JudikaturOLG Linz

700Jv36/25a – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
29. Januar 2003

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Moser und die Richterinnen Dr. Eva-Maria Mayrbäurl und Dr. Hildegard Egle in der Rechtssache der klagenden Partei A* Handelsgesellschaft mbH, **, **straße **, vertreten durch Dr. Peter Rosenthal, Rechtsanwalt in Salzburg, dieser vertreten durch Dr. Gerald Seidl, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei B* GmbH, **, **straße **, vertreten durch Dr. Johann Essl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen € 14.534,57 s.A., über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 30.9.2002, Cg*-8, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit € 1.216,20 (darin € 202,70 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die klagende Partei begehrte zunächst Zahlung von S 200.000,-- s.A. (= € 14.534,57 s.A.) aufgrund der Rechnung vom 28.6.2000 und behauptete, die beklagte Partei schulde ihr den Klagsbetrag aufgrund des von ihr angenommenen Angebotes vom 22.11.1999 über die Lieferung einer Standardvertriebssoftware C*.

Die klagende Partei behauptete in der Folge, die D* AG, als deren Vertreter E* stets aufgetreten sei, habe die Forderung an sie als österreichische Partnerfirma zediert (ON 7/21).

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und bestritt (nach Widerruf der in der Klagebeantwortung erfolgten Außerstreitstellung eines zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrages) die Aktivlegitimation der klagenden Partei. Sie habe den Vertrag mit E* abgeschlossen. Die D* AG und die klagende Partei seien lediglich die Zahlungsempfängerinnen zweier Teilzahlungen gewesen (ON 7/19). Die beklagte Partei bestritt das zur Zession erstattete Vorbringen der klagenden Partei (ON 7/22), anerkannte die Echtheit der Zessionsurkunde (Beilage./E) und verwies zu deren Richtigkeit auf das eigene Prozessvorbringen.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab. Es traf auf den Seiten 4 - 6 der Urteilsausfertigung folgende für die Entscheidung des Rechtsmittels relevante Feststellungen:

Als Ergebnis der Präsentation einer EDV-Software bei der beklagten Partei erstellten E* und F* G* an die beklagte Partei das schriftliche Angebot vom 22.11.1999 (...). Das Angebot enthält folgende Aufschrift: "D* AG, **straße **, FL- **, Vertretung Österreich: G* Partner".

E* und F* G* beabsichtigten damals, eine eigene Firma für den EDV-Bereich und den Vertrieb der von ihnen gemeinsam entwickelten Software zu betreiben. Da es seitens des F* G* gewerberechtliche Probleme gab, suchten E* und F* G* nach einer anderen Lösung. E* und F* G* wählten vor diesem Hintergrund die Anführung im Kopf des Angebotes.

Die beklagte Partei bestellte die Software aufgrund dieses Angebotes. Bei den Gesprächen im Zusammenhang mit dem Angebot und der Bestellung der beklagten Partei trat der diese Gespräche führende E* immer im eigenen Namen auf.

Am 26.6.2002 vereinbarten die D* AG und die klagende Partei schriftlich Folgendes (Beilage./E):

ZESSION

1.) Die Firma D* AG, **straße **, FL-***, besitzt aufgrund des Angebotes vom 22.11.1999 und der hierauf erfolgten Annahme desselben durch die Firma B* Gesellschaft mbH, **straße **, **, für die Lieferung eines Vertriebs- und Logistiksoftwareprogramms unter der Bezeichnung "C*" eine Forderung von netto S 620.000,-- zuzüglich Forderungen für "Bericht neu (ab dem 16. Bericht)" von netto je S 2.000,-- zuzüglich Forderungen für das Projekt Datenübernahme und das Projekt Telefonmarketing, welches nach Aufwand und Vereinbarung noch zu bestimmen ist.

2.) Die Firma D* AG tritt hiemit diese Forderungen mit allen Rechten und Pflichten mit heutigem Tage an die Firma A* Handelsgesellschaft mbH, **straße **, **, zur Gänze und ohne jeden Vorbehalt ab.

Die Firma A* Handelsgesellschaft mbH nimmt diese Abtretung in Form dieses Vertrages an.

Welche Beziehungen zwischen der D* AG und der klagenden Partei bestanden und bestehen sowie vor welchem Hintergrund zwischen diesen die Vereinbarung vom 26.6.2000 geschlossen wurde, kann nicht festgestellt werden.

Die klagende Partei legte am 28.6.2000 gegenüber der beklagten Partei die Rechnung für die Standard-Vertriebssoftware C* über netto S 688.000,-- zuzüglich S 137.600,-- an 20 % USt, sohin über insgesamt S 825.000,--.

