JudikaturOLG Linz

8Bs26/16d – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
07. März 2016

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch den Richter Dr. Bergmayr als Vorsitzenden, die Richterin Dr. Engljähringer und den Richter Mag. Koller in der Strafsache betreffend L***** S***** wegen Verdachts des Vergehens pornografischer Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 3 erster Satz StGB über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Linz gegen den Beschluss der Einzelrichterin des Landesgerichts Linz (im Ermittlungsverfahren) vom 22. Jänner 2016, 18 HR 223/15g-8, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Im hier vorangegangenen Ermittlungsverfahren hatte die Staatsanwaltschaft Linz den ***** geborenen L***** S***** des Besitzes pornografischer Darstellungen Minderjähriger im Sinn des § 207a Abs 3 erster Satz zweiter Fall StGB für verdächtig gehalten, weil ihm der gesondert verfolgte S***** B***** am 9. Mai 2015 in G***** ein pornografisches Video, in welchem die 16-jährige L***** H***** Selbstbefriedigungshandlungen vornehme, via WhatsApp auf sein Mobiltelefon gesandt habe. Dieses Ermittlungsverfahren stellte die Anklagebehörde am 10. Dezember 2015 angesichts des gänzlich unwiderlegten Erhebungsergebnisses, dass L***** S***** die unerbetene Videosequenz unverzüglich gelöscht habe, mangels Erweislichkeit eines Tatvorsatzes in Richtung § 207a StGB ein (S 3 in ON 1).

Gleichzeitig beantragte die Staatsanwaltschaft jedoch gemäß § 115 Abs 1 Z 3 und Abs 2 StPO die Beschlagnahme des Mobiltelefons des L***** S*****, da die Einziehungsvoraussetzungen nach § 26 StGB vorlägen (S 3f in ON 1). Dieses Begehren wies das Erstgericht mit dem nun angefochtenen Beschluss (ON 8) ab.

Dagegen wendet sich die Beschwerde der öffentlichen Anklägerin (ON 10), die – zusammengefasst – argumentiert: Dem mittlerweile eingelangten kriminalpolizeilichen Prüfbericht (ON 6) zufolge bedürfe es eines umfassenden Säuberungsverfahrens, um das inkriminierte Bildmaterial endgültig aus dem Datenträger des Mobiltelefons zu löschen. Das umstrittene Video sei also dort zumindest im Zweifel noch vorhanden. Von dem Gerät gehe deshalb aufgrund seiner besonderen Beschaffenheit als Speichermedium einer kinderpornografischen Datei nach wie vor die spezifische Gefahr aus, auf die § 26 StGB abstelle. Es könne nämlich nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bzw Gewissheit ausgeschlossen werden, dass nach Wiederherstellung des Videos neben L***** S***** auch Dritte, auf welche Art immer, in den Besitz des Mobiltelefons gelangten. Außerdem käme L***** S***** ab dem Zeitpunkt der Ausfolgung seines Mobiltelefons zwangsläufig selbst wieder in den strafbaren Besitz der inkriminierten pornografischen Darstellung. Die Tatsache, dass das Video mit hoher Wahrscheinlichkeit nach wie vor auf dem sichergestellten Mobiltelefon gespeichert sei, führe überhaupt zum Befund, dass das gesamte Gerät derzeit als Gegenstand anzusehen sei, dessen Besitz allgemein verboten ist. Das Erstgericht hätte daher mit Blick auf § 113 Abs 4 erster Satz StPO über den Beschlagnahmeantrag der Staatsanwaltschaft gar nicht entscheiden dürfen, sondern hätte diesen zurückweisen müssen. Beantragt werde in dem Sinn mit der aktuellen Beschwerde, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben und dem Erstgericht die Zurückweisung des Beschlagnahmeantrags der Staatsanwaltschaft Linz aufzutragen, in eventu in der Sache selbst zu entscheiden und den erwähnten Beschlagnahmeantrag zurückzuweisen. Dieses Rechtsmittel ist erfolglos.

Unumgängliche Gründe für die vorrangig begehrte – in der Strafprozessordnung als Ausnahme angelegte (§ 89 Abs 2a StPO) – Kassation des bekämpften Beschlusses lassen sich nicht erkennen. Insbesondere spricht § 113 Abs 4 StPO keinen Fall struktureller sachlicher Unzuständigkeit des Erstgerichts an. Das Rechtsmittelgericht sieht sich demnach primär (Fabrizy StPO12 § 89 Rz 3 mwN) aufgerufen, in der Sache zu entscheiden.

