JudikaturOLG Linz

3R22/25p – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
05. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht durch Senatspräsident Mag. Hans Peter Frixeder als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Gert Schernthanner und die Richterin Mag. a Carina Habringer-Koller in der Rechtssache des Klägers A*, MBA , geboren am **, Elektrotechniker, **, vertreten durch die Dr. Obrecht Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Linz, wider die Beklagten 1. B* , geboren am **, Arbeiter, **, und 2. C*-Aktiengesellschaft , FN **, **, beide vertreten durch Dr. Günther Klepp und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen 1. eingeschränkt EUR 43.408,56 sA und 2. Feststellung (restlich EUR 500,00) über die Berufung des Klägers (Berufungsinteresse verzeichnet: EUR 31.138,16 sA) gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 11. Dezember 2024, Cg*-70, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, den Beklagten die mit EUR 3.269,22 (darin EUR 544,87 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Text

Am 6. Oktober 2022 ereignete sich in ** auf der Industriezeile, auf Höhe der Einfahrt zum „D*“ (in der Folge kurz: D*) ein Verkehrsunfall, an dem einerseits der Kläger als Fußgänger und andererseits das vom Erstbeklagten gelenkte und gehaltene und bei der Zweitbeklagten aufrecht haftpflichtversicherte Fahrzeug der Marke Opel Meriva beteiligt waren.

Mit Teilanerkenntnisurteil vom 19. Oktober 2023 wurde festgestellt, dass die Beklagten dem Kläger für alle zukünftigen, im ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 6. Oktober 2022 stehenden Dauer- und Spätfolgen im Umfang von zwei Dritteln haften (vgl Protokoll ON 7.1, 4).

Der Kläger begehrte von den Beklagten ursprünglich EUR 50.278,56 sA und die mit EUR 1.500,00 bewertete Feststellung der Haftung für alle zukünftigen unfallskausalen Spät- und Dauerfolgen. In der Verhandlung vom 30. September 2024 dehnte er das Leistungsbegehren zunächst aus und schränkte es dann um eine bereits am 23. Oktober 2023 erhaltene Teilzahlung von EUR 10.000,00 auf restlich EUR 43.408,56 sA ein (vgl Protokoll ON 60.2, 2). In diesem Betrag seien ua enthalten: Schmerzengeld von restlich EUR 30.000,00; Haushaltshilfe im Zeitraum 6. Oktober 2022 bis 30. Mai 2023: 145 Stunden zu je EUR 15,10; Arbeitsleistungen am eigenen Grundstück im selben Zeitraum: 100 Stunden zu je EUR 40,00; Arbeitsleistung im eigenen Haushalt, inklusive Dachboden-Räumung, im selben Zeitraum: 55 Stunden zu je EUR 40,00; Behandlungskosten: EUR 3.235,68; etc. Das Alleinverschulden am Unfall treffe den Erstbeklagten als Lenker des Beklagtenfahrzeugs.

Die Beklagten bestritten das Klagebegehren, anerkannten jedoch das Feststellungsbegehren im Umfang von zwei Dritteln. Im Übrigen beantragten sie Klagsabweisung und wendeten im Wesentlichen ein, dass den Kläger ein Mitverschulden am Unfall treffe. Das vom Kläger geltend gemachte Schmerzengeld sei überhöht, der geltend gemachte Verdienstentgang sei unschlüssig. Mit Schriftsatz vom 30. Jänner 2024 brachten die Beklagten vor, dass der Erstbeklagte durch den Unfall zwar keine physischen Verletzungen, jedoch eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten habe. Diese rechtfertige ein Gesamtschmerzengeld von EUR 15.000,00, sodass – unter Berücksichtigung eines Verschuldens im Ausmaß von zwei Dritteln – eine Gegenforderung von EUR 5.000,00 compensando gegen die Klagsforderung eingewendet werde (ON 23).

Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht die Klagsforderung als mit EUR 12.270,42 und die Gegenforderung als mit EUR 3.290,00 als zu Recht bestehend (Punkte 1. und 2.) und verpflichtete die Beklagten daher zur ungeteilten Hand, dem Kläger EUR 8.980,42 sA zu zahlen (Punkt 3.). Es stellte fest, dass die Beklagten dem Kläger für insgesamt drei Viertel sämtlicher zukünftiger, im ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis stehender Dauer- und Spätfolgen haften (Punkt 4.). Das Leistungsmehr-begehren in Höhe von EUR 34.428,14 sA und das Feststellungsmehrbegehren im Umfang von einem weiteren Viertel wies es ab (Punkt 5.). Schließlich verpflichtete es die Beklagten zur ungeteilten Hand, dem Kläger die mit EUR 3.948,30 bestimmten anteiligen Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Das Erstgericht legte seiner Entscheidung – soweit für das Berufungsverfahren noch von Relevanz – die auf US 5 bis US 11 getroffenen Feststellungen zugrunde, wobei die vom Kläger bekämpfte Feststellung kursiv hervorgehoben und mit [F1] markiert ist:

Der Kläger war zum Unfallszeitpunkt im Gebäude des Vereins D* beschäftigt und ist selbst mehrmals täglich zum Parkplatz beim D* ein- und ausgefahren. Er holte sich öfters in der Mittagspause sein Essen im gegenüberliegenden „E*“. Das bei der Ausfahrt vom D* unter dem Stop-Schild ersichtliche Gebotszeichen „Vorgeschriebene Fahrtrichtung“ kannte er.

Der Verkehrsunfall ereignete sich auf der Industriezeile auf Höhe der Einfahrt zum D*. In diesem Bereich verläuft die Industriezeile annähernd geradlinig, horizontal und eben. Sie ist auf einer Gesamtbreite von 15 m mit einer Asphaltdecke befestigt. Aus östlicher Richtung mündet hierbei annähernd rechtwinklig die Einfahrt zum D*. Diese weist eine Breite von ca 6 m auf und ist durch das Verkehrszeichen „Halt“ gegenüber der Industriezeile abgewertet. Bei der Einfahrt von dieser Zufahrt in die Industriezeile ist ein Richtungspfeil markiert unter der Tafel „Halt“, wonach hier nur nach rechts abgebogen werden darf, also ein Linksabbiegen nicht erlaubt ist. Auf der Industriezeile sind im Bereich unmittelbar vor der Unfallstelle, also noch vor der Einfahrt zum D*, aus Fahrtrichtung Süden kommend gesehen insgesamt vier Fahrstreifen markiert. Aus Fahrtrichtung Norden gibt es bis zur Einfahrt zum D* einen Fahrstreifen, der für den in Richtung ** bzw in Richtung Norden verlaufenden Verkehr dient, und einen Fahrstreifen, der für den in Richtung ** bzw in Richtung Süden verlaufenden Verkehr dient, der sich dann unmittelbar nach der Einmündung zum D* aufweitet, und zwar auf insgesamt drei Fahrstreifen.

Die Unfallstelle war auf Höhe des Einfahrtsbereichs zum D*, wobei sich der in Richtung Süden führende Fahrstreifen dort noch nicht auf insgesamt drei Fahrstreifen aufgeweitet hat. Im Bereich der Unfallstelle gilt eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Eine Ampelregelung in diesem Bereich existiert nicht. Der nächste Zebrastreifen ist jedenfalls etwas mehr als 80 m entfernt. In Richtung Norden gesehen von der Einmündung ist der nächste Zebrastreifen sogar 120 m entfernt. Die Sichtweite auf die Unfallstelle ist aus beiden Annäherungsrichtungen, aber auch aus der Einfahrt zum D*, aus der das Beklagtenfahrzeug herausgefahren ist, uneingeschränkt über eine Distanz von mehreren 100 m gegeben, dies in beiden Fahrtrichtungen.

