JudikaturOLG Linz

9Bs196/93 – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
05. Juli 1993

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Dr. Fischer als Vorsitzender, Dr. Schroll (Berichterstatter) und Dr. Gissinger, im Beisein der Schriftführerin RiAA Mag. Gratz, in der Strafsache gegen R. ST. wegen des Verbrechens nach §§ 15 Abs.1 StGB, 12 Abs.1 SGG über die Berufung des Angeklagten wegen Strafe gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 2.4.1993, 38 Vr 2724/92-24, nach der in Anwesenheit von StA Dr. Fürlinger als Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts sowie des Angeklagten R. St. und seines Verteidigers Dr. Wampl durchgeführten Berufungsverhandlung am 5.7.1993

I.) zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil in seinem Strafausspruch dahingehend abgeändert und ergänzt, daß R. St. unter zusätzlicher Anwendung der §§ 31, 40 StGB bei Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19.4.1993, 27 Vr 45/93-36, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 9 (neun) Monaten verurteilt wird.

Gemäß § 390a Abs.1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last;

II.) beschlossen:

Die Beschlüsse des Landesgerichtes Salzburg vom 2.4.1993, 38 Vr 2724/92-24, über das Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht und die Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre zu 34b EVr 756/92 des Landesgerichtes Linz und zu 18 EVr 1743/91 des Landesgerichtes Feldkirch werden dahin abgeändert, daß gemäß § 494a Abs.1 Z.4 StPO

a) die bedingte Strafnachsicht der zu 34b EVr 756/92 des Landesgerichtes Linz verhängte Zusatzfreiheitsstrafe von einem Monat und

b) die zu 40 BE 106/92 des Landesgerichtes Linz verfügte bedingte Entlassung mit einem Strafrest von vier Monaten und zehn Tagen widerrufen werden.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde R. St. des versuchten Verbrechens nach §§ 15 Abs.1 StGB, 12 Abs.1 SGG schuldig erkannt und hiefür nach § 12 Abs.1 SGG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten sowie gemäß § 389 Abs.1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 38 Abs.1 Z.1 und 2 StGB wurden die Vorhaftzeiten vom 16.10.1992, 09.00 Uhr, bis 23.12.1992, 11.30 Uhr, sowie vom 8.1.1993, 01.10 Uhr, bis 2.4.1993, 15.00 Uhr, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet. Gemäß § 13 Abs.1 SGG wurde das sichergestellte Suchtgift eingezogen.

Zugleich mit diesem Urteil faßte das Landesgericht Salzburg den Beschluß, gemäß § 494a Abs.1 Z.2 und Abs.7 StPO aus Anlaß der neuerlichen Verurteilung von einem Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu 34b EVr 756/92 des Landesgerichtes Linz und 18 EVr 1743/91 des Landesgerichtes Feldkirch (richtig wohl der zu 40 BE 106/92 des Landesgerichtes Linz beschlossenen bedingten Entlassung aus der im Verfahren 18 EVr 1743/91 des Landesgerichtes Feldkirch verhängten und nicht bedingt nachgesehenen sechsmonatigen Freiheitsstrafe) abzusehen, wobei die Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert wurde.

Zugleich faßte das Erstgericht auch den Beschluß auf Abweisung eines vom Angeklagten gestellten Antrags nach § 23 Abs.1 (richtig wohl § 23a Abs.1) SGG.

Inhaltlich des Schuldspruchs hat der Angeklagte am 16.10.1992 in Salzburg den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge, und zwar 1479,6 Gramm Cannabisharz einzuführen versucht.

