11Bs123/25p – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dampf als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. a Hagen und Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafvollzugssache der A* wegen bedingter Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG über die Beschwerde der Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 29.4.2025, GZ **-7, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG).
Begründung:
Text
Die am ** geborene A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Innsbruck die über sie im Verfahren B* des Landesgerichts Innsbruck wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB verhängte Freiheitsstrafe von sieben Monaten. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 18.8.2025. Zum Zeitpunkt des angefochtenen Beschlusses wäre im Anschluss daran noch die Ersatzfreiheitsstrafe zu C* des Bezirksgerichts Innsbruck von 28 Tagen und 18 Stunden zu vollziehen gewesen, weshalb sich damals der Hälftestichtag mit 17.5.2025 und der Drittelstichtag mit 26.6.2025 ergab. Infolge Zahlung der offenen Geldstrafe zu C* des Bezirksgerichts Innsbruck forderte dieses am 15.5.2025 die Strafvollzugsanordnung betreffend die Ersatzfreiheitsstrafe von der Justizanstalt Innsbruck zurück (siehe Note vom 15.5.2025 im Verfahren C* des Bezirksgerichts Innsbruck). Aufgrund dessen ergibt sich nunmehr ein neuer Drittelstichtag mit 7.6.2025 (siehe aktuelle Vollzugsinformation).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Vollzugsgericht die bedingte Entlassung zum damaligen Drittelstichtag 26.6.2025 mit (auszugsweise) nachfolgender Begründung ab:
Mit Urteil des Landesgericht[s] Innsbruck vom 24.01.2025 zu B* rechtskräftig seit diesem Tag, wurde A* wegen des Vergehens des Diebstahles nach § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 Monaten verurteilt. Weiters wurde sie mit Urteil des Bezirksgericht Innsbruck vom 29.10.2019 zu C*, rechtskräftig seit 11.02.2020, wegen des Vergehens des Diebstahles nach §§ 15, 127 StGB zu einer Geldstrafe von 220 Tagessätzen zu je EUR 4,-- im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 110 Tagen verurteilt.
Aufgrund der Verurteilung des Bezirksgericht Innsbruck vom 29.10.2019 zu C* muss die Strafgefangene eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 28 Tagen und 18 Stunden (restliche Geldstrafe 57 Tagessätze zu je EUR 4,--) verbüßen. Dies führte zu einer Stichtagsänderung. (ON 5)
Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach zwei Dritteln der Freiheitsstrafen liegen am 26.06.2025 vor. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 15.09.2025.
Mit Schreiben vom 14.04.2025 beantragte die Strafgefangene eine bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe und führte an, dass sie zu ihrer Familie zurückkehren wolle. Sie habe sich während der bisherigen Haftzeit einem Benzodiazepin-Entzug unterzogen, da sie nur unter Einfluss dieses Medikaments straffällig geworden sei. Sie wolle kein Leben in Kriminalität führen und mit der Unterstützung ihrer Familie, ihrem Erwachsenenvertreter und der Bewährungshelferin zukünftig den richtigen Weg einschlagen. (ON 2.2)
Die Strafgefangene beantragte eine Anhörung gemäß § 152a Abs 1 StVG. Von der Durchführung einer solchen wird aufgrund fehlender Zweckmäßigkeit abgesehen, da erst vor kurzem – am 21.03.2025 – eine solche stattgefunden hat. Der persönliche Eindruck der Strafgefangenen ist in Anbetracht der gravierenden erwiesenen Umständen unerheblich.
Die Anstaltsleitung der Justizanstalt Innsbruck äußerte in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 15.04.2025 Bedenken gegen die bedingte Entlassung der Strafgefangenen, dies aufgrund des lediglich durchschnittlichen Anstalts- und Sozialverhalten sowie der Ordnungswidrigkeiten. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck sprach sich in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 16.04.2025 ebenfalls gegen die bedingte Entlassung der Strafgefangenen aus spezialpräventiven Gründen aus. (ON 2.1, ON 4)
[….]
Die Strafgefangene A* ist ** Staatsbürgerin. Ihre Strafkarte weist 10 zählbare Eintragungen auf, 8 davon betreffen strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen und sind somit einschlägig.
