JudikaturOLG Linz

9Bs108/13s – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
26. April 2013

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Dr. Winsauer als Vorsitzenden, Dr. Morbitzer und Mag a . Hemetsberger in der Strafsache gegen unbekannte Täter wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB über die Beschwerde des Rechtsschutzbeauftragten gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 20. März 2013, 9 HR 84/13a-10, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert , dass der Antrag der Staatsanwaltschaft Wels vom 20. März 2013 (S 2 in ON 1) auf Bewilligung der Anordnung der Auskunft über Vorratsdaten vom 19. März 2013 (ON 9) abgewiesen wird.

Gemäß § 89 Abs 4 StPO wird angeordnet, dass alle durch diese Ermittlungsmaßnahme gewonnenen Ergebnisse zu vernichten sind.

Text

Begründung:

Bei der Staatsanwaltschaft Wels ist zu 3 UT 44/13t ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter wegen seit Juni 2012 in Frankenmarkt zum Nachteil der E***** wiederholt verübter Einbruchsdiebstähle anhängig. Nach den bisherigen Ermittlungen der Landespolizeidirektion OÖ sei eine bislang unbekannte Tätergruppe jeweils zur Nachtzeit durch ein in den Maschendrahtzaun geschnittenes Loch in das Firmengelände der E***** eingedrungen, habe vermutlich mit einem Nachschlüssel die Garage geöffnet, Bünde von Kupferkabeln und Kabelrollen entwendet und diese zum Teil abtransportiert, wobei es in zwei Fällen beim Versuch geblieben sei. Der bisherige Gesamtschaden betrage EUR 15.726,26 (S 5 in ON 3). Nach den bisherigen Erkenntnissen stünden (soweit erkennbar) sieben solche Einbruchsdiebstähle wegen gleichartiger Tatausführungen im Zusammenhang mit derselben Tätergruppe, und zwar in drei Fällen im Tatzeitraum von 15. Juni 2012 bis 2. Juli 2012 (100 m Kupferkabel im Wert von EUR 2.000,00 sowie 528 m Kupferkabel im Wert von EUR 4.012,80 sowie ein Versuch); am 23. Juli 2012 (insgesamt 100 m Kupferkabel im Wert von EUR 3.141,46); zwischen 6. September 2012 und 12. September 2012 (48 Bünde Kupferkabel zu je 20 kg im Wert von EUR 4.890,00); am 24. September 2012 (16 Bünde Kupferkabel im Wert von EUR 1.682,00); am 15. Oktober 2012 (ein Versuch; ON 2 und ON 3).

Die Landespolizeidirektion OÖ regte zunächst die Erteilung einer Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung über Verkehrsdaten (§ 92 Abs 3 Z 4 TKG) einschließlich der Bekanntgabe der Stammdaten, der IMSI-Nummer und der Teilnehmernummer des durch die IMEI-Nummer gekennzeichneten Endgeräts betreffend die Zeiträume 16. Juli 2012, 1.15 Uhr bis 16. Juli 2012, 1.45 Uhr; 23. Juli 2012, 0.50 Uhr bis 23. Juli 2012, 1.30 Uhr; 24. September 2012, 0.30 Uhr bis 24. September 2012, 0.45 Uhr; und 15. Oktober 2012, 1.10 Uhr bis 15. Oktober 2012, 1.30 Uhr an (S 3 f in ON 3). Aufgrund des sich aus der Spurenauswertung und der Erhebungsergebnisse zeigenden modus operandi müsse man davon ausgehen, dass die Täter zum Tatzeitpunkt miteinander in telefonischen Kontakt getreten seien, weil die Täter arbeitsteilig vorgegangen seien und ein Komplize, erst wenn das gesamte Diebsgut bereit liege, mit dem Auto zufahre. Somit müssten sich die Täter im angegebenen Zeitraum in den für den Tatort zuständigen Funkzellen eingeloggt haben (S 5 in ON 3).

