7Bs150/23t – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Gföllner als Vorsitzende, Dr. Ganglberger-Roitinger und Mag. Haidvogl über die Beschwerde des A* gegen den Beschluss der Einzelrichterin des Landesgerichts Wels vom 14. September 2023, 31 HR 227/23g-1.1, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Am 10. August 2023 beantragte A* unter Anschluss mehrerer Unterlagen zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen beim Landesgericht Wels (soweit hier relevant) die Bewilligung von Verfahrenshilfe in Form der Befreiung von den Kosten für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt zur Erstattung einer Strafanzeige gegen das Institut „Mobilis“. Dazu brachte er zusammengefasst vor, „Mobilis“ habe – offenbar bei der Regelung von Angelegenheiten in Zusammenhang mit seiner Ehescheidung (vgl ON 5) - ausschließlich Kontakt mit seiner Expartnerin gehabt, versucht so viel Geld wie möglich an diese weiterzuleiten und zu seinem Nachteil gelogen. Auch halte er es für wahrscheinlich, dass seine Expartnerin von ihm gestohlenes Geld dazu verwendete, die Arbeit von „Mobilis“ zu ihren Gunsten zu beeinflussen (ON 1.3).
Mit Beschluss vom 14. September 2023 wies das Erstgericht diesen Antrag zusammengefasst mit der Begründung zurück, es bestehe keine rechtliche Grundlage für die unentgeltliche Beigebung eines Rechtsvertreters zur Erstattung einer Strafanzeige, da es sich beim Antragsteller weder um ein Opfer im Sinne des § 66b Abs 1 StPO noch um einen Privatbeteiligten handle (ON 1.1).
Der dagegen vom Antragsteller fristgerecht erhobenen Beschwerde (ON 5) kommt keine Berechtigung zu.
Nach § 66b Abs 1 StPO ist bestimmten Opfern bzw Tatzeugen (neben psychosozialer auch) juristische Prozessbegleitung in Form der rechtlichen Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt zu gewähren, soweit dies zur Wahrung ihrer prozessualen Rechte unter größtmöglicher Bedachtnahme auf ihre persönliche Betroffenheit erforderlich ist. Prozessbegleitung steht den Anspruchsberechtigten bereits vor der Einbringung einer Strafanzeige bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens zu ( Kier in WK StPO § 66b Rz 16), ist jedoch nur für die im Gesetz genannten Gruppen von Opfern (bzw Tatzeugen) vorgesehen. Es handelt sich dabei um Personen, die durch eine vorsätzlich begangene Straftat Gewalt oder gefährlicher Drohung ausgesetzt, in ihrer sexuellen Integrität und Selbstbestimmung beeinträchtigt oder deren persönliche Abhängigkeit durch eine solche Straftat ausgenützt worden sein könnten (§ 66b Abs 1 lit a iVm § 65 Z 1 lit a StPO), den Ehegatten, den eingetragenen Partner, den Lebensgefährten, die Verwandten in gerader Linie, den Bruder oder die Schwester und sonstigen Unterhaltsberechtigten einer Person, deren Tod durch eine Straftat herbeigeführt worden sein könnte, oder andere Angehörige, die Zeugen der Tat waren (§ 66b Abs 1 lit a iVm § 65 Z 1 lit b StPO), Opfer terroristischer Straftaten nach § 278c StGB (§ 66b Abs 1 lit b StPO), Opfer von beharrlicher Verfolgung nach § 107a StGB, fortdauernder Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems nach § 107c StGB und Verhetzung nach § 283 StGB (§ 66b Abs 1 lit c StPO), Opfer von übler Nachrede nach § 111 StGB, dem Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung nach § 113 StGB, Beleidigung nach § 115 StGB und Verleumdung nach § 297 StGB, wenn auf Grund bestimmter Anhaltspunkte angenommen werden kann, dass eine solche Tat im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurde (§ 66b Abs 1 lit d StPO) und Minderjährige, die Zeugen von Gewalt im sozialen Nahraum waren (§ 66b Abs 1 lit e StPO).
Den genannten Personen ist juristische Prozessbegleitung nur auf ihr Verlangen zu gewähren. Dieses ausdrückliche Ersuchen ist an eine der zahlreichen Opferschutzeinrichtungen zu richten. Die Frage, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Gewährung vorliegen und diesem Ersuchen stattgegeben wird, ist in der Folge von den Opferschutzeinrichtungen selbst zu beantworten ( Kier in WK StPO § 66b Rz 10). Die Prozessbegleitung wird durch die jeweiligen Institutionen – und nicht nicht etwa durch die Gerichte und Staatsanwaltschaften – nach Prüfung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen gewährt. Eine Entscheidung eines Gerichts über die Prozessbegleitung ist selbst im Falle einer Ablehnung eines entsprechenden Antrags durch die Einrichtungen nicht vorgesehen. Die Gewährung von Prozessbegleitung iSd § 66b Abs 1 StPO ist und bleibt zusammengefasst alleinige Aufgabe der bewährten geeigneten Einrichtungen ( Kier in WK StPO § 66b Rz 22).
Jene Opfer von Straftaten, die den in § 66b Abs 1 StPO genannten Personengruppen nicht angehören, und denen somit eine Prozessbegleitung verwehrt bleibt, haben erst als Privatbeteiligte – und damit nach ihrer Erklärung, sich am Verfahren zu beteiligen (§ 65 Z 2 StPO) – einen von gewissen einschränkenden Prämissen abhängigen Anspruch auf Verfahrenshilfe durch unentgeltliche Beigebung eines Rechtsanwalts nach § 67 Abs 7 StPO ( Kier in WK StPO § 66b Rz 2). Zuständig für die Beigebung eines derartigen Verfahrenshilfevertreters ist das Gericht, das darüber mit Beschluss entscheidet (§ 67 Abs 7 letzter Satz iVm §§ 61 Abs 4, 62 Abs 1, Abs 2 und Abs 4, 63 Abs 1 StPO).
Mangels Anschlusserklärung in einem Strafverfahren handelt es sich beim Antragsteller um keinen Privatbeteiligten. Zur Stellung eines Antrags auf Gewährung von Verfahrenshilfe nach § 67 Abs 7 StPO ist er somit nicht aktivlegitimiert. Sollte sein Antrag als Ersuchen eines Opfers auf Gewährung juristischer Prozessbegleitung nach § 66b StPO zu interpretieren sein, so wäre das Gericht für dessen Prüfung (und damit auch für die Beurteilung der Frage, ob er einer der genannten Opfergruppen angehört) sowie eine daran anschließende Entscheidungsfindung unzuständig.
Die Zurückweisung des Antrags erfolgte somit zu Recht.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).