Unerörtert bleiben kann, ob sich im gegenwärtigen Ausgangssachverhalt, hinsichtlich dessen vorab auf die unkontroversiellen und unbedenklichen Feststellungen des Erstgerichts verwiesen wird, konkret mit Blick auf die im Schrifttum ausgetragene Debatte um die Ausgewogenheit der Schutzaltersgrenze (Philipp in WK-StGB² § 207a Rz 6 mwN; Messner/Seyfried Selfies – Sexting – Kinderpornographie? ÖJZ 2015/69, 500ff; Flora „Sexting“, Jugendpornografie und Darstellerschutz, Glosse zu OLG Innsbruck 6 Bs 309/14p iFamZ 2015/98, 120ff; Maier „Organisierte“ Kriminalität oder Ziviler Ungehorsam juridikum 2010, 46ff), gerade auch in Bezug auf „kinder“-pornografisches Bildmaterial des aktuell betroffenen Zuschnitts, eine Subsumtion der inkriminierten Videoaufnahme unter das Tatbild des § 207a Abs 4 Z 3 lit a StGB aus teleologischen Erwägungen anzweifeln ließe. Denn letztlich vermag jedenfalls die Beschwerdeargumentation zur Gefährlichkeitsprognose nicht zu überzeugen.

Entgegenzutreten ist nach Lage der Dinge nämlich dem Postulat der Rechtsmittelwerberin, die – indem sie Deliktstauglichkeit des einzuziehenden Gegenstands im Sinn des § 26 Abs 1 StGB und tatbestandsmäßige Besitzhandlung im Sinn des § 207a Abs 3 erster Satz zweiter Fall StGB vermengt – das hier sichergestellte Mobiltelefon mit einer gelöschten, mutmaßlich pornografischen Videodatei undifferenziert als Gegenstand betrachtet wissen will, dessen Besitz allgemein verboten sei, weshalb eine Ausfolgung an L***** S***** schon aus dem Grund nicht mehr in Betracht komme.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 26 Abs 1 StGB sind Gegenstände (unter anderem) dann, wenn sie der Täter zur Begehung der mit Strafe bedrohten Handlung verwendet hat oder wenn sie von ihm dazu bestimmt worden waren, bei Begehung dieser Handlung verwendet zu werden, einzuziehen, sofern dies nach der besonderen Beschaffenheit der Gegenstände geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen entgegenzuwirken. Gemäß Abs 2 erster Satz leg cit ist von der Einziehung abzusehen, wenn der Berechtigte die besondere Beschaffenheit der Gegenstände beseitigt, insbesondere indem er Vorrichtungen oder Kennzeichnungen entfernt oder unbrauchbar macht, die die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen erleichtern. Hat jedoch eine an der strafbaren Handlung nicht beteiligte Person auf den Gegenstand Rechtsansprüche und bietet sie Gewähr dafür, dass dieser nicht zur Begehung strafbarer Handlungen verwendet wird, darf er nicht eingezogen werden (Abs 2 zweiter Satz leg cit). Liegen also die Voraussetzungen des Abs 2 leg cit vor, so ist zwingend von der Maßnahme abzusehen (Ratz in WK-StGB² § 26 Rz 15f). Gewähr bedeutet hier nach dem eindeutigen Sprachgebrauch nicht bloß hohe, sondern an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, also praktische Gewissheit. Sie wird allerdings nur bezüglich strafbarer, nicht auch bloß strafbedrohter Handlungen verlangt (Ratz aaO Rz 16 mwH).

