JudikaturOLG Innsbruck

2R143/25h – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
16. Oktober 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Berchtold als Vorsitzende sowie die Richterin des Oberlandesgerichts Mag. Dr. Tangl und den Richter des Oberlandesgerichts Mag. Ortner als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. DI A* B* , 2. C* B* und 3. F* , alle vertreten durch Dr. Christian Pichler, Rechtsanwalt in 6600 Reutte, wider die beklagte Partei G* , vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, wegen Unterlassung (Interesse EUR 31.000,--), über den Rekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse EUR 1.810,44) gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 23.6.2025, ** 51, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird k e i n e Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die Kosten des Rekursverfahrens von EUR 348,01 (darin EUR 58,-- USt) zu ersetzen, und zwar der erst- und zweitklagenden Partei zu ungeteilten Hand EUR 232,-- (darin EUR 38,66 USt) und der drittbeklagten Partei EUR 116,-- (darin EUR 19,33 USt).

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls u n z u l ä s s i g .

Text

Begründung:

Mit der vorliegenden Klage begehrten die Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, die Erzeugung von Emissionen, beispielsweise durch Betrieb eines Viehstalls und einer Güllegrube auf seinem Grundstück – insbesondere durch Geruch und Insekten, wie etwa Fliegen und sonstige Tiere (etwa Mäuse und Ratten) – zu Lasten des Erst- und des Zweitklägers als ideelle Miteigentümer des GSt Nr 2100 und des Drittklägers auf GSt Nr 2101, soweit sie ortsunüblich sind und die Benützung der betroffenen Grundstücke der Kläger wesentlich beeinträchtigen, zu unterlassen.

Der Beklagte bestritt und beantragte Klagsabweisung.

Mit Urteil vom 23.6.2025 (ON 51) wies das Erstgericht die Klage vollinhaltlich ab und verpflichtete die Kläger zur ungeteilten Hand, dem Beklagten die mit EUR 16.589,45 (darin EUR 2.764,91 an USt) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen. Es stützte seine Kostenentscheidung auf § 41 Abs 1 iVm § 54 Abs 1a ZPO und erachtete die fristgerecht erhobenen Einwendungen des Beklagten gegen die klägerische Kostennote teilweise als berechtigt.

Während das Urteil in der Hauptsache in Rechtskraft erwuchs, erhob der Beklagte gegen die darin beinhaltete Kostenentscheidung einen fristgerechten Rekurs . Er beantragt deren Abänderung dahin, dass ihm weitere Kosten von EUR 1.810,44 – dies für seinen Schriftsatz vom 18.3.2025 (ON 41) – zuerkannt werden.

Die Kläger beantragen in ihrer ebenfalls rechtzeitigen Kostenrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel des Beklagten den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Der Rekurswerber führt zusammengefasst ins Treffen, dass das Erstgericht seine Eingabe vom 17.3.2025 (ON 41) wegen des Prinzips der Waffengleichheit honorieren hätte müssen. Von den Klägern seien mit einem zuvor eingebrachten Schriftsatz vom 28.2.2025 (ON 39) umfangreiche Erinnerungen zum Sachverständigengutachten erstattet worden. Es sei daher erforderlich gewesen, dass der Beklagte darauf auch repliziere. Hätte er den Inhalt seiner elf Seiten langen Äußerung erst in der darauf folgenden Verhandlung vorgetragen, hätte er befürchten müssen, dass seine Ausführungen im Zuge der Befragung des Sachverständigen nicht mehr berücksichtigt würden, zumal es auch für einen erfahrenen Richter schwierig sei, ein Vorbringen zu 17 einzelnen – zum Teil aus mehreren unterschiedlichen Argumenten bestehenden – Punkten „auswendig im Kopf zu behalten“. Abgesehen davon hätte es auch zu keiner Kostenersparnis geführt, wenn der Beklagtenvertreter den Inhalt seiner Äußerung vom 17.3.2025 in der darauf folgenden Verhandlung vorgetragen hätte. Die Verhandlung vom 25.3.2025 habe um 8:57 Uhr begonnen und um 11:51 Uhr geendet, also lediglich sechs Minuten vor Beginn der vierten Verhandlungsstunde. Hätte der Beklagtenvertreter den Inhalt der nicht honorierten Äußerung in dieser Verhandlung vorgetragen und hätte der Erstrichter den Inhalt dieser Äußerung „mitgeschrieben“, um ihn bei der Gutachtenserörterung zu berücksichtigen, so hätte sich die Dauer der Verhandlung zweifelsohne um mehr als sechs Minuten verlängert. In Summe hätten daher die bei Nichteinbringung des Schriftsatzes ON 41 entstandenen Mehrkosten – bei einer Addition der auf beide Parteienvertreter entfallenden Summen – die für die nicht honorierte Eingabe verzeichneten Kosten der Höhe nach überschritten. Auch aus diesem Grund hätte das Erstgericht den Schriftsatz ON 41 honorieren müssen.

