JudikaturOLG Innsbruck

1R87/25s – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
07. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Nemati als Vorsitzende sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Ladner-Walch und Dr. Pirchmoser als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch die Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, wider die beklagten Parteien 1. B* , 2. C* GmbH , und 3. D* AG , alle vertreten durch Mag. Stefan Aberer, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen (eingeschränkt und ausgedehnt) EUR 5.006,53 s.A., über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 1.391,93) gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 4.4.2025, **-50, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9.5.2025, **-56, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 757,37 (darin enthalten EUR 126,23 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die Revision ist jedenfalls u n z u l ä s s i g .

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgegenständlich sind Schadenersatzansprüche der Klägerin aus einem Verkehrsunfall vom [richtig] 3.5.2022 in **, an welchem der Erstbeklagte als Lenker eines von der Zweitbeklagten gehaltenen [und wohl bei der Drittbeklagten haftpflichtversicherten] PKWs beteiligt war. Die Klägerin wurde bei diesem Unfall verletzt.

Das Alleinverschulden des Erstbeklagten am Zustandekommen des Unfalls und damit die Haftung der Beklagten dem Grunde nach war bereits im Verfahren erster Instanz unstrittig. Streitpunkte im Berufungsverfahren bilden lediglich noch die Heilbehandlungskosten, das Schmerzengeld und der Verdienstentgang.

Die Klägerin begehrte zuletzt EUR 5.006,53 s.A. (EUR 870,-- restliches Schmerzengeld, EUR 2.173,13 Heilbehandlungskosten, EUR 1.776,40 Bruttoverdienstentgang sowie weitere, im Berufungsverfahren nicht mehr strittige Positionen).

Sie brachte dazu – soweit im Berufungsverfahren relevant – im Wesentlichen vor, die von ihr unfallbedingt erlittenen Verletzungen und körperlichen sowie psychischen Beeinträchtigungen würden jedenfalls ein globales Schmerzengeld in Höhe von EUR 7.500,-- rechtfertigen, wobei unter Berücksichtigung der von den Beklagten geleisteten Zahlungen von gesamt EUR 6.630,-- ein Restbetrag von EUR 870,-- aus dem Titel Schmerzengeld aushafte.

Für einen neurologischen Facharzt habe sie EUR 194,01 an Selbstbehalt zahlen müssen, für physiotherapeutische Behandlungen einen Selbstbehalt in Höhe von EUR 386,-- sowie für Psychotherapie insgesamt einen Selbstbehalt in Höhe von EUR 1.593,12. Die von ihr aufgewendeten Heilbehandlungskosten würden sich daher auf insgesamt EUR 2.173,13 belaufen.

Vor dem Unfall habe sie pro Monat zumindest zehn Überstunden geleistet, wofür sie netto pro Überstunde EUR 19,45 vom Arbeitgeber ausbezahlt erhalten habe. Unfallbedingt habe sie im Zeitraum 3.5.2022 bis 9.11.2022 insgesamt mindestens 63  Überstunden nicht leisten können, weshalb sie insoweit einen Nettoverdienstentgang in Höhe von EUR 1.225,35 erlitten habe. Unter Berücksichtigung der Einkommensteuer ergebe sich bei einem Zufluss im Jahr 2025 ein Bruttoverdienstentgang von EUR 1.776,40.

Die Beklagten wendeten dagegen zusammengefasst ein, die geltend gemachten Ansprüche bestünden nicht. Die Schmerzengeldansprüche der Klägerin seien mit den geleisteten Zahlungen bereits vollständig abgegolten. Die von der Klägerin behauptete Arbeitsunfähigkeit sei mit den Unfallverletzungen nicht vereinbar und nicht nachvollziehbar.

Das Erstgericht sprach mit dem angefochtenen Urteil der Klägerin einen Schadenersatz von EUR 3.463,62 s.A. zu (Spruchpunkt 1.) und wies das Zahlungsmehrbegehren von EUR 1.543,11 s.A. ab (Spruchpunkt 2.).

Es legte seiner Entscheidung den auf den Seiten 1 sowie 4 bis 6 des Urteils enthaltenen Sachverhalt zugrunde, auf welchen zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht zu den im Berufungsverfahren noch strittigen Positionen aus, mit den von den Beklagten bereits geleisteten Schmerzengeldzahlungen (insgesamt EUR 6.630,--) seien die von der Klägerin erlittenen Schmerzen angemessen abgegolten, weshalb das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer EUR 870,-- abzuweisen sei.

Für Psychotherapie habe die Klägerin insgesamt EUR 1.860,-- [richtig laut Feststellungen und dem vom Erstgericht tatsächlich zugesprochenen Heilbehandlungskosten-Gesamtbetrag: EUR 2.040,--], wovon EUR 627,06 vom Sozialversicherungsträger ersetzt worden seien. Für Massagen (Physiotherapie) habe sie EUR 450,-- bezahlt, wovon EUR 64,-- ersetzt worden seien. Für den Neurologen habe sie EUR 220,-- bezahlt, wovon EUR 25,99 ersetzt worden seien. Insgesamt seien die begehrten Heilbehandlungskosten im Betrag von EUR 1.992,95 ersatzfähig.

Unter Zugrundelegung von zehn Überstunden pro Monat, welche die Klägerin unfallbedingt nicht mehr erbringen habe können, errechneten sich für den Zeitraum 3.5.2022 bis 9.11.2022 62 Überstunden. Unter Zugrundelegung des festgestellten Nettostundensatzes von EUR 19,45 belaufe sich der Nettoverdienstentgang auf EUR 1.205,90. Der hieraus resultierende Bruttoverdienstentgang ermittle sich (erkennbar in Anwendung des § 273 Abs 2 ZPO – US 8) mit EUR 1.434,47. Überstunden seien gemäß § 68 EStG steuerbegünstigt, weshalb nur vom Grundlohn Steuern zu zahlen seien, sodass ungefähr ein Drittel des Verdienstentgangs aus den Überstunden steuerfrei sei. Unter Zugrundelegung des Jahreslohnzettels der Klägerin aus dem Jahr 2021 errechne sich fiktiv ein Betrag von EUR 3,6866 an Steuern und Sozialversicherung je Überstunde, was umgerechnet für 62 Überstunden einen Betrag von EUR 228,57 ergebe.

Das Urteil ist in seinem klagsstattgebenden Teil (Spruchpunkt 1.) und darüber hinaus hinsichtlich eines abgewiesenen Teilbetrags von EUR 151,18 s.A. (Spruchpunkt 2.) in Teilrechtskraft erwachsen.

Gegen den klagsabweisenden Teil in Höhe von weiteren EUR 1.391,93 s.A. richtet sich die Berufung der Klägerin . Sie strebt – unter Ausführung der Rechtsmittelgründe der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung – die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinn des Zuspruchs von weiteren EUR 1.391,93 s.A. an. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen in ihrer Berufungsbeantwortung, dem gegnerischen Rechtsmittel einen Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Aus Zweckmäßigkeitsgründen wird die Behandlung der Berufung der Klägerin im Folgenden nicht nach Berufungsgründen, sondern nach den einzelnen im Berufungsverfahren noch strittigen Schadenspositionen gegliedert.

I. Heilbehandlungskosten:

Zu den Heilbehandlungskosten führt die Klägerin sowohl eine Beweisrüge als auch eine Rechtsrüge aus.

1. Mit Beweisrüge bekämpft die Klägerin folgende Feststellung des Erstgerichts:

Die Klägerin absolvierte zur Behandlung dieser Anpassungsstörung 16 aus medizinischer Sicht notwendige psychotherapeutische Sitzungen bis 12.6.2023 [bei] Mag. E* in **.

An deren Stelle begehrt sie folgende Ersatzfeststellung:

Die Klägerin absolvierte zur Behandlung dieser Anpassungsstörung 25 aus medizinischer Sicht notwendige psychotherapeutische Sitzungen bis 23.1.2024 bei Mag. E* in ** und musste hiefür nach Abzug der Kostenrückersätze durch ihren Versicherungsträger gesamt EUR 1.592,94 zahlen.