Die Staatsanwaltschaft Wels beantragte daraufhin beim Erstgericht die Bewilligung der Anordnung der Auskunftserteilung über Daten einer Nachrichtenübermittlung vom 6. März 2013 (ON 4). Mit Beschluss des Erstgerichts vom 7. März 2013 wurde diese Anordnung gemäß § 135 Abs 2 Z 3 StPO in Form einer Funkzellenauswertung (alle aktiven und passiven Gespräche) bewilligt (ON 6).

Aufgrund einer Auskunft der ermittelnden Behörde, wonach es sich laut einer Mitteilung des Mobilfunkanbieters O***** bei den gewünschten Daten schon um Vorratsdaten handle (ON 8), erließ die Staatsanwaltschaft Wels am 19. März 2013 eine Anordnung der Auskunft über Vorratsdaten gemäß § 135 Abs 2a StPO und beantragte beim Erstgericht deren Bewilligung (ON 9).

Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte das Erstgericht die Anordnung der Staatsanwaltschaft Wels vom 19. März 2013 auf Auskunft über Vorratsdaten (bei öffentlichen Telefondiensten einschließlich Internet-Telefondienst und Mobilfunknetzen) gemäß § 135 Abs 2a iVm Abs 2 Z 3 StPO in Form einer Funkzellenauswertung (alle aktiven und passiven Gespräche) für den begehrten Standort und die begehrten Zeiträume. Die Überwachungsmaßnahme sei zur Aufklärung der inkriminierten, vorsätzlich begangenen mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedrohten Straftat erforderlich, weil dadurch festgestellt werden könne, welche Rufnummern im angeführten Zeitraum im Bereich des Senderstandortes benützt worden seien, somit auch die von den unbekannten Beschuldigten benützten Mobiltelefonnummern. Nach Ermittlung dieser Rufnummern könne durch weitere rückwirkende Telefonüberwachungsmaßnahmen (Vorratsdatenerfassungen der Rufdaten und Standorte bzw Stammdatenanfragen) die Identität der verdächtigen Personen, deren Kontakte zu Dritten bzw deren Standorte ausgeforscht werden, was der Aufklärung der gegenständlichen Strafsache diene. In Anbetracht der Bedeutung der inkriminierten Straftat und des dafür vorgesehenen Strafrahmens sei die angeordnete Überwachungsmaßnahme auch nicht unverhältnismäßig, insbesondere weil nur jeweils ein sehr eng begrenzter Zeitraum überwacht werde, weniger eingreifende Maßnahmen stünden nicht zur Verfügung, um den angestrebten Erfolg zu erzielen (ON 10).

Die Staatsanwaltschaft Wels übermittelte aufgrund gerichtlicher Bewilligung die Anordnung der Auskunftserteilung über Daten einer Nachrichtenübermittlung betreffend der begehrten Zeiträume an die Netzbetreiber - abweichend vom angefochtenen Beschluss – mit folgendem Wortlaut: „Welche Anschlüsse waren Ursprung oder Ziel einer Kommunikation (Verkehrs- und Zugangsdaten), zusätzlich durch Bekanntgabe der Standortdaten, der Stammdaten sowie der IMSI-Nummern und der Teilnehmernummer des durch die IMEI-Nummer gekennzeichneten Endgeräts“ (ON 11).

Gegen den Beschluss des Erstgerichts vom 20. März 2013 richtet sich die Beschwerde des Rechtsschutzbeauftragten, mit der dieser primär begehrt, den Antrag der Staatsanwaltschaft Wels auf Bewilligung der Anordnung abzuweisen, in eventu (nur) hinsichtlich des Auskunftszeitraums betreffend den 16. Juli 2012 und den 23. Juli 2012. Dies seien Auskunftszeiträume, die durch die gesetzliche sechsmonatige Speicherfrist, zurückgerechnet vom Tag der Verfügung der Anordnungen der Staatsanwaltschaft vom 21. März 2013, nicht gedeckt seien. Nach dem zentralen Beschwerdevorbringen finde die Bewilligung der Anordnung einer Auskunft über Vorratsdaten in Form einer Funkzellenauswertung im Gesetz keine Deckung (ON 13).

