10Bs100/24p – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Finanzstrafsache gegen A* B* und einen belangten Verband wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG idF BGBl I 14/2013 und einer weiteren strafbaren Handlung sowie Verantwortlichkeit nach dem VbVG über den Einspruch des Angeklagten A* B* und des belangten C* B* GmbH gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis vom 22. März 2024, 4 St 125/20z (= ON 191 in 9 Hv 33/24s des Landesgerichtes Ried im Innkreis), in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Dem Einspruch des belangten C* B* GmbH wird Folge gegeben und das Verfahren gegen diesen gemäß § 215 Abs 2 StPO eingestellt (§ 212 Z 1 StPO).
Dem Einspruch des Angeklagten A* B* wird teilweise Folge gegeben und das Verfahren in Ansehung der Einkommensteuer 2012 (Teil des Punktes I.c.) gemäß § 215 Abs 2 StPO eingestellt (§ 212 Z 1 StPO) sowie in Ansehung der Kapitalertragsteuer 2012 im Umfang des Faktums „D*“ (Teil des Punktes I.b.) gemäß § 215 Abs 3 StPO zurückgewiesen (§ 212 Z 3 StPO).
Im darüber hinausgehenden Umfang ist die Anklageschrift gegen A* B* rechtswirksam.
Text
begründung:
Rechtliche Beurteilung
Mit Anklageschrift vom 22. März 2024 legt die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis A* B* die Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 FinStrG (I.a., I.b., I.c. [2012]) und das Finanzvergehen nach §§ 13, 33 Abs 1 FinStrG (I.c. [2015]) idF (BGBl I 104/2010 und) BGBl I 14/2013 zur Last.
Demnach hat er im Amtsbereich des ehemaligen E*, nunmehr F* G*,
I. [..] vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht
a. als Geschäftsführer und damit für die abgabenrechtlichen Belange Verantwortlicher der B* GmbH, H*, I* (St.Nr. 41-128/7808, FN J*), durch Abgabe einer unrichtigen Ababenerklärung, indem die Pachtvorauszahlung für das Gasthaus „K*“ nicht im buchhalterischen Rechenwerk erfasst und in der Folge der Gewinn in der Körperschaftsteuererklärung 2012 in zu geringer Höhe angeführt wurde, mit der Erlassung des darauf beruhenden Steuerbescheides 2012 eine Verkürzung an Körperschaftsteuer 2012 in ** von EUR 21.810,00 bewirkt, sowie es unterlassen, bezüglich der diesbezüglich angefallenen verdeckten Gewinnausschüttung innerhalb einer Woche nach Zufluss eine Kapitalertragsteueranmeldung beim F* einzureichen und damit eine Verkürzung an Kapitalertragssteuer 2012 in Höhe von EUR 62.353,76, sohin insgesamt in Höhe von EUR 84.163,76 bewirkt, sowie
b. als Geschäftsführer und damit für die abgabenrechtlichen Belange Verantwortlicher [..] der B* GmbH, H*, I* (St.Nr. 41-128/7808, FN J*), eine Verkürzung an Kapitalertragsteuer bewirkt, indem er es unterlassen hat, bezüglich den aus den Prüfungsfeststellungen bei der L* GmbH auf die B* GmbH entfallenden verdeckten Gewinnausschüttungen jeweils innerhalb einer Woche nach Zufluss eine Kapitalertragsteueranmeldung beim F* einzureichen und damit Verkürzungen an
* Kapitalertragsteuer 2011 in Höhe von EUR 16.056,98
* Kapitalertragsteuer 2012 in Höhe von EUR 137.611,87
* Kapitalertragsteuer 2013 in Höhe von EUR 23.204,20
* Kapitalertragsteuer 2014 in Höhe von EUR 7.860,94,
sohin insgesamt in Höhe von EUR 184.733,98 bewirkt,
c. als Abgabepflichtiger (StNr 41-128/0506) durch die Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen 2012 und 2015, indem die Einkünfte aus Spekulationsgeschäften in den jeweiligen Steuererklärungen nicht angeführt wurden, sowie bezüglich 2012 die Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der Ausschüttung der deutschen B* M* GmbH nicht angeführt wurden, mit der Erlassung der darauf beruhenden Steuerbescheide 2012 und 2015 Verkürzungen an
* Einkommensteuer für 2012 in Höhe von EUR 73.701,00
* Einkommensteuer für 2015 in Höhe von EUR 45.101,00,
sohin in Höhe von insgesamt EUR 118.802,00 bewirkt, wobei es bezüglich 2015 beim Versucht geblieben ist.