Ihr Anstalts- und Sozialverhalten in der Justizanstalt wird als durchschnittlich beschrieben und es sind ihr mehrere Ordnungswidrigkeiten während Verbüßung der Haftstrafe zuzurechnen – zuletzt am 01.04.2025.
Aufgrund des getrübten Vorlebens der Strafgefangenen, der Anzahl an einschlägigen Vorstrafen und des Umstandes, dass sie während der Probezeit, die aufgrund der bedingten Entlassung aus einer vorhergehenden Freiheitsstrafe unter Anordnung von Bewährungshilfe festgesetzt wurde, erneut straffällig wurde, kann unter Würdigung der gesamten Umstände keine positive Zukunftsprognose erstellt werden. Der Verurteilten ist aus spezialpräventiven Gründen eine bedingte Entlassung nicht zu bewilligen, da das erkennende Gericht davon ausgeht, dass sie durch die weitere Verbüßung der Strafe eher von der neuerlichen Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird als durch eine bedingte Entlassung.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene (ON 8) und schriftlich am 4.5.2025 näher ausgeführte Beschwerde der Strafgefangenen (ON 9), mit welcher sie ausführt, sie lege Einspruch gegen den Beschluss ein, da „ihr Lebensgefährte die EUR 230,-- eingezahlt“ habe und sie „noch fragen“ wolle, „ob man gegen die 220 Tagessätze à EUR 4,-- noch [etwas] machen könne“ und ob es möglich sei, den restlichen Teil der Geldstrafe bzw den gesamten Betrag zu bezahlen.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, kommt keine Berechtigung zu.
§ 46 Abs 1 StGB schreibt die bedingte Entlassung frühestens nach der Hälfte vor, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB (Anm: Weisungen, Bewährungshilfe) anzunehmen ist, dass die Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Tat(en), des privaten Umfelds der Verurteilten, ihres Vorlebens und ihre Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit ( Jerabek/Ropper in WK 2 StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzugs begonnene freiwillige Behandlung im Sinne von § 51 Abs 3 StGB, die die Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat(en) begangen wurde(n), eingetreten ist, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass die Verurteilte durch die bedingte Entlassung - allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB - nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen ( Jerabek/Ropper aaO Rz 15).
Soweit die Beschwerdeführerin im Erhebungsbogen vom 14.4.2025 (ON 2.2) behauptet, sie habe in der Justizanstalt einen Benzodiazepin-Entzug gemacht und nur unter dem Einfluss von Benzodiazepinen delinquiert, ist ihr zu erwidern, dass sich aus der Äußerung der Anstaltsleitung vom 15.4.2025 ergibt, dass sie in der Justizanstalt keine Therapien absolvierte (ON 2.1). Darüber hinaus ist das oben dargestellte Beschwerdevorbringen mangels Bezugnahme auf die ablehnende Entscheidungsbegründung des Erstgerichts bzw die Voraussetzungen der bedingten Entlassung einer Erwiderung nicht zugänglich.
Die Strafregisterauskunft der Strafgefangenen weist bereits 14 Eintragungen auf, davon aufgrund des § 31 Abs 1 StGB elf zählbare. Den Verurteilungen lagen überwiegend strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen, aber auch gegen die körperliche Unversehrtheit und Willensfreiheit und in einem Fall nach dem Suchtmittelgesetz zugrunde. Die Beschwerdeführerin wurde am 15.6.2023 auch schon einmal unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren und Anordnung der Bewährungshilfe aus dem Vollzug eines Strafenblocks bedingt entlassen. Die völlige Wirkungslosigkeit bisheriger Sanktionen, insbesondere auch eines Freiheitsentzugs bis zu einer bedingten Entlassung und die Führung der Beschwerdeführerin in der Justizanstalt, die von Ordnungswidrigkeiten getrübt ist, lassen die von § 46 Abs 1 StGB geforderte Legalprognose, wonach sie durch die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Drittel der Strafe nicht weniger als durch die weitere Verbüßung von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, selbst unter Berücksichtigung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB, zum (neuen) Drittelstichtag 7.6.2025 nicht zu.
Die Beschwerde musste daher erfolglos bleiben.