Die Oberstaatsanwaltschaft Linz äußerte sich in ihrer Stellungnahme vom 17. April 2013 dahingehend, dass unter den Bedingungen des § 135 Abs 2 StPO Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung auch im Wege der Überwachung von Sendestationen begehrt werden könne. Gegenteiliges könne dem Gesetz nicht entnommen werden. Die in der Beschwerde angesprochenen Gesetzesmaterialien bezögen sich nicht auf die aktuelle Rechtslage.

Der Rechtsschutzbeauftragte argumentierte in seiner Gegenäußerung vom 25. April 2013 gegen die Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft.

Die Beschwerde ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten: Die Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung ist nach der Legaldefinition des § 134 Z 2 StPO die Erteilung einer Auskunft über Verkehrsdaten (§ 92 Abs 3 Z 4 TKG), Zugangsdaten (§ 92 Abs 3 Z 3a TKG), die nicht einer Anordnung gemäß § 76a Abs 2 StPO unterliegen, und Standortdaten (§ 92 Abs 3 Z 6 TKG) eines Telekommunikationsdienstes oder eines Dienstes der Informationsgesellschaft (§ 1 Abs 1 Z 2 des Notifikationsgesetzes). Eine Auskunft über Vorratsdaten ist gemäß § 134 Z 2a StPO die Erteilung einer Auskunft über Daten, die Anbieter von öffentlichen Kommunikationsdiensten nach Maßgabe des § 102a Abs 2 bis 4 TKG zu speichern haben und die nicht nach § 99 Abs 2 TKG einer Auskunft nach Z 2 unterliegen.

Gemäß § 135 Abs 2 Z 3 StPO ist eine Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung zulässig, wenn zu erwarten ist, dass dadurch die Aufklärung einer vorsätzlich begangenen Straftat, die mit Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bedroht ist, gefördert werden kann und aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dadurch Daten des Beschuldigten ermittelt werden können. Gemäß Abs 2a leg cit ist eine Auskunft über Vorratsdaten (§§ 102a und 102b TKG) in den Fällen des Abs 2 Z 2 bis 4 zulässig.

Staatliche Eingriffe in die Telekommunikation sind nicht nur an den einfachgesetzlichen Regelungen zu messen. Vielmehr ist der verfassungsrechtliche Rahmen zu beachten, der durch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 EMRK, den Schutz des Fernmeldegeheimnisses nach Art 10a StGG und das Grundrecht auf Datenschutz im Sinne des § 1 DSG abgesteckt wird. Sowohl die Inhaltsüberwachung als auch die Erhebung von Vermittlungsdaten des Kommunikations vorganges wie auch die Ermittlung von Standortdaten beim Mobiltelefon sind an Art 8 EMRK zu messen. Das bedeutet, dass diese Maßnahmen gesetzlich vorgesehen und im jeweiligen Einzelfall verhältnismäßig und notwendig sein müssen. Art 8 EMRK verlangt als Schutz vor willkürlichen Eingriffen eine gesetzliche Grundlage für die Überwachung. Diese Grundlage muss ausreichend zugänglich und präzise formuliert sein. Denn der Bürger muss die Konsequenzen seines Verhaltens absehen können. Außerdem muss dem von der Maßnahme Betroffenen eine wirksame Überprüfung des Eingriffes offenstehen (vgl Reindl-Krauskopf, WK-StPO § 134 Rz 21, 22 und 23 mwN).

Aber auch die Anführung der Grundsätze der Gesetz- und Verhältnismäßigkeit bei den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen stellt klar, dass diese Prinzipien für das gesamte Verfahren gelten (vgl dazu Fabrizy, StPO 11 § 5 Rz). Gemäß § 5 Abs 1 StPO dürfen Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht bei der Ausübung von Befugnissen und bei der Aufnahme von Beweisen nur so weit in Rechte von Personen eingreifen, als dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen und zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Jede dadurch bewirkte Rechtsgutbeeinträchtigung muss in einem angemessenen Verhältnis zum Gewicht der Straftat, zum Grad des Verdachts und zum angestrebten Erfolg stehen.