Tatbildlich nach § 207a Abs 3 erster Satz zweiter Fall StGB handelt, wer eine pornografische Darstellung einer mündigen minderjährigen Person besitzt. Nach den Materialien (AB 1848 BlgNR 18. GP 3) setzt die Tathandlung einen Bezug zu einem „körperlich fassbaren Gegenstand“ voraus; so erfüllt das Tatbild, wer eine zunächst nur im Arbeitsspeicher seines Datenverarbeitungsgeräts vorhandene bildliche Darstellung auf Diskette oder Festplatte abspeichert (und damit ein mögliches Objekt für unerlaubten Besitz oder unerlaubte Weitergabe schafft). Zudem kommt es auf eine tatsächliche unmittelbare Herrschaft über das Tatobjekt an (Auer/ Loimer ÖJZ 1997, 613ff mwN). Erfasst werden damit nach herrschender Ansicht auch Sachverhalte, in denen der Betreffende ungewollt, also ohne sein Zutun, etwa durch Fax oder per Internet, in den Besitz einer solchen Darstellung gelangt ist und er diese nicht vernichtet oder wegwirft (Hinterhofer in SbgKomm § 207a Rz 60 mwH; Philipp aaO Rz 20 mH). In Bezug auf Computerdateien wird deren dauerhafte Löschung für erforderlich erachtet; die bloße Verschiebung in eine Papierkorb-Speicherung reicht nicht aus (Hinterhofer aaO).

Der solcherart strafbare Besitz entspricht dem dogmatischen Modell eines Erfolgs-Dauerdelikts. Der Erfolg eines Besitzdelikts ist in jenem Zustand – im Sinn einer Beschreibung der tatsächlichen Beziehung einer Person zu einer Sache – zu sehen, den das Besitzen einer Sache wörtlich genommen ausmacht, also im Haben der Sache. Dieser Deliktserfolg wird gemeinhin als „Gewahrsam“ bezeichnet. Er ist vom „Besitz“ als strafbarem Verhalten – darf doch nur ein solches (und nicht ein Zustand) für strafbar erklärt werden – zu unterscheiden. Verdeutlicht wird damit gleichzeitig, dass nicht jedes Vorliegen von Besitz als Zustand zu einer Strafbarkeit wegen Besitzes führt. Aussagen des Inhalts, eine Sache besitze, wer daran Gewahrsam habe, sind insofern missverständlich, wenn man den strafbaren Besitz als Verhalten begreifen will. Sie setzen verkürzend den Besitz als Verhalten mit dem Besitz als Zustand gleich. Letzterer kann jedoch, soll dem Täter ein Verhalten vorgeworfen werden, so wie der Entzug der Fortbewegungsfreiheit bei der Freiheitsentziehung, nur der tatbestandsmäßige Erfolg sein. Das tatbestandsmäßige Verhalten besteht bei einem Besitzdelikt dann darin, dass Gewahrsam an einem Tatobjekt herbeigeführt oder aufrecht erhalten wird (vgl auch 12 Os 148/12z zu § 27 SMG). In Betracht kommt jedes objektiv sorgfaltswidrige Verhalten in Form eines Tuns oder eines Unterlassens, das für das Entstehen/Herbeiführen oder Aufrechterhalten von Gewahrsam kausal wird (Hochmayr Strafbarer Besitz von Gegenständen 53, 57 und 63f).

Gesonderter Prüfung bedürfen im gegebenen Zusammenhang naturgemäß die Fälle aufgedrängten Gewahrsams. Von einer Deckungsgleichheit von „Besitzen“ (im Sinn der inkriminierten Tathandlung) mit dem Zustand des Besitzes ist hier im Übrigen auch der Gesetzgeber des § 207a Abs 3 StGB selbst nicht ausgegangen, wie die Erläuterungen zur Strafbarkeit des Besitzes von Kinderpornografie zeigen (Hochmayr aaO 150 mH; AB 1848 BlgNR 18. GP 3: „Wer ungewollt in den Besitz pornografischer Darstellungen mit Unmündigen gelangt, wird sie vernichten oder sich ihrer sonst entledigen müssen, um sich nicht strafbar zu machen.“). Demnach hängt die Besitzstrafbarkeit (wegen Nichtaufgabe des Gewahrsams) davon ab, ob die Handlungspflicht des Betreffenden zufolge Ablaufs einer angemessenen Überlegungsfrist bereits eingesetzt hat (ausführlicher Hochmayr aaO 102ff mwN). Und jede Form der Gewahrsamsbeendigung beendet die Besitzstrafbarkeit oder lässt sie – bei rechtzeitiger Aufgabe von aufgedrängtem Gewahrsam – erst gar nicht entstehen (Hochmayr aaO 107).

