JudikaturOLG Linz

3Ds2/12 – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
23. April 2013

Kopf

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz hat durch RidOLG Mag. Marc Koller als Vorsitzenden und die weiteren Mitglieder des Disziplinarsenats RidOLG Dr. Daniela Engljähringer und ADir Werner Gschwandtner in der Disziplinarsache gegen FOI G***** R*****, früher Leiter der Verwahrungsstelle beim Landesgericht Innsbruck, nach der am 23. April 2013 in Anwesenheit des Disziplinaranwalts Oberstaatsanwalt Mag. Harald Winkler, des Disziplinarbeschuldigten FOI G***** R***** und der Schriftführerin VB Margit Stallinger durchgeführten mündlichen Verhandlung am 23. April 2013 zu Recht erkannt:

Spruch

I. FOI G***** R***** ist schuldig, er hat als Leiter der Verwahrungsstelle des Landesgerichtes Innsbruck vom Jahr 2004 bis 31. März 2011 entgegen seiner Verpflichtung, Beweisgegenstände – insbesondere auch Suchtgifte und Suchtmittel – derart zu verwahren und abzusondern, dass ihr Verlust ausgeschlossen ist, ferner über die verwahrten Gegenstände geschäftsordnungsgemäße Aufzeichnungen zu führen und in Befolgung der entsprechenden gerichtlichen Verfügungen die Verwahrung zu beenden,

die faktische Unauffindbarkeit von Beweisgegenständen, namentlich Suchtgiften, bewirkt (Standblätter Nr 404/04, Nr 146/08, Nr 508/08, Nr 518/08, Nr 973/09, Nr 459/10, Nr 238/11),

die Unauffindbarkeit der Standblätter samt Beweisgegenständen bewirkt (Standblätter Nr 736/06, Nr 1054/07, Nr 1065/07, Nr 299/08, Nr 1291/09, Nr 327/10),

dem Auftrag zur kommissionellen Vernichtung von Beweisgegenständen nicht entsprochen (Standblatt Nr 550/08),

entgegen dem Vermerk über die Durchführung der endgültigen Vernichtung Suchtmittel und Suchtgiftutensilien weiterhin verwahrt (Standblätter Nr 649/06, Nr 167/07, Nr 937/07, Nr 938/07, Nr 1081/07, Nr 123/08, Nr 245/08, Nr 809/08, Nr 700/10, Nr 937/10, Nr 998/10) sowie

die Vernichtung von Beweisgegenständen nicht ordnungsgemäß dokumentiert (Standblatt Nr 415/07).

FOI G***** R***** hat hiedurch gegen seine Dienstpflichten nach § 43 Abs 1 BDG 1979, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen, und nach § 43 Abs 2 BDG 1979, in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, verstoßen und damit schuldhaft Dienstpflichtverletzungen iSd § 91 BDG 1979 begangen.

Gemäß § 126 Abs 2 iVm § 92 Abs 1 Z 2 BDG 1979 wird unter Anwendung des § 93 Abs 2 BDG 1979 über FOI G***** R***** die Disziplinarstrafe der

Geldbuße in Höhe von EUR 400,00

(in Worten: Euro vierhundert)

verhängt.

Gemäß § 117 Abs 2 BDG 1979 hat FOI G***** R***** einen Teil der Kosten des Verfahrens in Höhe von EUR 100,00 zu ersetzen.

II. Hingegen wird FOI G***** R***** von den weiteren Vorwürfen, er habe im angeführten Zeitraum auch zu den Standblättern Nr 966/04 und Nr 547/05 die faktische Unauffindbarkeit von Beweisgegenständen, namentlich Suchtgiften, bewirkt, und zu Standblatt Nr 649/04 übernommene Beweismittel (Suchtgift) nicht verzeichnet, ferner die jährlichen Standblattbereinigungen nach § 620 Abs 3 Geo nicht oder nur unzureichend vorgenommen sowie zu einem noch festzustellenden Zeitpunkt durch Entnahme von Kokain aus einer versiegelten Umhüllung und Weitergabe an M***** C***** vorschriftswidrig eine bislang unbekannte Menge Suchtgift einem anderen überlassen,