Die Anordnung (§ 101 Abs 2 StPO) sowie die Bewilligung (§ 105 StPO) der Überwachung von Nachrichten oder der Auskunft über Daten einer Nachrichtenüberwachung haben einen bestimmten Inhalt anzuführen. Nach § 138 Abs 1 StPO sind die notwendigen Angaben: Die Bezeichnung des Verfahrens; der Name des Beschuldigten; die Tat, deren der Beschuldigte verdächtig ist, und deren gesetzliche Bezeichnung; die Tatsachen, aus denen sich die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ergibt; Name oder sonstige Identifizierungsmerkmale des Inhabers der technischen Einrichtung, die Ursprung oder Ziel einer Übertragung von Nachrichten war oder sein wird (Z 1); die Art der Nachrichtenübertragung, die technische Einrichtung und das Endgerät (Z 3); und den Zeitpunkt des Beginns und der Beendigung der Überwachung (Z 4). Grundsätzlich sollen zwar alle Angaben gemacht werden. Doch handelt es sich nicht bei allen um einen zwingenden Inhalt. Zum zwingenden Inhalt gehören aber insbesondere die Bezeichnung der Tat, deren der Beschuldigte verdächtig ist, der Beginn und das Ende der Überwachung, Tatsachen zur Begründung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit sowie Tatsachen zur Begründung des Tatverdachts. § 138 Abs 1 Z 3 StPO verlangt neben der Art der Nachrichtenübermittlung (zB Funk, Fax, Sprachtelefonie, etc) auch Angaben zur technischen Einrichtung und zum Endgerät. Im Grunde handelt es sich hier um eine unnötige Verdoppelung der Begriffe. Der Begriff Endgerät stammt aus dem Telekommunikationsrecht. Nach § 3 Z 2 TKG 1997 war dies eine Einrichtung, die unmittelbar an die Netzabschlusspunkte eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes angeschlossen wird oder die mit einem öffentlichen Telekommunikationsnetz zusammenarbeitet und dabei unmittelbar oder mittelbar an die Netzabschlusspunkte eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes angebunden ist. Heute verwendet das TKG nicht mehr den Begriff Endgerät, sondern Telekommunikationsendeinrichtung. Gemeint ist aber im Grunde dasselbe. Denn eine Telekommunikationsendeinrichtung ist „ein die Kommunikation ermöglichendes Erzeugnis oder ein wesentlicher Bauteil davon, der für den mit jedwedem Mittel herzustellenden direkten oder indirekten Anschluss an Schnittstellen von öffentlichen Telekommunikationsnetzen bestimmt ist“ (§ 3 Z 22 TKG 2003). An beiden Definitionen zeigt sich deutlich, dass auch ein Endgerät eine technische Einrichtung ist, die Ziel oder Ursprung der Kommunikation sein kann und daher für die Überwachung bzw. Auskunft relevant ist (vgl Reindl-Krauskopf, aaO § 138 Rz 25 ff). Das Gesetz verlangt die Angabe der Einrichtung in der Bewilligung und Anordnung, an die aus technischer Sicht eine Überwachung iwS anknüpfen kann. Dazu muss diese Einrichtung freilich eindeutig identifiziert werden können. Beim Mobiltelefon erscheint es sachgerecht, die Einheit bestehend aus dem Telefongerät und der SIM-Karte als technische Einrichtung für eine Kommunikation anzusehen. Diese Sichtweise führt dazu, dass sowohl die Rufnummer als auch die IMEI- und die IMSI-Nummer in dem Moment des Gesprächs die technische Einrichtung als Ziel oder Ursprung einer Kommunikation kennzeichnen und daher zur Bezeichnung der technischen Einrichtung und des Endgeräts iSd § 138 Abs 1 Z 3 herangezogen werden können (Reindl-Krauskopf, aaO Rz 30 mwN).

