7Bs296/95 – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Senatspräsident Dr.Ludwig Rathmayr als Vorsitzenden, Dr.Alois Jung (Berichterstatter) und Dr.Erich Feigl über die Beschwerde des M***** A*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Steyr vom 7.August 1995, 10 Vr 432/88-74, nach Anhörung der Oberstaatsanwaltschaft in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß die vom Verurteilten M*****A*****dem Privatbeteiligten L*****K*****zu ersetzenden Verfahrenskosten mit S 20.503,60 bestimmt werden. Im übrigen wird der Beschwerde nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Am 13.2.1989 schloß sich L*****K*****als Privatbeteiligter dem Strafverfahren gegen M*****A*****wegen der Verbrechen des Mordes und der absichtlichen schweren Körperverletzung an (ON 39). Der Privatbeteiligte ist der Vater der von M*****A*****ermordeten M*****K*****und wurde von M***** A***** ebenfalls tätlich angegriffen, wodurch er schwere Verletzungen mit Dauerfolgen erlitt.
Aufgrund des Urteils des Geschworenengerichtes in Jugendstrafsachen beim Kreisgericht S***** vom 25.April 1989 (ON 46) wurde M***** A***** des Verbrechens des Mordes an M***** K***** nach dem § 75 StGB sowie des Verbrechens der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen an L***** K*****nach § 85 Z 1 und 3 (§§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und 2 Z 1) StGB für schuldig befunden und gemäß § 369 Abs 1 StPO zum Ersatz von S 29.608,-- für Begräbniskosten, S 1.250,-- und S 459,-- als Behandlungskosten sowie S 50.000,-- als Schmerzengeldteilbetrag an den Privatbeteiligten verpflichtet.
Mit seiner Entscheidung vom 17.August 1989 verwarf der Oberste Gerichtshof die gegen dieses Urteil gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde und gab der Berufung nicht Folge (ON 56).
Mit seinem Kostenbestimmungsantrag vom 9.Mai 1995 (ON 71) beantragte der Privatbeteiligte nunmehr, seine Vertretungskosten mit insgesamt S 21.806,80 zu bestimmen. Mit dem angefochtenen Beschluß (ON 74) vom 7. August 1995 bestimmte das Erstgericht die Kosten der Vertretung des Privatbeteiligten wie verzeichnet, eine Gegenäußerung des Verteidigers des Verurteilten zum Kostenbestimmungsantrag wurde nicht abgegeben.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde des Verurteilten mit dem Antrag auf Zurück- bzw. Abweisung des Kostenbestimmungsantrages des Privatbeteiligten. Hilfweise wird die Aufhebung des bekämpften Beschlusses und Zurückverweisung der Strafsache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht sowie - für den Fall einer teilweisen Bestätigung - die Zuerkennung lediglich der notwendigen und nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz angemessenen Kosten beantragt.
Die Oberstaatsanwaltschaft Linz beantragte, der Beschwerde nicht Folge zu geben, da Verjährung nicht eingewendet werden könne.
Rechtliche Beurteilung
In Übereinstimmung mit dieser Äußerung der Oberstaatsanwaltschaft ist auszuführen, daß - entgegen der Auffassung in der Beschwerde - der Anspruch auf Erstattung der Prozeßkosten nicht infolge Verjährung untergeht. Es handelt sich hiebei nämlich um einen Anspruch öffentlich-rechtlichen Charakters, der nicht selbständig, sondern nur als Verfahrenskosten geltend gemacht werden kann (vgl. Mayrhofer/Rieder3 E 27 zu § 369 StPO, vgl. für den Zivilprozeß auch Fasching, Kommentar zur ZPO II, Anm. 1 zu § 41). Nur für die Kosten, die dem Geschädigten im Strafverfahren außer Zusammenhang mit seiner Stellung als Privatbeteiligter erwachsen sind, steht ihm der Zivilrechtsweg offen. Ansonsten ist nach einhelliger Rechtsprechung und Lehre für Fragen des Ersatzes von Verfahrenskosten das Privatrecht als Rechtsquelle ausgeschaltet (dieselben, aaO E 28, 35 und 39). Der Zivilrichter hat die Kosten nur dann zu bestimmen, wenn der Privatbeteiligten mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden ist. Ansonsten kann er mit der Festsetzung von Verfahrenskosten überhaupt nicht befaßt werden (E 40 aaO).
