JudikaturOLG Innsbruck

6Bs161/25i – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
17. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Friedrich als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Klammer und den Richter Mag. Melichar als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung gemäß § 46 Abs 1 und 5 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Vollzugsgericht vom 21.5.2025, GZ **-6, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).

Text

BEGRÜNDUNG:

Der am ** geborene A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Innsbruck im Anschluss an eine Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Tagen, 17 Stunden und 22 Minuten zu ** des Landesgerichtes Feldkirch eine wegen des Vergehens des Hausfriedensbruchs nach § 109 Abs 3 Z 2 und Z 3 StGB, des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB, des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 und 3 WaffG und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB über ihn zu ** des Landesgerichtes Feldkirch verhängte Freiheitsstrafe von 20 Monaten. Nach dem Schuldspruch hat A* unter anderem am 24.4.2021 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Mittäter

1. den Eintritt in die Wohnstätte seiner Schwiegermutter B* mit Gewalt erzwungen, indem der Mittäter die Tür mit dem Fuß eintrat, wobei A* eine Waffe, nämlich einen Schlagring, und beide jeweils ein hölzernes Stuhlbein bei sich führten, um den Widerstand des C* zu verhindern, und wobei das Eindringen mehrerer Personen erzwungen wurde,

2. dem Freund der Schwiegermutter C* eine schwere Körperverletzung zuzufügen versucht, indem sie ihm jeweils mehrere Faustschläge und Schläge mit einem hölzernen Stuhlbein und einem Besenstiel gegen den Oberkörper und den Kopf versetzten, wodurch dieser zwei Rissquetschwunden am Kopf und Prellungen am Kopf, an der linken Schulter und an der linken Hand erlitt.

Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 11.5.2026. Mit dem heutigen Tag (17.6.2025) hat der Strafgefangene die Hälfte der Freiheitsstrafe verbüßt.

A* strebt seine bedingte Entlassung zu diesem Stichtag an und brachte dazu im Erhebungsbogen sowie anlässlich seiner Anhörung vor, er sei mehr oder weniger erwachsen geworden. Durch seine Kinder habe er seine Prioritäten anders gesetzt. Ein Familienstreit sei außer Kontrolle geraten, wofür er die Verantwortung übernehme. In der Haft habe er mit dem IFS-Gewaltcoachingtraining begonnen und wolle damit nach der Entlassung weitermachen. Für die Zeit nach seiner Entlassung habe er sich auch eine Arbeit organisiert. Dem Erhebungsbogen angeschlossen ist eine Einstellungszusage der „D* GmbH“ vom 23.9.2024.

Die Leitung der Justizanstalt Feldkirch bescheinigt dem Strafgefangenen trotz zweier Ordnungswidrigkeiten ein gutes Anstalts- und Sozialverhalten, äußert jedoch im Hinblick auf eine weitere, noch in Arbeit befindliche Ordnungswidrigkeit vom 6.2.2025 Bedenken gegen eine bedingte Entlassung (ON 2.2). Die Staatsanwaltschaft Innsbruck äußerte sich aus spezialpräventiven Gründen ablehnend (ON 4).

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Innsbruck als Vollzugsgericht nach Anhörung des Strafgefangenen dessen bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafen ab und begründete dies mit näher dargelegten spezialpräventiven Erwägungen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sogleich nach der Verkündung erhobene und sodann schriftlich ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen. Darin wendet sich der Strafgefangene vor allem gegen die Familie seiner Ehegattin, insbesondere seine Schwiegermutter, und relativiert seine oben beschriebenen Taten. Diese bereue er nur bedingt, weil sie die gewünschte Wirkung erzielt hätten und ihn keiner „von denen“ mehr so schnell angreife. Er und sein Mittäter seien mit Holzknüppeln bewaffnet gekommen, um ihm (C*) „die Flausen aus dem Kopf zu prügeln“.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, dringt nicht durch.

Hat ein Verurteilter die Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe oder des nicht bedingt nachgesehenen Teils einer solchen Strafe, mindestens aber drei Monate verbüßt, so ist ihm der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB (Weisungen, Bewährungshilfe) anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird (§ 46 Abs 1 StGB). Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit. Besonderes Augenmerk ist nach § 46 Abs 4 StGB darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können ( Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz , WK² StGB § 46 Rz 15/1).

Der bereits während der Haft bestehende Kontakt zur Gewalt- und Männerberatung (ON 2.5) ist zweifellos positiv zu vermerken, ebenso die vorgelegte Einstellungszusage. Das Vorleben des Strafgefangenen lässt jedoch auch nach Ansicht des Beschwerdegerichts die von § 46 Abs 1 StGB geforderte Prognose und damit eine bedingte Entlassung bereits nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafen keinesfalls zu. Seine Strafregisterauskunft weist bereits 16 Eintragungen auf, wobei zwei Verurteilungen im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB zu vorangegangenen stehen. Zweimal wurde der Strafgefangene bereits aus dem Vollzug von Freiheitsstrafen bedingt entlassen. Beide bedingten Entlassungen mussten in der Folge aufgrund neuerlicher Delinquenz widerrufen werden, woran auch die Anordnung von Bewährungshilfe nichts änderte (Punkt 5. der Strafregisterauskunft). Auch der zuletzt stets ungekürzte Vollzug der über den Strafgefangenen verhängten Freiheitsstrafen vermochte ihn nicht von der Begehung neuerlicher strafbarer Handlungen abzuhalten. Schließlich sprechen auch die Beschwerdeausführungen hinsichtlich der dem nunmehrigen Vollzug zugrundeliegenden Taten gegen die noch im Erhebungsbogen beteuerte Änderung seiner inneren Einstellung insbesondere zur Anwendung von Gewalt.

Damit musste die Beschwerde erfolglos bleiben.

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