Nach den wesentlichen Feststellungen lernte der Angeklagte am 16.10.1992 im Bahnhofsbereich München eine nicht näher bekannte Person schwarzer Hautfarbe kennen, welche ihn ersuchte, 1479,6 Gramm Haschisch nach Österreich zu bringen. Als sich der Angeklagte dazu bereit erklärt hatte, erhielt er von seinem Auftraggeber DM 200,--. Nach dem erfolgreichen Schmuggel sollte der Angeklagte in Salzburg nach Rückgabe des Suchtgifts an den unbekannt gebliebenen Auftraggeber der Schmuggelfahrt weitere S 5.000,-- erhalten. Anläßlich der Einreise entdeckten Zollbeamte bei der routinemäßigen Kontrolle das Suchtgift im Gepäck des Angeklagten, der beabsichtigt hatte, das Suchtgift nach Österreich einzuführen und dem auch bekannt war, daß dies nicht erlaubt ist. Bei dem sichergestellten Suchtgift handelt es sich um Haschisch mittlerer Qualität mit einem THC-Gehalt von ca. 7,1 %, was einem Anteil von 117 Gramm reinem THC entspricht.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als mildernd das umfassende Geständnis und die Tatsache, daß die Tat beim Versuch geblieben ist sowie die Sicherstellung des Suchtgifts. Als erschwerend erachtete das Erstgericht eine einschlägige Vorstrafe, wobei das Schöffengericht die im Strafregister ausgewiesene Verurteilung des Bezirksgerichtes Linz vom 20.8.1992, 18 U 2058/92, unter Hinweis auf aktenkundige Mängel bei der Zustellung der der Strafregistereintragung zugrunde liegenden Strafverfügung ausdrücklich nicht als Vorstrafe wertete. Tatsächlich ergibt sich aus dem Verfahren 18 U 2058/92 des BG Linz, daß die Hinterlegung der Strafverfügung am 6.11.1992 erfolgte, also zu einem Zeitpunkt, als sich der Angeklagte im vorliegenden Verfahren in Untersuchungshaft befunden hatte und aus der er erst am 23.12.1992 entlassen worden war.

Nach Verkündung des am 2.4.1993 gefällten Urteil durch das Landesgericht Salzburg wurde der Angeklagte im Verfahren 27 Vr 45/93 des Landesgerichtes Linz mit Urteil des Schöffengerichtes vom 19.4.1993 wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z.1, 130, 2.Satz,

2. Fall, und 15 StGB erneut verurteilt und nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. In diesem Verfahren faßte das Landesgericht Linz gemäß § 494a Abs.1 Z.4 StPO zugleich den Beschluß, die bedingte Verurteilung zu 34b EVr 756/92 des Landesgerichtes Linz sowie die bedingte Entlassung zu 40 BE 106/92 des Landesgerichtes Linz zu widerrufen. Mit den Entscheidungen des Oberlandesgerichtes Linz vom 1.7.1993, 8 Bs 200, 201/93, wurde der Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz und der Beschwerde gegen die in diesem Verfahren gefaßten Widerrufsbeschlüsse nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Berufung des Angeklagten wegen Strafe kommt teilweise Berechtigung zu.

Soweit der Angeklagte moniert, daß das Erstgericht die Einwirkung eines Dritten auf den Angeklagten nach § 34 Z.4 StGB unberücksichtigt gelassen hat, ist dem entgegenzuhalten, daß dieser besondere Milderungsgrund lediglich dann zum Tragen käme, wenn die Umstände des Einzelfalls der Einwirkung des Dritten einen besonderen und an den übrigen im § 34 Z.4 StGB angeführten Beeinflussungsfaktoren wie Furcht und Gehorsam zu messenden Bestimmungscharakter verleihen würden (vgl. Kunst in WK, § 34 Rz 20). Der Bestimmungstäterschaft des unbekannt gebliebenen Tatbeteiligten kommt aber im vorliegenden Fall gerade keine solche wesentliche Bedeutung zu, zumal sich der Angeklagte diesem Einfluß des ihm angeblich völlig unbekannten Dritten, für ihn eine Schmuggelfahrt durchzuführen und eine doch erhebliche Menge Suchtgift nach Österreich einzuführen, ohne weiteres entziehen hätte können.

Wenn der Angeklagte in der Berufung vorbringt, er habe die Tat aufgrund einer verlockenden Gelegenheit begangen, sodaß der besondere Milderungsgrund nach § 34 Z.9 StGB gegeben sei, ist ihm zu erwidern, daß dieser besondere Milderungsgrund nur dann vorliegt, wenn auch ein ansonsten rechtstreuer Mensch dieser sich bietenden Gelegenheit unterlegen wäre (Mayerhofer-Rieder, StGB3, § 34 Z.9 E.29a). Eine solche auch einen rechtstreuen Menschen verführende Situation kann aber im Angebot, eine Suchtgiftschmuggelfahrt zu unternehmen, nicht erblickt werden.

