JudikaturOLG Linz

8Bs270/11d – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
27. September 2011

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch den Richter Dr. Bergmayr als Vorsitzenden und die Richterinnen Dr. Engljähringer und Mag.a Reinberg in der Strafsache gegen J***** K***** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche gegen das Urteil des Einzel richters des Landesgerichts Wels vom 9. März 2011, 13 Hv 158/10d-20, nach der in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Mag. Daxecker, der Privatbeteiligtenvertreterin MMag.a Dr. S***** und des Verteidigers Mag. D*****, jedoch in Abwesenheit des An geklagten durchgeführten Berufungsverhandlung am 27. September 2011 zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im eine Zahlungsverpflichtung des Angeklagten aussprechenden Um fang des Adhäsionserkenntnisses aufgehoben. Insoweit wird die Erklärung der M***** S*****, sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte anzuschließen, zurückgewiesen.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechts mittelverfahrens zur Last.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem vorliegenden, in seinen Schuld- und Strafaussprüchen nicht mehr bekämpften Urteil wurde J***** K***** der – auf einen Vorfall vom 15. April 2010 bezogenen – Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (Urteilsfaktum 1.1.) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (Urteilsfaktum 1.2.) und darüber hinaus eines weiteren – auf einen Vorfall vom 23. September 2010 bezogenen – Vergehens der Körper verletzung nach § 83 Abs 1 StGB (Urteilsfaktum 2.) jeweils zum Nachteil der M***** S*****, schuldig erkannt.

Der Erstrichter auferlegte dem Angeklagten nach § 369 Abs 1 StPO die Zahlung eines Schmerzengeldteilbetrags in Höhe von EUR 1.000,00 (EUR 500,00 hinsichtlich Pkt. 1.1. und EUR 500,00 hinsichtlich Pkt. 1.2. des Schuldspruchs) an M***** S***** (vgl auch S 10 in ON 19) und verwies die Privatbeteiligte mit ihren darüber hinausgehenden Ansprüchen in Höhe von EUR 2.000,00 auf den Zivilrechtsweg (§ 366 Abs 2 StPO).

Die gegen das Adhäsionserkenntnis gerichtete Berufung des Angeklagten (ON 25), mit der er in der Sache auf die Ausschaltung seiner Zahlungsverpflichtung abzielt, ist im Ergebnis erfolgreich.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 69 Abs 1 StPO kann der Privatbeteiligte einen aus der Straftat abgeleiteten, auf Leistung, Feststellung oder Rechtsgestaltung gerichteten Anspruch gegen den Beschuldigten geltend machen. Zwar ist die rechtliche Qualifizierung des Begehrens (iSd Benennung eines bestimmten Rechtsgrunds) nicht erforderlich. Beruhen die Ansprüche jedoch auf unterschied lichen tatsächlichen Voraussetzungen oder verschiedenen Rechtsgründen, so hat der Privat beteiligte sein Begehren längstens bis zum Schluss des Beweisverfahrens (§ 67 Abs 3 zweiter Satz StPO) nachvollziehbar aufzuschlüsseln und zu spezifizieren bzw zu individualisieren; globale Geltendmachung mit einer Gesamtsumme genügt hier nicht (Fabrizy StPO11 § 69 Rz 3 mH; RIS-Justiz RS0101170; EvBl 1979/165; vgl auch Korn/Zöchbauer in WK-StPO § 69 Rz 13). So muss beispielsweise der am Körper Verletzte, um einen Schmerzengeldanspruch schlüssig geltend zu machen, wie in einer Zivilklage konkrete Behauptungen über die von ihm erlittenen Schmerzen aufstellen und ein bestimmtes, beziffertes Zahlungsbegehren stellen. Die Forderung "so viel wie möglich" reicht nicht aus (Spenling in WK-StPO Vor §§ 365-379 Rz 50ff und 64 mwN).

Kommt der Privatbeteiligte seiner Konkretisierungspflicht nicht rechtzeitig nach, so ist seine Anschlusserklärung in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch im Strafurteil oder im Rechtsmittelverfahren, zurückzuweisen (§ 67 Abs 4 Z 3 StPO; 14 Os 30/09g; Spenling aaO Rz 51, 56 und § 366 Rz 21; 13 Os 107, 108/01).

Vorliegend erklärte die Privatbeteiligte bislang lediglich, sich “dem Strafverfahren mit einem Teilschmerzengeldbetrag in Höhe von EUR 3.000,00“ anzuschließen (S 8 in ON 19), ohne dabei in ziffernmäßiger Hinsicht (zumindest) zu erkennen zu geben, aus welchem der beiden unterschiedlichen Vorfälle sie den Zuspruch konkret welchen Betrags anstrebt. Ein hin reichend bestimmtes und entscheidungsreifes Begehren, das den dargelegten zivil(prozess) rechtlichen Anforderungen genügte, hat die Privatbeteiligte somit nicht zeitgerecht unter breitet: Dies verdeutlicht nach Lage des Falls schon die Tatsache, dass aus Sicht des Rechtsmittelgerichts auf Basis des bisherigen Antragsvorbringens der Privatbeteiligten für die

Überprüfung des bekämpften Zuspruchs nicht einmal verbindlich gesagt werden kann, wie hoch konkret ihr (Teil-)Schmerzengeldbegehren aus dem – nun allein noch ins Berufungs verfahren gezogenen – Vorfall vom 15. April 2010 überhaupt jemals war.

Eine Änderung der den Entscheidungsgegenstand bestimmenden Prozesserklärung der Privatbeteiligten in zweiter Instanz kommt jedoch nicht mehr in Betracht (Spenling aaO § 366 Rz 27; 13 Os 23/86).

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