Der grundsätzlich dem Strafgericht zustehende Ausspruch über den Kostenersatz ist demnach prozeßrechtlicher Natur. Ihm liegt ein Anspruch öffentlich-rechtlichen Charakters zugrunde. Öffentlich-rechtliche Ansprüche verjähren nur, wenn dies ein Gesetz ausdrücklich vorsieht (vgl. Dittrich-Tades, MGA zum ABGB, 34.Aufl., E 1 zu § 1455). Für den Anspruch des Privatbeteiligten auf Ersatz der Kosten seiner Vertretung bildet § 393 Abs 4 StPO die gesetzliche Grundlage. Die Verjährung dieses Anspruches ist gesetzlich nicht vorgesehen. Daß dieser Anspruch unabhängig davon besteht, ob der Privatbeteiligte das Honorar seines Vertreters bereits beglichen hat bzw. ob die Honorarforderung allenfalls schon verjährt ist, geht insbesondere auch aus § 394 StPO hervor, wonach die Bestimmung der dem Vertreter gebührenden Belohnung dem freien Übereinkommen zwischen diesem und dem Zahlungspflichtigen überlassen ist. Durch diese Norm gelangt zum Ausdruck, daß Vertretener und Vertreter hinsichtlich der Höhe des Honorars eine freie Vereinbarung treffen können. § 394 StPO hat nur für die eigene rechtsfreundliche Vertretung einer Prozeßpartei Geltung, nicht aber für den Ersatz der Vertretungskosten einer Partei durch die unterlegene andere Partei, welcher im Urteil der Kostenersatz auferlegt wurde (Mayrhofer/Rieder, aaO E 1 zu § 394 StPO). Demnach ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers das Zustandekommen eines Übereinkommens iSd § 394 StPO keineswegs Anspruchsvoraussetzung für die Bestimmung der vom Verurteilten zu ersetzenden Kosten. Das Gesetz - insbesondere § 395 StPO - schreibt dem Antragsteller nämlich auch keineswegs einen Versuch vor, zunächst mit dem Gegner ein Übereinkommen über die zu ersetzenden Kosten zu erzielen. Das Strafgericht hat die Kostenbestimmung vielmehr vorzunehmen, sobald dies der Kostenpflichtige oder der Anspruchsberechtigte beantragen. Es hat lediglich dem Gegner des Antragstellers Gelegenheit zur Äußerung zu geben (Mayrhofer/Rieder, StPO3, E 6 zu § 395). Die §§ 394 f StPO bieten auch keinen Anhaltspunkt für die These, bei Verjährung des Honoraranspruches des Rechtsvertreters könne der Verurteilte nicht mehr zum Kostenersatz verpflichtet werden. Abgesehen davon, daß das Kostenersatzrecht der StPO derartiges nicht vorsieht, ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß selbst im zivilrechtlichen Verhältnis - hier zwischen Privatbeteiligtem und seinem Vertreter - verjährte Forderungen als Naturalobligationen aufrecht bleiben, also trotz mangelnder Klagbarkeit immer noch erfüllt werden können (§ 1432 ABGB).
Dem Beschwerdeführer ist allerdings darin beizupflichten, daß gemäß § 395 Abs 2 StPO bei der Bemessung der Gebühren auch zu prüfen ist, ob die vorgenommenen Vertretungshandlungen notwendig waren oder sonst nach der Beschaffenheit des Falles gerechtfertigt sind.
Konkret wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Bestimmung der Kosten für die Hauptverhandlung vom 25.April 1989, wobei er zu bedenken gibt, daß die Vertretung des Privatbeteiligten nicht während der gesamten Dauer von 11/2 Stunden notwendig und zweckentsprechend gewesen sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß der Privatbeteiligte bereits anläßlich der Erklärung seines Anschlusses (ON 39) die Begräbniskosten für seine ermordete Tochter geltend machte. Gegenstand seines Interesses war somit das gesamte Verfahren, also nicht bloß jener Teil, welcher sich mit den ihm zugefügten Verletzungen auseinandersetzte. Eine Korrektur des Kostenbestimmungsbeschlusses war diesbezüglich demnach nicht vorzunehmen.
Hingegen war dem Beschwerdeführer darin beizupflichten, daß für den Privatbeteiligtenanschluß und für den Kostenbestimmungsantrag überhöhte Ansätze verzeichnet wurden. Nach dem seinerzeit gültigen Tarif April 1985 hätte zulässigerweise für Schriftsätze und Eingaben, wozu auch die Erklärung eines Privatbeteiligtenanschlusses zu zählen ist, gem. TP 4 II a, I 1 a ein Betrag von S 551,-- bzw. - bei besonderer Kürze - nur die Hälfte hievon bzw. der nach TP 1 zustehende Betrag verzeichnet werden dürfen. Der die Erklärung des Privatbeteiligtenanschlusses beinhaltende Schriftsatz enthält - darüber hinausgehend - weitere Information. Unter anderem gibt sich der Privatbeteiligte als der Vater der Ermordeten zu erkennen und führt an, der Beschuldigte habe ihn zu ermorden versucht, wodurch schwere Verletzungen eingetreten seien. Der Privatbeteiligte sei in den letzten Jännertagen 1989 von Prof.Dr.Jarosch untersucht worden, nach dessen Meinung die Verletzungen Dauerfolgen nach sich ziehen würden. Gleichzeitig wurde die Vollmacht des Privatbeteiligtenvertreters vorgelegt. Der Schriftsatz enthält überdies eine Aufstellung der verzeichneten Begräbniskosten sowie den Vorbehalt der Geltendmachung weiterer Ansprüche, vor allem aus dem Titel des Schmerzengeldes und des Verdienstentganges. Insgesamt kann diese Eingabe daher nicht als sehr kurz bezeichnet werden, sodaß hiefür der Betrag von S 551,-- gebührt.
Für den Kostenbestimmungsantrag vom 29.Mai 1995 (ON 71) wurden S 283,-- verzeichnet. Nach dem Tarif April 1994 TP 4 II a, I 3, TP 1 hätten richtigerweise nur S 173,-- verzeichnet werden dürfen, sodaß auch diesbezüglich eine Korrektur vorzunehmen war.
Rechnerisch ergeben sich also für den Privatbeteiligtenanschluß statt S 825,-- plus 50 % Einheitssatz in Höhe von S 412,50
S 551,-- plus 50 % Einheitssatz in Höhe von S 275,50 sowie
für den Kostenbestimmungsantrag statt S 283,-- und 50 % Einheitssatz in Höhe von S 141,50
S 173,-- sowie 50 % Einheitssatz in Höhe von S 86,50.
Damit vermindert sich die Zwischensumme von S 17.939,-- auf S 16.853,-- und der Umsatzsteuerbetrag von S 3.587,80 auf S 3.370,60, sodaß der Gesamtbetrag statt S 21.806,80 nunmehr S 20.503,60 beträgt.
Oberlandesgericht Linz, Abt.7,