11Rs62/23a – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Richter Senatspräsident Dr. Robert Singer als Vorsitzenden, Mag. Herbert Ratzenböck und Dr. in Nora Wallner-Friedl in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , **, ** , ** B*, vertreten durch Adam Felix Rechtsanwälte KG in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vertreten durch ihren Angestellten Dr. E*, Landesstelle Salzburg, wegen Entziehung des Rehabilitationsgeldes, über den Kostenrekurs der beklagten Partei gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. Juni 2023, 15 Cgs 44/21p 67 (berichtigt mit Beschluss vom 11. Juli 2023, 15 Cgs 44/21p 69), in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
I. Die Rekursbeantwortung der klagenden Partei vom 9.8.2023 wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
II. Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Text
Die Klägerin verzeichnete für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskosten von insgesamt EUR 3.468,15.
Die Beklagte erhob dagegen innerhalb der Frist des § 54 Abs 1a ZPO keine Einwendungen.
Mit dem nur im Kostenpunkt angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die unterliegende Beklagte unter Verweis auf § 77 ASGG zum Ersatz aller von der Klägerin verzeichneten Prozesskosten.
Dagegen richtet sich der von der Klägerin beantwortete Kostenrekurs der Beklagten mit dem Abänderungsantrag dahin, die Beklagte nur zu einem Kostenersatz von EUR 1.625,47 zu verpflichten.
Der Kostenrekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Zurückweisung der Rekursbeantwortung:
Der Klägerin wurde der Kostenrekurs am 21.7.2023 zugestellt. Nach § 39 Abs 4 ASGG sind die Vorschriften über die Hemmung von Rechtsmittelfristen während der verhandlungsfreien Zeit nach § 222 ZPO in diesem Verfahren nicht anzuwenden, wodurch die 14-tägige Notfrist für die Rekursbeantwortung (vgl § 521a ZPO) am 4.8.2023 endete. Die Rekursbeantwortung wurde im elektronischen Weg am 9.8.2023 eingebracht.
Die Rekursbeantwortung ist daher als verspätet zurückzuweisen und hat die Klägerin aus diesem Grund deren Kosten selbst zu tragen.
II. Zum Kostenrekurs:
Der Rekurs moniert, dass die Schriftsätze vom 24.8.2021, 31.8.2021, 19.1.2022, 27.1.2022 und 30.5.2022 nicht vorliegen würden und insbesondere der Beklagten nicht zugestellt worden seien. Die Schriftsätze vom 6.7.2021, 24.8.2021, 19.1.2022, 30.6.2022 und 15.11.2022 seien statt nach TP 3A RATG nur nach TP 2 RATG zu honorieren und bestehe für die Zuerkennung vorprozessualer Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens keine Grundlage.
Dazu ist auszuführen:
1.1 Gemäß § 54 Abs 1a ZPO ist das am Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz dem Gericht zu übergebene Kostenverzeichnis gleichzeitig auch dem Gegner auszuhändigen, welcher dazu binnen einer Notfrist von 14 Tagen Stellung nehmen kann. Soweit der durch einen Rechtsanwalt vertretene Gegner gegen die verzeichneten Kosten keine begründeten Einwendungen erhebt, hat das Gericht diese seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.
Diese Bestimmung gilt gemäß § 40 ASGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren bei anwaltlicher Vertretung wie auch bei qualifizierter Vertretung im Sinn des § 40 Abs 1 Z 2 bis 5 ASGG ( Obermaier , Kostenhandbuch³ Rz 1.498).
1.2 Die Anordnung in § 54 Abs 1a ZPO, ein unbeeinspruchtes Kostenverzeichnis der Kostenentscheidung „zu Grunde zu legen“, steht zwar im Widerspruch zu § 41 Abs 1 ZPO, wonach das Gericht den Kostenersatzbetrag nach sorgfältiger Würdigung aller Umstände zu bestimmen hat. § 54 Abs 1a ZPO ist als lex posterior aber derogativ und setzt ein Regel-Ausnahme-Verhältnis fest, aus dem sich ergibt, dass die Prüfkompetenz in Bezug auf Unbeeinspruchtes eng auszulegen ist (RW0000817; hg 2 R 55/23f mwN).
1.3 Das Gericht hat aber unabhängig von allfälligen Einwendungen die Kostennoten auf Schreib- oder Rechenfehler sowie auf andere offenbare Unrichtigkeiten oder Gesetzwidrigkeiten zu überprüfen ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny³ § 54 ZPO Rz 25; Fucik in Rechberger/Klicka , ZPO 5 § 54 Rz 9). Darunter fallen jedenfalls leicht erkennbare gesetzwidrig und aktenwidrig verzeichnete Kosten ( M. Bydlinski aaO). Angesichts des klaren Rationalisierungs- und Dispositionsgedankens des Gesetzgebers sind die Fragen, nach welchem Tarifsatz eine Leistung zu verzeichnen ist und/oder ob diese für die Rechtsverfolgung oder -verteidigung zweckentsprechend und notwendig war, nur über entsprechende Einwendungen der Gegenseite aufzugreifen (RW0000817 [T1]; vgl auch hg 2 R 55/23f).
2. Entgegen den Rekursausführungen sind die Schriftsätze der Klägerin vom 24.8.2021, 31.8.2021, 19.1.2022, 27.1.2022 und 30.5.2022 im elektronischen Akt enthalten. Dass diese Schriftsätze der Beklagten nicht (im Wege der Direktzustellung gemäß § 112 ZPO) zugestellt worden und aus diesem Grund nicht zu honorieren seien, geht aus dem Akteninhalt nicht hervor und wäre daher jedenfalls einwendungspflichtig gewesen.
3. Ob die Schriftsätze der Klägerin vom 6.7.2021, 24.8.2021, 19.1.2022, 30.6.2022 und 15.11.2022 statt nach TP 3A RATG nach TP 2 RATG zu honorieren sind, wird jeweils der Tarifansatz und damit ebenfalls ein einwendungspflichtiger Umstand angesprochen. Mangels Erhebung von Einwendungen durch die Beklagte war das Erstgericht nicht zur Überprüfung verpflichtet und kommt aus diesem Grund auch eine Überprüfung im Rechtsmittelweg nicht in Betracht.
4. Ein Kostenersatz für ein wie hier von der Klägerin prozessbegleitend eingeholtes Privatgutachten ist entgegen den Rekursausführungen grundsätzlich möglich (vgl Obermaier aaO Rz 1.426). Die vom Rekurs zudem in diesem Zusammenhang relevierte fehlende sachliche Notwendigkeit betrifft hingegen wiederum einen einwendungspflichtigen Umstand. Insofern kann auf die vorhergehenden Ausführungen verwiesen werden.
5. Insgesamt war daher dem Kostenrekurs ein Erfolg zu versagen.
6. Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.