Der belangte Verband sei für die unter I.a. und I.b. beschriebenen Straftaten des A* B* verantwortlich, weil er diese als Entscheidungsträger zu Gunsten des Verbandes und unter Verletzung diesen treffender Pflichten begangen habe.
Gegen diese Anklageschrift richtet sich der rechtzeitige Einspruch des Angeklagten und des belangten Verbandes.
Dem Einspruch des belangten Verbandes, der sich auf den Einwand der Verjährung stützt, kommt Berechtigung zu. Auch der Einspruch des Angeklagten ist teilweise im Recht.
Gemäß § 212 StPO steht einem Angeklagten gegen die Anklageschrift Einspruch an das Oberlandesgericht zu, wenn die ihm zur Last gelegte Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst ein Grund vorliegt, der die Verurteilung des Angeklagten aus rechtlichen Gründen ausschließt (Z 1), Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts trotz hinreichend geklärten Sachverhalts nicht ausreichen, um eine Verurteilung des Angeklagten auch nur für möglich zu halten und von weiteren Ermittlungen eine Intensivierung des Verdachts nicht zu erwarten ist (Z 2), der Sachverhalt nicht soweit geklärt ist, dass eine Verurteilung des Angeklagten nahe liegt (Z 3), die Anklageschrift sonst an wesentlichen formellen Mängeln leidet (Z 4) oder ein für die angeklagte Straftat sachlich oder örtlich nicht zuständiges Gericht anruft (Z 5 und 6), der nach dem Gesetz erforderliche Antrag eines hiezu Berechtigten fehlt (Z 7) oder die Staatsanwaltschaft das Verfahren zu Unrecht nachträglich gemäß § 205 Abs 2 StPO oder nach § 38 Abs 1 oder 1a SMG fortgesetzt hat (Z 8).
Dass die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, betrifft die Rechtsfrage, ob der angeklagte Lebenssachverhalt als prozessualer Tatbegriff – hypothetisch als erwiesen angenommen – unter den Tatbestand zumindest einer gerichtlich strafbaren Handlung zu subsumieren wäre. Allein eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Tat in der Anklageschrift verhindert nicht die Zulässigkeit der Anklage unter diesem Gesichtspunkt, sofern bei rechtsrichtiger Beurteilung nur irgendein anderer gerichtlicher strafbarer Tatbestand erfüllt ist. Auch in diesem Fall darf das Oberlandesgericht im Zuge seiner Einspruchsentscheidung die in der Anklage vorgenommene materiellrechtliche Subsumtion nicht ändern (vgl RIS-Justiz RS0097881; Birklbauer, WK StPO § 212 Rz 2 und 4).
In diesem Zusammenhang werfen die Einspruchswerber die Frage der Verjährung auf, was eine Verurteilung aus rechtlichen Gründen ausschließen würde.
Die Verjährungsfrist für Finanzvergehen beträgt nach § 31 Abs 2 FinStrG fünf Jahre und beginnt gemäß § 31 Abs 1 zweiter Satz FinStrG zu laufen, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Diese Regelung kommt zur Anwendung, wenn nicht auf einen Erfolgseintritt abzustellen ist, also auch wenn die Begehung eines Erfolgsdelikts im Versuchsstadium verbleibt. Davon abgesehen ist der Eintritt eines zum Tatbestand gehörenden Erfolgs für den Beginn der Verjährungsfrist maßgeblich. Diese beginnt aber nie früher zu laufen als die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgabe, gegen die sich die Straftat richtet (Anlaufhemmung).
