JudikaturOLG Linz

7Bs22/25x – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Dr. Gföllner als Vorsitzende, die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger und den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A* wegen Verbrechen nach § 3g VerbotsG und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 17. Jänner 2025, Hv1*-129, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit (seit 4. Juni 2020 rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Geschworenengericht vom 3. Februar 2020, GZ Hv1*-93a, wurde A* wegen der Verbrechen nach § 3g VerbotsG sowie der Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG, nach § 50 Abs 1 Z 4 WaffG und nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG unter Anwendung der §§ 28 Abs 1 und 39 Abs 1 StGB (idF vor BGBl I Nr. 105/2019) zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wurde vom Widerruf der zu BE1* und BE2* je des Landesgerichts Ried im Innkreis gewährten bedingten Entlassungen abgesehen, jedoch nach Abs 6 leg cit die Probezeit zu BE2* des Landesgerichts Ried im Innkreis auf fünf Jahre verlängert.

Inhaltlich des Schuldspruchs nach § 3g VerbotsG hat er sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VerbotsG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er den Nationalsozialismus und die Person Adolf Hitler verherrlichend, spezifische Zielsetzungen der NSDAP unsachlich, einseitig und propagandistisch vorteilhaft darstellend sowie typisch nationalsozialistische Parolen, Schlagworte und Symbole propagandistisch verwendend

I. am 12. Juni 2018 auf seinem auf „D*“ lautenden Facebook-Profil eine Abbildung, auf der unter der Überschrift „Wir vergessen euch nicht“ ein Stahlhelm und ein Teil eines Dolchs sowie die einem Wahlspruch der SS entsprechende Aufschrift „Meine Ehre heißt Treue“ zu sehen waren, als öffentlich sichtbares Profilbild eingestellt hat;

II. am 11. Dezember 2018 ein Foto von sich selbst, auf dem unter anderem seine einen Reichsadler zeigende Tätowierung am Hinterkopf sowie seine den Spruch „Deutsch sein heißt treu sein“ zeigende Tätowierung im Nackenbereich zu sehen waren, als für die Öffentlichkeit sichtbaren WhatsApp-Status eingestellt hat;

III. am 9. Jänner 2019 mit seinem auf „E*“ lautenden Facebook-Profil ein Foto von sich, auf dem seine das Divisionsabzeichen der 36. Waffen-Grenadier-Division der SS zeigende Tätowierung am Handrücken zu sehen war, auf der von zumindest 670 Personen einsehbaren Facebook-Pinnwand der F* gepostet hat;

IV. via Facebook (A./IV./1. bis A./IV./4.) und WhatsApp (A./IV./5.) nachstehende Abbildungen und Fotos verschickt hat, und zwar

1. am 2. Dezember 2017 über sein auf „E*“ lautendes Facebook-Profil an G* je ein Foto seiner das Divisionsabzeichen der 36. Waffen-Grenadier-Division der SS zeigenden Tätowierung am Handrücken, seiner ein Hakenkreuz zeigenden Tätowierung am linken Oberarm, seiner SS-Runen zeigenden Tätowierung am rechten Oberarm sowie seiner das Divisionsabzeichen der 1. SS-Panzerdivision „Leibstandarte Adolf Hitler“ zeigenden Tätowierung am Handrücken und seiner einen Reichsadler samt SS-Runen zeigenden Tätowierung am Hinterkopf;

2. am 4. November 2018 und am 17. November 2018 über sein auf „E*“ lautendes Facebook-Profil an H* zwei Fotos seiner einen mit SS-Runen versehenen Reichsadler zeigenden Tätowierung am Hinterkopf, ein Foto seiner das „Objekt 21“-Logo, ein Hakenkreuz und den Schriftzug „Nun erst recht“ zeigenden Tätowierung am linken Unterschenkel, ein Foto seiner unter anderem eine „Schwarze Sonne“, SS-Runen und Hakenkreuze zeigenden Tätowierungen am Oberkörper und ein Foto seiner unter anderem SS-Runen und die Divisions-abzeichen der 36. Waffen-Grenadier-Division der SS sowie der 1. SS-Panzerdivision „Leibstandarte Adolf Hitler“ zeigenden Tätowierungen am Rücken;

3. am 8. November 2018 über sein auf „E*“ lautendes Facebook-Profil an F* ein Foto seiner einen Reichsadler samt Hakenkreuz zeigenden Tätowierung am rechten Schienbein sowie ein Foto seiner das „Objekt 21“-Logo, ein Hakenkreuz und den Schriftzug „Nun erst recht“ zeigenden Tätowierung am linken Unterschenkel;

4. am 4. März 2019 an F* ein Foto von sich, auf dem seine Hakenkreuze, eine „Schwarze Sonne“ und SS-Runen zeigenden Tätowierungen auf Brust und Oberarmen zu sehen waren;

V. nachstehende Tätowierungen anderen Personen präsentiert oder öffentlich zur Schau gestellt hat, und zwar

1. am 21. November 2018 das auf einen Handrücken tätowierte Divisionsabzeichen der 36. Waffen-Grenadier-Division der SS und das auf den anderen Handrücken tätowierte Divisionsabzeichen der 1. SS-Panzerdivision „Leibstandarte Adolf Hitler“, indem er für einen Behördengang auf der Bezirkshauptmannschaft I* erschienen ist und diese Tätowierungen nicht verdeckt hat;

2. am 6. März 2019 das auf einen Handrücken tätowierte Divisionsabzeichen der 36. Waffen-Grenadier-Division der SS und das auf den anderen Handrücken tätowierte Divisionsabzeichen der 1. SS-Panzerdivision „Leibstandarte Adolf Hitler“, indem er diese Tätowierungen beim Einkauf in der J*-Filiale I* nicht verdeckt hat;

3. am 10. März 2019 das auf einen Handrücken tätowierte Divisionsabzeichen der 36. Waffen-Grenadier-Division der SS, das auf den anderen Handrücken tätowierte Divisionsabzeichen der 1. SS-Panzerdivision „Leibstandarte Adolf Hitler“, auf die Ober- und Unterarme tätowierte Hakenkreuze, Triskelen und NS-Totenköpfe sowie einen auf den Hinterkopf tätowierten Reichsadler samt SS-Runen, indem er mit K* und L* an einem Tisch in einem öffentlichen Gasthaus gesessen ist und diese Tätowierungen nicht verdeckt hat.