Kurz vor Betreten der Fahrbahn durch den 1,91m großen Kläger befand sich ein Fahrzeug auf der Richtung Süden führenden Fahrspur rechts vom Kläger und eines links von ihm. Der Kläger betrat mit einer schnellen, fast laufenden Gehbewegung von 6 bis 7 km/h die Fahrbahn, als das Beklagtenfahrzeug noch mit der Front in der Einfahrt gestanden hat und eine Fahrbewegung noch nicht erkennbar war [F1]. Das Beklagtenfahrzeug hielt eine Stillstandsposition knapp hinter der Verschneidungslinie, maximal einen halben Meter dahinter, ein. Der Erstbeklagte wollte, trotz der vorgeschriebenen Fahrtrichtung nach rechts, nach links abbiegen und beabsichtigte, in den Fahrstreifen, der Richtung Süden führt, einzufahren. Der Erstbeklagte hatte den linken Blinker am Pkw nicht eingeschaltet. Das Linksabbiegemanöver des Beklagtenfahrzeugs war, auch wenn er den Blinker nicht eingeschaltet hatte, unmittelbar mit dem Anfahren des Beklagtenfahrzeugs erkennbar. Der Kläger war mit relativ konstanter Querungsgeschwindigkeit ca 2 m auf der Fahrbahn, als die Fahrbewegung des PKWs erkennbar war und die Front des Beklagtenfahrzeugs um ca einen halben Meter bereits nach vorne bewegt wurde. Das Fahrzeug links vom Kläger ist noch mit normaler Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h am Kläger vorbeigefahren, als der Kläger schon auf der Fahrbahn war und das Beklagtenfahrzeug die erkennbare Fahrbewegung durchgeführt hat, wobei die Sichtabschattung nur ca 0,2 bis 0,3 Sekunden gedauert hat. Dann gab es wieder wechselseitige Sicht zwischen dem Kläger und dem Lenker des Beklagtenfahrzeugs. Ca 1,4 Sekunden vor der Kollision hatte der Kläger uneingeschränkte Sicht auf das aus der Ausfahrt herausfahrende Beklagtenfahrzeug. Aufgrund seiner Größe konnte er großteils auch über das Fahrzeug, das an ihm von Norden kommend noch vorbeigefahren war, als er schon auf der Fahrbahn und das herausfahrende Beklagtenfahrzeug erkennbar war, darüber sehen, sodass auch in den ca 0,2 bis 0,3 Sekunden keine vollständige Sichtabschattung stattgefunden hat. Für den Kläger gab es dann kein weiteres Fahrzeug, das sich hinter diesem Fahrzeug noch befunden hätte und in seiner Gehrichtung gesehen von links, also von Norden, gekommen wäre.

Der Kläger befand sich zum Zeitpunkt des Anfahrens des Beklagtenfahrzeugs noch in einer Distanz von ca 3 m vor der Sperrlinie, die die beiden Richtungsfahrbahnen voneinander trennt und im Bereich der Einfahrt zum D* unterbrochen ist. Die Kollision ereignete sich im Bereich dieser im Einfahrtsbereich unterbrochenen Sperrlinie. Der Kläger befand sich gerade noch auf dem Fahrstreifen, der Richtung Süden führt, und war gerade dabei, in den anderen Fahrstreifen, der Richtung Norden führt, einzutreten. Der Kläger wurde vom Beklagtenfahrzeug mit der linken Vorderecke erfasst und in die Luft geschleudert. Das Beklagtenfahrzeug wurde durch den Unfall im Bereich der linken Vorderseite deutlich im Bereich der Frontverkleidung und der Motorhaube beschädigt. Die Frontscheibe des Fahrzeugs wurde auf der linken Seite massiv eingeschlagen.

Hätte der Erstbeklagte beim Losfahren den gegenüberliegenden Verkehr bzw den Rand der Fahrbahn beobachtet, dann hätte er den Kläger beim Betreten der Fahrbahn oder schon auf der Fahrbahn sehen und den Unfall verhindern können.

Der Kläger hätte, wenn er während der Querungsbewegung noch auf die Ausfahrt des D* geachtet hätte, den losfahrenden und nach links abbiegenden PKW sehen können. Der Kläger hätte den Unfall vermeiden können, wenn er unmittelbar auf die erste Erkennbarkeit der Anfahrbewegung des Beklagtenfahrzeugs reagiert hätte. Zu dem Zeitpunkt hatte das Beklagtenfahrzeug mit der Front die Randlinie bzw den Fahrbahnrand bereits überfahren. Der Kläger hätte dann noch vor der Querungslinie des PKWs anhalten können und wäre knapp vor der rechten Kante des PKWs zum Stillstand gekommen. Das Beklagtenfahrzeug wäre dann knapp vor ihm vorbeigefahren.

Der Kläger hätte jedenfalls noch vor dem Taxifahrzeug, das sich aus südlicher Richtung näherte, die Fahrbahn queren können, wenn er nicht vom Beklagtenfahrzeug erfasst worden wäre.