Der Erfolg liegt im Finanzstrafrecht in der Regel im Bewirken einer Abgabenverkürzung. Mangels gesonderter Regelung im FinStrG ist für den Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist § 134 Abs 1 BAO heranzuziehen. Demnach endet die gesetzliche Erklärungsfrist (und beginnt die Strafbarkeitsverjährungsfrist nach dem FinStrG) für (ua) die Einkommen- und Körperschaftsteuer mit Ende des Monats April des jeweils folgenden Jahres. Erfolgt die Übermittlung – wie hier (vgl S 517 in ON 180) - elektronisch, so endet die Erklärungsfrist erst mit Ende Juni des folgenden Jahres. Bei Einkommen- und Körperschaftsteuer handelt es sich um bescheidmäßig festzusetzende Abgaben, sodass die Abgabenverkürzung (als Erfolg) mit Bekanntgabe des bezughabenden Bescheids bewirkt ist (vgl 13 Os 50/23m mwN). Beim Versuch der Abgabenverkürzung beginnt die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung zu laufen (vgl RIS-Justiz RS0118617). Die Kapitalertragsteuer stellt hingegen eine selbst zu berechnende Abgabe dar, sie ist mit der Nichtentrichtung binnen einer Woche ab Zufluss bewirkt (§ 96 EStG, § 33 Abs 3 lit b FinStrG).
Gemäß § 31 Abs 3 FinStrG tritt Verjährung nicht ein, wenn der Täter während der Verjährungsfrist ein vorsätzliches Finanzvergehen begeht, bevor auch für diese Tat Verjährung eintritt (Ablaufhemmung). Weiters wird gemäß § 31 Abs 4 lit b FinStrG in die Verjährungsfrist die Zeit, während der wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, bei Gericht, bei einer Finanzstrafbehörde oder beim Bundesfinanzgericht geführt wird, nicht eingerechnet (Fortlaufhemmung). Eine Unterbrechung der Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 Abs 4 lit b FinStrG in Bezug auf eine bestimmte Straftat setzt aber voraus, dass sich die ursächliche Verfolgungshandlung (auch) auf ebendiese Straftat bezogen hat. In Bezug auf gerichtlich zu ahndende Finanzvergehen beginnt zwar das Strafverfahren gemäß § 1 Abs 2 StPO iVm § 195 Abs 1 FinStrG, sobald Kriminalpolizei, Finanzstrafbehörde oder Staatsanwaltschaft zur Aufklärung des Verdachts einer Straftat gegen eine bekannte Person ermitteln oder Zwang gegen eine verdächtigte Person ausüben. Die Hemmung setzt jedoch erst dann ein, wenn das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft oder bei Gericht geführt wird (vgl hiezu 13 Os 50/23m, 13 Os 17/21f, RIS-Justiz RS0133841).
Fallkonkonkret ist die Zustellung des Bescheids betreffend die Körperschaftsteuer 2012 mit 26. September 2014 bekannt (ua S 145 in ON 174), sodass diesbezüglich eine Verjährung am 26. September 2019 eingetreten wäre. Die (zeitlich letzte) Einkommensteuer 2015 wurde innerhalb dieser Frist am 2. Oktober 2017 (S 517 in ON 180) elektronisch eingebracht, sodass eine Verjährung für sämtlich der in Rede stehenden Delikte grundsätzlich mit 2. Oktober 2022 eingetreten wäre, sollten sie bis dorthin nicht Gegenstand eines von der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht geführten Strafverfahrens gewesen sein.
Die am 7. Dezember 2015 gerichtlich bewilligte Anordnung der Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft am 10. Dezember 2015 (ON 4), welche am 31. März 2016 vollzogen wurde, betraf unter anderem A* B* als Beschuldigten und die Vergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG betreffend die Einkommensteuer und Körperschaftsteuer für die Jahre 2005 bis 2013, nicht aber 2015, sowie die Kapitalertragsteuer für die Jahre 2005 bis 2014, wobei sich der in der Anordnung geschilderte Sachverhalt (noch) nicht auf die B* GmbH bezog (vgl auch ON 47). Diese wurde erst im Laufe der weiteren Ermittlungen, jedoch innerhalb der Verjährungsfrist, einbezogen (vgl ua Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz vom 18. September 2018, 8 Bs 93/18k [ON 114]).
Dies gilt allerdings nicht für den Vorwurf der Abgabenhinterziehung im Zusammenhang mit der Einkommensteuer 2015, die seitens der Anklagebehörde erst im Rahmen der Anklageerhebung am 22. März 2024 aufgegriffen wurde. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch die Verjährungsfrist diesbezüglich bereits abgelaufen.
Gleiches gilt für die gegen den belangten Verband erhobenen Vorwürfe. Zwar weist die Steuerfahndung in ihrem Bericht vom 11. Mai 2015 (S 97 in ON 2) darauf hin, dass eine Verbandsverantwortlichkeit zu prüfen sein wird. Aus dem Akteninhalt sind hiezu jedoch keine Verfolgungshandlungen durch die Staatsanwaltschaft vor Anklageerhebung auszumachen (zum gesonderten Lauf der Fristen für die Verjährung der strafrechtlichen Verbandsveranwortlichkeit und für die der Strafbarkeit der Tat des Entscheidungsträgers vgl 13 Os 119/18a, RIS-Justiz RS0132555).
