7Bs1/25h – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Dr. Gföllner als Vorsitzende, die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger und den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen unbekannte Täterwegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 80 Abs 1 StGB über die Beschwerde des Privatbeteiligten Mag. A* gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 16. Dezember 2024, GZ1*, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
BEGRÜNDUNG:
Die Staatsanwaltschaft Salzburg führte zu GZ2* ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter wegen „§§ 80 f StGB“ zum Nachteil des am 24. Juli 2024 verstorbenen B*.
Am 25. September 2024 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren nach § 190 Z 2 StPO ein (ON 1.16), wovon unter anderem Mag. A* (Sohn des Verstorbenen, der sich dem Verfahren auch als Privatbeteiligter angeschlossen hatte [ON 2.6 ,ON 6.1, 2 und ON 11]), mit Note vom selben Tag verständigt wurde.
Mit Eingabe vom 2. Oktober 2024 beantragte Mag. A* eine detaillierte schriftliche Begründung der Einstellung (ON 16). Die Einstellungsbegründung gemäß § 194 Abs 2 StPO (ON 17) wurde ihm mit Note vom 2. Oktober 2024 zugestellt.
Zusätzlich zu seinem am 16. Oktober 2024 eingebrachten Antrag auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 195 StPO (ON 19) erhob Mag. A* mit weiterer Eingabe vom 13. November 2024 Einspruch wegen Rechtsverletzung (ON 23). Begründend führte er zusammengefasst aus, sein Recht als Zeuge vollständig auszusagen sowie sein Recht auf amtswegige und unparteiliche Ermittlung und vollständige Aufnahme der Beweise seien verletzt worden, auch sei er von der Polizei anlässlich seiner Einvernahme als Zeuge am 28. Juli 2024 nicht über seine Rechte als Opfer belehrt worden. Die Staatsanwaltschaft leitete den Einspruch wegen Rechtsverletzung am selben Tag an das Landesgericht Salzburg weiter (ON 1.21).
Nachdem ihm die ablehnende Stellungnahme der Staatsanwaltschaft am 14. November 2024 zur Gegenäußerung binnen sieben Tagen zugestellt worden war (ON 1.22), beantragte Mag. A* am 21. November 2024 eine Fristverlängerung für die Beibringung der Gegenäußerung, in eventu Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen technischer Probleme (ON 27).
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. Dezember 2024 (ON 32), der auch die unbekämpfte Zurückweisung des Antrags auf Verlängerung der Äußerungsfrist nach § 106 Abs 5 StPO, in eventu Wiedereinsetzung in den vorigen Stand enthält (Punkt 2.), wies das Erstgericht den Einspruch wegen Rechtsverletzung als unzulässig zurück (Punkt 1.). Dies mit der Begründung, dass Mag. A* bereits mit Zustellung der Verständigung der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 190 Z 2 StPO am 25. September 2024 Kenntnis davon erlangt habe, dass keine weitere Beweisaufnahme mehr erfolgen wird, weshalb der am 13. November 2024 erhobene Einspruch wegen Rechtsverletzung verfristet sei.
Gegen die Zurückweisung des Einspruchs wegen Rechtsverletzung richtet sich die am 30. Dezember 2024 von Mag. A* fristgerecht erhobene Beschwerde (ON 33).
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist nicht berechtigt.
Gemäß § 106 Abs 1 StPO steht Einspruch wegen Rechtsverletzung an das Gericht jeder Person zu, die behauptet, im Ermittlungsverfahren durch (die) Staatsanwaltschaft in einem subjektiven Recht verletzt zu sein, weil ihr die Ausübung eines Rechts nach diesem Gesetz verweigert (Z 1) oder eine Ermittlungs- oder Zwangsmaßnahme unter Verletzung von Bestimmungen dieses Gesetzes angeordnet oder durchgeführt wurde (Z 2).
Der Einspruch ist binnen sechs Wochen ab Kenntnis der behaupteten Verletzung in einem subjektiven Recht bei der Staatsanwaltschaft einzubringen (§ 106 Abs 3 StPO). Es kommt nicht nur auf tatsächliche Kenntnisnahme der behaupteten Verletzung in einem subjektiven Recht an, sondern ist die rechtliche Wertung ausschlaggebend, ob alle Voraussetzungen dafür geschaffen wurden, um mit Grund verlangen zu können, dass der Betreffende das Faktum (Anordnung oder Vorgang) auch bewusst zur Kenntnis nehmen kann (RIS-Justiz RS0133462).
Die Ausführungen des Beschwerdeführers, es sei auf den Zeitpunkt der Zustellung der Einstellungsbegründung gemäß § 194 Abs 2 StPO am 2. Oktober 2024 als fristauslösendes Ereignis abzustellen, „weil ihm erst zu diesem Zeitpunkt klar gewesen sei, dass die Staatsanwaltschaft unwillig sei, den Tod seines Vaters entsprechend zu untersuchen“, überzeugen nicht. Bereits ab Kenntnis der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 190 Z 2 StPO war ihm bekannt, dass weitere Ermittlungsmaßnahmen, einschließlich seiner (ergänzenden) Zeugenvernehmung, nicht stattfinden werden und die behaupteten Rechtsverletzungen damit faktisch vorgelegen sind. Eine bewusste Rechtsverletzung durch die Staatsanwaltschaft verlangt § 106 StPO nicht, weshalb die Beweggründe der Staatsanwaltschaft für die Einstellung nicht ausschlaggebend sind.
Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer Gegenteiliges nicht behauptet, indiziert die Übergabe der Benachrichtigung von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 190 Z 2 StPO an den elektronischen Zustelldienst am 25. September 2024 die Zustellung des Dokuments durch Bereithaltung zur Abholung am selben Tag (elektronische Zustellung ohne Zustellnachweis iSd § 36 ZustG). Dafür spricht zudem die (mehrfache) Einsichtnahme in den Ermittlungsakt durch den Beschwerdeführer an diesem Tag (vgl Zugriffsprotokoll).
Sowohl durch die Bereithaltung der Benachrichtigung von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 190 Z 2 StPO zur Abholung, als auch durch die Akteneinsicht waren alle Voraussetzungen dafür gegeben, dass der Beschwerdeführer am 25. September 2024 von den behaupteten Rechtsverletzungen bewusst Kenntnis nehmen konnte. Die sechswöchige Frist zur Erhebung des Einspruches wegen Rechtsverletzung endete daher am 6. November 2024.
Die Zurückweisung des erst am 13. November 2024 eingebrachten Einspruchs als verspätet erfolgte somit gesetzeskonform.
Der Vollständigkeit halber bleibt anzumerken, dass die StPO kein subjektives Recht des Opfers auf Verfolgung des Beschuldigten vorsieht (bloß gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens sieht § 195 StPO den Antrag auf Fortführung und somit eine gerichtliche Kontrolle staatsanwaltschaftlichen Handelns vor), demnach auch die Überprüfung der Zweckmäßigkeit einzelner Erhebungsschritte der Staatsanwaltschaft dieser Kontrollmöglichkeit entzogen ist (vgl Pilnacek/Stricker in WK-StPO § 106 Rz 16).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu.