JudikaturOLG Linz

4R155/13m – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
04. Oktober 2013

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch Senatspräsident Dr. Wilhelm Jeryczynski als Einzelrichter in der Rechtssache der Antragstellerin Verlassenschaft nach *****E***** B*****, ***** vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in Enns, gegen den Antragsgegner Dr. G***** S*****, *****vertreten durch Mag. Josef Hofinger und Dr. Roland Menschick, Rechtsanwälte in Grieskirchen, wegen EUR 12.049,65 über den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 13. August 2013, 1 Nc 12/11t-30, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der Ausspruch nach § 2 Abs 2 GEG wird dahin abgeändert, dass die Parteien die aus Amtsgeldern entrichtete Sachverständigengebühr je zur Hälfte zu ersetzen haben.

Die Parteien haben ihre Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist nach § 62 Abs 2 Z 3 AußStrG jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin begehrt als Eigentümerin der Waldgebiete ***** vom Antragsgegner als Pächter und Jagdleiter des Jagdgebietes *****, zu dem die Waldgebiete der Antragstellerin gehören, den Ersatz von Wildschäden von EUR 12.049,65. Im Zuge des Verfahrens wurde DI Dr. G***** S***** zum Sachverständigen bestellt und ihm aufgetragen, zu den von der Antragstellerin behaupteten Wildschäden – aufbauend auf dem bereits erstellten Befund – ein Gutachten zu erstatten.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht die Gebühren des Sachverständigen mit EUR 2.693,00 bestimmt und gemäß § 2 Abs  2 GEG ausgesprochen, dass der Antragsgegner der Republik diese vorläufig aus Amtsgeldern auszuzahlenden Sachverständigengebühren dem Grunde nach in vollem Umfang zu ersetzen hat.

Ausschließlich gegen diesen Ausspruch richtet sich der Rekurs des Antragsgegners mit dem Abänderungsantrag, es möge bestimmt werden, dass die Antragstellerin die Kosten des Sachverständigen der Republik in vollem Umfang zu ersetzen habe. Bezüglich der Bestimmung der Sachverständigengebühr blieb der Beschluss unangefochten.

Die Antragstellerin begehrt mit ihrer Rekursbeantwortung die Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.

Die Revisorin hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist auf die – in der Rechtsprechung uneinheitlich beantwortete – Frage einzugehen, in welcher Besetzung das Rekursgericht über das Rechtsmittel zu entscheiden hat.

Gemäß § 8a JN entscheidet bei den Landes- und Handelsgerichten sowie bei den Oberlandesgerichten über Rechtsmittel gegen Entscheidungen über die Gebühren der Sachverständigen und Dolmetscher der Einzelrichter. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber das Verfahren straffen und richterliche Kapazitäten einsparen (vgl. RV 981 BlgNR 24. GP 66).

Der richterliche Ausspruch über die Ersatzpflicht der Parteien gegenüber dem Bund bei Inanspruchnahme von mehr als EUR 300,00 aus Amtsgeldern ist in § 2 Abs 2 GEG zwingend vorgeschrieben. Er ist damit Bestandteil der Gebührenbestimmung, und zwar unabhängig davon, ob er zugleich oder nach dem Gebührenbeschluss ergangen ist. Es kann daher keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass sich die Sondervorschrift des § 8a JN auch auf Rekurse gegen den Ausspruch nach § 2 Abs 2 GEG erstreckt.

Die in mehreren (veröffentlichten) Entscheidungen versuchten Lösungen überzeugen demgegenüber nicht.

Eine Entscheidung über ein und denselben Rekurs in zwei verschiedenen Besetzungen (LG Innsbruck 4 R 58/12a = RIS-Justiz RIN0100000; Krammer in Sachverständige 2012, 43) ist systemwidrig und führt zu einem Wertungswiderspruch: Die Entscheidung über die vorläufige Ersatzpflicht für eine Sachverständigengebühr kann nicht wichtiger sein als die Bestimmung dieser Gebühr selbst.

Eine Entscheidung über beides in Senatsbesetzung (OLG Linz 3 R 90/12v = RIS-Justiz RL0000125; LG Krems 2 R 6/12p = RIS-Justiz RKR0000201; LGZ Wien 48 R 356/11z = WR 1138) mag praktikabel erscheinen, widerspricht aber dem klaren Wortlaut des § 8a JN. Außerdem kann die Gerichtsbesetzung nicht davon abhängen, ob nur die Gebührenbestimmung oder auch der Ausspruch nach § 2 Abs 2 GEG angefochten wird.