Mit Blick auf die eingetretene Verjährung ist daher das Verfahren gegen den belangten N* B* GmbH zur Gänze und hinsichtlich A* B* im Umfang der Einkommensteuer 2015 gemäß § 215 Abs 3 StPO (§ 212 Z 1 StPO) einzustellen.
Weiters steht dem Angeklagten gegen die Anklageschrift der Einspruch zu, wenn Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts trotz hinreichend geklärtem Sacherhalt nicht ausreichen, um eine Verurteilung des Angeklagten auch nur für möglich zu halten und von weiteren Ermittlungen eine Intensivierung des Tatverdachts nicht zu erwarten ist (§ 212 Z 2 StPO) oder der Sachverhalt nicht so weit geklärt ist, dass eine Verurteilung des Angeklagten naheliegt (§ 212 Z 3 StPO).
Um der Entscheidung des erkennenden Gerichts nicht vorzugreifen, kommt eine Verfahrenseinstellung durch das Oberlandesgericht nach Z 2 nur dann in Betracht, wenn es der Überzeugung ist, dass der Angeklagte der Tat keinesfalls überwiesen werden könne, dass somit Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts trotz eingehender Ermittlungen nicht ausreichen, bei lebensnaher Betrachtung eine Verurteilung auch nur (entfernt) für möglich zu halten. Dem Oberlandesgericht kommt gleichsam eine Missbrauchskontrolle nur in jenen Fällen zu, in denen die Staatsanwaltschaft anklagt, obwohl so gut wie überhaupt keine Verurteilungsmöglichkeit besteht. Ansonsten ist über die erhobenen Vorwürfe bei vorhandener Verurteilungsmöglichkeit in der Hauptverhandlung zu entscheiden (vgl Birklbauer aaO § 212 Rz 18 f).
Die Staatsanwaltschaft stützt die gegen A* B* erhobenen Vorwürfe unter Angabe von Fundstellen auf die Berichte des (nunmehr) O*, welche wiederum auf den Ergebnissen der abgabenbehördlichen Prüfungen bei der B* GmbH, der L* GmbH, aber auch A* B* und P* B* gründen (S 27 in ON 174). Dabei sind allem voran die aus Beteiligungen und Angehörigenverhältnissen resultierenden Firmenverflechtungen (vgl ua Darstellung S 19 ff in ON 174; Firmenbuchauszüge S 11 ff in ON 176 und S 9 ff in ON 178) zu beachten.
Richtig ist, dass sich die Abfassung der Anklageschrift auf die wortgleiche Übernahme der Ausführungen der Ermittlungsbehörde in ihren Berichten beschränkt, was letztlich dazu führt, dass – über Seiten - auch vom Anklagetenor nicht umfasste Schilderungen in die Anklageschrift Eingang gefunden haben. Auf diese wird daher, selbst wenn sich das Einspruchsvorbringen in Teilen auf diese bezieht, nicht weiter eingegangen werden.
A* B* hat bei den abgabenbehördlichen Prüfungen in keiner Weise mitgewirkt (ua S 29 und S 151 je in ON 174). Ebensowenig liegt eine Beschuldigteneinvernahme vor, wobei der Einspruchswerber in diesem Zusammenhang keine Verletzung des rechtlichen Gehörs ins Treffen führt und nicht zu erkennen gibt, dass er sich zu den Vorwürfen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hätte äußern wollen bzw seine Aussage als Beweismittel anbieten würde. Es kann daher auf keine Argumente seinerseits eingegangen werden.