aus dem Grund des § 118 Abs 1 Z 2 BDG 1979

freigesprochen.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Aufgrund der Disziplinaranzeige des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 16. März 2012 (ON 1) und der Nachtragsdisziplinaranzeige vom 12. Juni 2012 (ON 5) samt Beilagen, des Personalaktes Pers 3-R-28 des Oberlandesgerichtes Innsbruck, der Bezugsauskunft (ON 12), der Stellungnahme des Präsidenten des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. Mai 2012 (S 3ff in ON 4), der Beschuldigteneinvernahme des FOI G***** R***** vom 22. Mai 2012 samt Beilagen (S 11ff, 19ff in ON 4), des Amtsvermerks des Präsidenten des Landesgerichtes Innsbruck vom 8. Februar 2012 samt Beilagen (ON 11), der ergänzenden Beschuldigteneinvernahme des FOI G***** R***** vom 12. Dezember 2012 (./f in ON 11), der Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren 8 St 164/11d der Staatsanwaltschaft Feldkirch sowie der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten in der mündlichen Verhandlung vom 23. April 2013 steht folgender Sachverhalt fest:

Der am 14. Juni 1963 geborene FOI G***** R***** ist geschieden, hat Unterhaltspflichten für zwei Kinder im Alter von 22 und 17 Jahren und erzielt ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 1.800,00. Im Zusammenhang mit seinem Einfamilienhaus treffen ihn Verbindlichkeiten in Höhe von EUR 180.000,00.

Der Disziplinarbeschuldigte trat am 11. April 1983 als Vertragsbediensteter in den handwerklichen Dienst beim Oberlandesgericht Innsbruck ein. Mit Wirkung vom 1. Juni 1986 wurde er mit der Funktion des Hausmeisters der Innsbrucker Gerichtsgebäude betraut. Mit Bescheid vom 16. Juni 1987 wurde er zum provisorischen Beamten der Verwendungsgruppe P 3, Dienstklasse III, ernannt; die Definitivstellung erfolgte per 1. Juli 1987. Am 2. März 1992 trat der Disziplinarbeschuldigte seinen Dienst als Kanzleileiter in der Verwahrungsstelle des Landesgerichts Innsbruck an. Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1995 wurde er gemäß § 254 BDG 1979 in die Besoldungsgruppe der Beamten des allgemeinen Verwaltungsdienstes (Verwendungsgruppe A 3, Funktionsgruppe 3) übergeleitet. Am 13. April 1995 absolvierte er die Gerichtskanzlei- und am 7. Dezember 1995 die Fachdienstprüfung mit Erfolg. Am 31. Mai 2010 legte er die Beamtenaufstiegsprüfung und am 2. März 2011 die Eignungsprüfung für den gehobenen Dienst jeweils erfolgreich ab. Bis zum 31. März 2011 fungierte FOI G***** R***** als Leiter der Verwahrungsstelle beim Landesgericht Innsbruck, in den letzten Jahren freilich nur mehr mit 70 % seiner Arbeitskapazität, weil ihm ab ca. 2002 weitere Aufgaben zugewiesen worden waren. So war er mit 25 % zunächst im Archiv, dann in der Inventar- und Materialverwaltung sowie mit 5 % als Sicherheitsvertrauensperson eingesetzt. Seit 1. April 2011 absolviert FOI R***** die Rechtspflegerausbildung für die Arbeitsgebiete Zivilprozess-, Exekutions- und Insolvenzsachen, zunächst beim Landesgericht Innsbruck und seit 4. Juli 2011 beim Bezirksgericht Telfs.

