1R134/24t – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Wolfgang Seyer als Vorsitzenden, Dr. Stefan Estl und Mag. Hermann Holzweber in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch die Summer Schertler Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in Bregenz, gegen die beklagte Partei B* Limited , **, Malta, vertreten durch die DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 3.763,32 sA, über den Kostenrekurs der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 27. September 2024, 3 Cg 42/24t-8, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der im angefochtenen Urteil enthaltene Kostenspruch wird dahin abgeändert, dass die beklagte Partei schuldig ist, der klagenden Partei die mit EUR 2.919,31 (darin EUR 354,55 USt und EUR 792,00 Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 336,82 (darin EUR 56,14 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
begründung:
Text
Der Kläger nahm von 30. Jänner 2020 bis 9. Februar 2024 an von der Beklagten auf deren Website ** angebotenen Online-Spielen teil.
Mit seiner am 11. März 2024 eingebrachten Stufenklage begehrte der Kläger gestützt auf die Nichtigkeit der Glücksspielverträge infolge eines Verstoßes gegen das österreichische Glücksspielmonopol, die Beklagte zur Rechnungslegung über alle auf seinen Spielerkonten erfolgten Ein- und Auszahlungen zu verpflichten und diese weiters schuldig zu erkennen, dem Kläger den sich aus der Rechnungslegung ergebenden Glücksspielverlust samt 4 % Zinsen ab dem der letzten Transaktion folgenden Tag zu zahlen, wobei die ziffernmäßige Festsetzung des Zahlungsbegehrens bis zur erfolgten Rechnungslegung vorbehalten bleibe.
Mit ihrer Klagebeantwortung legte die Beklagte die Transaktionslisten vor (Beilage ./1) und erwiderte, mangels eines vorprozessualen Aufforderungsschreibens werde die „kostenpflichtige Abweisung des Rechnungslegungsbegehrens iSd § 45 ZPO“ begehrt. Ferner beantragte die beklagte Partei auch die Abweisung des Leistungsbegehrens mit dem Vorbringen, wegen Inkohärenz des österreichischen Glücksspielmonopols müsse dieses unangewendet bleiben. Da die Beklagte über eine Glücksspiellizenz aus einem EU-Mietgliedstaat verfüge, sei das von ihr angebotene Glücksspiel zulässig.
Mit dem am 23. April 2024 eingebrachten vorbereiteten Schriftsatz (ON 5) schränkte der Kläger sein Rechnungslegungsbegehren auf Kosten ein, weil die Beklagte die verlangten Informationen zwischenzeitlich übermittelt habe, und bezifferte sein Leistungsbegehren mit EUR 3.763,32 samt 4 % Zinsen seit 10. Februar 2024.
In ihrer daraufhin eingebrachten Replik insistierte die beklagte Partei darauf, das Rechnungslegungsbegehren nicht veranlasst zu haben, sodass ihr diesbezüglich ein Kostenersatz gemäß § 45 ZPO zustehe.
In der vorbereitenden Tagsatzung stellte die Beklagte das Leistungsbegehren der Höhe nach außer Streit. Im Übrigen wurden die Schriftsätze vorgetragen und Urkundenerklärungen abgegeben und sodann die Verhandlung geschlossen.
Mit dem angefochtenen Urteilverpflichtete das Erstgericht die Beklagte, dem Kläger binnen 14 Tagen EUR 3.763,32 samt 4 % Zinsen seit 10. Februar 2024 zu zahlen und die mit EUR 3.003,55 bestimmten Prozesskosten zu ersetzen. Die Kostenentscheidung stützte das Erstgericht auf § 41 Abs 1 ZPO. Der Anwendung des § 45 ZPO für das Rechnungslegungsbegehren stehe entgegen, dass die Beklagte ausdrücklich die Abweisung der Klage beantragt habe. Es bleibe daher kein Raum dafür, die erfolgte Urkundenvorlage als schlüssiges Anerkenntnis zu qualifizieren. Daher seien auch Feststellungen zur Frage, ob eine Aufforderung zur Rechnungslegung ergangen sei, entbehrlich.
Gegen die Kostenentscheidung erhebt die Beklagte einen Kostenrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die erstinstanzliche Kostenentscheidung dahingehend abzuändern, dass dem Kläger ein Kostenersatz von EUR 283,46 (inklusive EUR 51,02 USt) auferlegt werde.
Der Kläger beantragt in seiner Kostenrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.
Der Kostenrekurs ist teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Soweit die Beklagte sekundäre Feststellungsmängel dazu releviert, dass sie vor dem Prozess nicht zur Übermittlung von Transaktionslisten aufgefordert worden sei, ist sie beschwerdefrei zu stellen. Der Kläger hat außer Streit gestellt, dass er vor Klagsführung die Beklagte nicht zur Übermittlung von Transaktionslisten aufgefordert hat (ON 5, Seite 9; § 266 Abs 1 ZPO). Dieser außer Streit stehende Sachverhalt ist der Entscheidung zugrunde zu legen (vgl Rassi in Fasching/Konecny 3§§ 182, 182a ZPO Rz 22 f; RS0121557).