Da das Gesetz für die aktuelle Konstellation nach § 207a Abs 3 StGB keine Handlungsanleitung für das gefragte Tun bietet, also nicht regelt, auf welche Weise der Gewahrsam aufzugeben ist, kommen als Alternativen zur Besitzentledigung durch Abgeben der besessenen Sache bei der Behörde, wie oben referiert, auch das Vernichten, das dauerhafte Unbrauchbarmachen oder das Wegwerfen in Betracht (Hochmayr aaO 109ff). Freilich muss die Entsorgung auf sichere Art und Weise geschehen. Denn es ist generell sozial inadäquat, Tatobjekte der Besitzdelikte so wegzuwerfen, dass sie ein anderer leicht finden kann. Es darf also objektiv nicht voraussehbar sein, dass ein anderer den verpönten Gegenstand entdeckt und an sich nimmt; widrigenfalls wäre die Risikoschaffung (im Sinn einer Beitragstäterschaft zum Besitz) rechtlich missbilligt. Zu betonen bleibt, dass die Tatobjekte der Besitzdelikte unter denselben Bedingungen, wie sie vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden dürfen, auf sichere Weise auch zum Abfall gegeben werden dürfen (Hochmayr aaO 118f).

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so deutet die Entfernung der Videosequenz aus dem Datenspeicher des Mobiltelefons in einer Gründlichkeit, die ein Aufrufen der gelöschten Daten selbst unter Zuhilfenahme zweier forensischer Wiederherstellungsprogramme nicht mehr zuließ (vgl S 3ff in ON 6), nach dem Dafürhalten des Beschwerdegerichts unzweifelhaft auf die Aufgabe des Gewahrsams an den mutmaßlich strafrechtsrelevanten Bilddarstellungen durch L***** S***** hin. Dessen allfällige Strafbarkeit wegen Besitzes – so sie nach dem Gesagten überhaupt entstehen konnte – endete jedenfalls auch objektiv bereits in diesem Zeitpunkt, und nicht erst mit der physischen Übergabe des Mobiltelefons an die Kriminalpolizei (vgl 13 Os 32/12y im Schuldspruch D.), weil der Beschwerdegegner nach dem Gesagten seiner Handlungspflicht vollständig nachgekommen ist. Dass hier subjektive Elemente bereits in die Beurteilung des objektiven Tatbestands mit einzufließen hatten, vermag an der Einschätzung nicht zu rütteln (Hochmayr aaO 83 und 148).

Gegen eine neuerliche Strafbarkeit des L***** S***** durch Ausfolgung des sichergestellten Mobiltelefons, wie dies die Beschwerdeführerin ventiliert, spricht ferner, dass es aufgrund der nachhaltigen Datenlöschung mittlerweile an einem geeigneten „körperlich fassbaren“ Tatobjekt fehlt. Die Pönalisierung des Gewahrsams an einer virtuellen Bilddarstellung, die auf dem Mobiltelefon ohne den speziellen Einsatz einer extern beizuschaffenden Datenrekonstruktionssoftware de facto nicht mehr abrufbar ist, liefe in letzter Konsequenz nämlich auf eine – mit dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Tat-Schuld-Prinzip unvereinbare – bloße Gedanken- oder Gesinnungsstrafbarkeit hinaus (Hochmayr aaO 138f und 149).

