JudikaturOLG Linz

8Bs187/11y – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
08. Juli 2011

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch den Richter Dr. Bergmayr als Vorsitzenden und die Richterinnen Dr. Engljähringer und Maga. Reinberg in der Strafsache gegen M***** G***** wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 1. und 4. Fall, 15 StGB über die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 5. Mai 2011, 11 Hv 208/09g-51, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

M***** G***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 13. Jänner 2010 zu 11 Hv 208/09g zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Gleichzeitig wurde die ihm vom Landesgericht Steyr zu 18 BE 112/08k hinsichtlich eines Strafrestes von drei Monaten und vier Tagen gewährte bedingte Entlassung widerrufen. In der Folge wurde ihm Strafaufschub gemäß § 39 Abs 1 SMG gewährt (ON 36), welcher anlässlich seiner neuerlichen Festnahme und Verhängung der Untersuchungshaft in einem anderen Verfahren gemäß § 39 Abs 4 Z 1 SMG widerrufen wurde, weil er bis dahin keine Anstalten gemacht hatte, sich einer stationären Suchtmittelentwöhnungstherapie tatsächlich zu unterziehen. In der Folge verbüßte der Verurteilte den erwähnten Strafrest zwischen 15. Juli und 19. Oktober 2010. Seither wird an ihm die 20-monatige Freiheitsstrafe vollzogen.

Mit am 3. Mai 2011 bei Gericht eingelangtem Schreiben beantragte der Verurteilte neuerlich Strafaufschub nach § 39 SMG. Mit Beschluss vom 5. Mai 2011 lehnte diesen das Erstgericht ab. Die dagegen vom Verurteilten erhobene Beschwerde ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 39 Abs 1 SMG ist bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ein Strafaufschub auch noch nach Übernahme in den Strafvollzug (§ 3 Abs 4 Strafvollzugsgesetz) mögilch. Diese Passage wurde in das Gesetz mit der SMG-Novelle 2007 aufgenommen. Der Grund hiefür war, wie in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich angeführt wird (Erläut. RV 301 BlgNr. 23. GP 28f), dass auf Basis der alten Gesetzeslage in der Praxis Schwierigkeiten aufgetreten waren, wenn sich der Angeklagte in Untersuchungshaft befunden und sich erst am Ende der Hauptverhandlung herausgestellt hat, dass die Voraussetzungen des § 39 SMG vorliegen könnten. Denn im Falle der Abgabe eines beiderseitigen Rechtsmittelverzichts ist der Angeklagte (nunmehr Verurteilte) mit der Rechtskraft des Urteils automatisch in Strafhaft zu nehmen (vgl. § 3 Abs 4 StVG). Da das zumeist eingeholte Sachverständigengutachten für die Beurteilung der Sucht des Verurteilten sowie für die Bestimmung der Art (und Form) der Maßnahme zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht vorliegt, kann vor der Überstellung in einen Strafvollzug eine Strafaufschubsentscheidung noch nicht gefällt werden. Nach der Überstellung in den Strafvollzug kann aber (eigentlich) nicht mehr von einem Aufschub des Strafvollzuges gesprochen werden. Auf Basis der alten Gesetzeslage erklärte der Oberste Gerichtshof § 39 SMG jedoch auch auf Fälle anwendbar, in denen der inhaftierte Angeklagte vor Einleitung des Vollzugs den Aufschubsantrag gestellt hat, über diesen Antrag aber wegen weiterer Erhebungen über das Vorliegen der Aufschubsgründe nicht sofort entschieden werden konnte und deshalb die Anordnung des Strafvollzugs gemäß § 7 Abs 3 StVG vorläufig gehemmt wurde. Der nunmehr Verurteilte, so der Oberste Gerichtshof, befindet sich zwar nicht mehr in Untersuchungshaft (die bis zur Entscheidung über den Aufschub dauernde Haft seine Strafzeit einzurechnen und als Strafhaft zu werten), aber auch noch nicht im Strafvollzug im engeren Sinn. Durch Aufnahme der Wortfolge „auch noch nach Übernahme in den Strafvollzug“ samt Verweis auf § 3 Abs 4 StVG solle, so die erläuternden Bemerkungen weiters, klargestellt werden, dass der Aufschub des Vollzugs bei Vorliegen der Voraussetzungen auch noch nach Übernahme in den Strafvollzug zu gewähren ist.

Daraus erhellt, dass mit der Ergänzung des § 39 Abs 1 SMG nicht eine Ausdehnung der Fälle, in welchen Strafaufschub gewährt werden kann, beabsichtigt war, sondern bloß die Rechtslage verdeutlicht werden sollte, welche sich auf Basis der alten Gesetzesformulierung unter Berücksichtigung der dazu ergangenen oberstgerichtlichen Rechtsprechung ergeben hat.

Dieses Ergebnis würde im Übrigen selbst unter Außerachtlassung der erwähnten unmissverständlichen erläuternden Bemerkungen aus der Formulierung „noch nach Übernahme...“ erzielt werden. Hätte der Gesetzgeber die Bestimmung für die gesamte Dauer des Strafvollzuges ungeachtet der Frage, ob eine entsprechende Antragstellung schon vor seinem Beginn erfolgt ist, anwendbar sehen wollen, hätte es keiner Hervorhebung der Übernahme in den Strafvollzug und der Erwähnung der bezughabenden Regelung im StVG bedurft, sondern wäre eine Anknüpfung an den Strafvollzug als solchen („auch noch während des Strafvollzuges“) zu erwarten gewesen. Davon abgesehen würde sich die Regelung bei einem so weiten Verständnis nicht mehr bloß als solche eines „Aufschubs des Strafvollzuges“, sondern auch als solche einer Unterbrechung desselben darstellen, wodurch sie in einem Spannungsverhältnis zur Überschrift der Bestimmung („Aufschub des Strafvollzuges“) stehen würde.

Das Beschwerdegericht teilt somit die Ansicht des Erstgerichtes, welches sich zutreffend auf Litzka/Matzka/Zeder, SMG² § 39 Rz 28f stützt (aM hg 10 Bs 361/09y; dazu indifferent, weil Beschwerden gegen die Ablehnung eines Aufschubes des Strafvollzuges nach § 39 SMG jeweils aus anderen Gründen nicht Folge gegeben wurde hg. 9 Bs 280/09d, 10 Bs 339/09p und 10 Bs 178/10p).

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zulässig.

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