Im Sinne des § 2 Z 4 der Überwachungsverordnung idF BGBl. II Nr. 559/2003 wird als Funkzelle der kleinste durch seine geografische Lage bestimmbare funktechnische Versorgungsbereich in einem Mobilfunknetz definiert. Gemäß § 90 Abs 8 TKG haben Anbieter von Mobilfunknetzen Aufzeichnungen über den geografischen Standort der zum Betrieb ihres Dienstes eingesetzten Funkzellen zu führen, sodass jederzeit die richtige Zuordnung einer Standortkennung (Cell-ID) zum tatsächlichen geografischen Standort unter Angabe von Geo-Koordinaten für jeden Zeitpunkt innerhalb eines sechs Monate zurückliegenden Zeitraums gewährleistet ist. Unter einer Standortkennung versteht man im Sinne des § 92 Abs 3 Z 6a TKG die Kennung einer Funkzelle, über welche eine Mobilfunkverbindung hergestellt wird (Cell-ID).

Eine gesetzliche Bestimmung für die Überwachung einer Funkzelle bzw Sendestation selbst, um - als Vorfrage - allenfalls ein auf einen Beschuldigten hinweisendes Ergebnis in Form einer diesem zuordenbaren Einrichtung zu erlangen, findet sich in der StPO (anders als in Deutschland, vgl § 100g Abs 1 iVm Abs 2 Satz 2 dStPO) jedoch nicht. So schon Reindl-Krauskopf: Durch die Anknüpfung der Überwachungsmaßnahmen in § 135 Abs 2 und 3 StPO an die technische Einrichtung, die Ursprung oder Ziel einer Übertragung von Nachrichten war oder sein wird, anstelle der Anknüpfung schlichtweg an (irgend) eine Fernmeldeanlage ist die Überwachung von Sendestationen ausgeschlossen (aaO Rz 31 mwN). In diesem Sinne weisen auch die Gesetzesmaterialien zum Strafrechtsänderungsgesetz 2002, mit dem insbesondere eine Anpassung der Begriffe an die Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes und der Überwachungsverordnung vorgenommen und die Zulässigkeit der sogenannten äußeren Rufdatenauswertung und der Standortfeststellung ausdrücklich geregelt werden sollten, darauf hin, dass die Definition des Teilnehmeranschlusses nach § 149a Abs 1 Z 3 StPO Sendestationen nicht erfasst. Denn Sendestationen sind nicht Ursprung oder Ziel der Telekommunikation, sondern nur in den Übertragungsweg technisch eingebundene Zwischeneinrichtungen (anders aufgrund geltenden Rechts EvBl 1998/191; EBRV 1166 BlgNR 21. GP 51). Die Sendestation ist keine technische Einrichtung, die Ursprung oder Ziel einer Kommunikation wäre (Reindl-Krauskopf, aaO Rz 31 mwN).