Das Argument, das Rekursgericht müsse deshalb in Senatsbesetzung über diesen Ausspruch entscheiden, weil es sich dabei um eine Kostenentscheidung handle (OLG Wien 15 R 165/11m = RIS-Justiz RW0000721 = WR 1136; OLG Wien 13 R 234/11v = Sachverständige 2012, 42 Krammer), versagt ebenfalls. Aus den unter RIS-Justiz RS0114330 und RS0017282 gesammelten Entscheidungen lässt sich nur ableiten, dass der Oberste Gerichtshof eine Befassung mit solchen Rekursen auch nach der Neufassung des § 41 Abs 1 GebAG mit 1.1.1995 ablehnt. Für die Auslegung des § 8a JN lässt sich daraus nichts gewinnen.

Aus all dem folgt, dass das Rekursgericht über auch Rekurse gegen einen Ausspruch nach § 2 Abs 2 GEG unabhängig davon, ob er allein oder in Verbindung mit der Gebührenbestimmung angefochten wird, durch einen Einzelrichter zu entscheiden hat (OLG Wien 3 R 67/11m = WR 1137; LG Korneuburg 23 R 174/11t).

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

Im gerichtlichen Verfahren über Ansprüche auf Ersatz von Jagd- und Wildschäden ist gemäß § 77 Abs 1 Oö. JagdG das Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz sinngemäß anzuwenden. Dies bezieht sich nach ständiger Rechtsprechung auch auf § 44 EisbEG (RIS-Justiz RS0058085).

§ 44 Abs 1 EisbEG sieht vor, dass die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung, soweit sie nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen werden, vom Eisenbahnunternehmen (hier also vom Jagdberechtigten) zu bestreiten sind. Gem § 44 Abs 2 EisbEG hat der Enteignete im gerichtlichen Verfahren zur Feststellung der Entschädigung auf der Grundlage des von ihm ersiegten Entschädigungsbetrages Anspruch auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen, durch das Gerichtsverfahren verursachten Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung.

§ 44 Abs 2 EisbEG wurde erst nachträglich mit Bundesgesetzblatt Nr 297/1995 eingefügt; für das gerichtliche Verfahren sollte der Verfahrenskostenersatz (anders als bis dahin) nur mehr für den Fall des Obsiegens und im Verhältnis zum „ersiegten Entschädigungsbetrag“ zustehen (AB 149 BlgNR 19. GP 78). Damit ist aus der Literatur und Rechtsprechung vor diesem Zeitpunkt für die zu lösende Rechtsfrage nichts zu gewinnen.

Prozesskosten sind alle Aufwendungen, die die Parteien anlässlich der Prozessführung treffen; darunter fallen auch Sachverständigengebühren (vgl. Bydlinski in Fasching, Zivilprozessgesetze² Vor §§ 40 ff ZPO, Rz 1).

§ 44 Abs 2 regelt nur den endgültigen Ersatz, nicht aber die vorläufige Tragung von anfallenden Kosten. Es ist davon auszugehen, dass sämtliche Verfahrenskosten gleich zu behandeln sind. Da der Enteignete (der Waldeigentümer) nach dieser Bestimmung die ihm anfallenden Anwaltskosten vorläufig selbst zu tragen hat, sind auch die Sachverständigengebühren vorläufig von demjenigen zu tragen, der sie nach den allgemeinen Regeln vorzuschießen hat.

Gemäß § 2 Abs 1 GEG sind aus Amtsgeldern berichtigte Kosten im Sinne des § 1 Z 5 GEG nicht nur vom Beweisführer, sondern von denjenigen Beteiligten zu ersetzen, die sie veranlasst haben oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde. Diese Voraussetzung trifft aber hier nicht nur auf die Antragstellerin zu, sondern in gleicher Weise auf den Antragsgegner, weil die Klärung von Umfang und Höhe des entstandenen Wildschadens auch in seinem Interesse liegt. Dafür spricht auch die Tatsache, dass zwar die Antragstellerin das Gutachten im Prozess formell beantragt hat, der Antragsgegner sich in seinem Schriftsatz vom 4. Februar 2013 (ON 22) jedoch zum Gutachtensauftrag äußerte und diese Äußerungen auch teilweise in diesen Eingang fanden (ON 25).

Der Ausspruch nach § 2 Abs 2 GEG war daher in teilweiser Stattgebung des Rekurses dahin abzuändern, dass die aus Amtsgeldern entrichteten Sachverständigengebühren von beiden Parteien je zur Hälfte zu ersetzen sind.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 41 Abs 3 GebAG. Der angefochtene Ausspruch ist, wie oben dargelegt, Bestandteil des Gebührenbeschlusses.

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