Seit 2004 bis 31. März 2011 kam FOI R***** in den im Spruch im Einzelnen genannten Fällen wiederholt durch nachlässige Arbeitsweise seiner Verpflichtung, die Amtsgeschäfte als Leiter der Verwahrungsstelle entsprechend den Vorgaben der Geschäftsordnung sorgfältig und gewissenhaft zu führen, nicht nach, sodass letztlich Beweisgegenstände aber auch Aufzeichnungen hierüber in Verstoß gerieten und in der Folge nicht mehr auffindbar waren, Aufträgen zur kommissionellen Vernichtung von Beweisgegenständen nicht entsprochen wurde und Beweisgegenstände, namentlich insbesondere Suchtgifte und Suchtgiftutensilien, trotz bestätigter Vernichtung faktisch weiterhin aufbewahrt wurden. Zwar ist nicht auszuschließen, dass neben dem Disziplinarbeschuldigten eine Reihe weiterer Gerichtspersonen Zugang zu den verwahrten Beweisgegenständen und den bezughabenden Aufzeichnungen hatten; jedoch ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass der Disziplinarbeschuldigte in den im Schuldspruch genannten Fällen die jeweiligen Beweisgegenstände (Suchtgifte) übernahm, die Standblätter hierüber anlegte und die jeweiligen Beweisgegenstände aus Anlass des jeweils bei ihm eingelangten Vernichtungsauftrags für das weitere, in der Geschäftsordnung vorgesehene Prozedere (Übergabe an die Vernichtungskommission) vorbereitete. Dabei ließ FOI R***** die ihm zumutbare Sorgfalt außer Acht, zu der er in seiner Eigenschaft als Leiter der Verwahrungsstelle verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen auch befähigt war, indem er es unterließ, hinreichend wirksame Kontroll- und Qualitätssicherungsmaßnahmen zu etablieren, die die faktische Unauffindbarkeit von Beweisgegenständen (sogenanntes "Verreihen" loser Kuverts mit Suchtgiften in einem Regal) und die unentdeckte Erfassung bzw Nichterfassung der in einer gerichtlichen Vernichtungsanordnung im ersten Fall nicht enthaltenen, im zweiten Fall enthaltenen Beweisgegenstände verhinderten. Vielmehr hielt er es zwar für möglich, durch die Beibehaltung der bestehenden Registrierungs-, Verwahrungs- und Vernichtungspraxis die beschriebenen Fehlleistungen zu verwirklichen, wollte diesen Zustand allerdings nicht herbeiführen.

Im angesprochenen Tatzeitraum wurde die Verwahrungsstelle des Landesgerichtes Innsbruck routinemäßig, vereinzelt aber auch unangemeldet, durch den Präsidenten des Landesgerichts und seitens der Zentralstelle überprüft. Dabei wurde dem Disziplinarbeschuldigten stets die tadellose Führung der Verwahrungsstelle bescheinigt, zumal die nur stichprobenartigen Überwachungsmaßnahmen keine Auffälligkeiten ergeben hatten.