In ihrer weiteren Argumentation meint die Beklagte, ihr käme infolge Erfüllung des Rechnungslegungsbegehren durch Vorlage vollständiger Transaktionslisten bei erster prozessualer Gelegenheit ein Kostenzuspruch nach § 45 ZPO zu.
Dazu ist auszuführen:
Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht über das Auskunftsbegehren, auch nach Klagseinschränkung auf Kosten, nicht durch Teilurteil entschieden, sondern, nachdem der Kläger seinen Leistungsanspruch sofort nach Vorlage der Transaktionslisten beziffert hat, ein Endurteil gefällt. In der vorbereitenden Tagsatzung wurde über das Leistungsbegehren verhandelt.
Wenngleich bei Entscheidung über das Rechnungslegungsbegehren mit einem Teilurteil grundsätzlich über die bisherigen Verfahrenskosten auf Basis der Bewertung des Rechnungslegungsbegehrens zu entscheiden ist (vgl Konecny in Fasching/Konecny 3II/1 Artikel XLII EGZPO Rz 129; M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3II/1 § 52 ZPO Rz 5, jeweils mwN), ist diese Judikatur mangels Fällung eines Teilurteils im vorliegenden Fall nur insoweit anzuwenden, als Verfahrensabschnitte zu bilden sind (vgl Obermaier Kostenhandbuch 4 Rz 1.197; M. Bydlinski, Kostenersatz im Zivilprozess, 457).
Im ersten Verfahrensabschnitt, das ist das Verfahren bis zum vorbereitenden Schriftsatz des Klägers ON 5, mit dem er nach Übermittlung der Transaktionslisten sein Rechnungslegungsbegehren auf Kosten eingeschränkt und sein Leistungsbegehren präzisiert hat, für den die Beklagte einen Kostenzuspruch nach § 45 ZPO reklamiert, haben alle Schriftsätze ein Vorbringen sowohl zum Auskunftsbegehren als auch zum Leistungsbegehren beinhaltet. Diese Schriftsätze können daher nicht allein dem Auskunftsbegehren zugeordnet werden (vgl dazu Obermaier Kostenhandbuch 4 Rz 1.197; M. Bydlinski, Kostenersatz im Zivilprozess, 457).
Eine Stufenklage gemäß Art XLII Abs 3 EGZPO stellt einen Fall einer objektiven Klagenhäufung dar (vgl Konecny in Fasching/Konecny 3II/1 Artikel XLII EGZPO Rz 129). Bei Klagenhäufung kann das sofortige Anerkennen iSd § 45 ZPO auch nur hinsichtlich einer von mehreren Forderungen erfolgen (vgl Obermaier Kostenhandbuch 4Rz 1.282). Das Erfordernis des sofortigen Anerkenntnisses entfällt dann, wenn der Beklagte (ausgenommen die Kostenforderung) sofort erfüllt hat (Obermaier in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-TaKomm§ 45 ZPO Rz 4). Die widersprüchliche Prozesserklärung der Beklagten, indem sie trotz Erfüllung des Auskunftsbegehrens die Abweisung des Rechnungslegungsbegehrens beantragt hat, schadet ihr daher nicht (vgl OLG Wien 3 R 71/24v).
Der Kläger hat in der Klage seinen Rechnungslegungsanspruch mit EUR 1.500,00 und das noch nicht bezifferbare Leistungsbegehren (unbeanstandet) mit EUR 15.000,00 bewertet (vgl Konecny in Fasching/Konecny 3II/1 Artikel XLII EGZPO Rz 114). Demnach entfielen auf das Rechnungslegungsbegehren nur rund 9% des Gesamtstreitwerts. Da die Aufteilungsgrundsätze des § 43 ZPO auch dort sinngemäß anzuwenden sind, wo zwar kein formelles Unterliegen des Klägers vorliegt, hinsichtlich eines Teils des Klagebegehrens aber die Voraussetzungen des § 45 ZPO gegeben sind (vgl M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3II/1 § 43 ZPO Rz 1 mwN), und das Rechnungslegungsbegehren keine besonderen Kosten veranlasst hat, gebührt dem Kläger für diesen Verfahrensabschnitt ein Kostenzuspruch auf Basis des bewerteten (und noch nicht bezifferten) Leistungsbegehrens. Da nur ein Tarifsprung bei den Kosten für die Klage, nicht jedoch auch bei der Pauschalgebühr gegeben ist, sind nur die Rechtsanwaltskosten für die Klage zu kürzen.
Im zweiten Verfahrensabschnitt ist der Kläger gänzlich durchgedrungen. Er hat auch die Kosten in diesem Abschnitt nach dem Rechtsanwaltstarif nicht überhöht verzeichnet.
Demnach ist dem Rekurs insoweit Folge zu geben, als der erstinstanzliche Kostenzuspruch an den Kläger um EUR 84,34 (darin EUR 14,04 USt) zu reduzieren ist.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 50, 43 Abs 2 ZPO, 11 RATG. Die Beklagte ist nur mit EUR 84,34 durchgedrungen also einem verhältnismäßig geringen Teil des Rekursstreitwerts von EUR 3.286,26. Sie hat daher dem Kläger seine Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.