7Bs106/25h – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Knapp, LL.M., als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Offer und Mag. Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 30.10.2024, GZ **-18, nach der am 12.6.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp Mag. Fuchs, der Sitzungsvertreterin der Oberstaatsanwaltschaft OStA Mag. Draschl, des Angeklagten und seines Verteidigers RA Mag. Pichler öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unangefochten in Rechtskraft erwachsen ein Konfiskations-, Verfalls- und Einziehungserkenntnis enthält, wurde der am ** geborene A* je eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, „§ 15 StGB“ (vgl aber RIS-Justiz RS0122006 [T3], RS0120233 [T6]) (I.) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II.) sowie mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (III.) schuldig erkannt.
Danach hat er in ** vorschriftswidrig
Hiefür verhängte das Schöffengericht über den Angeklagten in Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 4 SMG eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, rechnete darauf gemäß § 38 Abs 1 (Z 1) StGB die Verwahrungs- und Untersuchungshaft vom 16.7.2024, 17:45 Uhr, bis 26.7.2024, 11:05 Uhr aktenkonform auf die ausgesprochene Strafe an und verurteilte ihn nach § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens.
Bei der Strafbemessung wertete der Schöffensenat mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel und den auffallenden Widerspruch der Taten mit seinem sonstigen Verhalten (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), die reumütige geständige Verantwortung, die wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen habe (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB), den Umstand, dass die Taten teilweise beim Versuch geblieben seien (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB), die Suchtgiftergebenheit im Tatzeitraum und die teilweise Sicherstellung des tatverfangenen Suchtgifts in geringem Umfang, erschwerend demgegenüber das Zusammentreffen zweier Verbrechen und mehrerer Vergehen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) und die erhebliche Überschreitung der 25-fachen Grenzmenge. Ausgehend davon sowie unter Berücksichtigung allgemeiner Strafbemessungskriterien erachtete der Schöffensenat bei einem Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe eine solche von vier Jahren als schuld- und tatangemessen und stützte die Vorhaftanrechnung und die Verpflichtung zum Kostenersatz auf die angezogenen Gesetzesstellen.
Eine vom Angeklagten gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde hat der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 1.4.2025, GZ 11 Os 22/25g-4, zurückgewiesen und den Akt dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über die weiters erhobene Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe weitergeleitet. Diese mündet in den Antrag, die Strafe herabzusetzen (ON 22.1).
Die Staatsanwaltschaft hat auf die Erstattung von Gegenäußerungen ausdrücklich verzichtet (ON 23).
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer schriftlichen Stellungnahme den Standpunkt, dass der Berufung nicht Folge zu geben sein werde.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung dringt nicht durch.
Der Schöffensenat hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig und zutreffend erfasst, diese sind jedoch geringfügig zu präzisieren und korrigieren.
Eine untergeordnete Rolle des Angeklagten „in Anbetracht der Größe und Organisationsstruktur des Drogenrings“ ist in Ansehung der abgeurteilten Taten nicht mildernd. Eine untergeordnete Tatbeteiligung bei diesen Taten wiederum wäre nur dann strafmildernd, wenn das Verhalten nach Art und Umfang für die Tatausführung nicht erheblich gewesen wäre ( Riffel in Höpfel/Ratz , WK 2 § 34 Rz 16), wovon aber mit Blick auf die konstatierten Tathandlungen des Angeklagten zu I. und II. (Ein- und Ausfuhr sowie Überlassen von Cannabiskraut) gerade keine Rede sein kann.
Auch das weitere Vorbringen, es müsse bei der Strafbemessung einen Unterschied machen, welche Art von Droge Gegenstand der Tat sei und müsse sich der Umstand, dass es sich um Cannabis gehandelt habe, das in zahlreichen Ländern legalisiert sei, zu Gunsten des Angeklagten ausschlagen, dringt nicht durch. Der Gesetzgeber hat der dem Handel und sonstigen Umgang mit Suchtgiften innewohnenden Gefährlichkeit bereits durch die aus §§ 27 bis 28a SMG ersichtlichen Strafdrohungen Rechnung getragen und das von einzelnen Suchtgiften ausgehende unterschiedliche Gefährdungspotenzial durch § 1 der Suchtgift-Grenzmengenverordnung iVm § 28b SMG berücksichtigt. Damit scheidet eine zusätzliche mildernde Bewertung auf Strafzumessungsebene, dass es sich bei den tatverfangenen Drogen lediglich um Cannabis gehandelt habe , aus ( vgl RIS-Justiz RS0102874).
