JudikaturOLG Linz

4R154/24f – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
10. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch Senatspräsident Mag. Gerhard Hasibeder als Einzelrichter (§ 8a JN) in der Rechtssache der Klägerin A* GmbH, FN **, ** Straße **, vertreten durch die Winternitz Rechtsanwalt GmbH Co KG in Wien, gegen die Beklagte B* GmbH , FN **, **-Platz **, vertreten durch die Aigner Rechtsanwalts-GmbH in Linz, wegen EUR 137.856,00 s.A., über den Rekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 16. Oktober 2024, GZ*-68, beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Beklagte hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 5. Dezember 2022 wurde DI C* zum Sachverständigen bestellt (ON 13) und beauftragt, ein schriftliches Gutachten zu näher angeführten Fragen zu erstatten (ON 20).

Der Sachverständige erstattete ein schriftliches Gutachten vom 30. Mai 2023 (ON 27), dessen Erörterung von beiden Parteien beantragt wurde (ON 33 und 34).

Über gerichtlichen Auftrag erstattete der Sachverständige eine Gutachtensergänzung vom 20. Juni 2024 und legte Gebührennote (ON 56).

Mit Beschluss vom 20. Juni 2024 forderte das Erstgericht die Parteien auf, binnen vier Wochen bekanntzugeben, falls zur Erläuterung oder Ergänzung des schriftlichen Gutachtens die Ladung des Sachverständigen zur nächsten Tagsatzung beantragt werde (ON 57).

Beide Parteien beantragten daraufhin die Erörterung des Sachverständigengutachtens (ON 58 und 59).

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht die Gebühren des Sachverständigen DI C* für die Erstattung des Ergänzungsgutachtens vom 20. Juni 2024, ON 56, mit EUR 2.832,00.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Antrag des Sachverständigen auf Gebührenbestimmung zurück- bzw abzuweisen, hilfsweise die Gebühren des Sachverständigen mit EURO NULL zu bestimmen, hilfsweise den angefochtenen Beschluss ersatzlos zu beheben und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Eine Rekursbeantwortung wurde weder von der Klägerin noch vom Sachverständigen erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Ergebnis im Sinne einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses berechtigt.

Die Lehre und die überwiegende Rechtsprechung vertreten die Ansicht, dass die Sachverständigentätigkeit erst nach der mündlichen Erörterung des Gutachtens, sofern es zu einer solchen kommt, abgeschlossen und der Gebührenanspruch fällig ist. Die abschnittsweise Bestimmung der Gebühren der als Einheit aufzufassenden Sachverständigentätigkeit ist im Gesetz nicht vorgesehen und daher unzulässig. Nach dem GebAG soll mit einem einzigen Gebührenbestimmungsbeschluss über die Sachverständigengebühren entschieden werden ( Krammer in Fasching/Konecny 3 III/1 Anh zu § 365 ZPO Rz 89; Krammer/Schmidt/Guggenbichler , SDG-GebAG 4 § 38 GebAG Anm 5 sowie E 47ff; OLG Linz 3 R 96/14d, 12 R 20/15w, 1 R 135/19g, 4 R 27/24d uva).

In den Verfahrensgesetzen (hier § 357 ZPO) erfordert der Grundsatz der Mündlichkeit, dass der Sachverständige sein schriftlich erstattetes (Ergänzungs-)gutachten allenfalls mündlich erläutert oder darüber vernommen wird. Es können daher Anträge der Parteien auf mündliche Erörterung oder Ergänzung des schriftlichen Gutachtens den Abschluss der Tätigkeit des Sachverständigen und damit die Gebührenbestimmung hinausschieben ( Krammer/Schmidt/Guggenbichler aaO § 38 GebAG Anm 5).

Weiters vertritt die überwiegende Rechtsprechung die Ansicht, dass § 38 Abs 1 GebAG eine Norm ist, die auch der Verfahrenskonzentration dient und die Verfahrensverzögerung hintanhalten soll, weshalb das Gebot der einheitlichen Gebührenbestimmung nicht in die Disponibilität der Parteien gestellt werden kann. Eine dem Gesetz widersprechende abschnittsweise Gebührenbestimmung ist daher auch dann wahrzunehmen, wenn keine darauf abzielende Einwendung erhoben wurde bzw sich der Rechtsmittelwerber darauf nicht berufen hat (OLG Wien 15 R 155/01a = RW0000550, 2 R 111/21i, 11 R 93/23m; OLG Linz 1 R 118/19g, 1 R 135/19g, 4 R 27/24d).

Davon ausgehend war die angefochtene Gebührenbestimmung, wenngleich einer häufig geübten Praxis entsprechend, insofern verfrüht, als die beantragte Erörterung des Gutachtens noch aussteht, zumal die Ablehnungen des Sachverständigen inzwischen rechtskräftig verworfen wurden (OLG Linz 4 R 152/24m, 4 R 153/24h). Daran ändert auch die mangels Anfechtung rechtskräftig gewordene Bestimmung der Gebühr des Sachverständigen für das schriftliche Gutachten ON 27 nichts (vgl etwa OLG Wien 11 R 1/10p).

Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben. Das Erstgericht wird über den Antrag des Sachverständigen auf Bestimmung der Gebühr für das schriftliche Ergänzungsgutachten erst nach Abschluss der Sachverständigentätigkeit zu entscheiden haben.

Die Beklagte hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen, weil im Gebührenbestimmungsverfahren gemäß § 41 Abs 3 letzter Satz GebAG unabhängig vom Rechtsmittelerfolg kein Kostenersatz stattfindet.

Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses folgt aus § 528 Abs 2 Z 5 ZPO.

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