Den von Reindl-Krauskopf diesbezüglich auch am 18. Österreichischen Juristentag vorgetragenen Überlegungen, wonach eine Kommunikationsüberwachung, die an der Sendestation und nicht an einem konkreten Endgerät ansetzt, schon wegen des Fehlens einer gesetzlichen Grundlage in den Fällen des § 135 Abs 2 StPO unzulässig erscheine, ist beizupflichten. Zumindest aber erreicht die gesetzliche Grundlage nicht die aus grund- und verfassungsrechtlicher Sicht (siehe oben) gebotene Präzision (vgl Reindl-Krauskopf, 18. ÖJT, Band I/2, Referate und Diskussionsbeiträge). Der Umstand allein, dass – wie in der Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft Linz ausgeführt - dem Gesetz nicht ausdrücklich zu entnehmen ist, dass (im Sinne einer Einschränkung) Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung nicht auch im Wege der Überwachung von Sendestationen begehrt werden könne, lässt keinesfalls zwanglos darauf schließen, dass dies vom Gesetzgeber tatsächlich so beabsichtigt ist. In diese Erwägungen sind entgegen der Ansicht der Oberstaatsanwaltschaft die vom Beschwerdeführer zitierten Gesetzesmaterialien (siehe auch oben) durchaus einzubeziehen, weil die Bestimmungen über die Überwachung von Nachrichten doch gerade durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2002 eine relevante inhaltliche Änderung und Anpassung an das TKG erfuhren. Soweit der Beschwerdeführer § 7 Z 1 ÜKVO anspricht, der die Kosten einer Standortbestimmung für eine Funkzellenauswertung festlegt, sei ergänzend auf § 2 Z 1 ÜKVO (in der Form in Kraft seit 1. September 2009, BGBl. II Nr. 26172009 verwiesen. Demnach bedeutet eine Standortbestimmung im Sinne der Überwachungskostenverordnung die Ermittlung des aktuellen oder historischen geografischen Standorts der Telekommunikationsendeinrichtung eines Nutzers eines Telekommunikationsdienstes oder eines Dienstes der Informationsgesellschaft.

Es darf nicht übersehen werden, dass – insbesondere unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit - durch die begehrte Maßnahme alle Kommunikationsverbindungen erfasst werden, die im Erhebungszeitraum über die konkrete Sendestation laufen, weshalb eine restriktive Betrachtung geboten ist. Dabei kann in dieser Entscheidung der - durchaus erörterungswürdige - Einwand des Beschwerdeführers zur Erforderlichkeit bzw zur Eignung (arg Prepaid Handy) dahingestellt bleiben.

Zur Vollständigkeit wird auch auf die Überlegungen des Verfassungsgerichtshofs im Beschluss vom 28. November 2012, G 47/12 (Vorlage von Fragen an den EuGH betreffend die Vereinbarkeit von Bestimmungen der Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung mit der Grundrechte-Charta sowie die Auslegung des Datenschutzgrundrechts der Charta aus Anlass von Gesetzesprüfungsverfahren bezüglich der im Telekommunikationsgesetz 2003 enthaltenen Speicherungsverpflichtungen) verwiesen. Demnach erfasse die (hier auch relevante) Vorratsdatenspeicherung fast ausschließlich Personen, die keinerlei Anlass für die Datenspeicherung gegeben haben. Gleichzeitig werden sie - unabhängig von einer konkreten Ausgestaltung der Datenverwendung - durch den nationalen Gesetzgeber - notwendigerweise - einem erhöhten Risiko ausgesetzt sein, nämlich dass Behörden ihre Daten ermitteln, ihren Inhalt zur Kenntnis nehmen und sich damit über privates Verhalten solcher Personen informieren und diese Daten für andere Zwecke weiterverwenden (etwa als Folge der zufälligen Anwesenheit in einer bestimmten Funkzelle zu einem Zeitpunkt, der für Ermittlungen der Behörde relevant ist; S 18 f).

Zur gegenteiligen höchstgerichtlichen Judikatur (Der Begriff der Fernmeldeanlage umfasst sowohl die bei Übertragung im Funkweg die Signale umsetzenden Sendestationen als auch die zur Aussendung oder zum Empfang von Nachrichten dienenden Endgeräte; RIS-Justiz RS0110135, insb Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 17. Juni 1998 zu 13 Os 68/98, die die Zulässigkeit der Überwachung einer Sendestation bejahte) ist den diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Gegenäußerung beizupflichten. § 149a StPO idF BGBl. Nr. 526/1993 stellte bei der Zulässigkeit der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs ausschließlich auf die Anlage bzw konkret die Fernmeldeanlage ab.

Der Ausspruch über die Vernichtung aller durch diese Ermittlungsmaßnahme gewonnenen Erkenntnisse gründet auf § 89 Abs 4 StPO.

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).

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