2. Diesen Überlegungen tritt das Rekursgericht nicht bei:

2.1. Die zu §§ 41 ff ZPO von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze besagen, dass nur notwendige und zweckmäßige Vertretungsleistungen zu ersetzen sind. Als zweckentsprechend gilt jede – verfahrensrechtlich zulässige – Aktion, die zum prozessualen Ziel der Partei führen kann; die Prozesshandlung muss nach objektiver Beurteilung eine Förderung des Prozesserfolgs erwarten lassen (vgl RS0036038). Notwendig ist jede Aktion, deren Zweck mit geringerem Aufwand nicht erreicht werden kann (vgl RS0035774 [T2]). Eine Partei kann daher, wenn kostensparende Verfahrenshandlungen zum gleichen sachlichen und formellen Ergebnis geführt hätten, nur jene Kosten beanspruchen, die diesen gleichen Zweck mit dem geringeren Aufwand erreicht hätten (vgl RS0035774 [T2, T3]; anders, wenn ein Vorbringen erstattet werden muss: 3 Ob 102/90; vgl Bydlinski in Fasching/Konecny ³ II/1, § 41 ZPO Rz 20 mwN und Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.240f mwN). Beide Beurteilungen hängen von den jeweiligen objektiven Umständen des Einzelfalls ab (7 Ob 86/22m); sie sind immer ex ante vorzunehmen (RS0036038). Eine Partei kann, wenn kostensparende Verfahrenshandlungen zum gleichen sachlichen und formellen Ergebnis geführt hätten, nur jene Kosten beanspruchen, die diesen gleichen Zweck mit geringerem Aufwand erreicht hätten (RS0035774 [T2, T3 uvm]).

2.2. Eine Honorierung nach TP 3A RATG gebührt nur für jene vorbereitenden Schriftsätze, die im Gerichtshofverfahren nach rechtzeitiger Überreichung der Klagebeantwortung oder Erhebung des Einspruchs im Sinne des § 257 Abs 3 ZPO erstattet werden, sofern ihre Einbringung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder verteidigung im oben dargelegten Sinn notwendig war. Darüber hinaus sind auch die gemäß § 440 Abs 3 ZPO vom Gericht aufgetragenen Schriftsätze nach diesem Tarifansatz (TP 3A) zu honorieren. Nach der jüngeren Rechtsprechung der Rechtsmittelsenate des OLG Innsbruck gilt dies auch für Anträge auf Gutachtenserörterung, soweit darin konkrete Fragen an den Sachverständigen gerichtet und ausformuliert werden. Alle anderen Schriftsätze sind, wenn überhaupt, nach dem Auffangtatbestand des TP 2.I.1.e RATG zu honorieren ( Obermaier aaO Rz 3.59; RS0121828, 7 Ob 112/09k uvm).

2.3. Im vorliegenden Fall wurde den Parteien das schriftliche Gutachten des Sachverständigen H* (ON 34) mit Beschluss vom 20.1.2025 zur Kenntnisnahme übermittelt und ihnen die Möglichkeit eingeräumt, binnen einer Frist von zwei Wochen bekannt zu geben, ob eine Gutachtenserörterung beantragt und welche weiteren Fragen diesfalls an den Sachverständigen gerichtet werden. Die Kläger nahmen von dieser Möglichkeit Gebrauch und brachten nach bewilligter Fristverlängerung am 3.3.2025 einen Erörterungsantrag (ON 39) ein. Vom Beklagten wurde hingegen kein Gutachtenserörterungsantrag gestellt.

2.4. Die vom Erstgericht nicht honorierte und den Gegenstand des Rekursverfahrens bildende Äußerung des Beklagten vom 17.3.2025 wurde dem Beklagten nicht aufgetragen. Der Schriftsatz ist damit nicht als ein solcher im Sinn des § 257 Abs 3 ZPO zu qualifizieren. Dass das Erstgericht auch keine Ersatzfähigkeit nach TP 2 als gegeben erachtete, ist nicht korrekturbedürftig. Eine schriftliche Äußerung zu den einzelnen ergänzenden Fragen des Prozessgegners an den Sachverständigen ist nicht als zweckentsprechend im oben aufgezeigten Sinn zu qualifizieren. Ob die Beantwortung einer Frage in das Fachgebiet eines Sachverständigen fällt oder nicht, obliegt nicht der Beurteilung der gegnerischen Partei, sondern dem Sachverständigen selbst. Ob eine an den Sachverständigen gestellte Frage zulässig oder prozesserheblich ist oder nicht, obliegt demgegenüber der Beurteilung durch das Gericht. Darauf, ob sich daher bei fiktiver Erstattung eines weiteren Vorbringens in der mündlichen Streitverhandlung die Tagsatzung in die nächste Stunde gezogen hätte, kommt es nicht an.

Insgesamt sind die Ausführungen des Rekurswerbers somit nicht geeignet, eine Unrichtigkeit der angefochtenen Kostenentscheidung aufzuzeigen, weshalb der Rekurs erfolglos bleibt.

3. Die Kostenentscheidung für das Rekursverfahren beruht auf §§ 40, 50 und 41 ZPO. Die im Rechtsmittelverfahren obsiegenden Kläger haben Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Rekursbeantwortung. Obsiegen mehrere Kläger, so sind jedem von ihnen nur die anteiligen Kosten ihrer Beteiligung am Rechtsstreit zuzuordnen. Die Beteiligung der einzelnen von mehreren Parteien am Rechtsstreit ist die wertmäßige Quote am Gesamtstreitwert. Aufgrund der ungefähr gleichen Beteiligung ist daher jedem Kläger (hier) ein Drittel der Kosten des Rechtsmittelverfahrens zuzusprechen ( Obermaier aaO Rz 1.347 mwN). Als ideelle Miteigentümer des nach den Klagebehauptungen gestörten Grundstücks Nr 2100 haben der Erst- und der Zweitkläger einen solidarischen Kostenersatzanspruch. Der Beklagte hat ihnen daher zur ungeteilten Hand EUR 232,-- (darin EUR 38,66 USt) und dem Drittkläger weitere EUR 116,-- (darin EUR 19,33 USt) an Kostenersatz für die Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

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