11Bs105/25s – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck beschließt durch die Richterin Mag. a Hagen als Einzelrichterin (§ 33 Abs 2 erster Satz StPO) in der Strafsache gegen A* wegen des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach §§ 15, 107a Abs 1 und 2 Z 1 StGB über die Beschwerden der Genannten sowie der Staatsanwaltschaft Feldkirch gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 15.4.2025, GZ B* 24:
Spruch
Den Beschwerden wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug n i c h t zu (§ 89 Abs 6 StPO).
BEGRÜNDUNG:
Text
Mit einzelrichterlichem (Abwesenheits-)Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 2.4.2025, B*, wurde A* im zweiten Rechtsgang von der wider sie erhobenen Anklage „ sie habe am 24.6.2024 in **, mit Blick auf das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 18.01.2024 zu **, längere Zeit hindurch, C* in einer Weise, die geeignet ist, diesen in seiner Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, widerrechtlich beharrlich zu verfolgen versucht, indem sie fortgesetzt im Wege einer Telekommunikation Kontakt zu ihm herstellte und seine räumliche Nähe aufsuchte, und zwar:
gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen (ON 21.2).
Am 10.4.2025 beantragte die Freigesprochene unter Anschluss einer Leistungsaufstellung der Vertretungsleistungen ihres Wahlverteidigers über gesamt EUR 11.367,40 (darin enthalten ein Erfolgszuschlag von 50 % in Höhe von EUR 3.153,28 netto und USt-pflichtige Barauslagen in Höhe von EUR 13,--) die Bestimmungen des Beitrags zu den Kosten ihrer Verteidigung mit EUR 11.000,00 (ON 22.2 und 22.3).
Die Staatsanwaltschaft erklärte, dass gegen einen „Kostenersatz“ von ca. 10 % der geltend gemachten Höhe kein Einwand bestehe (siehe Vermerk bei ON 23).
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss bestimmte der Einzelrichter den Beitrag zu den Kosten der Verteidigung nach § 393a StPO mit EUR 4.500,--. Begründend wurde ausgeführt, dass es sich fallaktuell unter Heranziehung der neuen Gesetzeslage sowie der bisherigen Rechtsprechung um einen durchschnittlichen Fall, gemessen an der Komplexität der Sach- und Rechtslage handle und auch der Aktenumfang durchschnittlich gewesen sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich eine rechtzeitige (Kosten-)Beschwerde der Freigesprochenen, die sich mit dem Argument, wonach (berichtigt) Leistungen im Umfang von EUR 11.305,67 erbracht worden seien, ausschließlich gegen die Nichtzuerkennung eines Betrages von EUR 6.500,-- wendet (ON 28).
Auch die Staatsanwaltschaft erhob Beschwerde, die in den Antrag mündet, den zuzusprechenden Beitrag zu den Kosten der Verteidigung "gemäß § 196a StPO" auf ein angemessenes Maß zu reduzieren (ON 25).
Von der ihr eingeräumten Möglichkeit einer Gegenäußerung zur Beschwerde der Staatsanwaltschaft machte die Freigesprochene keinen Gebrauch.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerden, zu denen sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthalten hat, sind nicht berechtigt.
Nach § 393a Abs 1 StPO hat der Bund auf Antrag einem in einem Offizialverfahren freigesprochenen Angeklagten (hier: Angeklagte) einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Dieser Beitrag umfasst die nötig gewesenen und von der Angeklagten bestrittenen baren Auslagen und einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sie sich bedient. Er ist nach § 393a Abs 2 StPO unter Bedachtnahme auf den Umfang des Verfahrens, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts EUR 13.000,-- nicht übersteigen.
Beim Kriterium des Umfangs des Verfahrens sind die Phase des Ermittlungs- und Hauptverfahrens als auch ein allfälliges Rechtsmittelverfahren zu berücksichtigen. Ausschlaggebend ist der Verfahrensaufwand im gesamten Strafverfahren (EBRV 2557 der Beilagen XXV II. GP, S 6). Der Höchstbetrag der Grundstufe (§ 393a Abs 2 Z 2 StPO) steht für alle Verteidigungsfälle der jeweiligen Verfahrensart zu, die nicht außergewöhnlich oder extrem sind. Es besteht nach der gesetzgeberischen Intention kein Grund mehr, für einen durchschnittlich einfachen Verteidigungsfall von lediglich 10 % des Höchstwertes auszugehen, vielmehr ist es mit Blick auf die Neugestaltung des Verteidigerkostenbeitrags geboten, für ein durchschnittliches Verfahren der Grundstufe auch von durchschnittlichen Verteidigungskosten für ein solches Verfahren auszugehen und den sich dabei ergebenden Betrag als Ausgangsbasis für die Bemessung des (konkreten) Pauschalkostenbeitrags heranzuziehen.
Bei einem einfachen Standardverfahren vor dem Einzelrichter ist unter Heranziehung der Ansätze der AHK (unter Einbeziehung des Einheitssatzes jedoch Außerachtlassung der Erfolgs- und Erschwerniszuschläge) von einem durchschnittlichen Aufwand in Höhe von EUR 6.500,-- auszugehen (Vertretung im Ermittlungsverfahren, Teilnahme an der Hauptverhandlung in der Dauer von 5 Stunden und die Einbringung eines prozessrelevanten Schriftsatzes). Je nach Umfang des Ermittlungsverfahrens und der Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen kann sich der Beitrag dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern bzw. sich von diesem weiter entfernen (ERBV 2557 der Beilage XXV II. GP, S 8). Das gegenständliche Strafverfahren umfasst bis zum Urteil (im zweiten Rechtsgang) 21 Ordnungsnummern. Erst nach Erhebung des Strafantrages erfolgte am 8.7.2024 die Vollmachtsbekanntgabe durch den Verteidiger, wobei gleichzeitig beantragt wurde, die Inhaber zweier angeführter Telefonnummern bzw. Anschlüssen und des D*-Accounts "E*" auszuforschen (ON 5). Weitere Schriftsätze wurden vor der Hauptverhandlung, die im ersten Rechtsgang 4/2 Stunden dauerte (ON 8), nicht eingebracht. Gegen das im ersten Rechtsgang ergangene Urteil (ON 9) erhob die Freigesprochene Berufung wegen Nichtigkeit sowie der Aussprüche über die Schuld und die Strafe (ON 10), die zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Strafsache zur neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen wurde (ON 16.3). Die Hauptverhandlung im zweiten Rechtsgang dauerte lediglich eine halbe Stunde (ON 21.1) und erwuchs das Urteil ohne weiteres Rechtsmittelverfahren in Rechtskraft.
Mit Blick auf den zweckmäßigen Verteidigungsaufwand, ist der vom Erstgericht bemessene und unter dem Durchschnitt eines Standardverfahrens der Grundstufe liegende Verteidigungskostenbeitrag, der auch unter Außerachtlassung des Erfolgszuschlages bloß einen Beitrag darstellt, trotz des erfolgreichen Rechtsmittelverfahrens, angemessen und bedarf entgegen den vorliegenden Beschwerden weder einer Herabsetzung noch einer Erhöhung.
Den Beschwerden war daher nicht Folge zu geben.