Aufklärungsmängel, die das Erfordernis weiterer Ermittlungsschritte vor Anklageeinbringung bedingen würden (§ 212 Z 3 StPO), werden lediglich zum Faktum „D*“ betreffend die Kapitalertragsteuer 2011 (TZ 20) konkret vorgebracht und sind in diesem Umfang auch berechtigt:
Die diesem Vorwurf einer Abgabenverkürzung iHv EUR 4.115,88 (33% von EUR 12.348,00) zugrundeliegenden Annahmen stützen sich auf eine Schätzung der Betriebsprüfer, die lediglich auf dem Inhalt vorliegender Pachtvertragsunterlagen basieren. Weiterführende Beweisergebnisse zu allfälligen Zahlungen liegen indes nicht vor. Insbesondere liegen keine Aussagen der betreffenden Mieter, Q* D* und R* D*, dazu vor. Vielmehr wurde mit dem Einspruch als Beilage ./2 eine offensichtlich von Q* D* unterfertigte Erklärung an Eides statt vom 30. Jänner 2020 beigebracht, wonach von ihm – entgegen der Annahmen der Betriebsprüfer - keinerlei Zahlungen erfolgt seien. Hier wird zur Klärung des Sachverhaltes daher eine zeugenschaftliche Befragung des Genannten, gegebenenfalls auch des R* D*, zur Frage allfälliger Zahlungen und der näheren Umstände vorzunehmen sein, weshalb die Anklage in diesem Punkt zurückzuweisen war.
Andere Ermittlungsmaßnahmen noch vor Anklageerhebungen bieten sich ob der vorliegenden Prüfungsergebnisse nicht an und werden auch nicht vorgebracht. Die Rechtskraft abgabenrechtlicher Bescheide ist für die hier zu lösenden Beweisfragen hingegen unerheblich, zumal das Gericht an diese nicht gebunden ist, sondern eine eigenständige Prüfung vorzunehmen hat (vgl 12 Os 44/97).
Warum die Staatsanwaltschaft (auf Basis der plausiblen Ausführungen des O*) davon ausgeht, dass der B* GmbH ob des mit S* bestehenden Pachtverhältnisses im Jahr 2012 Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb in Form einer Pachtvorauszahlung iHv EUR 187.080,00 zuzurechnen seien (I.c.) und dieser Zufluss daher sowohl zu einer Verkürzung der Körperschaftsteuer 2012 (iHv 25% [zur konkreten Berechnung vgl Körperschaftsteuerbescheid und Nachforderung 2012 S 13 ff in ON 177]) als auch der Kapitalertragsteuer 2012 (iHv 33,33% [vgl Haftungsbescheid 2012 vom 21. Dezember 2022, S 23 ff in ON 177]) geführt habe, findet sich auf den S 7 ff der Anklageschrift samt zitierter Fundstellen. Im Hinblick auf die angeführten Unterlagen vermag die bloße Behauptung im Einspruch, dass es dessen ungeachtet nie zu einer Pachtvorauszahlung in Höhe von EUR 187.080,00 gekommen sei, den angenommenen Verdacht nicht zu entkräften.
Die tabellarische Aufstellung der die Kapitalertragsteuer der B* GmbH tangierenden Beteiligungserträge aus der L* GmbH auf S 16 f der Anklageschrift findet ihre weitere Erklärung, wenngleich damit kaum strukturiert, auf den S 25 ff der Anklageschrift. Demnach seien verdeckte Gewinnausschüttungen festgestellt worden, die in weiterer Folge anteilig bei der B* GmbH (98% Gesellschafterin der L* GmbH) anzusetzen seien. Den Prüfungsergebnissen zufolge sei davon auszugehen, dass die Erträge direkt A* B* bzw dessen Gattin P* B* bzw Familienangehörgen und daher im Ergebnis als Ausschüttungen dem Angeklagten und dessen Gattin (den Gesellschaftern der B* GmbH) zugeflossen seien.
Der für das Jahr 2011 genannte Verkürzungsbetrag an Kapitalertragsteuer iHv EUR 16.056,98 umfasst der Tabelle folgend neben dem das Faktum „D*“ betreffenden Betrag – wie auch in den Jahren 2012 und 2013 - weiters sich aus T* B* zuzuordnenden Verrechnungskonten (TZ 19) ergebende Beträge (Anklageschrift S 42 ff). Demnach für das Jahr 2011 33,33 % von EUR 35.827,77 sowie für die Jahre 2012 und 2013 jeweils 33,33% von EUR 17.913,88 (S 117 in ON 187). Die Ableitung, wonach mangels Geltendmachung der Forderung gegenüber der L* GmbH und gleichzeitigem Zuschuss weiterer finanzieller Mittel durch T* B* in deren Sanierungsverfahren von einem Forderungsverzicht auszugehen sei, erweisen sich als plausibel. Der werthaltige Teil wurde in Anlehnung an das Sanierungsverfahren mit 20% und der Zufluss entsprechend der Fälligkeit der Quoten als verdeckte Einlage angesetzt, weil an der 98% Gesellschafterin B* GmbH der Sohn A* B* und die Schwiegertochter P* B* des T* B* beteiligt sind (S 117 ff in ON 174). Von einer zivilrechtlichen Beurteilung, wie vom Einspruchswerber angesprochen, bleibt die Beweisfrage hingegen unberührt.