Begründend dazu führt die Klägerin aus, das Erstgericht habe sich zur Notwendigkeit bzw Angemessenheit der Kosten der psychiatrischen Behandlungen auf das psychiatrische Gutachten gestützt sowie auf die von ihr gelegten Urkunden. Daraus ergebe sich zweifellos, dass tatsächlich insgesamt 25 Sitzungen unfallkausal und medizinisch indiziert gewesen seien und die letzte Sitzung am 23.1.2024 stattgefunden habe, wobei pro Sitzung (ausgenommen Erstgespräch) EUR 90,-- verrechnet worden seien. Das Erstgericht habe die letzte Rechnung vom 10.3.2024 übersehen und exakt EUR 180,-- zu wenig zugesprochen. Insgesamt habe sie – nach Abzug der Rückerstattungen des Sozialversicherungsträgers – EUR 1.592,94 für Psychotherapie bezahlt. Unter Berücksichtigung der Kosten für die Physiotherapie und den Neurologen hätten daher bei richtiger Beweiswürdigung insgesamt EUR 2.172,95 an Heilbehandlungskosten zugesprochen werden müssen.

2. Der Zuspruch von lediglich EUR 1.992,95 für Heilbehandlungskosten wird auch mit Rechtsrüge bekämpft. Dieser Zuspruch sei rechtlich verfehlt. Während die Kosten für Heilgymnastik (Physiotherapie) und den Neurologen richtig berechnet worden seien, sei hinsichtlich der Psychotherapie ein Betrag von EUR 180,-- zu wenig zugesprochen worden.

3. Das Berufungsgericht hat dazu erwogen:

3.1. Um eine Beweisrüge gesetzmäßig auszuführen muss der Rechtsmittelwerber angeben oder zumindest deutlich zum Ausdruck bringen, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche andere Feststellung begehrt wird sowie aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die gewünschte Feststellung zu treffen gewesen wäre (RS0041835; Pochmarski/Tanczos/Kober , Berufung in der ZPO 4 173ff).

Die bekämpfte und die an deren Stelle angestrebte Feststellung müssen denselben tatsächlichen Gesichtspunkt in unterschiedlicher Weise beleuchten, also in einem sogenannten Austauschverhältnis zueinander stehen (OLG Innsbruck 3 R 165/24z, 3 R 26/24h; RI0100145).

Die Erledigung einer Beweisrüge durch das Berufungsgericht kann dann unterbleiben, wenn der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt und der davon abweichende von der Beweisrüge angestrebte Sachverhalt zum gleichen rechtlichen Ergebnis führen müsste (RS0042386).

3.2. Die Beweisrüge der Klägerin ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil es die Klägerin unterlässt, die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen zur Höhe der Kosten für die zur Behandlung der Anpassungsstörung absolvierten psychotherapeutischen Sitzungen in Anfechtung zu ziehen. Dies führt dazu, dass sich der zweite Teil der von der Klägerin gewünschten Ersatzfeststellung mit diesen unangefochten gebliebenen Feststellungen in Widerspruch setzt. Es fehlt insoweit am Austauschverhältnis.

3.3. Allein aus einer Abänderung der Anzahl der Sitzungen und des Datums der letzten Sitzung wiederum wäre für die Klägerin – mangels (gesetzmäßiger) Anfechtung der festgestellten Kosten für die psychotherapeutischen Sitzungen – nichts zu gewinnen. Ohne Abänderung auch der Feststellungen zu den Kosten vermag sich am Zuspruch für die psychotherapeutischen Sitzungen nämlich nichts zu ändern. Demgemäß erübrigt es sich, auf den gesetzmäßig ausgeführten Teil der Beweisrüge inhaltlich näher einzugehen.