Die beklagte Partei hatte am 17.4.2000 an die D* AG S 288.000,-- bezahlt. Sie bezahlte am 17.7.2000 an die klagende Partei S 337.600,--. Diese Teilzahlungen erfolgten an sich aufgrund von mit E* getroffenen Absprachen, wobei die beklagte Partei für diese in Form von Überweisungen erfolgten Zahlungen die ihr jeweils von E* übergebenen Zahlscheine verwendete.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, der klagenden Partei komme die Aktivlegitimation unabhängig davon nicht zu, ob nun als Vertragspartner der beklagten Partei E* und F* G* oder die D* AG anzusehen seien. Die klagende Partei leite ihre Aktivlegitimation aus der an sie erfolgten Zession durch die D* AG ab, somit aus einem kausalen Verfügungsgeschäft. Sie habe jedoch trotz Bestreitung der behaupteten Zession durch die beklagte Partei den Verpflichtungsgrund nicht angeführt. Es sei auch nicht hervorgekommen, welche Umstände im Verhältnis zwischen der D* AG und der klagenden Partei der Zessionsvereinbarung zugrundeliegen. Für die Beurteilung der Aktivlegitimation sei es unerheblich, dass die beklagte Partei nach Rechnungslegung durch die klagende Partei an diese eine Teilzahlung geleistet habe. Da kein gültiger Titel für die Zession hervorgekommen sei, sei von deren Unwirksamkeit auszugehen.

Dagegen richtet sich die Berufung der klagenden Partei aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit einem Aufhebungsantrag; hilfsweise wurde ein auf Stattgebung des Klagebegehrens gerichteter Abänderungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die klagende Partei führt in ihrer Rechtsrüge aus, sie habe mangels Bestreitung eines der Zession zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäftes durch die beklagte Partei dieses in erster Instanz nicht angeführt. Die Benennung des Rechtsgrundes der Abtretung wäre ihr nach ständiger Rechtsprechung nur dann oblegen, hätte die beklagte Partei die Wirksamkeit der Abtretung wegen Fehlens eines tauglichen Titels dezidiert bestritten.

Hiezu ist auszuführen:

§ 1392 ABGB versteht unter einer Zession die Übertragung der Rechtszuständigkeit einer Forderung vom Altgläubiger auf den Neugläubiger bei im Übrigen unverändert bleibender Forderung. Die Zession ist kein schuldrechtliches Grundgeschäft, sondern ein kausales Verfügungsgeschäft, welches nur wirkt, wenn es auf einem gültigen Titel (Forderungskauf, Forderungsschenkung etc.) beruht. Die Zession ist daher kein abstrakter Vertrag (Ertl in Rummel ABGB³ § 1392 Rz 1; Koziol-Welser II 12 114 f; RdW 1983, 105; RIS-Justiz RS0032510).

Der Zessus kann dem Zessionar gegenüber die Tatsache der Zession bestreiten (Ertl aaO § 1396 Rz 1), aber auch einwenden, dass der Zession kein Titel zugrundeliege (Ertl aaO § 1392 Rz 1; RdW 1983, 105). Mag der Zessionar auch nicht bei sonstiger Unschlüssigkeit seines Begehrens von vorneherein verpflichtet sein, den Rechtsgrund der Zession zu nennen, so hat er dies doch zu tun und dafür erforderlichenfalls den Beweis zu erbringen, wenn der Schuldner die Wirksamkeit der Abtretung wegen Fehlens eines tauglichen Titels bestreitet (RdW 1983, 105). Auch wenn der Schuldner die Tatsache der Zession bestreitet, hat der Zessionar diese Tatsache sowie das Vorliegen eines gültigen Grundgeschäftes zu behaupten und zu beweisen. Die Beweislast trifft sohin denjenigen, der sich auf die Zession beruft (Ertl aaO § 1392 Rz 1 mwN; RdW 1983, 105; NZ 1994, 130; 5 Ob 309/87; 4 Ob 569/94; 1 Ob 186/97b; RIS-Justiz RS0032510).

Entgegen der Rechtsansicht der klagenden Partei umfasst das Vorbringen der beklagten Partei die Bestreitung eines gültigen Grundgeschäftes, wofür selbst allgemein gehaltene Bestreitungen ausreichen (5 Ob 309/87; 5 Ob 390/87; NZ 1994, 130).