Diese Feststellungen stützen sich auf die eingangs angeführten Beweismittel, insbesondere auf die letztlich geständige Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten in Verbindung mit dem äußeren Tatgeschehen. Insbesondere räumte der Disziplinarbeschuldigte unumwunden ein, als Leiter der Verwahrungsstelle, wenn auch teilweise aufgrund seiner Arbeitsüberlastung, der erforderlichen Kontrolle der Geschäftsgänge in der Verwahrungsstelle und möglichen Fehlerquellen zu wenig Augenmerk geschenkt zu haben. Auch sei er allein es gewesen, der die Suchtgifte von der Polizei übernommen, in den Standblättern registriert und archiviert habe (S 4 des Verhandlungsprotokolls vom 23. April 2013). Gleichermaßen habe stets er die zu vernichtenden Gegenstände zur Umsetzung der entsprechenden Gerichtsbeschlüsse vorbereitet (BV S 15f in ON 4). Aufgrund der regelmäßig großen Mengen an zu vernichtenden Suchtmitteln sei es dabei nicht üblich gewesen, dass die Vernichtungskommission die Richtigkeit und Vollständigkeit der vorbereiteten Beweisgegenstände umfassend kontrolliert hätte. Vielmehr habe er (FOI R*****) in der Regel bereits einige Tage vor dem geplanten Vernichtungstermin die Standblätter mit dem Vernichtungsstempel versehen und der Suchtmittelkommission übergeben; von dieser sei die Vernichtung mittels Unterschrift bestätigt worden; der Datumsstempel sei dann nach dem Vernichtungstermin auf dem jeweiligen Standblatt angebracht worden. Die Kommissionsmitglieder hätten ihrerseits nur stichprobenartige Kontrollen durchgeführt (BV S 147ff in ON 9 in 8 St 164/11d StA Feldkirch). Allein vor dem Hintergrund dieser vom Disziplinarbeschuldigten selbst freimütig eingeräumten Abläufe ist damit aber jedenfalls Fahrlässigkeit in Bezug auf die inkriminierten Unzukömmlichkeiten im Geschäftsgang der vom Disziplinarbeschuldigten geleiteten Verwahrungsstelle indiziert. Für die Annahme, dass dem Disziplinarbeschuldigten die Einhaltung der gebotenen Sorgfalt subjektiv nicht möglich oder unzumutbar und der Schadenseintritt für ihn subjektiv nicht vorhersehbar gewesen wäre, bieten die Verfahrensergebnisse keine Hinweise, war ihm doch nach der allgemeinen Lebenserfahrung insbesondere auch klar, dass die quartalsmäßigen Überprüfungen durch die Dienstvorgesetzten stets nur stichprobenartig erfolgen konnten.

Hingegen reichen die Beweise nicht aus, dem Disziplinarbeschuldigten zum einen auch betreffend die Standblatt-Nr 966/04, Nr 547/05 und Nr 649/04 schuldhafte Bearbeitungsfehler bei der Registrierung oder Lagerung der übernommenen Suchtgifte anlasten zu können, weil insoweit sein ausschließliches Gelegenheitsverhältnis nicht mehr zweifelsfrei ableitbar ist. Ähnlich das Ergebnis betreffend den Vorwurf, der Disziplinarbeschuldigte habe die jährlichen Standblattbereinigungen nach § 620 Abs 3 Geo nicht oder nur unzureichend vorgenommen: Seine Verantwortung, er habe die jeweils zuständigen Leiter der Gerichtsabteilungen regelmäßig um Verfügungen über die verwahrten Beweisgegenstände ersucht und damit die ihm aufgetragenen Handlungspflichten iSd § 620 Abs 3 Geo erfüllt, ist nach den gesamten Be weisergebnissen nicht zu widerlegen.

Was schließlich die inkriminierte Suchtgiftweitergabe an M***** C***** betrifft, stellte die Staatsanwaltschaft Feldkirch das (auch) wegen dieses Vorwurfs geführte Ermittlungsverfahren 8 St 164/11d gegen FOI G***** R***** am 14. August 2012 gemäß § 190 Z 2 StPO ein. Dem bezughabenden Abschlussbericht des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung vom 11. Februar 2012 (ON 9 in 8 St 164/11d StA Feldkirch) ist im gegebenen Zusammenhang zu entnehmen, dass im Licht der wenig glaubwürdigen, vielmehr den Verdacht der Verleumdung indizierenden Angaben des M***** C***** der Tatvorwurf nicht erhärtet werden konnte (dort S 1ff).

Rechtliche Beurteilung

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

Gemäß § 43 Abs 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Gemäß Abs 2 leg cit hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben durch einen Beamten kann dann nicht mehr als "treu" erachtet werden, wenn der Beamte fehlerhaft und nachlässig arbeitet. Vorliegend überschreitet die aufgetretene Häufung an Fehlern bei der geschäftsordnungskonformen Registrierung, Verwahrung und Vernichtung von Beweisgegenständen, namentlich insbesondere nicht mehr völlig unerheblicher Mengen an Suchtgiften über mehrere Jahre hin, mit Blick auf die Schlüsselposition, die dem Leiter einer gerichtlichen Verwahrungsstelle für die jederzeitige Greifbarkeit von Beweisgegenständen in Prozessen, aber auch die verlässliche Aufbewahrung etwa von konfiszierten Waffen oder von Wertsachen geschädigter Tatopfer und die amtlich garantierte Vernichtung von verbotenen Gegenständen zukommt, die Schwelle der disziplinären Erheblichkeit. Gleichermaßen sind die angelasteten Versäumnisse ihrem objektiven Inhalt nach geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben des Disziplinarbeschuldigten zu erschüttern, zumal es in rechtlicher Hinsicht darauf, ob das Verhalten des Beamten öffentlich bekannt wurde, nicht ankommt (VwGH 95/09/0153).