Soweit schließlich der Angeklagte darauf verweist, daß ihm seine Absicht, sich einer Langzeittherapie zu unterziehen, als besonderer Milderungsgrund zugutegehalten werden müßte, ist auf den in diesem Punkt durchaus pessimistischen Bericht der Bewährungshelferin des Angeklagten zu verweisen, die noch am 31.3.1993 in ihrer Stellungnahme zur Frage des Widerrufs der bedingten Entlassung aus der Freiheitsstrafe die aktive Umsetzung einer solchen Therapie durch den Angeklagten trotz des bereits massiv auf ihn lastenden Strafdrucks für nicht möglich gehalten hat (AS 121).

Der Berufung wegen Strafe war aber insoweit näherzutreten, als während des Rechtsmittelverfahrens neuerlich ein den Angeklagten verurteilendes Erkenntnis gefällt wurde, das noch vor der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts im vorliegenden Verfahren in Rechtskraft erwachsen ist. Damit sind die Voraussetzungen des § 31 StGB erfüllt (vgl. Leukauf-Steininger, StGB3, § 31 RZ 14a; Mayerhofer-Rieder, StGB3, § 31 E.47; EvBl.1989/51). Das dem Angeklagten im Verfahren 27 Vr 45/93 des Landesgerichtes Linz angelastete Verbrechen betrifft Straftaten vom 8.1.1993, die auch im vorliegenden Verfahren gemäß § 56 StPO miteinbezogen und im Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 2.4.1993 erfaßt werden hätte können. Das Berufungsgericht hatte daher unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19.4.1993 nach § 40 StGB eine Zusatzstrafe auszumessen. In Ergänzung der Strafzumessungsgründe des Erstgerichtes war dabei zusätzlich zu den schon festgehaltenen Strafzumessungsgründen der rasche Rückfall des Angeklagten, der nur zwei Monate und fünf Tage nach seiner bedingten Entlassung zu 40 BE 106/92 des Landesgerichtes Linz neuerlich einschlägig delinquierte, als erschwerend zu berücksichtigen. Dazu kommt, daß die vom Angeklagten importierte Suchtgiftmenge in Reinsubstanz gemessen dem beinahe sechsfachen Wert der großen Menge i.S.d. § 12 Abs.1 SGG entspricht, sodaß dem Angeklagten ein erheblicher Unrechtsgehalt beim versuchten Verbrechen nach §§ 15 Abs.1 StGB, 12 Abs.1 SGG anzulasten ist. Darüberhinaus waren die vom Landesgericht Linz zu 27 Vr 45/93 angeführten Strafzumessungsgründe der teilweisen objektiven Schadengutmachung als mildernd und des nunmehr ins Gewicht fallenden Zusammentreffens zweier Verbrechen als erschwerend zu berücksichtigen. Im Zusammenhang mit der Tatschuldbewertung fiel zusätzlich ins Gewicht, daß das vom Landesgericht Linz zu 27 Vr 45/93 abgeurteilte Vermögensdelikt als Beschaffungskriminalität zur Finanzierung des Suchtgiftbedarfs des Angeklagten einzustufen war.

Bei gemeinsamer Aburteilung der dem Angeklagten zur Last liegenden Verbrechen würde eine zweijährige (Gesamt-) Freiheitsstrafe dem Unrecht der Taten, aber auch der Schuld des Angeklagten entsprechen. Angesichts der vom Landesgericht Linz verhängten Freiheitsstrafe von 15 Monaten war daher über den Angeklagten im vorliegenden Verfahren eine Zusatzfreiheitsstrafe von neun Monaten zu verhängen.

Die vom Angeklagten in seiner Berufung angestrebte bedingte Strafnachsicht war mangels Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 43, 43a StGB nicht möglich. Der rasche Rückfall nach einer zweimaligen Verurteilung wegen des Vergehens nach § 16 SGG (18 EVr 1743/91 des LG Feldkirch und darauf Bedacht nehmend 34b EVr 756/92 des LG Linz) bei gleichzeitiger Steigerung der kriminellen Energie, die auch in dem vom Landesgericht Linz abgeurteilten Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch zum Ausdruck kommt, weil der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen des Landesgerichtes Linz diese Vermögensstraftat nur deswegen begangen hat, um zu Bargeld zu gelangen, das zum Ankauf von Suchtgift verwendet werden sollte, lassen keine Annahme mehr zu, daß die bloße Androhung der Vollziehung allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werde, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.

