 23 Abs 4 RATG umfasst der Einheitssatz nicht solche Nebenleistungen im Zug außergerichtlicher mündlicher oder schriftlicher Verhandlungen, die vor oder während eines gerichtlichen Verfahrens zur Vermeidung eines Gerichtsverfahrens oder zur Herbeiführung eines Vergleichs vorgenommen worden sind, falls sie einen erheblichen Aufwand an Zeit und Mühe verursacht haben. Sie sind nach der für jede einzelne Leistung geltenden Tarifpost zu entlohnen. Da die üblichen Schwierigkeiten mit Anwendung der jeweiligen Tarifstufe des RATG pauschal abgegolten werden, muss es sich um darüber deutlich hinausgehende Leistungen und/oder Schwierigkeiten handeln. Bloße Standardschreiben erfüllen dieses Kriterium nicht. Zudem muss es sich um eine Verhandlungstätigkeit handeln, deren Adressat die Gegenseite ist. Bloße Mahn-, Forderungs- oder Ablehnungsschreiben erfüllen die Voraussetzungen der vergleichsweisen Verfahrensvermeidung oder -beendigung nicht, weil sie nicht der vergleichsweisen Bereinigung, sondern dem Durchsetzen des eigenen Standpunkts dienen ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.385 f; OLG Linz 3 R 29/05p, 3 R 148/09v, 4 R 136/16x, 3 R 113/22s, 3 R 43/23y). Werden vorprozessuale Kosten geltend gemacht, so sind bereits in der Kostennote – allenfalls mit Beilagen – alle Umstände, die zu einem Zuspruch führen sollen, zu bescheinigen (§ 54 Abs 1 ZPO; OLG Linz 12 Rs 77/04m, 4 R 136/16x mwN). Der Mangel ordnungsgemäßer Verzeichnung oder Bescheinigung der Kosten ist nicht verbesserbar ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny³ II/1 § 54 ZPO Rz 19; OLG Linz 12 Rs 77/04m, 4 R 136/16x, 3 R 113/22s, 3 R 43/23y).
Das Erstgericht hat den Brief an die H* vom 7. September 2023, das neuerliche Urgenzschreiben an die H* vom 20. September 2023, das Telefonat mit dem dortigen Sachbearbeiter vom 27. September 2023, das Antwortschreiben an die H* vom 31. Oktober 2023, ein weiteres Schreiben an die H* vom 9. November 2023, das ausführliche Telefonat mit Herrn KI* vom 23. November 2023 und das letzte Schreiben (mitsamt letztem Einigungsversuch) an die K* vom 7. Dezember 2023 gesondert honoriert und der Klägerin dafür vorprozessuale Kosten von EUR 2.164,80 netto bzw EUR 2.597,76 brutto zuerkannt. Dagegen vermag die Klägerin in ihrer Berufung nichts Substantielles einzuwenden, sondern beantragt vielmehr, die vorprozessualen Kosten nach richterlichem Ermessen mit einem Pauschalbetrag von EUR 6.000,00 zuzüglich 15% Streitgenossenzuschlag und 20% Umsatzsteuer = EUR 8.280,00, zu bestimmen. Wie bereits ausgeführt, widerspricht jedoch eine solche Pauschalierung der zitierten Rechtsprechung und Lehre, wonach vorprozessuale Kosten in jedem einzelnen Punkt genau zu bescheinigen sind.
Für den ersten Abschnitt kann die erstgerichtliche Kostenentscheidung daher vollinhaltlich übernommen werden.
Zweiter Verfahrensabschnitt:
In diesem Abschnitt hat das Erstgericht hinsichtlich des Schmerzengeldbegehrens § 43 Abs 2 2. Fall ZPO angewendet und bei einem bereinigten Gesamtstreitwert von EUR 106.307,00 und einem berechtigten Leistungsbegehren von EUR 79.893,56 ein Obsiegen der Klägerin mit EUR 94.893,56 (einschließlich des Feststellungsbegehrens) errechnet, was einer Obsiegensquote von knapp 90% entspricht. Es hat daher die Beklagten in diesem Verfahrensabschnitt zum vollen Kostenersatz verpflichtet. Daran kann im Berufungsurteil grundsätzlich festgehalten werden. Der Klägerin gebührt daher voller Kostenersatz, dies allerdings auf Basis des Ersiegten (was vom Erstgericht unberücksichtigt gelassen wurde), womit eine neue Kostenbemessungsgrundlage für diesen Abschnitt wie folgt zu bilden ist: der rechnerische Erfolg im zweiten Abschnitt bemisst sich aus der Summe des Schmerzengeldzuspruchs von EUR 60.000,--, der weiteren zugesprochenen Schadenersatzbeträge von EUR 25.354,40 (darin Pflegekosten bis 17.6.2024, wie in ON 13 geltend gemacht und gegenüber dem erstinstanzlichen Urteil geringfügig erhöht [durch den ausgemittelten Stundensatz von EUR 21,60 statt EUR 21,--]) und dem Feststellungsbegehren von EUR 15.000,--. Die Bemessungsgrundlage für die der Klägerin in diesem Abschnitt nach § 43 Abs 2 ZPO zu ersetzenden Kosten beläuft sich somit auf EUR 100.354,96. Mit dieser Bemessungsgrundlage waren die Kosten laut Kostennote des Klagevertreters neu zu berechnen.
