2R194/96d – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht durch die Richter Dr.Wolfgang Kossak als Vorsitzenden sowie Dr.Ulrike Neundlinger und Dr.Reinhold Schaumüller in der Rechtssache der klagenden Partei B***** W***** gem.reg.Gen.m.b.H., *****, vertreten durch Dr.Peter Raits, Dr.Alfred Ebner, Dr.Walter Aichinger, Dr.Peter Bleiziffer, Dr.Daniel Bräunlich, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1) Ing.W***** Sch*****, Kaufmann, zuletzt *****, 2) G***** L*****, Krankenschwester, *****, wegen S 130.735,03 s.A., über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels vom 23.7.1996, 3 Cg 269/95h-8, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben und der im Punkt 1. des angefochtenen Beschlusses der klagenden Partei aufgetragene Kostenvorschuß auf S 40.000,- herabgesetzt.
Die erforderliche neue Fristsetzung für den Erlag wird dem Erstgericht aufgetragen (§ 527 Abs.1 ZPO).
Die Rekurskosten der klagenden Partei sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz zwischen der klagenden Partei und dem Erstbeklagten.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Rückzahlung eines Darlehens im Betrag von S 130.735,03 s.A. Nachdem die Klage samt Auftrag zur Erstattung der Klagebeantwortung wegen Ortsabwesenheit des Empfängers dem Erstbeklagten nicht zugestellt werden konnte, beantragte die Klägerin die Bestellung eines Kurators für den Erstbeklagten gemäß §§ 116 ff ZPO.
Mit dem angefochtenen Beschluß trug das Erstgericht der Klägerin auf, zur Deckung der voraussichtlichen Kosten eines Abwesenheitskurators einen Kostenvorschuß von S 100.000,- bis 15.9.1996 zu erlegen (§ 10 ZPO).
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Abänderungsantrag, den angefochtenen Beschluß ersatzlos aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens und die Entscheidung über den Antrag auf Bestellung eines Kurators aufzutragen. Hilfsweise wird die Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Herabsetzung des Kostenvorschusses von S 100.000,- auf S 40.000,- begehrt.
Der Rekurs ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 10 ZPO hat die Partei, durch deren Prozeßhandlung die Bestellung oder Mitwirkung des Kurators veranlaßt wurde, unbeschadet eines ihr allenfalls zustehenden Ersatzanspruches, die durch die Prozeßführung verursachten, der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten eines vom Prozeßgericht bestellten Kurators zu bestreiten.
§ 10 ZPO normiert - im Gegensatz zu den §§ 332 Abs.1, 365 und 368 Abs.3 ZPO für den Zeugen-, Sachverständigen- und Augenscheinsbeweis - keine Verpflichtung zum Erlag eines Kostenvorschusses.
Daraus hat die Rechtsprechung (OLG Linz 26.6.1979, 4 R 96/79, EFSlg. 34.356; OLG Wien 9.8.1990, 16 R 156/90, WR 485; LGZ Wien 22.9.1993, 47 R 652/94, EFSlg. 73.323; OLG Wien 2.10.1995, 16 R 193/95, WR 722) abgeleitet, ein Auftrag zum Erlag eines Kostenvorschusses für die Kosten des Kurators (nicht der Kuratorbestellung) entspreche nicht dem Gesetz.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
Die Pflicht zum Erlag eines Kostenvorschusses für den Kurator ergibt sich aus der Vorschrift des § 3 GEG, nach der das Gericht - soweit nicht besondere Vorschriften bestehen - die Vornahme jeder mit Kosten verbundenen Amtshandlung vom Erlag eines Kostenvorschusses abhängig machen soll, wenn die Partei, die die Amtshandlung beantragt hat oder in deren Interesse sie vorzunehmen ist, nicht Verfahrenshilfe genießt.
Es gibt keine Norm, die ausdrücklich anordnet, daß im Falle des Kurators kein Kostenvorschuß aufzuerlegen ist. Weshalb die Kosten des Kurators, der ebenso wie etwa der Sachverständige vom Gericht bestellt und aufgrund dieser Bestellung tätig wird, im Gegensatz zu den Sachverständigenkosten nicht Kosten einer Amtshandlung im Sinne der zitierten Gesetzesstelle sein sollen, ist nicht nachvollziehbar. Die ohne nähere Begründung zum gegenteiligen Ergebnis kommende Rechtsprechung (OLG Wien 9.8.1990, 16 R 156/90, WR 485; OLG Wien 2.10.1995, 16 R 193/95, WR 722) geht zu Unrecht davon aus, daß das Gericht nie in die Lage kommen könnte, dem Kurator Kosten zu bezahlen. Daß die baren Auslagen des Kurators vom Staat vorgeschossen werden, hat bereits des OLG Wien in seiner Entscheidung vom 22.10.1934, EvBl. 1934/431 erkannt. Nun besteht aber nach § 64 Abs.1 Z 1 lit.e ZPO auch die Möglichkeit der einstweiligen Befreiung von der Entrichtung der Kosten eines Kurators, die die Partei nach § 10 ZPO zu bestreiten hätte.
Es war daher der Auftrag des Erstgerichtes zum Erlag eines Kostenvorschusses für die Kosten eines Kurators grundsätzlich berechtigt.
Die Rekurswerberin ist aber zu Recht der Auffassung, daß der Betrag von S 100.000,- unangemessen hoch ist. Berücksichtigt man, daß dem Kurator nur die zur zweckentsprechenden Prozeßführung notwendigen Kosten (§ 41 ZPO) ersetzt werden, also Kosten eines von vornherein aussichtslosen, etwa eines auf geradezu unvertretbarer Rechtsansicht beruhenden Einschreitens ausscheiden, so erscheint im vorliegenden Fall, in dem eine Bausparkasse ein Darlehen in Höhe von S 130.735,03 s. A. einklagt und Schuldschein und Pfandurkunde vorliegen, der von der Rekurswerberin zugestandene Betrag von S 40.000,- voraussichtlich ausreichend, um die Kosten der Bekanntmachung der Kuratorbestellung und die Kosten der Prozeßführung zu decken.
Es war daher dem Rekurs teilweise Folge zu geben und der aufgetragene Kostenvorschuß auf S 40.000,- herabzusetzen.
Die aufgrund der Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses erforderlich gewordene Anordnung einer neuen Frist für den Erlag des Kostenvorschusses war gemäß § 527 Abs.1 ZPO dem Erstgericht zu übertragen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs.1 ZPO.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Rekurses gründet sich auf § 528 Abs.2 Z 3 ZPO. Die Entscheidung der Frage, ob für die Kosten des Kurators ein Kostenvorschuß abverlangt werden kann, betrifft den Kostenpunkt.
Oberlandesgericht Linz, Abt.2,