Der im Zusammenhang mit dem Verkauf der „U*“ (TZ 13) angenommene Differenzbetrag von EUR 400.000,00 ergibt sich aus dem im Kaufanbot vom 20. Dezember 2010 genannten Betrag von EUR 320.000,00 (S 249 ff in ON 178) im Verhältnis zum angenommenen wahren Wert der Immobilie. Dieser sei unter Berücksichtigung zweier Wertgutachten im Jahr 2008 (DI V* vom 11. August 2008 [S 160 ff in ON 178] und Mag. W* vom 8. Juli 2008 [S 182 ff in ON 178]) zuzüglicher zwischenzeitlich erfolgter Investitionen und Sanierungen zu ermitteln. Die so vorgenommenen Schätzungen durch die Betriebsprüfung, die somit einen (als „Kaufpreis“ bezeichneten) Wert von EUR 720.000,00 (ua S 194 in ON 185) zugrunde legen, sind insoweit nachvollziehbar. Abzüglich offener Salden aus Verrechnungskonten des T* B* iHv EUR 321.476,43 errechnet sich die daraus angenommene verdeckte Gewinnausschüttung bei der X* GmbH mit EUR 398.523,57, die mit EUR 390.553,10 der 98% Gesellschafterin B* GmbH zugerechnet wurde (ua S 81 f in ON 178). Diese Würdigung vermag die dem Einspruch als Blg ./1 angeschlossene Liegenschaftsbewertung zur Verkehrswertfeststellung der Abteilung für Immobilienanalyse der Y* (bereits) vom 19. Februar 2009, somit 3 ½ Jahre vor Annahme des Kaufanbotes durch T* B*, für sich allein nicht zu relativieren.
Die vom Einspruch nicht ausdrücklich kritisierten Annahmen der Anklageschrift S 31 f zu den (in TZ 13 weiters aufgelisteten) das Jahr 2013 betreffenden Investitionen iHv EUR 25.315,20 (davon 98% = EUR 24.808,90) stützen sich auf im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellte Leistungen, die der L* GmbH von der B* Holding GmbH für die „U*“ in Rechnung gestellt worden seien, obwohl T* B* das Kaufanbot schon mit 28. Dezember 2012 angenommen habe (S 258 in ON 178). Dieser müsse daher als wahrer Begünstigter der Leistungen angesehen werden, sodass sich eine weitere verdeckte Gewinnausschüttung ergebe (ua S 48 in ON 168). Gleiches gilt für die im Jahr 2014 festgestellten Instandhaltungskosten iHv EUR 2.466,50 betreffend die „U*“ (davon 98% = 2.417,17 [Anklageschrift S 32; vgl Kapitalertragsteuerbescheid 2014 vom 2. Februar 2023 (S 37 f in ON 177), S 49 in ON 168]).
Ebensowenig beeinsprucht wurden die, einmal mehr auf den Ergebnissen der Betriebsprüfungen (ua S 99 ff in ON 174 samt zitierten Unterlagen) gründenden, Sachverhaltsannahmen der Anklagebehörde zur als „**. Z*“ bezeichneten TZ 16 (S 33 ff der Anklageschrift) betreffend auf T* B* gebuchte (durch A* B* quittierte), aber auch nicht gebuchte Mieteinnahmen, weshalb diesen keine Argumente des Angeklagten entgegen stehen.
Zur die Jahre 2012 und 2013 tangierenden Vermietung des Lokales „K*“ (TZ 18) liegt die Niederschrift des BA* vom 12. Oktober 2017 vor, in welcher dieser angab, etwa drei bis vier mal EUR 1.500,00 bezahlt zu haben (S 6 ff in ON 187). Obschon ohne weitere Konkretisierung seiner Angaben der Hinterziehungsbetrag in diesem Zusammenhang möglicherweise zu reduzieren sein wird, so wirkt sich dies weder auf die Strafbarkeit des Verhaltens noch auf die eine gerichtliche Zuständigkeit nach § 53 Abs 1 FinStrG begründende Wertgrenze aus und ist daher unerheblich.
