6Bs336/24y – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch die Richterin Dr. Klammer als Einzelrichterin (§ 33 Abs 2 StPO) in der Strafsache gegen Dr. A* wegen des Vergehens des Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 06.12.2024, ** (= B* 4 der Staatsanwaltschaft Innsbruck), beschlossen:
Spruch
Der Beschwerde wird t e i l w e i s e Folge gegeben und der vom Bund an Dr. A* nach § 196a Abs 1 StPO zu leistende Beitrag zu den Kosten der Verteidigung im Ermittlungsverfahren mit EUR 1.000,-- bestimmt.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
Begründung:
Text
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck führte zu B* ein Ermittlungsverfahren gegen Dr. A* und eine weitere Beschuldigte wegen des Vergehens des Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB, das mit Verfügung vom 06.11.2024 nach Einlangen des polizeilichen Abschlussberichtes gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt wurde (ON 1.1).
Mit Schriftsatz vom 08.11.2024 beantragte der Verteidiger unter Beilage einer Leistungsaufstellung in Höhe von EUR 5.167,14, die auch einen 50 %igen Erfolgszuschlag umfasst, und unter Hinweis auf einen zusätzlich stattgefundenen ausführlichen Besprechungstermin mit dem Mandanten den Zuspruch eines angemessenen Verteidigungskostenbeitrages (ON 3).
Die Staatsanwaltschaft stimmte einem Kostenbeitrag in angemessenem Ausmaß zu (ON 1.3).
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht den vom Bund an den Antragsteller gemäß § 196a Abs 1 StPO zu leistenden Beitrag zu den Verteidigungskosten mit EUR 350,-- und führte dazu an, der Sachverhalt sei nicht außergewöhnlich komplex und das Ermittlungsverfahren von geringem Umfang und ohne qualitative oder quantitative Schwierigkeiten. Bei den geltend gemachten Barauslagen handle es sich um einen Teil der Entlohnung für die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr und nicht um Barauslagen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde des Dr. A* mit dem Antrag auf Zuspruch eines Kostenbeitrages in Höhe von insgesamt EUR 1.200,--. Das Ermittlungsverfahren habe neben einer ausführlichen Korrespondenz und zahlreichen Telefonaten zwischen dem Verteidiger und dem Mandanten einen schwerwiegenden Vorwurf enthalten. Bei der Vernehmung des Mandanten, die über 20 Minuten gedauert habe, sei auch der Verteidiger anwesend gewesen. Zudem sei die eigentlich zuständige Beamtin nicht anwesend gewesen und habe daher zunächst die Thematik und der Grund der Anwesenheit mit einem anderen Polizeibeamten vorab besprochen werden müssen.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, ist teilweise berechtigt.
Wird ein Ermittlungsverfahren gemäß § 108 oder § 190 StPO eingestellt, so hat gemäß § 196a Abs 1 StPO der Bund dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Dieser Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf den Betrag von EUR 6.000,-- nicht übersteigen.
Die Kriterien des Umfangs der Ermittlungen und der Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen sind anhand des konkreten Ermittlungsverfahrens zu gewichten. Ausschlaggebend sind insbesondere der sich auf die Verteidigung durchschlagende Aufwand bei den Ermittlungsmaßnahmen, die Dauer des Ermittlungsverfahrens, die Anzahl der Verfahrensbeteiligten sowie die Gestaltung des dem Ermittlungsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalts, der in seiner Komplexität von ganz einfachen Fällen bis hin zu umfangreichen Strafverfahren (etwa organisierte Kriminalität oder Wirtschaftsstrafverfahren) variieren kann und bei dem auch Aspekte, die die Ermittlungsarbeit erheblich aufwändig gestalten (beispielsweise wirtschaftliche Verflechtungen, Auslandsbeteiligungen, schwer nachvollziehbare Geldflüsse, Erfordernis von Sachverständigengutachten oder Rechtshilfeersuchen) zu berücksichtigen sind. Zudem steht die Bemessung des Verteidigerkostenbeitrags immer auch unter dem Blickwinkel der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Verteidigung bzw der einzelnen Verteidigungshandlungen.
Der Pauschalkostenbeitrag im Höchstbetrag der Grundstufe 1 in Höhe von EUR 6.000,-- soll grundsätzlich für alle Verteidigungshandlungen zur Verfügung stehen, die nicht außergewöhnlich oder extrem sind. Da die Bandbreite der Verfahren, die in diese Grundstufe fallen, von ganz einfachen Verteidigungsfällen bis hin zu Wirtschaftsstrafsachen reichen, kann sich der Beitrag je nach Umfang der Ermittlungen und Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern bzw sich von diesem weiter entfernen. Dabei wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass ein durchschnittliches Standardverfahren rund EUR 3.000,-- an Aufwand für die Verteidigung verursachen wird, wobei in dieser Berechnung zwar der Einheitssatz Berücksichtigung findet, Erfolgs- und Erschwerniszuschläge jedoch außer Betracht zu bleiben haben (EBRV 2557 BlgNR 27. GP S 3 und 5).
Gegenständlich umfasst das Ermittlungsverfahren lediglich den polizeilichen Abschlussbericht samt durchgeführter Erhebungen, nach dessen Einlangen die Einstellung durch die Staatsanwaltschaft erfolgte. Im Ermittlungsverfahren teilte der Verteidiger mit Schriftsatz vom 05.08.2024 seine Bevollmächtigung mit, beantragte Akteneinsicht und die Verlegung des vorgesehenen Termins für die Beschuldigtenvernehmung zwecks vorab notwendiger Besprechung mit dem Mandanten (ON 2.17). Am 09.08.2024 fand die Einvernahme des nunmehrigen Antragstellers statt (ON 2.8), die insgesamt zwar 21 Minuten umfasste, inhaltlich aber lediglich darin bestand, dass der damalige Beschuldigte auf die vorgelegte schriftliche Stellungnahme verwies. Der Verteidiger nahm an dieser Vernehmung teil.
Die angeführte schriftliche Stellungnahme (ON 2.13) umfasst eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem strafrechtlichen Vorwurf sowie Anträge auf Vernehmung zweier Zeugen und die Vorlage von Urkunden. Die Einvernahme beider im Schriftsatz genannten Personen fand in weiterer Folge statt (ON 2.7 und 2.10). Zudem brachte der Verteidiger mit 08.10.2024 einen weiteren mit der nunmehrigen Beschwerde vorgelegten Schriftsatz ein.
Aufgrund des zugrunde liegenden Sachverhalts, der keine komplexen Tat- oder Rechtsfragen beinhaltet, und mit Blick auf die angeführte Tätigkeit des Verteidigers, insbesondere das erforderliche Aktenstudium, die Stellungnahme zum Tatvorwurf samt Beweisanträgen und zweifellos stattgefundene Besprechungen mit dem Mandanten, handelt es sich insgesamt um ein unter dem Durchschnitt liegendes Standardverfahren.
Dennoch ist der vom Erstgericht bestimmte Kostenbeitrag zu gering bemessen und war dieser daher in teilweiser Stattgebung der Beschwerde auf den im Spruch angeführten Betrag zu erhöhen.
Der Beschwerde war daher teilweise Folge zu geben.