Zutreffend ist der Einwand der Klägerin, dass ihr für den in diesen Verfahrensabschnitt fallenden vorbereitenden Schriftsatz ON 13 vom 8. Mai 2024 Kosten zumindest nach TP 2 zustehen (Berufung, S 22). Tatsächlich hat die Klägerin mit diesem Schriftsatz nicht nur ihre Ansprüche auf Pflege- und Haushaltshilfekosten im Detail aufgeschlüsselt, sondern auch neue Ansprüche geltend gemacht, die teilweise erst während des Verfahrens neu entstanden waren (wie zB der Anspruch auf Ersatz der Kosten für die neu installierte „Walk-in-Badewanne“). Dieser Schriftsatz, der vom Erstgericht auch verwertet wurde, ist daher nach TP 2 zu honorieren. Daraus folgt, dass der Klägerin in diesem Abschnitt Kosten von EUR 8.422,58 und Barauslagen von EUR 5.437,36 zustehen.
Dritter Verfahrensabschnitt:
Dieser Abschnitt umfasst das Verfahren ab der Klagsausdehnung mit Schriftsatz ON 36 vom 18. Oktober 2024. In diesem Abschnitt hat die Klägerin ihr Schmerzengeldbegehren auf EUR 80.000,00 ausgedehnt; davon werden ihr nun EUR 70.000,00 (wie in der Berufung zuletzt gefordert) zugesprochen. Es ist daher von einem bereinigten Gesamtstreitwert von EUR 192.968,00 auszugehen. Hinzuweisen ist darauf, dass sich der um EUR 1.343,61 höhere Zuspruch aus dem Titel der Pflegekosten (EUR 15.566,02 gegenüber dem erstgerichtlichen Zuspruch von EUR 14.222,41) aus der Nichtanrechnung der sogenannten „Attandance Allowance“ im Zeitraum von 30. Oktober bis 10. Dezember 2024 ergibt; auch dieser Umstand ist im dritten Verfahrensabschnitt zu berücksichtigen.
In diesem dritten Abschnitt hat die Klägerin mit EUR 117.803,58 (Leistungsbegehren) und dem gesamten Feststellungsbegehren (EUR 15.000,00) obsiegt, somit mit EUR 132.803,58. Dies entspricht einer Obsiegensquote von ca 69%, sodass sie Anspruch auf 69% ihrer Barauslagen und 38% ihrer Kosten in diesem Abschnitt hat. Der Klägerin stehen daher Kosten von EUR 2.217,49 (EUR 5.835,49 x 38%) und Barauslagen von EUR 1.236,27 (EUR 1.791,70 x 69%) zu. Im Gegenzug haben die Beklagten Anspruch auf 31% ihrer Barauslagen von EUR 4.012,00 (Übersetzungskosten), somit auf EUR 1.243,72.
Ergebnis:
Der Klägerin stehen folgende Kosten zu:
Erster Abschnitt: Prozesskosten: EUR 6.405,74 Barauslagen: EUR 3.301,44
Zweiter Abschnitt: Prozesskosten: EUR 8.422,58 Barauslagen: EUR 5.437,36
Dritter Abschnitt: Prozesskosten: EUR 2.217,49 Barauslagen: EUR 1.236,27
Insgesamt: Prozesskosten: EUR 17.045,81 Barauslagen: EUR 9.975,07
+ 20% USt: EUR 3.409,16
Insgesamt: EUR 20.454,97.
Von den Barauslagen der Klägerin sind noch die den Beklagten im dritten Abschnitt zustehenden anteiligen Barauslagen von EUR 1.243,72 abzuziehen, sodass sich aus Sicht der Klägerin ein Barauslagenersatzanspruch von EUR 8.731,35 und ein Kostenersatzanspruch von insgesamt EUR 29.186,32 ergibt.
Auf diese Kostenentscheidung wird die Klägerin mit ihrer in der Berufung enthaltenen Kostenrüge verwiesen.
V. Zur Kostenentscheidung im Berufungsverfahren:
Im Berufungsverfahren beruht die Kostenentscheidung auf § 43 Abs 1 ZPO (vgl dazu auch Obermaier, Kostenhandbuch 4 Rz 1.436). Die Klägerin ist bei einem Berufungsinteresse von EUR 56.665,81 mit EUR 16.343,61 und somit mit rund 29% durchgedrungen. Den Beklagten stehen daher 42% der Kosten der tarifmäßig richtig verzeichneten Berufungsbeantwortung, somit EUR 1.805,61 (darin EUR 300,94 USt) zu; davon sind 29% der von der Klägerin bezahlten Pauschalgebühr von EUR 2.631,20, das sind EUR 763,05, abzuziehen, sodass sich ein saldierter Betrag von EUR 1.042,56 ergibt.
VI. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil das Berufungsgericht keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende erhebliche Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen hatte und sich im Übrigen an der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur orientieren konnte.