Der Kläger wurde mit dem Notarztwagen in den Schockraum der F* eingeliefert. Dort wurde er nach Durchuntersuchung im Sinne einer Schockraum-Spiral-CT- Untersuchung mit den Diagnosen einer Schädelfraktur und Einblutung sowie einer Pilon-tibial-Fraktur rechts und einer Rissquetschwunde linksseitig aufgenommen. […] Der stationäre Aufenthalt dauerte von 6. bis 15. Oktober 2022. [...]

Der Kläger erlitt unfallkausal ein Schädel-Hirn-Trauma zweiten Grades (mit Occipitalfraktur, Subarachnoidaleinblutung, Contre-Coup-Blutung, Rindeneinblutung mit unkompliziertem Verlauf), eine Pilon-tibial-Fraktur rechts, eine Rissquetschwunde supraorbital links und eine Innenseitenbandverletzung des linken Kniegelenks mit Teileinriss des Kollateralbands. Die Verletzungen waren schwer; die Schädel-Hirnverletzung auch potentiell lebensbedrohlich (jedoch mit soweit unkompliziertem Verlauf). Aufgrund der eingetreten Pilon-tibial-Fraktur, mit der sich nun abzeichnenden beginnenden posttraumatischen Arthrose, kann eine Schmerzperiodeneinschätzung noch nicht global vorgenommen werden. Die Schmerzperiodeneinschätzung erstreckt sich von 6. Oktober 2022 bis 31. Juli 2024. Der Kläger erlitt 2,5 Tage starke Schmerzen, 10 bis 11 Tage mittelstarke Schmerzen und 16,5 bis 17 Wochen leichte Schmerzen. [...]

Als Dauerfolgen liegen Vernarbungen im rechten Sprunggelenk vor, Vernarbungen auch an der Haut sowie eine Bewegungseinschränkung am rechten oberen Sprunggelenk, die sich zweifelsfrei nicht mehr verbessern wird. [...]

Der Kläger ist derzeit ohne Beschäftigung und kann seit dem Unfall auch seinem Hobby, dem Laufen, nicht mehr nachgehen, … [...]

Der Erstbeklagte erlitt durch den Unfall, bei dem er mit seinem Fahrzeug den Kläger niedergestoßen hat, wobei der Kläger mit lautem Knall gegen die Windschutzscheibe gestoßen ist und blutend und regungslos am Boden lag, ein Trauma. Er erlebt häufige nächtliche Albträume und Widerhallerlebnisse (Flashbacks) untertags, wobei sich die Albträume und Flashbacks immer auf das Kollisionsszenario beziehen und er den Aufprall auf der Windschutzscheibe hört (Widerhallerlebnis). Er ist beim Autofahren und auch als Fußgänger ängstlich, will Autofahren möglichst vermeiden und hat das Motorradfahren gänzlich aufgegeben (Vermeidungsverhalten). Weiters leidet er an nächtlichem Schwitzen und innerer Unruhe (vegetatives Hyperarousal). [...]

Der Erstbeklagte leidet vorfallskausal an einer posttraumatischen Belastungsstörung F 43.1 sowie einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion F 43.21. Daraus resultieren komprimierte Schmerzperioden von vier Wochen mittelstarker Schmerzen und von sechs Wochen leichter Schmerzen. Die überdurchschnittlich lange depressive Anpassungsstörung ist darauf zurückzuführen, dass der Erstbeklagte Gefühle wie Schuld und Scham (dem Kläger gegenüber) bis heute nicht adäquat verarbeiten konnte.