Bei der Strafbemessung waren mildernd das reumütige Geständnis des Angeklagten, erschwerend demgegenüber – unter Berücksichtigung der Anwendung des § 39 Abs 1 StGB (idF vor BGBl l 2019/105) – eine einschlägige Vorstrafe, die Delinquenz während der Strafhaft bzw. während Freigängen im offenen Vollzug, der äußerst rasche Rückfall, das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen mit mehreren Vergehen sowie die (schuldaggravierende) Tatbegehung während offener Probezeit (vgl S 15 in ON 93a sowie S 5 in ON 115).

Mit am 17. Dezember 2024 zur Post gegebenem Schreiben beantragte der Verurteilte eine nachträgliche Milderung der Strafe gemäß § 31a Abs 1 StGB im Wesentlichen mit der Begründung, dass er sich während der Strafhaft mit seiner Vergangenheit auseinandergesetzt habe, regelmäßig Treffen des Vereins DERAD besuche, auch begonnen habe, die verbotenen NS-Symbole überzutätowieren und sich heute von seiner damaligen Gesinnung deutlich distanziere (ON 126).

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 17. Jänner 2025 wies das Erstgericht den Antrag des Verurteilten ab, weil weder die Übertatowierungen noch die Therapiebemühungen eine nachträgliche Strafmilderung rechtfertigen würden (ON 129).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Beschwerde des Verurteilten vom 29. Jänner 2025 (ON 130) ist nicht berechtigt.

Das in § 31a Abs 1 StGB geregelte Rechtsinstitut der nachträglichen Strafmilderung ermöglicht (auf Basis des unberührt bleibenden Schuldspruchs und des demnach angewendeten Strafsatzes) zugunsten des Verurteilten die Anpassung einer aufgrund eines rechtskräftigen Strafurteils zu vollziehenden Sanktion an – mit Beziehung auf Strafbemessungstatsachen – geänderte Verhältnisse. Als nachträglich hervorkommende Milderungsgründe kommen nicht nur die im StGB beispielsweise angeführten Milderungsgründe im engeren Sinn in Betracht, sondern alle Umstände, die in Ansehung der ausgesprochenen Strafe eine mildere Behandlung des Täters herbeiführen könnten (vgl Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 14 § 31a Rz 1; vgl auch Ratz in WK 2 StGB § 31a Rz 2 und 4).

Als nachträgliche Strafmilderung kann das Gericht die Dauer der Freiheitsstrafe oder die Zahl der Tagessätze herabsetzen, statt der Freiheits- eine Geldstrafe verhängen, die Strafe – auch nach erfolgtem Widerruf – teilweise oder zur Gänze bedingt nachsehen oder eine für den Verurteilten günstigere Relation der teilbedingten Strafnachsicht wählen ( Ratz in WK² StGB § 31a Rz 6).

In Übereinstimmung mit dem Erstgericht stellen die im Antrag vorgebrachten Gründe keine Umstände dar, die eine mildere Bemessung der Strafe rechtfertigen würden. Dass sich der Verurteilte zwischenzeitig Tätowierungen covern ließ, wirkt nicht strafmildernd. Vielmehr wird dadurch eine neuerliche Straffälligkeit im Sinne des § 3g VerbotsG hintangehalten. Soweit der Verurteilte darauf verweist, dass er mit Unterstützung des Vereins DERAD seine Vergangenheit aufgearbeitet habe und sich heute von seiner damaligen Gesinnung deutlich distanziere, ist ihm zu entgegnen, dass er bereits in der Hauptverhandlung als auch der Berufungsverhandlung bekundete, in der letzten Phase seiner vorherigen Haft (Enthaftung am 21. November 2018) einen Gesinnungswandel vollzogen zu haben (S 6 ff in ON 92 sowie S 3 f in ON 111). Dieser Aspekt ist folglich nicht neu, sondern konnte bei der Sanktionsfindung berücksichtigt werden (vgl Ratz in WK 2 StGB § 31a Rz 4).

Selbst mit Blick auf die Stellungnahme des Vereins DERAD vom 1. November 2024 (S 11 ff in ON 126), wonach der Verurteilte ein kooperativer und zuverlässiger Klient sei, der kontinuierlich daran arbeite, seine Vergangenheit aufzuarbeiten, was zu einer klaren Distanzierung von seiner rechtsextremen Vergangenheit geführt habe, ist aufgrund der drei im engsten Sinn einschlägigen Vorstrafen (Pos 02, 06 und 09 der Strafregisterauskunft ON 127) sowie des äußersten raschen Rückfalls teils während der Strafhaft bzw. während Freigängen im offenen Vollzug und während offener Probezeiten eine Reduktion der Freiheitsstrafe nicht vertretbar.

Die durchaus positiven Entwicklungen des Verurteilten können allenfalls bei der Beurteilung der Voraussetzungen einer bedingten Entlassung relevant sein.

In Ermangelung nachträglicher Umstände, die eine mildere Bemessung der Strafe gerechtfertigt hätten, hat das Erstgericht daher zutreffend den Antrag des Verurteilten abgewiesen, weshalb der Beschwerde ein Erfolg zu versagen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu.

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