JudikaturOLG Linz

12Ra91/10d – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
20. Oktober 2010

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Richter Dr. Elisabeth Nagele als Vorsitzende, Dr. Klaus Henhofer und Dr. Bernhard Prommegger in der Arbeitsrechtssache des Klägers T***** L*****, ***** vertreten durch Mairhofer Gradl, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beklagten R***** K*****, ***** wegen € 12.255,23 s.A. über den Kostenrekurs des Klägers gegen den Zahlungsbefehl des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 1.9.2010, 11 Cga 142/10g-2, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat seine Rekurskosten selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

B e g r ü n d u n g :

Mit der am 1.9.2010 eingebrachten Mahnklage begehrt der Kläger mit der Begründung, von 1.3. bis 31.5.2010 als Verkaufsleiter beim Beklagten beschäftigt gewesen zu sein, € 12.255,23 brutto an laufendem Bezug, davon € 496,46 brutto als Urlaubsersatzleistung. Der Kläger habe während des gesamten Arbeitsverhältnisses keinerlei Gehaltszahlungen erhalten; ebenso hafte die Urlaubsersatzleistung für 6,30 nicht konsumierte Urlaubstage aus.

Das Erstgericht hat den Zahlungsbefehl laut Klage erlassen, die Kosten aber nicht antragsgemäß nach TP 3, sondern nur mit € 1.019,24 nach TP 2 bestimmt, weil es sich um eine Klage auf Arbeitsentgelt handle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Kostenrekurs des Klägers mit dem Abänderungsantrag, die Kosten der Mahnklage (nach TP 3) mit € 1.388,84 zu bestimmen.

Der unbeantwortet gebliebene Kostenrekurs ist nicht berechtigt.

Der Kläger begründet die im Rekursverfahren begehrte Kostendifferenz von € 369,60 im Wesentlichen damit, dass die Berechnung des arbeitsrechtlichen Entgelts (und hier insbesondere der Urlaubsersatzleistung) regelmäßig einen erheblichen Aufwand erfordere. Dies gelte umso mehr, wenn vom Arbeitgeber - wie im vorliegenden Fall - keine ordnungsgemäße Lohnabrechnung erstellt worden sei. Die hier zu beurteilende Mahnklage enthalte neben der detaillierten Aufschlüsselung der einzelnen Ansprüche auch eine ausführliche Darstellung des Sachverhalts zur Begründung der geltend gemachten Forderung, sodass die Klage nicht bloß nach TP 2, sondern richtigerweise nach TP 3 zu entlohnen sei. Darüber hinaus stelle die Urlaubsersatzleistung eine Art bereicherungsrechtlichen Ausgleich dafür dar, dass der Arbeitgeber Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers in überproportionalem Ausmaß entgegen genommen habe; Bereicherungsklagen seien grundsätzlich nach TP 3 RATG zu honorieren.

All diese Argumente sind nicht stichhältig.

Rechtliche Beurteilung

Die anteilig gebührende Urlaubsersatzleistung stellt ein Entgelt für erbrachte Arbeitsleistungen dar; es handelt sich daher, auch wenn der Anspruch erst mit Beendigung des Dienstverhältnisses fällig wird, um einen Erfüllungsanspruch aus dem aufrechten Dienstverhältnis bzw. um einen vermögensrechtlichen Anspruch auf Erfüllung des in der Vergangenheit liegenden, noch offenen, bisher nicht erfüllten Urlaubsanspruchs (RIS-Justiz RS0028685; Reissner in ZellKomm § 10 UrlG Rz 6 mwN; 8 ObA 23/09d). Die Wandlung von einem Erfüllungs- zu einem Ersatzanspruch tritt erst dann ein, wenn aufgrund der Beendigungsform des Arbeitsverhältnisses während einer hintangesetzten fingierten Kündigungsfrist ein neuer Urlaubsanspruch entsteht, der sodann im Rahmen der Kündigungsentschädigung einen Schadenersatzanspruch darstellt (8 ObS 2215/96k; OLG Wien 29.11.2000, 7 Ra 344/00k mwN). Die im vorliegenden Fall ausschließlich für die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses geltend gemachte Urlaubsersatzleistung ist daher zweifelsfrei (beitragspflichtiges) Entgelt als Erfüllungsanspruch aus dem Dienstverhältnis.