In rechtlicher Hinsicht lastete das Erstgericht einerseits dem Beklagtenlenker einen Verstoß gegen § 11 Abs 1 StVO an, wonach der Lenker eines Fahrzeugs die Fahrtrichtung nur ändern darf, wenn er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenutzer möglich ist. Der Erstbeklagte sei entgegen dem nach rechts weisenden Richtungspfeil nach links in die Industriezeile eingebogen und habe den Kläger schlichtweg übersehen. Es wäre ihm zuzumuten gewesen, angesichts des die Fahrbahn betretenden und querenden Klägers gar nicht erst loszufahren oder zumindest eine kollisionsvermindernde Geschwindigkeit oder Fahrlinie einzuhalten. Die Beklagten treffe daher ein Verschulden von drei Viertel. Aber auch den Kläger treffe insofern ein Mitverschulden, als nach ständiger Rechtsprechung jeder Fußgänger nicht bloß vor dem Überqueren der Fahrbahn sorgfältig prüfen müsse, ob er diese noch vor dem Herankommen von Kraftfahrzeugen mit Sicherheit überschreiten könne; auch bei Erreichen der Straßenmitte müsse sich ein Fußgänger vergewissern, ob ein gefahrloses Queren der Fahrbahn möglich sei. Das Mitverschulden des Klägers bewertete das Erstgericht mit einem Viertel. Die Klagsforderung bestehe – aufgrund der Verschuldensteilung von 3:1 zugunsten des Klägers – mit EUR 12.270,42 zu Recht; die von den Beklagten compensando eingewendete Gegenforderung bestehe mit EUR 3.290,00 zu Recht; insgesamt seien dem Kläger daher nach der bereits erhaltenen Teilzahlung von EUR 10.000,00 noch weitere EUR 8.980,42 sA zuzusprechen.

Gegen die abweisenden Teile dieses Urteils richtet sich die Berufung des Klägers (Berufungsinteresse verzeichnet mit EUR 31.138,16 sA) aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellungen, der „unrichtigen Beweiswürdigung“ und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in eine gänzliche Klagsstattgabe abzuändern; in eventu wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die Beklagten streben mit ihrer Berufungsbeantwortung die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

I. Zur Tatsachenrüge und zur „unrichtigen Beweiswürdigung“:

1. Der Kläger bekämpft zunächst die Feststellung [F1] auf US 6 mit dem Argument, dass diese Feststellung insofern unrichtig sei, als es sich nicht um eine Einfahrt handle, sondern um eine „erkennbar nicht dem allgemeinen Verkehr dienende Verkehrsfläche“, die der Erstbeklagte verboten bzw rechtswidrig benutzt habe.

2. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass ein Rechtsmittelwerber, um eine Tatsachenrüge ordnungsgemäß auszuführen, nach ständiger Rechtsprechung deutlich zum Ausdruck bringen muss, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (RS0041835; Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 471 Rz 15). Die Tatsachenrüge hat darzulegen, dass die getroffenen Feststellungen zwingend unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Ergebnisse für andere Feststellungen vorliegen; sie kann nur dann erfolgreich sein, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an der Beweiswürdigung des Erstgerichts rechtfertigen ( Klauser/Kodek, JN-ZPO 18 § 467 ZPO E 40/1, E 40/3 und E 40/5).

3. Diesen Anforderungen wird die Tatsachenrüge des Klägers nicht gerecht: Dieser kann nicht nachvollziehbar erklären, warum es sich bei jener Ein-/Ausfahrt, aus der heraus der Erstbeklagte mit seinem Fahrzeug nach links abgebogen ist, nicht tatsächlich um eine „Einfahrt“ handeln sollte. Eine solche konnte nicht nur anlässlich des Lokalaugenscheins an Ort und Stelle am 27. November 2023 festgestellt werden (vgl Protokoll ON 14), sondern ergibt sich auch aus der Lichtbildbeilage zum Strafakt BAZ* des BG Linz (vgl dortige ON 2.8). Auch der Sachverständige DI Dr. G* sprach im Rahmen der Verhandlung vom 27. November 2023 mehrfach von der „Einfahrt“ zur „Firma D*“ (vgl zB ON 14.2, 4). Selbst der Kläger sprach im Rahmen seiner Einvernahme von der „Ausfahrt“ von der „Firma D*“ und dem dort aufgestellten Verkehrszeichen „Halt“ und dem Richtungspfeil nach rechts (ON 14.2, 2). Schließlich unterlässt es der Kläger auch, die Relevanz seiner Tatsachenrüge für die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts darzulegen.