Die Gefährlichkeitsprognose in § 26 StGB stellt mitnichten darauf ab, ob die Ausfolgung eines potentiellen Einziehungsgegenstands wiederum zur Strafbarkeit des Besitzers führen müsste. In welchen Fällen die Einziehung geboten erscheint, ist vielmehr daran zu messen, ob ein Gegenstand besonders zur Begehung strafbarer Handlungen (welcher Art und Schwere auch immer) geeignet ist oder er deren Begehung zumindest erleichtert. Bezugspunkt für den solcherart geforderten Vergleich ist jede Art nicht strafgesetzwidriger Verwendung (Ratz aaO Rz 12 mH). In dem Sinn schöpft sich nach Lage der Dinge die spezifische deliktische Eignung des Mobiltelefons allein aus dem Umstand, dass – der forensischen Untersuchung des Datenträgers zufolge – aufgrund der Wirkungsweise von Löschprogrammen auf Handyspeichern oder Speicherkarten gelöschte Dateien für den Benutzer zwar nicht mehr sichtbar sind, sie sich jedoch physisch noch an einer bestimmten Position auf dem Datenträger befinden und sie erst durch ein späteres, zufällig erfolgendes Überschreiben dieser Position mit einer anderen Datei auch faktisch aus dem Speicher entfernt werden (S 5 in ON 6). (Nur) in dem Sinn ist der von der Beschwerdeführerin zitierte Rechtssatz (RIS-Justiz RS0121298) in Bezug auf die geforderte Deliktstauglichkeit des Gegenstands, dort am Beispiel von Mobiltelefonen, Laptops, Fotoapparaten, Festplatten oder anderen Datenträgern, auf denen etwa kinderpornografisches Bildmaterial gespeichert gewesen sei, zu verstehen (vgl auch 15 Os 76/07a; 13 Os 32/12y; 11 Os 78/12y). Wenn dazu in der einschlägigen Judikatur (RIS-Justiz RS0121299) die Forderung nach Unwiederbringlichkeit der (gelöschten oder zu löschenden) Dateien festgeschrieben wird, so sind damit ersichtlich jene Fallkonstellationen angesprochen, in denen die Beseitigung der besonderen Beschaffenheit nach Abs 2 erster Satz des § 26 StGB im Raum steht. Denn anders als in Abs 2 zweiter Satz leg cit reicht insoweit eine bloße Verpflichtungserklärung nicht hin (Ratz aaO Rz 15). Ist jedoch, wie hier, schon mangels Erfüllung des Tatbilds nicht indiziert, dass die Ausfolgung des Gegenstands Besitzstrafbarkeit des Gewahrsamsträgers auslöste, so ist allein noch zu prüfen, ob der an der strafbaren Handlung unbeteiligte Einziehungsgegner keine Gewähr dafür bietet, dass sein Mobiltelefon nicht zur Begehung strafbarer Handlungen verwendet wird.

Diese Einschätzung ist – den Rechtsmittelspekulationen zuwider – nach den Verfahrensergebnissen klar zu Gunsten des L***** S***** zu verneinen. Denn es fehlt beim unbescholtenen Beschwerdegegner, der das ungebeten erhaltene (mutmaßlich) strafrechtsrelevante Videomaterial ungesäumt derart effizient aus dem Datenspeicher löschte, dass eine Wiederherstellung (wie mehrfach erwähnt) auch mit Hilfe professioneller Forensikprogramme nicht gelang, an sachlichen Anhaltspunkten für die Annahme, sein Mobiltelefon werde künftig, konkret in Form tatbestandsmäßigen Sich-Verschaffens der gelöschten Dateien durch L***** S***** selbst oder durch einen späteren Täter eingesetzt, wobei letzterem – abermals durch nichts indiziert – überdies die Kenntnis unterstellt werden müsste, dass sich auf dem physischen Speicher allenfalls noch nicht überschriebene Dateien(fragmente) befinden könnten.

Die Intensität der geforderten Unwiederbringlichkeit ohnedies bereits gelöschter strafrechtswidriger Inhalte aus einem Mobiltelefon (das nach derzeitigem Verständnis als per se ungefährlich gelten darf: 15 Os 76/07a) muss sich mit Blick auf den anstehenden Grundrechtseingriff in fremdes Eigentum letztlich auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten einer allzu schematischen Prüfung entziehen, will man nicht ansonsten unerträgliche Wertungswidersprüche im Verhältnis zu jener Rechtsprechungspraxis heraufbeschwören, die mitunter sogar den erfolgreich als instrumenta sceleris verwendeten Gebrauchsgegenständen und Werkzeugen prinzipiell die deliktische Eignung versagt. Nicht recht einsichtig ist es nämlich, warum einem Küchenmesser, das an den, einer Körperverletzung schuldig erkannten Straftäter, oder einem Geißfuß, der wieder dem Einbrecher auszufolgen ist (vgl die Beispiele bei Ratz aaO Rz 13 mvN und Tischler in SbgKomm § 26 Rz 17f mwH), eine strukturell geringere Gefahr der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung anhaften sollte als einem Mobiltelefon, hinsichtlich dessen der an der Straftat unbeteiligte Besitzer das ungebeten erhaltene und sofort gelöschte (mutmaßlich) verbotene Bildmaterial nur mit Expertenwissen und unter Einsatz einer speziellen Software allenfalls teilweise wieder herstellen und abrufen könnte.

Da sich also zusammengefasst eine Einziehung nicht abzeichnet, fehlt es auch an der erforderlichen rechtlichen Basis für die von der Anklagebehörde begehrte Beschlagnahme.

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.

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