Im vorliegenden Fall behauptete die klagende Partei bereits vor Erhebung des Zessionseinwandes durch die beklagte Partei, dass die klagende Partei nur Zahlungsempfängerin einer Teilzahlung und nicht die D* AG, sondern E* ihr Vertragspartner gewesen sei (ON 7/19). Sie bestritt in der Folge die Zessionsbehauptung nur allgemein, berief sich in ihrer Erklärung zur Richtigkeit der Zessionsurkunde (Beilage./E) jedoch wieder auf ihr bereits erstattetes Vorbringen. Sie hat daher die Richtigkeit des in der Zessionsurkunde Erklärten einerseits mit dem (ihr Verhältnis zur D* AG betreffenden) Einwand bestritten, dass die in der Zessionsurkunde erwähnte Forderung nicht der D* AG zustehe, andererseits aber auch die Gläubigerstellung der klagenden Partei insoweit, als sie diese als bloße Zahlungsempfängerin bezeichnete. Dies umfasst die Behauptung, dass die Rechtszuständigkeit an der Klagsforderung nicht im Sinne des § 1392 ABGB an die klagende Partei übergegangen sei. Berücksichtigt man die eingangs dargelegte Judikatur zum Umfang der erforderlichen Bestreitung sowie weiters, dass selbst unsubstantiiertes Bestreiten nur in Einzelfällen ausnahmsweise als Geständnis anzusehen ist (7 Ob 209/02i; RIS-Justiz RS0039927), so hat die beklagte Partei insgesamt ausreichend deutlich bestritten, dass der klagenden Partei die Forderung aufgrund einer rechtswirksamen Zession zustehe. Es wäre daher der klagenden Partei oblegen, zu behaupten und zu beweisen, dass die Forderung aufgrund eines gültigen Grundgeschäftes in ihre Rechtszuständigkeit übergegangen ist.

Die von der klagenden Partei zitierten Entscheidungen SZ 64/178 und EvBl 1966/425, wonach der Kläger nicht den Rechtsgrund der Abtretung, sondern nur denjenigen der abgetretenen Forderung anzugeben habe, entsprechen nicht der - auch von der klagenden Partei im vorletzten Absatz ihrer Berufungsschrift zitierten - herrschenden Auffassung (vgl Ertl aaO § 1392 Rz 1; RIS-Justiz RS0032652).

Die klagende Partei erachtet in ihrer Verfahrensrüge einen Verstoß gegen § 182 ZPO darin gelegen, dass das Erstgericht ohne Erörterung und für sie insoweit überraschend die Auffassung vertreten habe, es wäre ihr der Beweis der rechtsgültigen Abtretung oblegen.

Die Anwendung der bei Behandlung der Rechtsrüge dargestellten, der höchstgerichtlichen Rechtsprechung entsprechenden Behauptungs- und Beweislastregel durch das Erstgericht stellt keine überraschende Rechtsansicht dar, die ohne weitere Anleitung nach § 182 ZPO einen Verfahrensmangel hätte begründen können. Davon könnte nur gesprochen werden, wenn die vom Gericht seiner Entscheidung zugrundegelegte Rechtsauffassung vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz von keiner der Parteien ins Treffen geführt und damit der Gegenseite keine Gelegenheit zur Stellungnahme geboten wurde. Eine die Parteien überraschende Rechtsauffassung liegt dann nicht vor, wenn der Beklagte eine Einwendung erhebt, auf die der Kläger nicht repliziert und das Gericht diese Einwendung für berechtigt erkennt (Schumacher, Richterliche Anleitungspflichten 56 f; 9 ObA 26/89; 1 Ob 356/98d; 6 Ob 3/98d; 9 Ob 175/99x; RIS-Justiz RS0037300). Wie bei Behandlung der Rechtsrüge bereits dargelegt wurde, hat die beklagte Partei die behauptete Zession bestritten und insbesondere vorgebracht, die klagende Partei sei in Ansehung einer der beiden geleisteten Teilzahlungen (di die zeitlich nach der Zessionsvereinbarung geleistete Teilzahlung [S 5, 6 der Urteilsausfertigung]) bloße Zahlungsempfängerin gewesen. Dies umfasst die Behauptung, dass die Klagsforderung wegen Fehlens eines tauglichen Titels nicht unmittelbar der klagenden Partei zustehe. Da der klagenden Partei somit eine Replik auf die Einwendung der beklagten Partei möglich gewesen wäre, liegt in der unterbliebenen Anleitung hiezu kein Verfahrensfehler.

Ein beachtlicher Verfahrensfehler liegt im Übrigen nur vor, wenn dieser wesentlich, dh abstrakt geeignet ist, die Unrichtigkeit der Entscheidung herbeizuführen, denn nur dann lässt sich für das Berufungsgericht die Frage prüfen, ob der Verfahrensverstoß einen für den Berufungswerber nachteiligen Einfluss haben konnte. Diese Behauptung hat der Berufungswerber aufzustellen (Fasching, LB² Rz 1765; Delle-Karth, ÖJZ 1993, 10 [19]; 2 Ob 605/85). Die klagende Partei beschränkt sich indes auf die Rüge, sie sei mit einer Rechtsansicht überrascht worden. Was sie Zweckdienliches vorgebracht hätte, hätte der Erstrichter seine Rechtsansicht offengelegt, führt sie nicht aus. Die Verfahrensrüge ist daher auch nicht dem Gesetze gemäß ausgeführt (2 Ob 605/85).

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO.

Die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist nicht zulässig, da sich die Entscheidung des Berufungsgerichtes an der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur orientiert.

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