4. Soweit der Kläger unter dem Titel „unrichtige Beweiswürdigung“ die Ausführungen des Erstgerichts auf US 12, zweiter Absatz, kritisiert, wonach die Aussage des Klägers, sich darauf verlassen zu haben, dass sich der Beklagtenlenker an die vorgeschriebene Fahrtrichtung halten würde, als Schutzbehauptung zu werten sei, ist ihm Folgendes zu entgegnen: Einerseits kritisiert der Kläger lediglich pauschal die Beweiswürdigung des Erstgerichts, ohne aber zu erklären, welche konkrete erstgerichtliche Feststellung bekämpft bzw welche konkrete Ersatzfeststellung stattdessen begehrt wird. Andererseits sagte der Kläger selbst sowohl am 17. Oktober 2022 vor der Polizei als auch am 27. November 2023 als Partei im gegenständlichen Verfahren aus, an den Unfall keinerlei Erinnerung mehr zu haben (ON 14.2, 2). Seine Ausführungen über die „Erfahrung, wie ich das sonst auch gemacht habe“, haben daher keine wirkliche Relevanz. Dies hat schon das Erstgericht zutreffend erkannt. In diesem Sinn räumt der Kläger auch im Rahmen seiner nunmehrigen Berufung ein, lediglich ausgesagt zu haben, „wie der Unfall vermutlich (mangels Erinnerung konnte ja der tatsächliche Geschehensablauf durch den Kläger nicht geschildert werden) geschehen“ sei (vgl Berufung, S 3). Eine vage Vermutung ersetzt aber keine konkrete Aussage.

Insgesamt erweist sich der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt als Ergebnis eines sorgfältig durchgeführten Beweisverfahrens und einer in jeder Hinsicht plausiblen und gut nachvollziehbaren Beweiswürdigung.

Der Tatsachenrüge kommt daher keine Berechtigung zu.

II. Zur Rechtsrüge:

1. Der Kläger argumentiert im Rahmen seiner Rechtsrüge zusammengefasst, dass ihn auch ausgehend vom festgestellten Sachverhalt kein Mitverschulden an der Kollision mit dem Beklagtenfahrzeug treffe bzw sein (allfälliges) Mitverschulden gegenüber den mehrfachen Fahrfehlern und Unterlassungen des Erstbeklagten völlig in den Hintergrund trete. Als Folge davon habe das Erstgericht auch die eingewendete Gegenforderung unrichtigerweise als mit einem Viertel zu Recht bestehend anerkannt und die Haftung der Beklagten für die Dauer- und Spätfolgen nicht zur Gänze festgestellt. Darüber hinaus habe das Erstgericht das Schmerzengeld unrichtig ausgemessen und den Anspruch auf Verdienstentgang unrichtig „gekürzt“.

2. Diese Argumente des Klägers vermögen nicht zu überzeugen: Was das vom Erstgericht angenommene Mitverschulden des Klägers betrifft, ist zunächst auf die Bestimmung des § 76 Abs 4 StVO zu verweisen, wonach Fußgänger an Stellen, wo der Verkehr weder durch Arm- noch durch Lichtzeichen geregelt ist, die Fahrbahn nur unter Bedachtnahme auf das Verkehrsaufkommen und auf geradem Weg überqueren dürfen. Dabei haben sie sich vor Betreten der Fahrbahn zu vergewissern, dass sie hiebei sich selbst oder andere Straßenbenützer nicht gefährden oder diese übermäßig behindern. Nach ständiger Rechtsprechung muss ein Fußgänger vor dem Überqueren der Fahrbahn sorgfältig prüfen, ob er diese noch vor dem Herankommen von Kraftfahrzeugen mit Sicherheit überschreiten kann. Bei Erreichen der Straßenmitte muss er sich ebenfalls vergewissern, ob sich nicht (von seiner rechten Seite her) ein Fahrzeug nähert, und er muss stehen bleiben, wenn ein Fahrzeug schon so nahe ist, dass er die Fahrbahn nicht mehr vor diesem gefahrlos überschreiten kann (RS0075656). Richtig ist zwar, dass diese Judikatur nur für „breite Straßen“ gilt (RS0075656 [T10]); doch ist die Industriezeile an jener Stelle, wo der Kläger sie unmittelbar vor der Kollision überquerte, nach den unbekämpften Feststellungen insgesamt 15 m breit (US 5).