Mit der Bemessung einer Zusatzstrafe wird den vom Erstgericht gefaßten Beschlüssen auf Absehen vom Widerruf der bedingten Verurteilung zu 34b EVr 756/92 des Landesgerichtes Linz und der bedingten Entlassung zu 40 BE 106/92 des Landesgerichtes Linz die Entscheidungsbasis entzogen, zumal diese Beschlüsse in ihrem rechtlichen Bestand von der Rechtskraft des den Anlaß zur Entscheidung nach § 494a StPO gebenden Urteils abhängen (vgl. Foregger-Serini, StPO5, § 494a Anm. II; Mayerhofer-Rieder, StPO3, § 494a E 28ff; RZ 1991/83). Diese "bedingten Beschlüsse" (RZ 1991/83) sind daher auch dann vom Rechtsmittelgericht zu überprüfen, wenn keine Beschwerde erhoben wird, aber der Strafausspruch in jenem Urteil eine Änderung erfährt, welches den Anlaß zu einer Entscheidung nach § 494a StPO gegeben hat. Kann doch erst unter Berücksichtigung des vom Rechtsmittelgericht neu festgesetzten Strafmaßes nach § 53 Abs.1 StGB abgewogen werden, ob es der zusätzlichen Vollziehung der bislang bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe oder des bedingt nachgesehenen Strafrests bedarf, um den Angeklagten von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Da der Ausspruch über die Strafe im vorliegenden Fall durch die Entscheidung des Berufungsgerichts geändert wurde, war - unabhängig von einer Anfechtung durch den Rechtsmittelwerber - die bedingte Strafnachsicht zu 34b EVr 756/92 des Landesgerichtes Linz und die bedingte Entlassung zu 40 BE 106/92 des Landesgerichtes Linz erneut einer Beurteilung nach § 494a StPO zu unterziehen. Eine Bindewirkung des vom Erstgericht gefaßten Beschlusses auf Absehen vom Widerruf mangels Anfechtung durch den Angeklagten - also ein Verschlechterungsverbot zugunsten des Angeklagten - kann im konkreten Verfahren schon deswegen keine Rolle spielen, weil im Urteil des Landesgerichtes Linz zu 27 Vr 45/93, auf das Bedacht zu nehmen ist, bereits beschlossen wurde, daß die bedingte Verurteilung zu 34b EVr 756/92 des Landesgerichtes Linz und die bedingte Entlassung zu 40 BE 106/92 des Landesgerichtes Linz widerrufen werden. Diese Beschlüsse sind durch die Rechtsmittelentscheidung des Oberlandesgerichtes Linz vom 1.7.1993, 8 Bs 201/93, rechtskräftig geworden. Auf der Basis dieser im Verfahren 27 Vr 45/93 des Landesgerichtes Linz am 19.4.1993 getroffenen Entscheidungen nach § 494a Abs.1 Z.4 StPO kommt daher den vom Landesgericht Salzburg am 2.4.1993 getroffenen und vom Angeklagten nicht angefochtenen Entscheidungen nach § 494a Abs.1 Z.2 und Abs.7 StPO keine ein Verbot der reformatio in peius auslösende Wirkung mehr zu.

