2R272/96z – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht durch die Richter Dr.Wolfgang Kossak als Vorsitzenden sowie Dr.Ulrike Neundlinger und Dr.Johannes Payrhuber in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellerin A.***** C.***** GmbH, *****vertreten durch DDr.Jörg Christian Horwath, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider den Antragsgegner J.***** G.*****, Handelsvertreter, 5500*****, vertreten durch Dr.Josef Dengg, Dr.Milan Vavrousek, Rechtsanwälte in St.Johann im Pongau, wegen Bestellung eines Schiedsrichters gemäß § 582 Abs 1 ZPO, über den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 28.10.1995, 6 Nc 18/96h-12, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Erstgericht wird aufgetragen, die Zustellung der Gleichschrift des Rekurses des Antragsgegners (ON 14) an die Antragstellerin zu veranlassen und den Akt nach Einlangen der Rekursbeantwortung oder nach Ablauf der Rekursfrist erneut vorzulegen.
Begründung:
Text
Über Antrag der Antragstellerin bestellte das Erstgericht Dr.P.***** C.*****, *****als Schiedsrichter für die aus den zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner geschlossenen Vertrag vom 29.8.1994 und der Zusatzvereinbarung zu diesem Vertrag vom 30.11.1994 entstandenen Streitigkeiten.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs des Antragsgegners mit dem Abänderungsantrag, das Begehren auf Bestellung eines Schiedsrichters abzuweisen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Rekurs ist zulässig.
Rechtliche Beurteilung
§ 582 Abs 2 ZPO ordnet zwar an, daß der über den Antrag auf Bestellung eines Schiedsrichters ergehende Beschluß durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden kann. Dem Wortlaut des Gesetzes nach scheint dieser Rechtsmittelausschluß ein genereller zu sein. Die Rechtsprechung hat ihn aber zutreffend auf die Fälle beschränkt, in denen dem Antrag gesetzgemäß stattgegeben wurde (SZ 45/55; Fasching IV 765). Die Abweisung des Antrages (GlUNF 2045; RSp 1922, 79) oder die Stattgebung ohne gesetzliche Grundlage (z.B. wenn das Gericht nach Ablehnung eines gemäß § 582 ZPO bestellten Schiedsrichters ohne
Parteienantrag einen anderen Schiedsrichter bestellt: NZ 1926, 110; wenn dies im Falle des Todes eines vom Gericht bestellten
Schiedsrichters geschieht: SZ 24/327; bei Bestellung für ein Vereinsschiedsgericht gemäß § 599 Abs 2 ZPO: JBl 1963, 574) wird also als anfechtbar angesehen (Fasching IV, 765). Die Gesetzmäßigkeit der Antragsstattgebung ist aber nicht nur auf das Vorliegen der in § 582 ZPO unmittelbar genannten Voraussetzungen hin zu überprüfen. Es ist dabei auch von Bedeutung, ob der Schiedsvertrag zufolge Einhaltung der Formvoraussetzungen gültig zustande gekommen ist und ob eine derartige Schiedsgerichtsklausel gegenüber dem Antragsgegner wirksam geltend gemacht werden kann (vgl. SZ 24/327; 7 Ob 156/69). Die Wirksamkeit eines bestellten Schiedsgerichtes im Sinn des § 577 ZPO ist von der Gültigkeit und vom Umfang des Schiedsvertrages abhängig. Der Antrag auf Bestellung des Schiedsrichters im Sinn des § 582 ZPO ist schon dann zurückzuweisen, wenn es an einer dieser Voraussetzungen fehlt (Fasching IV, 764; SZ 45/55).
Davon ausgehend ist auch der vorliegende Beschluß des Erstgerichtes ungeachtet des Rechtsmittelausschlusses nach § 582 Abs 2 ZPO anfechtbar.
Bei dem Verfahren nach § 582 ZPO handelt es sich um ein außerstreitiges Verfahren. Dieses außerstreitige Verfahren ist jedoch nicht im Außerstreitgesetz, sondern in der ZPO geregelt. Gegen Beschlüsse, die in einem Verfahren ergehen, das nach der ZPO geführt wird, kann nach § 514 ZPO ein Rekurs erhoben werden. Für das Rekursverfahren gelten die Bestimmungen der §§ 514 ff ZPO und nicht die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes (VR 1988/25).
Das Rekursverfahren ist in den in § 521a ZPO aufgezählten Ausnahmefällen zweiseitig. Beschlüsse nach § 582 ZPO sind in § 521a ZPO nicht genannt; zu prüfen ist daher, ob § 521a ZPO analog anzuwenden ist.