Nur im Zusammenhang mit der Haftung nach § 6 AVRAG (9 ObA 17/04x, 9 Ob 17/04x, 2 Ob 16/09f) bzw. mit der Beurteilung des Urlaubsanspruches während der Freizeitphase im Rahmen eines Altersteilzeitmodells mit geblockter Arbeitszeit (8 ObA 23/09d) hat der Oberste Gerichtshof auch ausgeführt, dass die Urlaubsersatzleistung "eine Art bereicherungsrechtlicher Ausgleich" dafür sei, dass der Arbeitgeber Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers in überproportionalem Ausmaß entgegen genommen habe; diese Ausgleichsfunktion macht die Urlaubsersatzleistung aber noch nicht zu einem (echten) bereicherungsrechtlichen Anspruch, sondern es handelt sich dabei um einen - aus § 10 UrlG abgeleiteten - gesetzlichen Entgeltanspruch aus dem laufenden Dienstverhältnis.

Gegenteiliges kann auch nicht der vom Rekurswerber zitierten E OLG Linz 7.6.2010, 12 Ra 36/10s entnommen werden, deren Hauptbegründung für einen Kostenzuspruch nach TP 3 die ausführliche Darstellung des Sachverhalts in der Mahnklage war. Die an den Rechtssatz RIS-Justiz RS0119194 angelehnte Hilfsbegründung, wonach es sich bei der Urlaubsersatzleistung um eine Art bereicherungsrechtlichen Ausgleich handle, ist für sich allein nicht tragfähig, um einen Kostenersatzanspruch nach TP 3 zu begründen, sondern nur im Zusammenhang damit, dass eine kurze Darstellung des Sachverhalts im dortigen Fall nicht möglich war. Die Vorentscheidung des Rekursgerichtes kann daher nicht in der vom Rechtsmittelwerber gewünschten Art verallgemeinert werden, dass arbeitsrechtliche Entgeltklagen schon allein deshalb nach TP 3 RATG zu entlohnen wären, weil damit (unter anderem) auch eine Urlaubsersatzleistung für die Dauer des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses geltend gemacht wird.

Entscheidend für die Entlohnung einer Mahnklage auf Zahlung des für das aufrechte Dienstverhältnis gebührenden (laufenden) Entgelts nach TP 2 oder TP 3 ist nämlich stets, ob im Einzelfall - dem unmissverständlichen Gesetzeswortlaut entsprechend - eine kurze Darstellung des Sachverhaltes möglich ist. An der Möglichkeit einer solchen kurzen Darstellung kann im vorliegenden Fall - auch angesichts des tatsächlichen Vorbringens des Klägers - kein Zweifel bestehen, wird der geltend gemachte Anspruch hier doch ausschließlich darauf gestützt, dass der Kläger für die Dauer des Dienstverhältnisses keinerlei Gehaltszahlungen erhalten und den ihm gebührenden aliquoten Urlaub von 6,30 Tagen nicht konsumiert habe.

Die Berechnung der einzelnen Ansprüche wird nicht näher dargestellt, sondern die vorliegende Mahnklage beschränkt sich auf die bloße Aufzählung der einzelnen Ansprüche (laufendes Gehalt, Provision, Sonderzahlung, Urlaubsersatzleistung, BMSVG-Beiträge) und die Angabe des dafür jeweils begehrten Bruttobetrages.

Das Argument des Rekurswerbers, dass die Berechnung dieser arbeitsrechtlicher Ansprüche (insbesondere im Zusammenhang mit der Urlaubsersatzleistung) schwierig sei und zum Unterschied etwa von einer bloßen Saldoklage einen beträchtlichen Aufwand erfordere, ist nicht überzeugend: Bei einfachen Sachverhalten – wie im vorliegenden Fall – erweist sich nämlich auch die Berechnung des Entgelts in der Regel nicht als schwierig, sodass anhand bewährter Formeln die Höhe der einzelnen Ansprüche problemlos ermittelt werden kann. Davon ist offenkundig auch der Gesetzgeber bei Aufnahme der arbeitsrechtlichen Entgeltklagen in den Katalog der Tarifpost 2 ausgegangen; es kann ihm jedenfalls nicht unterstellt werden, die Notwendigkeit der Berechnung der in der Praxis üblichen Entgeltansprüche nicht bedacht zu haben. Wenn das RATG derartige Klagen aus dem Arbeitsverhältnis tarifmäßig auf eine Stufe etwa mit Saldoklagen oder Klagen aus dem Bestandsverhältnis stellt, ist von dieser Wertung des Gesetzgebers auszugehen.

Aus diesen Gründen muss der Kostenrekurs erfolglos bleiben, sodass der Kläger die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels gemäß §§ 50, 40 ZPO selbst zu tragen hat.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

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