3.4. Im Ergebnis ist die von der Klägerin angefochtene Feststellung vom Berufungsgericht zu übernehmen.

3.5. Unter Zugrundelegung der vom Berufungsgericht übernommenen angefochtenen Feststellung und der unangefochten gebliebenen Feststellungen ist der rechnerisch vom Erstgericht (insgesamt) ermittelte Heilbehandlungskostenzuspruch rechtlich nicht zu beanstanden. Die Rechtsrüge entfernt sich von den erstgerichtlichen Feststellungen, weshalb auch diese nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

3.6. Insgesamt hat es bei dem vom Erstgericht vorgenommenen Zuspruch aus dem Titel Heilbehandlungskosten zu bleiben.

II. Verdienstentgang:

Zum Verdienstentgang führt die Klägerin sowohl eine Mängelrüge als auch eine Rechtsrüge aus.

1. Die Klägerin führt aus, die Abweisung eines Mehrbegehrens aus dem Titel Verdienstentgang in Höhe von EUR 341,93 gehe auf einen Verfahrensmangel zurück. Das Erstgericht habe es unterlassen, Gutachten aus den Bereichen Berufskunde sowie Buchhaltung einzuholen. Diese Gutachten seien insbesondere für die Höhe des Bruttoverdienstentgangschadens angeboten worden.

Hätte das Erstgericht die beantragten Gutachten eingeholt, hätte es festgestellt, dass die von ihm angenommene Begünstigung betreffend Überstunden nicht schlagend werde, zumal die Überstunden ja nicht erbracht werden hätten können und somit das Zuflussprinzip im Jahr 2025 gelte und keine steuerlichen Vergünstigungen zu berücksichtigen seien. Bei Einholung des Gutachtens wäre der geltend gemachte Verdienstentgang unter Berücksichtigung der anfallenden Einkommensteuer zur Gänze zuzusprechen gewesen.

2. In der Rechtsrüge zum Verdienstentgang führt die Klägerin aus, das Erstgericht sei aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung davon ausgegangen, dass ihr steuerliche Begünstigungen im Zusammenhang mit den Überstunden zukommen würden. Die diesbezügliche Einschätzung des Erstgerichts sei verfehlt, weil sie die Überstunden unfallkausal ja nicht erbringen habe können und ihr im Rahmen des Schadenersatzes keine Vergünstigungen bezüglich der Einkommensteuer zugute kämen.

3. Das Berufungsgericht hat dazu erwogen:

3.1. Mit ihren Ausführungen zur Nichteinholung eines berufskundlichen und eines buchhalterischen Gutachtens macht die Klägerin einen Stoffsammlungsmangel nach § 496 Abs 1 Z 2 ZPO geltend.

Unter einem Stoffsammlungsmangel ist ein Fehler des Verfahrens zu verstehen, der eine unvollständige Sachgrundlage der erstinstanzlichen Entscheidung zur Folge hat ( Pochmarski/Tanczos/Kober , Berufung in der ZPO 4 123). Stoffsammlungsmängel müssen abstrakt geeignet sein, eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen ( Klauser/Kodek , JN – ZPO 18 § 496 ZPO E 19/3 mwN; RS0043049). Der Rechtsmittelwerber hat die abstrakte Eignung darzutun, wenn die Erheblichkeit des Mangels nicht offenkundig ist. Er muss in seiner Verfahrensrüge nachvollziehbar ausführen, welche für ihn günstigen Verfahrensergebnisse zu erwarten gewesen wären, wenn der Verfahrensfehler nicht unterlaufen wäre. Andernfalls ist der Rechtsmittelgrund nicht gesetzmäßig ausgeführt (2 Ob 174/12w).

3.2. Mit Hilfe eines berufskundlichen Gutachtens wird im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Verdienstentgang typischerweise erhoben, welches Leistungskalkül für einen bestimmen Beruf erforderlich ist, ob bestimmte Arbeitsplätze am Arbeitsmarkt verfügbar sind und was mit einer konkreten Beschäftigung am Arbeitsmarkt für ein Einkommen erzielt werden kann. Die Vornahme der konkreten Berechnung des Bruttoverdienstentgangs auf Basis eines feststehenden Nettoverdiensts einschließlich steuerrechtlicher Fragen fällt hingegen grundsätzlich in das Fachgebiet eines buchhalterischen Sachverständigen.