Grund für die Einführung des zweiseitigen Rekursverfahrens war das Bedürfnis, nach einem in erster Instanz kontradiktorischen Verfahren (Besitzstörungsverfahren und Verfahren über eine Prozeßeinrede) dem Gegner des Rekurswerbers auch in zweiter Instanz Gehör zu verschaffen. Der Gegner sollte auch gehört werden, wenn infolge des Rekurses eine für den Rechtsstreit richtungweisende, die Untergerichte bindende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu ergehen hat (Kodek in Rechberger, ZPO § 521a Rz 1 m.w.N.). Nach Fasching (Lehrbuch**2, Rz 1966) ist § 521a ZPO analog anzuwenden, wenn sich der Rekurs gegen einen Beschluß wendet, der in der Hauptsache entscheidet oder über die Zulässigkeit des Verfahrens abspricht.
Die Rechtsprechung hat § 521a ZPO unter anderem auf Beschlüsse analog angewandt, mit denen dem Kläger endgültig der Rechtsschutz verweigert wird (SZ 61/197 = EvBl 1989/60) oder die über die Zulässigkeit des Verfahrens absprechen (EvBl 1991/159 = ÖA 1991, 148; 2 Ob 60/95). Die Analogie wurde unter anderem bei einem Beschluß verneint, mit dem einer Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein Erkenntnis eines Börsenschiedsgerichtes nach Art. XXIII EGZPO nicht stattgegeben worden war (EvBl 1987/3). Abgelehnt wurde die analoge Anwendung des § 521a ZPO auch bei einem Beschluß, mit dem der Antrag auf Zurückweisung der Aufrechnungseinrede verworfen worden war. Die einem solchen Antrag stattgebende Entscheidung sei keine Endentscheidung, deren besondere Bedeutung für die Parteien den Gesetzgeber dazu bewogen habe, auch die Bekämpfung der Verwerfung oder Stattgebung von Prozeßeinreden in das zweiseitige Rekursverfahren einzubeziehen (MietSlg 36.809 = RZ 1985/36).
Mit der Entscheidung 4 Ob 2331/96i hat der Oberste Gerichtshof die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens im Falle einer Entscheidung nach § 583 Abs 2 Z 2 ZPO bejaht. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß mit der Entscheidung nach § 583 Abs 2 Z 2 ZPO endgültig über das Rechtsschutzbegehren entschieden wird, den Schiedsvertrag außer Kraft zu setzen. Die stattgebende Entscheidung bewirke, daß das Schiedsverfahren für den davon betroffenen Anspruch nicht mehr zulässig sei, wohl aber das Verfahren vor den staatlichen Gerichten. Es handle sich daher um eine Entscheidung, mit der (auch) über die Zulässigkeit des Verfahrens vor den staatlichen Gerichten abgesprochen wird. Die Entscheidung wirke sich für die Parteien gleich aus wie eine Entscheidung, mit der die Einrede des Schiedsvertrages verworfen wird. In beiden Fällen könne der davon betroffene Anspruch nur mehr vor den staatlichen Gerichten geltend gemacht werden. Beiden Entscheidungen gehe ein kontradiktorisches Verfahren in erster Instanz voraus; das Bedürfnis, dem Gegner des Rekurswerbers auch in zweiter Instanz Gehör zu verschaffen, sei in beiden Fällen in gleicher Weise gegeben. Würde die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens im Fall des § 583 Abs 2 Z 2 ZPO verneint, so würden gleichartige Sachverhalte ungleich behandeln.
Vorliegendenfalls geht es zwar nicht um eine Entscheidung nach § 583 Abs 2 Z 2 ZPO, sondern um eine nach § 582 Abs 1 ZPO. Es handelt sich dabei aber ebenfalls um eine Entscheidung, mit der (auch) über die Zulässigkeit des Verfahrens abgesprochen wird. Das Bedürfnis, der Gegnerin des Rekurswerbers nach dem kontradiktorischen Verfahren erster Instanz auch in zweiter Instanz Gehör zu verschaffen, ist in diesem Fall in gleicher Weise gegeben. In diesem Sinne wurde die Zweiseitigkeit des Rekurses im Verfahren wegen Bestellung eines Schiedsrichters vom Oberlandesgericht Linz schon zu 4 R 172/94 bejaht.
Der Antragstellerin hätte daher die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, eine Rekursbeantwortung einzubringen. Da dies nicht geschehen ist, wird das Erstgericht die Zustellung der Gleichschrift des Rekurses an die Antragstellerin zu veranlassen und den Akt nach Einlangen der Rekursbeantwortung oder nach Ablauf der Rekursfrist erneut vorzulegen haben.