Der in § 76 Abs 4 StVO normierten Verpflichtung ist der Kläger – nach den Ausführungen des Sachverständigen DI Dr. G* (vgl Protokoll ON 14.2, 7) und den darauf aufbauenden und insoweit unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts – nicht nachgekommen. Er hätte dann, wenn er während seiner Querungsbewegung auf die Ein-/Ausfahrt des D* geachtet hätte, das losfahrende und nach links abbiegende Beklagtenfahrzeug sehen können. Er hätte den Unfall vermeiden können, wenn er unmittelbar auf die erste Erkennbarkeit der Anfahrbewegung des Beklagtenfahrzeugs reagiert hätte. Er hätte dann noch vor der Querungslinie des Beklagtenfahrzeugs anhalten und knapp vor der rechten Kante des Beklagtenfahrzeugs zum Stillstand kommen können (US 14). Dies hat der Kläger jedoch aufgrund Unachtsamkeit und seiner schnellen, fast laufenden Gehbewegung von 6 bis 7 km/h – diese ergibt sich auch aus dem als Beilage ./I vorgelegten Dash-Cam-Video – nicht getan (zum erhöhten [Mit-]Verschulden einer Fußgängerin, die im Laufschritt und ohne Beachtung des Fahrzeugverkehrs die Fahrbahn kreuzt, vgl 2 Ob 41/88 = ZVR 1988/172).

Richtig ist zwar, dass nach den Feststellungen der Kläger während einer kurzen Zeit (von ca 0,2 bis 0,3 Sekunden) keine gänzliche Sicht auf das Beklagtenfahrzeug hatte; doch stellte das Erstgericht auch unbekämpft fest, dass der Kläger aufgrund seiner Größe von 1,91 m großteils auch über das Fahrzeug, das an ihm von Norden kommend noch vorbeigefahren war, darüber sehen konnte, sodass auch in dieser kurzen Zeitspanne keine vollständige Sichtabschattung stattfand. Darüber hinaus hatte der Kläger ca 1,4 Sekunden vor der Kollision wieder dauerhaft uneingeschränkte Sicht auf das aus der Ausfahrt herausfahrende Beklagtenfahrzeug (US 6). Darüber hinaus muss ein eine frequentierte Straße überquerender Fußgänger auch auf nur zum Teil sichtbare Fahrzeuge achten (2 Ob 265/74 = ZVR 1975/190).

Daraus folgt, dass den Kläger jedenfalls ein Mitverschulden am Verkehrsunfall trifft. Dass das Verschulden des Beklagtenlenkers (Verletzung der gebotenen Fahrtrichtung, Nicht-Betätigung des Blinkers, verspätete Reaktion) weit höher einzustufen ist, wie dies der Kläger in seiner Berufung nunmehr argumentiert, hat bereits das Erstgericht erkannt und zutreffend gewichtet. Es kann aber keine Rede davon sein, dass das Mitverschulden des Klägers derart geringfügig wäre, dass es gegenüber dem Verschulden des Erstbeklagten völlig in den Hintergrund treten würde. Die vom Erstgericht vorgenommene Verschuldensteilung im Verhältnis von 3:1 zu Lasten der Beklagten stößt jedenfalls auf keine Bedenken des Berufungsgerichts.

3. Wenn der Kläger in diesem Zusammenhang auch argumentiert, dass der Erstbeklagte unmittelbar vor der Kollision eine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten habe, was sein Verschulden noch erhöhe, geht er nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Danach fuhr der Erstbeklagte unmittelbar vor der Kollision mit keiner überhöhten Geschwindigkeit. Die Rechtsrüge des Klägers ist in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RS0043312).

4. Als Folge der Verschuldensteilung von 3:1 zu Lasten der Beklagten hat das Erstgericht auch die compensando eingewendete Gegenforderung zu Recht als mit einem Viertel (in Höhe von EUR 3.290,00) zu Recht bestehend anerkannt. Auch die Feststellung der Haftung der Beklagten für die unfallkausalen Spät- und Dauerfolgen im Umfang von drei Vierteln erfolgte zu Recht.

5. Was die Höhe des zuerkannten Schmerzengelds betrifft, ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach es sich beim Schmerzengeld um eine globale Entschädigung handelt (RS0031191, RS0031415). Das Schmerzengeld ist die Genugtuung für alles Ungemach, das der Verletzte infolge einer Verletzung erduldet (RS0031307, RS0031175). Körperliche und seelische Schmerzen sind dabei gemeinsam zu bewerten (RS0031058). In die Globalbemessung des Schmerzengelds sind neben den bereits erlittenen Schmerzen auch künftige, nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartende körperliche und seelische Schmerzen einzubeziehen. Nach ständiger Rechtsprechung sind auch die auf Dauer verbleibenden Schmerzen samt täglicher Schmerzbelastung sowie die dauernde Bewegungseinschränkung und die dadurch bedingte Beeinträchtigung der Lebensführung, einschließlich einer Beeinträchtigung bei der Sportausübung, in das Gesamtkalkül miteinzubeziehen (RS0031065).

All dies hat das Erstgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung berücksichtigt (vgl US 17). Es hat – auf Basis der eingeholten medizinischen Gutachten – die vom Kläger erlittenen Verletzungen festgestellt (US 8) und die von ihm erlittenen Schmerzen komprimiert auf den 24-Stunden-Tag wie folgt bemessen: 2,5 Tage starke Schmerzen, 10 bis 11 Tage mittelstarke Schmerzen und 16,5 bis 17 Wochen leichte Schmerzen (vgl Gutachten ON 52, 14). Dabei hat das Erstgericht aufgrund der Ausführungen des unfallchirurgischen Sachverständigen die globale Schmerzengeldbemessung nur bis 31. Juli 2024 und nicht darüber hinaus vorgenommen (US 17).

Insgesamt sind die – eher kursorischen – Ausführungen des Klägers jedenfalls nicht geeignet, ein Abweichen des Erstgerichts vom von der ständigen Rechtsprechung allgemein gezogenen Rahmen bei der Bemessung des Schmerzengelds aufzuzeigen.

6. Wenn der Kläger weiters releviert, dass ihm im angefochtenen Urteil „der Verdienstentgang gekürzt“ worden sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass er im Rahmen der (zweiten) Schlüssigstellung seines Klagebegehrens am 5. Dezember 2023 zum geltend gemachten Anspruch in Höhe von EUR 9.029,32 ausgeführt hat, dass er diesen Anspruch aus dem Titel der „Haushaltshilfe“ geltend mache (vgl ON 18). Folgerichtig führte das Erstgericht im angefochtenen Urteil aus, dass der Kläger keinen Verdienstentgang, sondern eine Haushaltshilfe für den Zeitraum von 6. Oktober 2022 bis 30. Mai 2023 geltend gemacht habe (US 18). Auch in diesem Punkt kommt der Rechtsrüge daher keine Berechtigung zu.

7. Soweit der Kläger am Ende seiner Berufung die Kostenentscheidung „vollinhaltlich dahingehend bekämpft“, dass ihm eine Kostenersatzpflicht auferlegt worden sei, richtigerweise jedoch den Beklagten alle Kosten auferlegt hätten werden müssen, ist ihm zunächst entgegenzuhalten, dass ihn nach den Ergebnissen des durchgeführten Beweisverfahrens eben ein Mitverschulden im Umfang von einem Viertel trifft, sodass eine gänzliche Kostenersatzpflicht der Beklagten nicht in Frage kommt.

Selbst wenn man die Ausführungen des Klägers als Berufung im Kostenpunkt qualifizieren wollte, müsste diese bestimmten Inhaltserfordernissen gerecht werden, um einer meritorischen Behandlung zugänglich zu sein. Die ordnungsgemäße Ausführung einer Berufung im Kostenpunkt erfordert einen ziffernmäßig bestimmten Abänderungsantrag, der wiederum eine nachvollziehbare rechnerische Darstellung voraussetzt, welche konkreten betraglichen Veränderungen der Kostenentscheidung mit den vorgetragenen Argumenten angestrebt werden. Diese Inhaltserfordernisse erfüllen die Ausführungen des Klägers nicht einmal ansatzweise (vgl 3 Ob 159/02g; vgl OLG Linz 2 R 95/17d, 3 R 43/23y, 3 R 56/23k, 3 R 11/25w; vgl Obermaier, Kostenhandbuch 4 Rz 1.88).

Auch die Kostenentscheidung des Erstgerichts ist daher nicht zu beanstanden.

III. Insgesamt war der Berufung des Klägers ein Erfolg zu versagen.

IV. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die §§ 50 und 41 ZPO. Ihr liegt das vom Kläger mit EUR 31.138,16 sA bewertete Berufungsinteresse zugrunde. Ein Streitgenossenzuschlag wurde von den Beklagten nicht verzeichnet.

V. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil das Berufungsgericht keine über den Einzelfall hinausgehende erhebliche Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen hatte und sich im Übrigen an der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur orientieren konnte.

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