3.3. Das Erstgericht hat unangefochten festgestellt, dass es der Klägerin vom Unfalltag (3.5.2022) an bis zum Antritt ihrer Karenz (Beginn Mutterschutz 3.5.2023) unfallbedingt nicht mehr möglich war, Überstunden zu leisten. Darüber hinaus hat das Erstgericht rechtlich zugrunde gelegt, dass die Klägerin – wie geltend gemacht – im Zeitraum 3.5.2022 bis 9.11.2022 unfallbedingt keine Überstunden erbringen konnte. Den Nettoverdienst für eine Überstunde hat das Erstgericht – wiederum wie von der Klägerin selbst behauptet – mit EUR 19,45 festgestellt und auf dieser Basis rechtlich den Nettoverdienstentgang errechnet. Vor diesem Hintergrund erschließt sich dem Berufungsgericht nicht, inwiefern die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens geeignet gewesen wäre, für die Klägerin günstigere Verfahrensergebnisse herbeizuführen, weshalb dem berufskundlichen Gutachten schon die diesbezügliche abstrakte Eignung abzusprechen ist.

3.4. Ungeachtet dessen konnte das Erstgericht jedenfalls gemäß § 273 ZPO von der Einholung eines berufskundlichen und darüber hinaus auch des buchhalterischen Gutachtens absehen.

Wenn die Klägerin die vom Erstgericht vorgenommene Ermittlung der Einkommensteuer, also die Berechnung des Bruttoverdienstentgangs auf Basis des Nettoverdienstentgangs, beanstandet, rügt sie tatsächlich, dass das Erstgericht die Schadensbemessung insoweit gemäß § 273 ZPO vorgenommen hat.

3.5. Gemäß § 273 Abs 1 ZPO kann, wenn feststeht, dass einer Partei der Ersatz eines Schadens oder des Interesses gebührt oder dass sie sonst eine Forderung zu stellen hat, der Beweis über den streitigen Betrag des zu ersetzenden Schadens oder Interesses oder der Forderung aber gar nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu erbringen ist, das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen selbst mit Übergehung eines von der Partei angebotenen Beweises diesen Betrag nach freier Überzeugung festsetzen.

Sind von mehreren in derselben Klage geltend gemachten Ansprüchen einzelne, im Verhältnis zum Gesamtbetrag unbedeutende streitig und ist die vollständige Aufklärung aller für sie maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden, die zur Bedeutung der streitigen Ansprüche in keinem Verhältnis stehen, so kann das Gericht darüber gemäß § 273 Abs 1 ZPO in der gleichen Weise (Absatz 1) nach freier Überzeugung entscheiden. Gleiches gilt auch für einzelne Ansprüche, wenn der begehrte Betrag jeweils EUR 1.000,-- nicht übersteigt.

Schon von Gesetzes wegen darf die Ausmessung iSd § 273 ZPO auch unter „Übergehung“, also Unterlassung begehrter Beweisaufnahmen, oder sogar unter Nichtberücksichtigung bereits erhobener Beweise erfolgen (RS0040527; RS0040419).

Die Entscheidung des Gerichts darüber, ob § 273 ZPO anzuwenden ist, ist eine verfahrensrechtliche Entscheidung, die mit Mängelrüge zu bekämpfen ist (RS0040282). Ob das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO richtig ist, ist hingegen mit Rechtsrüge überprüfbar (RS0040341; RS0111576).

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass dem Geschädigten der hypothetisch erzielbare Nettoverdienst gebührt, wobei allerdings die Steuer- und sonstigen Abgabenverpflichtungen erneut zu berücksichtigen sind, die durch die Schadenersatzleistung selbst entstehen. Die Schadenersatzleistung ist so zu bemessen, dass sie unter Berücksichtigung der durch die wieder entstehenden Abzüge dem Nettoschaden entspricht (10 Ob 55/11b). Eine Anwendung des § 273 ZPO kommt auch bei der Ermittlung des Verdienstentgangs in Betracht (10 Ob 55/11b; RS0022868 [T5]; vgl RS0030951 [T2]).

3.6. Im Hinblick darauf, dass sich die durch die Schadenersatzleistung entstehende „Steuer- und Abgabenlast“ laut Klagebegehren auf lediglich EUR 551,05 (= Differenz zwischen behauptetem Nettoverdienstentgang in Höhe von EUR 1.225,35 und behauptetem Bruttoverdienstentgang von EUR 1.776,40) beläuft, liegen die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 273 Abs 2 zweiter Fall ZPO vor. Das Erstgericht durfte daher den Bruttobetrag nach § 273 ZPO bemessen und von der zeit- und kostenintensiven Einholung des buchhalterischen Gutachtens – dem die abstrakte Eignung zur Weiterung des Sachverhaltsbilds in einer für die Klägerin in rechtlicher Sicht günstigeren Richtung nicht abgesprochen werden kann – absehen. Umso mehr noch ist auch die Nichteinholung des berufskundlichen Gutachtens von § 273 Abs 2 zweiter Fall ZPO gedeckt.

Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt folglich nicht vor.

3.7. Auch das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO durch das Erstgericht ist nicht zu beanstanden.

3.7.1. Dass das Erstgericht auf Basis der Feststellung, dass die Klägerin vor dem Unfall regelmäßig zehn Überstunden pro Monat leistete, für den Zeitraum von 3.5.2022 bis 9.11.2022 insgesamt 62 Überstunden berechnete – offenkundig hier in Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO –, anstatt wie von der Klägerin selbst zugrunde gelegt 63 Überstunden, ist jedenfalls plausibel und nicht korrekturbedürftig und wird in der Rechtsrüge auch tatsächlich nicht bemängelt.

3.7.2. Betreffend die Ausmittlung der auf den Nettobetrag anfallenden Abgabenlast führt die Klägerin in ihrem Rechtsmittel nur ins Treffen, das Erstgericht habe zu Unrecht hinsichtlich der Überstunden eine Steuerbegünstigung angenommen, ohne auch nur ansatzweise substanziiert darzulegen, welche Berechnungen und Annahmen der von ihr selbst veranschlagten Abgabenlast zugrunde liegen. Letztlich kann dahingestellt bleiben, ob die Steuerbegünstigung nach § 68 EStG im Fall der schadenersatzrechtlichen Abgeltung von Überstunden in Anspruch genommen werden kann oder nicht. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann sich die Klägerin nämlich durch den vom Erstgericht ausgemittelten Bruttoverdienstentgang im Ergebnis nicht für beschwert erachten.

Der von der Klägerin – ohne nähere Erläuterung – ermittelte Steuerbetrag von EUR 551,05 entspricht einer Abgabenlast von gerundet 45 %, der vom Erstgericht ermittelte Abgabenbetrag von EUR 228,57 einer Abgabenlast von rund 19 %.

Beizupflichten ist der Klägerin, dass vorliegend im Hinblick auf den Entscheidungszeitpunkt des Erstgerichts grundsätzlich von einem „Zufluss“ des Ersatzes für den Verdienstentgang an die Klägerin im Jahr 2025 auszugehen ist. Demgemäß ist für die Höhe der Abgabenlast wesentlich, welches Einkommen die Klägerin im Jahr 2025 erzielt. Feststellungen dazu finden sich im angefochtenen Urteil nicht. Die Klägerin hat auch kein Vorbringen zur Höhe ihres Einkommens im Jahr 2025 erstattet.

Unter Berücksichtigung der in § 33 Abs 1 EStG normierten Steuersätze erscheint die von der Klägerin selbst zugrunde gelegte Abgabenlast in Höhe von rund 45 % sogar auf Basis des von der Klägerin im Jahr 2021 feststellungsgemäß erzielten Bruttoeinkommens überzogen. Zu berücksichtigen ist umso mehr, dass die Klägerin nach den erstgerichtlichen Feststellungen nach dem Unfall schwanger wurde und mit 3.5.2023 in Mutterschutz kam. Im Rahmen ihrer erstgerichtlichen Einvernahme, zuletzt am 13.12.2024, gab die Klägerin (mittels Verweis auf die Einvernahme vom 4.12.2023) an, sich in Karenz zu befinden. Folglich ist bei lebensnaher Betrachtung nicht davon auszugehen, dass die Klägerin im Jahr 2025 ein Einkommen (auch nur annähernd) in Höhe des von ihr im Jahr 2021 erzielten Einkommens ins Verdienen bringen wird. Da aus einem niedrigeren Jahreseinkommen auch eine geringere Abgabenlast resultiert, ist der vom Erstgericht in Anwendung des § 273 ZPO ermittelte Bruttobetrag im Ergebnis nicht zu beanstanden.

III. Schmerzengeld:

Zur Position Schmerzengeld führt die Klägerin eine Rechtsrüge aus.

1. In dieser bemängelt sie die Höhe des vom Erstgericht mit EUR 6.630,-- festgesetzten Schmerzengeldbetrags. Das Erstgericht habe zur Bemessung des Schmerzengelds lediglich die Schmerzengeldsätze des Landesgerichts Feldkirch (EUR 130,-- pro Tag für leichte und EUR 260,-- pro Tag für mittelstarke Schmerzen) herangezogen, was unrichtig sei. Das Erstgericht habe insbesondere auch den langwierigen Heilungsverlauf völlig außer Acht gelassen.

Zur Untermauerung ihrer Ausführungen zitiert die Klägerin drei „Vergleichsentscheidungen“.

2. Das Berufungsgericht hat dazu erwogen:

2.1. Das Schmerzengeld stellt eine Globalabfindung für alle eingetretenen und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen durch die Unfallfolgen dar (vgl RS0031307 ua). Dabei ist einerseits auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, andererseits aber zur Vermeidung einer völligen Ungleichmäßigkeit der Rechtsprechung ein objektiver Maßstab anzulegen. Es darf der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen für die Bemessung nicht im Einzelfall gesprengt werden (RS0031075; 2 Ob 83/14s; 2 Ob 108/15v).

2.2. Nach den Feststellungen erlitt die Klägerin beim Unfall eine Zerrung der Halswirbelsäule bei Beschleunigungstrauma der Halswirbelsäule Grad I bis II sowie eine leichtgradige depressive Auslenkung mit Krankheitswert im Sinn einer Anpassungsstörung mit eingeschränkter psychischer Belastbarkeit und (initial) Störungen des Sprechens. Insgesamt (körperlich und psychisch) musste die Klägerin in komprimierter Form zwei Tage mittelstarke und 47 Tage leichte Schmerzen erdulden. Spät- und Dauerfolgen (sowohl in körperlicher als auch psychiatrischer Hinsicht) resultieren aus dem Unfall nicht (Spät- und Dauerfolgen sind sowohl aus unfallchirurgischer als auch aus psychiatrischer Sicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen: vgl insbes S 9 in ON 25, S 5 in ON 29; S 6 in ON 39). Die Klägerin war lediglich bis 20.5.2022 im Krankenstand. Anschließend war sie abnehmend für vier Wochen körperlich bei bestimmten Arbeiten noch eingeschränkt, während aus psychiatrischer Sicht nach dem Krankenstand Arbeitsfähigkeit vorlag, die Bewältigung des Arbeitsalltags jedoch eine erhöhte Willensanstrengung der Klägerin erforderte. Überstunden waren der Klägerin bis zum Antritt der Karenz nicht möglich.

2.3. Ein besonders langwieriger Heilungsverlauf lässt sich aus diesen erstgerichtlichen Feststellungen nicht ableiten.

2.4. Grundsätzlich zutreffend ist, dass die Schmerzperioden nur eine Bemessungshilfe darstellen, aber keine Berechnungsmethode (RS0122794; 2 Ob 108/15v). Das Erstgericht hat aber ohnedies keine „Berechnung“ vorgenommen, sondern lediglich den von den Beklagten bezahlten Betrag für angemessen befunden.

2.5. In einer Gesamtzusammenschau der festgestellten Unfallfolgen für die Klägerin, insbesondere der von ihr erlittenen Verletzungen und der damit einhergehenden Schmerzen, sowie gerade auch aufgrund der verneinten Spät- und Dauerfolgen erscheint der vom Erstgericht für berechtigt erachtete Betrag von EUR 6.630,-- nicht korrekturbedürftig.

2.6. Daran vermögen auch die von der Klägerin in ihrer Berufung dargestellten Entscheidungen nichts zu ändern und stehen insbesondere die von der Klägerin zitierten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Innsbruck dem Schmerzengeldzuspruch im vorliegenden Fall nicht entgegen:

Vorauszuschicken ist, dass maßgebend für die Ermittlung des Schmerzengelds der Zeitpunkt Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz ist (RS0031402 [T2, T4]; 4 Ob 204/13y). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Valorisierung der in den Vergleichsentscheidungen zugesprochenen Beträge ist demgemäß der Dezember 2024.

2.6.1. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 27.10.2004 zu 14 R 98/04s, mit welcher für eine Zerrung der Halswirbelsäule einerseits und depressiven Beeinträchtigungen für rund neun bis zehn Monate andererseits bei sieben Tagen mittelstarken und 35 Tagen leichten Schmerzen (aufgewertet auf Dezember 2024) EUR 8.330,-- zugesprochen wurden, erging vor dem Hintergrund eines (körperlich) verzögerten Heilungsverlaufs. Insofern ist dieser Fall mit der vorliegenden Entscheidung nicht völlig vergleichbar.

2.6.2. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 1.2.2007 zu 1 R 266/06m, mit welcher (aufgewertet auf Dezember 2024) EUR 9.618,-- für eine Zerrung der Halswirbelsäule, Prellungen sowie psychische Probleme in Form einer leichtgradigen posttraumatischen Belastungsstörung samt anfänglichen Schlafstörungen bei drei Tragen mittelstarken und fünf bis sechs Wochen leichten Schmerzen zugesprochen wurden, ist mit dem vorliegenden Fall schon insofern nicht vergleichbar, als die Verletzungen Folge eines Vergewaltigungsversuchs waren. Wie die Klägerin in ihrer Berufung selbst einräumt, stellt dies einen (deutlich) traumatischeren Ausgangssachverhalt dar. Ergänzend anzumerken ist, dass in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall auch das Erfordernis einer Behandlung mit einem Psychopharmakum bestand.

2.6.3. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 19.12.2008 zu 2 R 224/08w, mit welcher (aufgewertet auf Dezember 2024) EUR 10.717,-- für eine leichtgradige Verletzung der Halswirbelsäule samt Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion und Somatisierung in Remission bei einem Tag starken, zehn Tagen mittelstarken und sechs Wochen leichten Schmerzen zugesprochen wurden, ist ebenfalls nicht vergleichbar. Zum einen kam es in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall drei Monate nach dem Unfall zu einer Verschlechterung der Schmerz- und Bewegungssymptomatik, was einen vierwöchigen Rehabilitationsaufenthalt erforderlich machte, wobei eine vollständige Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erst 16 Monate nach dem Unfall erfolgte. Zum anderen waren auch ein Tag starke Schmerzen und fünfmal so viel Tage mittelstarke Schmerzen wie im vorliegenden Fall zu erleiden.

2.7. Auch der Schmerzengeldzuspruch ist somit nicht zu beanstanden.

IV. Der Berufung der Klägerin bleibt damit insgesamt ein Erfolg versagt .

V. Verfahrensrechtliches:

1. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet in §§ 41, 50 ZPO. Da die Klägerin mit ihrer Berufung erfolglos blieb, hat sie den Beklagten die tarifgemäß verzeichneten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.

2. Die Revision ist im Hinblick auf das Berufungsinteresse gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

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