JudikaturOLG Innsbruck

11Bs239/25x – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
29. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dampf als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. a Hagen und Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung nach § 46 Abs 1 und 5 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 26.8.2025, GZ ** 6, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).

Text

Begründung:

A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Innsbruck die über ihn im Verfahren ** des Landesgerichts Innsbruck verhängte Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Im direkten Anschluss daran wird der im selben Verfahren widerrufene Strafrest von sechs Monaten und 21 Tagen Freiheitsstrafe zu ** des Landesgerichts Innsbruck vollzogen werden. Das urteilsmäßige Strafende dieses Strafblocks (§ 46 Abs 5 StGB) fällt auf den 8.8.2028. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafen werden am 28.10.2025 erfüllt sein (vgl Strafregisterauszug, IVV-Auszug sowie Urteilsausfertigung zu ** des Landesgerichts Innsbruck).

Im Zuge amtswegiger Prüfung (§ 152 Abs 1 Z 1 StVG) beantragte der Strafgefangene seine bedingte Entlassung zum Hälftestichtag und beantragte eine persönliche Anhörung durch das Vollzugsgericht (ON 2.3).

Die Anstaltsleitung der Justizanstalt Innsbruck bescheinigt dem Strafgefangenen infolge der Ordnungswidrigkeit am 8.4.2025 nur eine normale Führung und hegt Bedenken gegen eine bedingte Entlassung zum Hälftestichtag (ON 2.2).

Die Staatsanwaltschaft sprach sich in ihrer Stellungnahme aus spezial- und generalpräventiven Gründen gegen eine bedingte Entlassung aus (ON 4).

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Vollzugsgericht nach persönlicher Anhörung des Strafgefangenen (ON 5) die bedingte Entlassung zum Hälftestichtag aus generalpräventiven Gründen ab.

Dagegen erhob der Strafgefangene unmittelbar nach Verkündung des Beschlusses und Rechtsmittelbelehrung Beschwerde, die er entgegen seiner Ankündigung binnen offener Frist nicht schriftlich ausführte (ON 5, 2).

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, kommt keine Berechtigung zu.

§ 46 Abs 1 StGB schreibt die bedingte Entlassung frühestens nach der Hälfte vor, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB (Anm.: Weisungen, Bewährungshilfe) anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Tat(en), des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit ( Jerabek/Ropper in WK² StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzugs begonnene freiwillige Behandlung im Sinn von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat(en) begangen wurde(n), eingetreten ist, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall (vgl aber § 46 Abs 2 StGB) der Rest der Strafe bedingt nachzusehen ( Jerabek/Ropper aaO Rz 15).

Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt, so ist er gemäß § 46 Abs 2 StGB trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB so lange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat(en) ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Gewichtige Umstände, welche sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben, müssen ein Absehen von der vorzeitigen Entlassung unumgänglich erscheinen lassen. Dabei ist nicht nur der bloße Abschreckungseffekt bei potenziellen Tätern, sondern (im Sinne positiver Generalprävention) auch das Interesse an der Festigung genereller Normtreue in der Bevölkerung zu beachten. Diese Aspekte generalpräventiver Natur müssen aus der Schwere der Tat(en) ableitbar sein; liegen sie vor, sind sie gleichrangig mit den Erfordernissen der Spezialprävention zu berücksichtigen. Eine aus spezialpräventiver Sicht durchaus zulässige bedingte Entlassung kann demnach auch allein wegen eines in der Schwere der Tat(en) gelegenen (besonderen) generalpräventiven Grunds verweigert werden ( Jerabek/Ropper aaO Rz 16).

Dem Schuldspruch zu A) des Urteils des Landesgerichts Innsbruck zu ** liegen Suchtgiftmengen zugrunde, welche die Grenzmenge des § 28b SMG um mehr als das 15 fache übersteigen. Mit Blick auf diese hohen Suchtgiftquanten – nach § 28b SMG ist bereits die einfache Grenzmenge die Untergrenze jener Menge, „die geeignet ist, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen“ – ist das Vollzugsgericht zu Recht von einer derart schweren Tat (mit hohem sozialen Störwert) ausgegangen, die im Sinn des § 46 Abs 2 StGB ausnahmsweise aus generalpräventiven Erwägungen eine bedingte Entlassung bereits nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe nicht zulassen.

Im Übrigen stehen einer solchen aber auch spezialpräventive Erwägungen im Wege. Der Strafgefangene kam Ende 2021 bereits einmal in den Genuss einer bedingten Entlassung, nach der er äußerst rasch rückfällig wurde und die daher widerrufen wurde (vgl Strafregisterauskunft und Urteilsausfertigung zu ** des Landesgerichts Innsbruck). Darüber hinaus hat er wiederholt Ordnungswidrigkeiten während des Strafvollzugs (zuletzt am 8.4.2025; vgl Infomaske Ordnungsstrafen in ON 2.4) zu verantworten. Die von § 46 Abs 1 StGB geforderte Legalprognose, wonach der Strafgefangene durch die (erneute) bedingte Entlassung schon zum Hälftestichtag nicht weniger als durch die weitere Verbüßung des Strafblocks von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, ist daher derzeit selbst unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB nicht zu rechtfertigen.

Die Beschwerde musste daher erfolglos bleiben.

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