Die Erwägungen zur anklagegegenständlichen Einkommensteuer 2012 in Zusammenhang mit dem Liegenschaftsverkauf durch A* B* an die BB* GmbH im Jahr 2011 und einem daraus resultierenden Spekulationsgewinn werden auf den S 18 ff der Anklageschrift dargestellt und auf den Bezug habenden Akteninhalt hingewiesen. Hier stützen der Umstand, dass keinerlei Unterlagen für das behauptete Treuhandverhältnis zwischen A* B* und seinem Vater T* B* als Treugeber vor dem Erwerb der Grundstücke vorliegen, der Angeklagte grundbücherlicher Eigentümer war und die (mit 10. April 2012 beginnende) Mittelverwendung den angenommenen Verdacht (sh auch Einkommensteuerbescheid 2012 vom 31. Mai 2013 [S 493ff in ON 180] und Nachforderung mit Einkommensteuerbescheid 2012 vom 20. Dezember 2022 [S 499 ff in ON 180]; S 20 ff in ON 97, S 51 ff in ON 174 samt zitierten Unterlagen). Diesen Überlegungen setzt das Einspruchsvorbringen inhaltlich wiederum nichts entgegen.
Zur nicht erfassten Doppelzahlung einer Miete der BC* im Jahr 2012 iHv EUR 5.577,77 auf ein Konto des T* B* (ua S 58 in ON 168, S 101 in ON 178, S 355 in ON 186, S 32 f der Anklageschrift) und zu den sich unter TZ 1 auf die Kapitalertragsteuer 2013 auswirkenden Zahlungen aus dem zwischen der L* GmbH und den Pächtern Q* BD* und BE* BD* am 19. Februar 2013 vor dem Bezirksgericht Schärding abgeschlossenen Vergleich (S 25 ff der Anklageschrift [ua S 81 ff in ON 174, ZV BE* BD* vom 17. Mai 2017 [S 105ff in ON 175]) verweist der Einspruchswerber – wie auch zu TZ 18 (Vermietung „K*“) - jeweils pauschal auf eine im abgabenbehördlichen Verfahren eingebrachte Beschwerde vom 2. Juni 2020 und das in dieser erstattete Vorbringen. Aufgrund des angegebenen Falschzitates (S 734 ff in ON 176 existieren nicht) ist allerdings nicht ersichtlich, worauf konkret er sich diesbezüglich stützen möchte (vgl RIS-Justiz RS0124172), sodass sich das Vorbringen einer Erwiderung entzieht.
Zur subjektiven Tatseite ist abschließend festzuhalten, dass die Staatsanwaltschaft disloziert im Rahmen ihrer rechtlichen Erwägungen festhält, dass der Angeklagte langjährig als Geschäftsführer und Unternehmer tätig gewesen und daher mit steuerlichen Belangen bestens vertraut gewesen sei, was ausgehend von den äußeren Tatumständen ableiten lässt, dass A* B* das Bewirken von Abgabenverkürzungen (zumindest) jeweils ernstlich für möglich gehalten, sich aber damit abgefunden habe.
Inwieweit letztlich die Belastungsmomente in objektiver und subjektiver Hinsicht zu verifizieren sind und ausreichen, den Angeklagten im Sinne der Anklage zu überführen, muss dem erkennenden Gericht nach dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung vorbehalten bleiben, dem durch die Einspruchsentscheidung nicht vorzugreifen ist (§ 215 Abs 5 StPO).
Nach § 212 Z 4 StPO kann mit Einspruch ferner geltend gemacht werden, dass die Anklageschrift an wesentlichen formellen Mängeln leidet. Die Formverstöße müssen sich auf Grund des Verweises aus § 211 StPO ergeben. Sie können zB in der mangelhaften Bezeichnung des Beschuldigten (Z 1), der ihm vorgeworfenen Tat (Z 2) oder der mangelhaften Angabe des Gerichts, vor dem das Hauptverfahren stattfinden soll (Abs 2), aber auch in einem Begründungsmangel liegen (§ 211 Abs 2 aE [vgl Birklbauer aaO § 212 Rz22]).
