JudikaturOLG Linz

10Bs47/25w – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
03. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch Mag. Graf als Einzelrichter in der Strafsache gegen A* und einen weiteren Angeklagten wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 17. Februar 2025, Hv*-55, entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der dem freigesprochenen A* (zusätzlich) zu ersetzende Pauschalbeitrag zu den Kosten seiner Verteidigung mit EUR 1.500,00 bestimmt wird.

Text

Begründung:

Mit Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 8. April 2024 (rechtskräftig am selben Tag) wurde (soweit von Relevanz) A* von dem wider ihn von der Staatsanwaltschaft Steyr mit Anklageschrift vom 25. Jänner 2024 (ON 26) erhobenen Vorwurf des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen (ON 35). Mit Beschluss vom 3. Mai 2024 (ON 48) wurde der ihm zu ersetzende Pauschalbeitrag zu den Kosten seiner Verteidigung mit EUR 2.000,00 bestimmt.

Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2025 beantragte der Freigesprochene gemäß § 393a iVm § 516 Abs 12 zweiter und dritter Satz StPO den Ersatz eines weiteren Beitrags zu den Kosten seiner Verteidigung in der Höhe von EUR 8.000,00.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 17. Februar 2025 (ON 55) bestimmte das Erstgericht den zu ersetzenden Pauschalbeitrag zu den Kosten der Verteidigung des A* mit (zusätzlich) EUR 3.000,00.

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Herabsetzung des zugesprochenen Pauschalbeitrages begehrt (ON 56).

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde, zu der der Freigesprochene eine Stellungnahme abgegeben hat (ON 58), ist berechtigt.

Mit 1. August 2024 trat das Bundesgesetz BGBl I Nr 96/2024 in Kraft, mit dem die Strafprozessordnung 1975 geändert und der Verteidigerkostenbeitrag neu geregelt wurde. Nach dem mit der Novellierung angefügten Abs 12 des § 516 StPO ist der neue § 393a StPO auf Verfahren anzuwenden, in denen die in § 393a Abs 1 genannten verfahrensbeendenden Entscheidungen (so wie hier) ab dem 1. Jänner 2024 rechtskräftig geworden sind. Ist in diesen Verfahren bereits über einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung nach § 393a StPO idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr 152/2022 entschieden worden, so kann ein neuerlicher Antrag auf Zuerkennung eines Beitrags zu den Kosten für die Verteidigung gestellt werden.

Nach § 393a Abs 2 StPO idFd Bundesgesetzes BGBl I Nr 96/2024 ist der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung unter Bedachtnahme auf den Umfang des Verfahrens, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen und zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf im Verfahren vor dem Landesgericht als Schöffengericht in der Grundstufe 1 den Betrag von EUR 30.000,00 (Z 1) nicht übersteigen. Maßgebliches Kriterium für die Bemessung des Beitrags ist der sich auf die Verteidigung durchschlagende Aufwand, die Dauer des Strafverfahrens, die Anzahl an Verfahrensbeteiligten sowie die Gestaltung des dem Strafverfahren zugrunde liegenden Sachverhalts, dies alles unter dem Blickwinkel der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der einzelnen Verteidigungshandlungen (EBRV 2557 BlgNR XXVII. GP 6 iVm 3). Ein Anspruch auf Ersatz der gesamten aufgelaufenen (notwendigen und zweckmäßigen) Vertretungskosten ist weder der Bestimmung des § 393a StPO noch den geltenden Verfassungsbestimmungen oder der Judikatur des EGMR zu entnehmen. An der Bemessung des Kostenbeitrags in Form von Pauschalkostenbeiträgen wird somit grundsätzlich weiterhin festgehalten. Da die Bandbreite der Verfahren, die in Stufe 1 fallen, von ganz einfachen Verteidigungsfällen bis hin zu aufwendigen Wirtschaftsstrafsachen reicht, kann sich der konkret zu bemessende Pauschalkostenbeitrag je nach Umfang der Ermittlungen und Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern bzw sich von diesem weiter entfernen.

Unter Heranziehung der Ansätze nach der AHK (unter Berücksichtigung des Einheitssatzes, aber ohne Erfolgs- oder Erschwerniszuschläge) sind im „einfachen Standardverfahren“ vor dem Schöffen- oder Geschworenengericht durchschnittliche Verteidigungskosten von EUR 15.000,00 zu veranschlagen. Ein solches sogenanntes Standardverfahren umfasst im Regelfall die Vertretung im Ermittlungsverfahren, die Teilnahme an der Hauptverhandlung in der Dauer von acht Stunden, die Einbringung eines prozessrelevanten Schriftsatzes wie einer Nichtigkeitsbeschwerde oder einer Gegenausführung und die Teilnahme an einer Rechtsmittelverhandlung in der Dauer von zwei Stunden (vgl EBRV 2557 BlgNR XXVII.GP 8). Für die Vertretung im Ermittlungsverfahren wird eine Besprechung mit dem Mandanten bzw der Mandantin, eine Vollmachtsbekanntgabe bzw ein Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium bzw Vorbereitungstätigkeit und eine Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden veranschlagt (vgl EBRV 2557 BlgNR XXVII.GP 5).

Ausgehend davon ist im gegenständlichen Fall zunächst von einem Standardverfahren der Stufe 1 auszugehen. An notwendigen und zweckmäßigen Verteidigungshandlungen im Ermittlungsverfahren wurden neben einer Verteidigerbekanntgabe am 20. Oktober 2023 (ON 16), Aktenstudium und eine Besprechung mit dem Mandanten erbracht. Eine Teilnahme an der Beschuldigteneinvernahme im Ermittlungsverfahren ist nicht aktenkundig. Die Hauptverhandlung war mit ca 4 1/2 Stunden von unterdurchschnittlicher Dauer (ON 35). Eine Rechtsmittelverhandlung war nicht erforderlich. Im Akt findet sich ansonsten ein relevanter Schriftsatz (ON 31). Über die im Standardverfahren vorgesehenen Leistungen hinaus wurden keine Aufwendungen getätigt.

Das gegen den Beschwerdeführer und einen weiteren Angeklagten geführte Strafverfahren wurde am 16. August 2023 begonnen und endete am 8. April 2024. Der Aktenumfang ist mit 34 Ordnungsnummern (darin enthalten ein KFZ-technisches Gutachten [ON 17]) bis zum Urteil für diese Verfahrensart durchschnittlich. Neben dem Angeklagten wurden in der Hauptverhandlung ein Zeuge einvernommen. Das Sachverständigengutachten wurde erörtert. Es waren im Wesentlichen keine schwierigen rechtlichen Fragen zu lösen, der Fokus lag auf der Tatfrage. Bei ganzheitlicher Betrachtung ist von einer – für ein strafrechtliches Schöffenverfahren – unterdurchschnittlichen Komplexität auszugehen.

Da somit der auf die Verteidigung durchschlagende Aufwand den Durchschnitt schöffengerichtlicher Verfahren wesentlich unterschritt, erweist sich ein Pauschalbetrag von insgesamt EUR 3.500,00 als angemessen, wobei gemäß § 516 Abs 12 StPO der bereits zugesprochene Beitrag von EUR 2.000,00 zu berücksichtigen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.

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