Das weitere Berufungsargument, der Angeklagte habe eine feste Beschäftigung bei einem renommierten Unternehmen in ** gefunden und besitze berufliches Potenzial, spricht keinen mildernden Umstand an.
Dass die den Schuldsprüchen zugrunde liegenden Taten in einem auffallenden Widerspruch zum sonstigen Verhalten des Angeklagten stehen, hat der Schöffensenat bereits berücksichtigt und ist zu Recht vom Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 2 StGB ausgegangen.
Der im Rechtsmittel mehrfach angestellte Verweis auf in anderen Verfahren verhängte Strafen ist nicht zielführend, zumal ausschließliches Kriterium für die Bemessung der Strafe nur die individuelle Täterschuld in Bezug auf eine oder mehrere konkrete Tat(en) sein kann (RIS-Justiz RS0090631 [T2], RS0090736).
Zutreffend weist die Oberstaatsanwaltschaft darauf hin, dass der vom Erstgericht angeführte besondere Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 13 StGB, wonach die Tat zu I.1. teilweise beim Versuch geblieben sei, zu entfallen hat. Ausgehend von den erstrichterlichen Sachverhaltsannahmen liegt anlassbezogen zu Schuldspruch I. eine tatbestandliche Handlungseinheit iwS vor, die materiell wie prozessual lediglich eine Tat darstellt. Weil aber bereits die im Zeitraum August 2023 bis 11.7.2024 nach Maßgabe des Tatbestands zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit zusammengefassten gleichartigen Handlungen, nämlich die Aus- und Einfuhr von rund 52 kg Cannabiskraut (davon 42 kg mit einem Reinsubstanzgehalt von jedenfalls 11,25 % THCA und 10 kg mit einem Reinsubstanzgehalt von ca 14,9 % THCA) die übergroße Menge des § 28a Abs 4 Z 3 SMG weit übersteigt, ist die Tat im materiellen Sinn bereits damit vollendet gewesen, weshalb die Annahme eines teilweisen Versuchs der bereits vollendeten Tat rechtlich verfehlt war (vgl RIS-Justiz RS0122006 [T3], RS0120233 [T6]). Dem Umstand, dass die weitere Aus- und Einfuhr von einer Nettomenge von 13,9 kg Marihuana am 16.7.2024 (aufgrund der Betretung durch die Polizei auf frischer Tat) unterblieb, ist durch die mildernde Wertung der Sicherstellung auch dieser Menge an Cannabis Rechnung zu tragen.
Aggravierend wirkt die Verwirklichung der Begehungsweisen der Aus- und Einfuhr zu Schuldspruch I.1. ( Matzka/Zeder/Rüdisser , SMG³ § 27 Rz 58) sowie des Erwerbs und Besitzes zum Schuldspruch II. (RIS-Justiz RS0114037 [T10]; Matzka/Zeder/Rüdisser aaO Rz 105). Zu II. ist auch der lange Tatzeitraum von 2014 bis 25.7.2024 erschwerend.
Ausgehend von den lediglich zu Lasten des Berufungswerbers korrigierten Strafzumessungsgründen ist der Berufung zuwider die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe von vier Jahren, die den zur Anwendung gelangenden Strafrahmen nicht einmal zu einem Drittel ausschöpft, vor allem auch mit Blick auf Aspekte der Generalprävention infolge der enormen Suchtgiftquanten zu I. 1. und 2. (RIS-Justiz RS0090600) eine schuld- und tatangemessene Sanktion, mit der der Berufung zuwider auch das umfassende Geständnis des Angeklagten und sein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung ausreichend gewichtet wurden. Die Strafe ist damit einer Herabsetzung nicht zugänglich.
Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung ist Folge des Ausgangs des Berufungsverfahrens. Sie gründet in der angeführten Gesetzesstelle.