Die vom Einspruchswerber kritisierte Bezeichnung der Tat, die den Prozessgegenstand bildet, dient deren Individualisierung. Es soll gewährleitstet werden, dass niemand wegen einer Straftat unter Anklage gestellt wird, die bereits Gegenstand eines anderen Strafverfahrens ist oder zu einer rechtskräftigen Erledigung geführt hat bzw umgekehrt, dass niemand wegen der unter Anklage gestellten Tat in einem anderen Verfahren verfolgt wird. Das Individualisierungserfordernis dient somit dem Ne-bis-in-idem-Grundsatz, der durch Art 4 EMRK-ZP 7 in Österreich formell verfassungsrechtlich verankert ist. Obwohl die angeklagte Tat nach dem Gesetzeswortlaut bereits im Anklagetenor ausreichend darzulegen ist, betrachtet die Praxis Tenor und Begründung als Einheit, sodass es zur ausreichenden Individualisierung genügt, wenn das als Verfahrensgegenstand zu betrachtende Geschehen in der Anklagebegründung erweitert oder überhaupt dargelegt wird. Es muss somit insgesamt in der Anklageschrift zum Ausdruck kommen, welchen Prozessgegenstand der Ankläger der tatsächlichen Klärung und rechtlichen Beurteilung durch das erkennende Gericht übertragen will. Dieser Prozessgegenstand muss vom Angeklagten aus objektiver Sicht erkennbar sein. Dabei schlagen Zweifel an der Erkennbarkeit des Prozessgegenstands zu Lasten des Anklägers aus (vgl Birklbauer aaO § 211 Rz 8 ff). Tatzeit, Tatort und Tatgegenstand verfolgen dabei keineswegs das Ziel, den Prozessgegenstand in allen Einzelheiten zu konkretisieren (vgl Birklbauer aaO § 211 Rz 18).
Im Sinne dieser Ausführungen ergibt sich aus der Anklageschrift samt deren Begründung hinreichend deutlich, dass sich die (verbleibenden) Vorwürfe – ausgehend von den Ergebnissen der Betriebsprüfungen - auf die Einkommensteuer 2012 betreffend A* B* resultierend aus dem Liegenschaftsverkauf an die BB* GmbH im Jahr 2011, die Körperschaftsteuer 2012 betreffend die B* GmbH resultierend aus der Pachtvorauszahlung iHv EUR 187.080,00, aber auch auf die Kapitalertragsteuer jeweils betreffend die B* GmbH für die Jahre 2011 resultierend aus Beteiligungserträgen der L* GmbH im Zusammenhang mit Verrechnungskonten des T* B* (TZ 19), 2012 resultierend aus der Pachtvorauszahlung iHv EUR 187.080,00 und Beteiligungserträgen der L* GmbH im Zusammenhang mit dem Verkauf der „U*“ (TZ 13), Mieteinnahmen „BF*straße Z*“ (TZ 16), Vermietung „K*“ (TZ 18) und Verrechnungskonten des T* B* (TZ 19), 2013 resultierend aus Beteiligungserträgen der Immoinvest im Zusammenhang mit Vergleichszahlungen „BD*“ (TZ 1), Investitionen „U*“ (TZ 13), Doppelzahlung BC* (TZ 15), Mieteinnahmen „BF*straße Z*“ (TZ 16), Vermietung „K*“ (TZ 18) und Verrechnungskonten des T* B* (TZ 19) sowie 2014 resultierend aus Beteiligungserträgen der L* GmbH im Zusammenhang mit der Instandhaltung der „U*“ (TZ 13) und Mieteinnahmen „BF*straße Z*“ (TZ 16), respektive dem Verschweigen der abgabenrelevanten Sachverhalte gegenüber dem Finanzamt, beziehen.
Ungeachtet der Tenorierung zu Punkt I.b. der Anklageschrift, ergibt sich dem Einspruchsvorbringen zuwider (auch in Zusammenschau mit der Anklagebegründung), dass A* B* die Verkürzung der Kapitalertragsteuer als Geschäftsführer der B* GmbH vorgeworfen werden soll. Die thematische Aufgliederung hinsichtlich der Kapitalertragsteuer 2012 unter Punkt I.a. und I.b. schadet hiebei nicht, zumal die Anklagebehörde nicht zum Ausdruck bringt, unter diesem Gesichtspunkt von zwei Finanzvergehen auszugehen.
Weitere Einspruchsgründe werden weder releviert noch sind solche auszumachen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Rechtsmittelbelehrung: