11Bs124/25k – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck beschließt durch die gemäß § 33 Abs 2 erster Satz StPO zuständige Einzelrichterin Mag. a Obwieser in der Strafsache gegen A* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 23.4.2025, GZ **-309:
Spruch
Der Beschwerde wird t e i l w e i s e Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass der vom Verurteilten A* zu leistende Pauschalkostenbeitrag gemäß § 381 Abs 1 Z 1 StPO auf EUR 3.500,-- herabgesetzt wird, sodass die gesamten von diesem Verurteilten gemäß § 381 Abs 1 StPO zu ersetzende Kosten EUR 22.371,93 betragen.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
Text
Begründung:
Der ** geborene A* wurde mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 21.11.2024, GZ **-291, im zweiten Rechtsgang ua wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Die Staatsanwaltschaft drang mit ihrer dagegen erhobenen Berufung nicht durch, hingegen wurde mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 2.4.2025, 12 Os 22/25i-9, der vom Verurteilen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung teilweise Folge gegeben. Zugleich wurde ausgesprochen, dass dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last fallen (ON 305).
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte der Vorsitzende des Schöffengerichtes die von A* nach § 381 Abs 1 StPO zu ersetzenden Kosten des Strafverfahrens mit insgesamt EUR 23.871,93. Begründend wurde Nachfolgendes ausgeführt:
Die Höhe ergibt sich aus einem Pauschalkostenbeitrag iHv EUR 5.000,-- als Anteil zum Verfahrensaufwand (im ersten Rechtsgang 18/2 Stunden Hauptverhandlung vor dem Landesgericht als Schöffengericht sowie Rechtsmittelverfahren vor dem OGH, im zweiten Rechtsgang 8/2 Stunden Hauptverhandlung vor dem Landesgericht als Schöffengericht sowie Rechtsmittelverfahren vor dem OGH einschließlich öffentlicher Sitzung), den Sachverständigengebühren iHv EUR 1.897,-- (ON 88), den Kosten der Sicherstellung des PKW **, Kennzeichen **, Fahrzeug-Identifizierungsnummer **, sowie der Auskünfte über Bankkonten und Daten einer Nachrichtenübermittlung und der Überwachung von Nachrichten, welche einen erheblichen Beitrag zur Aufklärung der Tat geleistet haben (ON 15, 17, 68, 76, 91,113, 117, 129, 167, 197, 213, 216, 218, 246, 249, 261, 267, 276, 283, 288, 294, 299, 301, 304), und der finanziellen Leistungsfähigkeit des Verurteilten (Eigentümer mehrerer Liegenschaftsanteile, Guthaben iHv EUR 35.000,-- auf einem Girokonto sowie auf diversen Sparbüchern iHv zwischen insgesamt EUR 80.000,-- und EUR 90.000,--) unter Berücksichtigung der Sorgepflichten im Rahmen des § 381 Abs 3 StPO.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige und durch den Verteidiger ausgeführte Beschwerde des Verurteilten, die auf eine angemessene Herabsetzung der Kosten, in eventu auf eine Zurückverweisung an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung abzielt. Argumentativ wird vorgebracht, dass einerseits der an der Obergrenze festgesetzte Pauschalkostenbeitrag mangels des Vorliegens der Voraussetzungen eines außergewöhnlichen und extremen Verfahrensumfanges zu hoch sei, andererseits sei keine Aufschlüsselung der Kosten erfolgt, weshalb der festgesetzte Betrag weder nachvollziehbar noch überprüfbar sei (ON 324).
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, kommt teilweise Berechtigung zu.
Nach § 381 Abs 1 Z 1 StPO umfassen die Kosten des Strafverfahrens einen Pauschalkostenbeitrag als Anteil an den in § 381 StPO nicht besonders angeführten Kosten des Strafverfahrens, einschließlich der Kosten der Ermittlungen der Kriminalpolizei und der zur Durchführung von Anordnungen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts notwendigen Amtshandlungen. Der Pauschalkostenbeitrag ist gemäß § 381 Abs 3 StPO innerhalb bestimmter Grenzen zu bemessen, und zwar - wie hier relevant - im Verfahren vor dem Landesgericht als Schöffengericht von EUR 250,-- bis EUR 5.000,--. Dabei sind nach § 381 Abs 5 StPO die Belastung der im Strafverfahren tätigen Behörden und Dienststellen und das Ausmaß der diesen erwachsenen, nicht besonders zu vergütenden Auslagen sowie das Vermögen, das Einkommen und die anderen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Ersatzpflichtigen maßgebenden Umstände zu berücksichtigen.
Kriterien für die Belastung der Strafverfolgungsbehörden sind unter anderem der Umfang des Aktes, Ausmaß und Dauer der Erhebungen der Sicherheitsbehörden, die Länge und Aufwendigkeit des Ermittlungsverfahrens, Anzahl und Dauer der Hauptverhandlung(en) sowie die Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens. Dieser Verfahrensaufwand ist in Relation zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des zum Kostenersatz Verpflichteten zu setzen und sind dabei einerseits sein Einkommen, Vermögen und seine Unterhaltsansprüche und andererseits seine Schulden, Unterhaltspflichten und andere Verbindlichkeiten zu berücksichtigen ( Lendl , WK-StPO § 381 Rz 49 f).
Auch wenn der Verurteilte inhaftiert ist und somit kein Einkommen erzielt, verfügt er über ein ansehnliches Vermögen (Eigentumswohnung in der **, Tiefgaragenabteil (**) in der **, ein Girokonto mit Einlagestand EUR 35.000,-- sowie Sparbücher mit Einlagestand zwischen EUR 80.000,-- und EUR 90.000,--). Er hat keine Schulden zu bedienen. Sorgepflichtig ist er für ein minderjähriges Kind (ON 58, ON 219).
Der gegenständliche Strafakt umfasst bis zur Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof im zweiten Rechtsgang mehr als 304 Ordnungsnummern. Im Ermittlungsverfahren, welches mit Anlassbericht (ON 2) der Landespolizeidirektion B* am 8.3.2023 eingeleitet wurde und bis zur Erhebung der Anklageschrift am 19.12.2023 (ON 159) insgesamt über 9 Monate dauerte, wurden zahlreiche Schritte gesetzt. So ordnete die Staatsanwaltschaft Innsbruck am 10.3.2023 neben einer verdeckten Ermittlung und Observation die Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung sowie die Überwachung von Nachrichten des Verurteilten an (ON 11, ON 12) und verlängerte die genannten Maßnahmen zweimal bis zum 30.9.2023 (ON 22, ON 23, ON 36, ON 37). Zudem wurde die Tiefgarage in **, über einen Zeitraum von drei Monaten optisch überwacht (ON 27). Darüber hinaus wurden Durchsuchungen von diversen Wohnungen samt Sicherstellungen angeordnet (ON 34). Am 13.12.2023 wurde der 43 Seiten umfassende Abschlussbericht samt 26 Beilagen - darunter 16 Protokolle über Zeugeneinvernahmen - übermittelt (ON 131). Es fanden zwei Hauptverhandlungen von insgesamt 26/2 statt (ON 219 und ON 290) und waren auch zwei Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof durchzuführen (ON 270 und ON 305).
Ausgehend von diesem etwas über dem Durchschnitt liegenden Verfahrensaufwand ist der vom Erstgericht bestimmte Pauschalbeitrag in Höhe des gesetzlich vorgesehenen Höchstbetrages von EUR 5.000,-- überhöht und war - auch mit Blick auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verurteilten, der im Übrigen in seiner Beschwerde keine Änderungen seiner Vermögenslage behauptet - , auf EUR 3.500,-- herabzusetzen.
Entgegen der weiteren Kritik des Beschwerdeführers ist der vom Erstgericht neben dem Pauschalbeitrag und den Sachverständigengebühren (EUR 1.897,--) vorgeschriebene Kostenersatz von EUR 16.974,93 durch die im angefochtenen Beschluss angeführten Aufwendungen der Strafverfolgungsbehörden samt Ordnungsnummern nachvollziehbar und überprüfbar.
Aus den vom Erstgericht explizit angeführten Ordnungsnummern in Zusammenschau mit dem korrespondierenden Akteninhalt ergibt sich die Zusammensetzung der ersatzpflichtigen Kosten in Höhe von EUR 16.974,93 wie folgt:
Gemäß § 381 Abs 1 Z 5 StPO sind die Kosten einer Sicherstellung, einer Auskunft über Bankkonten und über Bankgeschäfte oder der Beschlagnahme von Briefen, der Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung und der Überwachung von Nachrichten gemäß §§ 111 Abs 3, 116 Abs 6 letzter Satz und 138 Abs 3, soweit diese Ermittlungsmaßnahmen einen erheblichen Beitrag zur Aufklärung der Tat geleistet haben, zu ersetzen.
Lassen sich beschlagnahmte Gegenstände nicht bei der Behörde (bei Gericht in der Verwahrungsstelle) lagern, ist ein Verwahrer zu bestellen (§ 610 Abs 3 Geo). Diese (nichtamtliche) Lagerung und Verwahrung der sichergestellten Gegenstände löst ebenfalls eine Kostenersatzpflicht nach § 381 Abs 1 Z 5 aus ( Lendl in Fuchs/Ratz, WK-StPO § 381 Rz 29).
Wie das Erstgericht bereits zutreffend ausführte, trugen die diesen Kosten zugrunde liegenden Maßnahmen erheblich zur Aufklärung der dem Verurteilten zur Last gelegten Taten bei, weshalb sie als Kosten des Strafverfahrens nach § 381 Abs 1 Z 5 StPO von ihm zu ersetzen sind.
Der Beschwerde war somit teilweise Folge zu geben.