In einem Bedachtnahmeurteil gemäß §§ 31, 40 StGB ist die Zusatzstrafe so zu bemessen, daß die Summe der Strafen jener Strafe entspricht, die bei gemeinsamer Aburteilung aller Straftaten zu verhängen gewesen wäre (§ 40 StGB). Eben diese Grundsätze sind auch dem Konzept der Gesamtregelung der Straffrage im Zug einer neuerlichen Verurteilung zugrundegelegt und finden im § 494a StPO eine den §§ 31, 40 StGB angenäherte Lösung. Mit der Festlegung des Strafmaßes im neuen Urteil und der Entscheidung über sämtliche noch offenen (bedingten) Unrechtsfolgen, die aus früheren Urteilen herrühren, soll eine (für den Verurteilten auch sofort überblickbare) Gesamtstrafe ermittelt werden (vgl. JA-Bericht zum StRÄG 1987, 359 dBlgzNR XVII. GP, 53; RZ 1991/83). Wird daher eine Zusatzstrafe nach § 40 StGB ausgemessen, so ist auch die Frage des Widerrufs einer bedingten Strafnachsicht oder einer bedingten Entlassung, die im bedachtzunehmenden Urteil bereits entschieden wurde, erneut zu prüfen, weil erst nach der Ausmessung der Summe der Strafen, die sich bei der Zusammenrechnung nach § 40 StGB ergibt, beurteilt werden kann, ob es nunmehr tatsächlich des Widerrufs einer bedingten Strafnachsicht oder einer bedingten Entlassung bedarf, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Folglich haben auch Beschlüsse nach § 494a Abs.1 StPO, die zusammen mit einem Urteil gefaßt wurden, auf das im nachfolgenden Verfahren gemäß §§ 31, 40 StGB Bedacht zu nehmen ist, und die bereits in Rechtskraft erwachsen sind, ihre Basis verloren, wenngleich das zur Entscheidung nach § 494a StPO Anlaß gegeben habende Urteil rechtskräftig und damit unveränderlich bleibt. Zu der im Anlaßurteil getroffenen Abwägung nach § 53 Abs.1 StGB, ob es des zusätzlichen Vollzugs der bislang bedingt nachgesehenen Unrechtsfolge bedarf, um eine ausreichende spezialpräventive Wirkung durch die Gesamtstrafe zu erzielen, tritt bei einer zum Anlaßurteil hinzutretenden Bedachtnahmeverurteilung eine weitere Unrechtsfolge in Form der Zusatzstrafe, die eine neue Bewertung erfordert, ob nunmehr auch unter Berücksichtigung der nach § 40 StGB ermittelten Summe der Strafen der Vollzug von bisher bedingt nachgesehenen Strafen oder Strafresten spezialpräventiv geboten erscheint.

In diesem Sinn sind daher auch die durch die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Linz vom 1.7.1993, 8 Bs 201/93, rechtskräftig gewordenen Widerrufsbeschlüsse des Landesgerichtes Linz vom 19.4.1993, 27 Vr 45/93-36, hinfällig geworden. Das Oberlandesgericht Linz hatte daher im Rahmen dieser Berufung wegen Strafe erneut in die Prüfung der Frage einzutreten, ob bei Ausmessung der nunmehrigen Zusatzstrafe bei einer Gesamtbeurteilung der Straffrage der Widerruf der bedingten Strafnachsicht und der bedingten Entlassung notwendig ist, um beim Angeklagten eine ausreichende spezialpräventive Wirkung zu sichern.

Ausgehend von der vom Angeklagten insgesamt zu verbüßenden Freiheitsstrafe von 24 Monaten erscheint es aber notwendig, die zu 34b EVr 756/92 des LG Linz bedingt nachgesehene (Zusatz ) Freiheitsstrafe von einem Monat und den zu 40 BE 106/92 des Landesgerichtes Linz offenen Strafrest aus der bedingten Entlassung von vier Monaten und 10 Tagen zu widerrufen, zumal der Angeklagte nur zwei Monate nach seiner bedingten Entlassung rückfällig wurde, wobei der Angeklagte überdies der anläßlich der bedingten Entlassung auferlegten Weisung, einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachzugehen und dies dem Gericht unaufgefordert nachzuweisen, auch nach einer förmlichen Mahnung nicht nachgekommen ist. Aus den nunmehr abgeurteilten Taten ist vielmehr abzuleiten, daß der Angeklagte noch weiter als bisher in die Drogenkriminalität abgeglitten ist, sodaß es auch bei einer insgesamt (§ 40 StGB) mit 24 Monaten festgesetzten und aus der Einbindung in die Drogenszene resultierenden Delinquenz des Angeklagten der zusätzlichen Verbüßung der nach den Widerrufen zu vollziehenden Freiheitsstrafen von zusammen fünf Monaten und zehn Tagen bedarf, um den Angeklagten von einer weiteren Straffälligkeit abzuhalten.

Gleichzeitig mit Bemessung der Zusatzstrafe war daher unter Abänderung der vom Erstgericht nach § 494a Abs.1 Z.2 und Abs.7 StPO getroffenen Beschlüsse nach § 494a Abs.1 Z.4 StPO vorzugehen.

Über die zugleich ausgeführte Beschwerde gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg, mit dem der Antrag des Angeklagten auf Gewährung eines Strafaufschubs nach § 23a Abs.1 SGG abgewiesen wurde, ist gesondert entschieden worden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs.1 StPO.

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