Die Dienstbehörde erlangte am 7. November 2011 durch Vorlage des Berichts der interimistischen Leiterin der Verwahrungsstelle VB R***** M***** vom 25. Juli 2011 Kenntnis von den FOI G***** R***** angelasteten Verfehlungen (S 17 in ON 1). Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz, bei der die daraufhin am 16. März 2012 erstattete Disziplinaranzeige des Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck am 23. März 2012 einlangte (S 1 in ON 1), beauftragte in der Folge am 26. April 2012 die Dienstbehörde mit ergänzenden Ermittlungen iSd § 123 Abs 1 BDG 1979 (ON 3).

Verfolgungsverjährung iSd §§ 118 Abs 1 Z 3, 94 Abs 1 Z 2 BDG 1979 liegt nicht vor, weil die über einen längeren Zeitraum wiederholt verabsäumte ordnungsgemäße Bearbeitung der Verwahrungsfälle eine tatbestandliche Handlungseinheit darstellt, sodass die dreijährige Frist (§ 94 Abs 1 Z 2 BDG 1979) erst mit Abschluss des letzten Teilaktes zu laufen beginnt (Kucsko-Stadlmayer Das Disziplinarrecht der Beamten4 68).

FOI G***** R***** hat daher schuldhaft Dienstpflichtverletzungen iSd § 91 BDG 1979 begangen.

Bei der Strafbemessung wurden das zur Wahrheitsfindung beitragende Geständnis des Disziplinarbeschuldigten und seine bisherige disziplinäre Unbescholtenheit als mildernd gewertet. Als erschwerend fielen demgegenüber die Faktenhäufung und der längere Tatzeitraum ins Gewicht.

Ausgehend vom Gewicht der Dienstpflichtverletzungen sowie unter Berücksichtigung der erwähnten Strafzumessungsgründe, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der persönlichen Verhältnisse des FOI G***** R***** ist die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von EUR 400,00 tat- und schuldangemessen. Mit Bedacht auf die tadelsfreie Vergangenheit des Disziplinarbeschuldigten ist die festgesetzte Sanktion ausreichend, aber auch – insbesondere aus generalpräventiven Bedürfnissen mit Blick auf die besondere Sensibilität der den Verwahrungsstellen bei Gericht obliegenden Aufgaben – erforderlich, um der Begehung gleich gelagerter Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken.

Im Hinblick auf den Verfahrensaufwand war FOI G***** R***** entsprechend seiner persönlichen Verhältnisse und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gemäß § 117 Abs 2 BDG 1979 der Ersatz eines Teils der Verfahrenskosten in Höhe von EUR 100,00 aufzuerlegen.

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gemäß §§ 105 Z 1, 106 BDG 1979 iVm § 63 Abs 3 bis Abs 5 AVG steht dem Disziplinaranwalt – der Disziplinarbeschuldigte hat noch in der Disziplinarverhandlung Rechtsmittelverzicht erklärt – das Recht zu, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Disziplinarerkenntnisses Berufung einzulegen. Die Berufung ist schriftlich, telegraphisch oder fernschriftlich bei der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz einzubringen. Die Berufung hat das Disziplinarerkenntnis zu bezeichnen, gegen das sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Eine rechtzeitig eingebrachte Berufung hat gemäß § 64 Abs 1 AVG aufschiebende Wirkung. Über die Berufung entscheidet gemäß § 97 Z 3 BDG 1979 die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt.

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