4R19/25p – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Prantl als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichts Mag. Schallhart und Mag. Eppacher als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Fuchs, Wenzel Rechtsanwälte GesbR in Innsbruck, wider die beklagte Partei B* AG , vertreten durch Lippitsch Hammerschlag Rechtsanwälte GmbH in Innsbruck, wegen EUR 51.664,67 sA, über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 51.664,67) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16.12.2024, **-42, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird keine Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen der Beklagtenvertreterin binnen 14 Tagen die mit EUR 3.720,12 (darin enthalten EUR 620,02 an USt.) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist bei der Beklagten als selbständige Gebäudereinigerin wegen Betriebsunterbrechung mit einer Versicherungssumme von EUR 60.000 versichert. Die vereinbarten Allgemeinen Bedingungen für die Betriebsunterbrechungsversicherung für freiberuflich und selbständig Tätige (ABFT 2017) lauten auszugsweise wie folgt:
„ Artikel 1 – Gegenstand der Versicherung
Bei gänzlicher oder teilweiser Unterbrechung des in der Polizze bezeichneten Betriebes durch einen am Versicherungsort eingetretenen versicherten Sachschaden (Art 5.1. ABFT), durch einen versicherten Personenschaden (Art 5.2. ABFT) oder einen sonstigen versicherten Abwesenheitsgrund (Art 5.3. ABFT) oder durch Quarantäne (Art 5.4. ABFT) betreffend die in der Polizze namentlich genannte und den Betrieb verantwortlich leitende Person, ersetzt der Versicherer den dadurch verursachten Unterbrechungsschaden. …
Artikel 2 – Versicherungsfall
Versicherungsfall ist die durch eine versicherte Gefahr verursachte Unterbrechung des versicherten Betriebes (Betriebsunterbrechung). …
Artikel 5 – Versicherte Gefahren … sind: …
2. Personenschäden, die die ... Person durch völlige 100 %ige Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Unfallfolgen betreffen: …
2.1. Krankheit ist ein nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft anormaler körperlicher oder geistiger Zustand.
2.2. Unfall ist ein vom Willen des Versicherten unabhängiges Ereignis, das plötzlich von außen mechanisch oder chemisch auf seinen Körper einwirkt und eine körperliche Schädigung nach sich zieht. …
Artikel 6 – Deckungsausschlüsse und Klarstellungen ….
2. Nicht versichert sind Betriebsunterbrechungen wegen Personenschäden und völliger 100 %iger Arbeitsunfähigkeit
2.1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalles, wenn diese/r vor Versicherungsbeginn eingetreten ist, einschließlich Folgeerkrankungen. …
Artikel 11 – Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im/nach dem Schadenfall Schadenminderung
Im Falle eines Sachschadens, der eine Betriebsunterbrechung zur Folge hat oder haben kann, hat der Versicherungsnehmer nach Möglichkeit für Abwendung oder Minderung eines Sachschadens und des daraus möglichen Unterbrechungsschadens zu sorgen.
Im Fall eines Personenschadens nach einer Erkrankung oder nach einem Unfall gemäß Art 5 Pkt 2.1. ist unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die ärztliche Behandlung und eine angemessene Pflege sind bis zum Abschluss der Heilbehandlung fortzusetzen. Den ärztlichen Anordnungen ist vollumfänglich Folge zu leisten. Weiters ist für die Abwendung und Minderung der Krankheitsfolgen zu sorgen.
Schadenmeldung
Jeder Sachschaden, Personenschaden oder sonstiger Abwesenheitsgrund vom versicherten Betrieb, der eine Betriebsunterbrechung zur Folge haben kann, ist dem Versicherer unverzüglich und unabhängig von einer allenfalls vereinbarten Karenzfrist anzuzeigen.
Darüber hinaus ist die völlige 100 %-ige Arbeitsunfähigkeit durch eine ärztliche Bestätigung über Beginn sowie voraussichtlicher Dauer und Ursache der Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen. ...
Schadenaufklärung
Der Versicherungsnehmer hat zur Feststellung des Sachverhaltes nach Möglichkeit beizutragen und auf seine Kosten neben der unverzüglichen Schadenmeldung auch Informationen/Nachweise zum Schadenhergang und zur Schadenursache/Schadenhöhe dem Versicherer von sich aus zu übermitteln. …. Dem Versicherer und den von ihm beauftragten Sachverständigen ist jede Untersuchung über Ursache, Umfang und Dauer der Betriebsunterbrechung und des Betriebsunterbrechungsschadens zu ermöglichen. Insbesondere sind Behörden, Sozialversicherungsträger sowie behandelnde Ärzte und Krankenanstalten vom Versicherungsnehmer zu ermächtigen, die vom Versicherer geforderten Auskünfte zu erteilen und Unterlagen an diesen zu übermitteln. Der Versicherer ist berechtigt vom Versicherungsnehmer oder der den Betrieb verantwortlich leitenden Person zu verlangen, sich durch vom Versicherer bezeichnete Ärzte untersuchen zu lassen. ….
Leistungsfreiheit
Verletzt der Versicherungsnehmer oder die den Betrieb verantwortlich leitende Person eine der vorstehenden Obliegenheiten, so ist der Versicherer nach Maßgabe § 6 Absatz 3 und § 62 des VersVG leistungsfrei. …. “
Von diesem Sachverhalt ist im Berufungsverfahren auszugehen (§ 498 Abs 1 ZPO).
Die Klägerin begehrt EUR 51.664,67 sA und brachte vor, sie habe sich am 24.03.2023 bei einem Sturz die rechte Schulter verletzt. Es sei zu einer Totalruptur der SSP-Sehne mit einer Retraktion auf Höhe des Humeruskopfes sowie zu Schädigungen am Knochenansatz der SSC-Sehne und der ISP-Sehne gekommen. Sie sei vom 24.03.2023 bis 04.02.2024 arbeitsunfähig gewesen. Der Beklagten seien alle Unterlagen zur Verfügung gestellt worden. Die Klägerin habe 2020 lediglich einmalige, vollständig abgeheilte Beschwerden an der rechten Schulter gehabt, die nicht ursächlich für die beim Sturz aufgetretene Ruptur seien. Es handle sich um keine Vorerkrankung, weshalb keine Anzeigepflichtverletzung oder Obliegenheitsverletzung vorliege. Selbst wenn die Totalruptur ihre Ursache in einer Erkrankung hätte, wäre die Ursache nicht vor Versicherungsbeginn angelegt gewesen.
Die Beklagte wandte Leistungsfreiheit ein, weil die Klägerin, welche seit Jänner 2021 an chronischen Schulterschmerzen gelitten habe, ihre Anzeigepflicht verletzt habe. Versicherungsschutz für Krankheiten vor Abschluss des Vertrags sei ausgeschlossen. Der Sturz sei für die Arbeitsunfähigkeit nicht kausal gewesen. Die Ursachen für die Totalruptur seien vor Versicherungsbeginn angelegt gewesen. Die Klägerin habe ihre Schulterbeschwerden in den Gesundheitsfragebögen nicht angeführt und die dazu gestellte Frage falsch beantwortet. Sie dürfe keine Behauptungen aufstellen, welche die Ermittlung des Sachverhalts und der Leistungspflicht erschweren würden, weshalb das Vorbringen, die Klägerin habe vor Abschluss des Versicherungsvertrags lediglich Beschwerden in der linken Schulter gehabt, eine Verletzung der nachvertraglichen Obliegenheit sei. Die Kenntnis von der Vorschädigung sei für den Versicherungsschutz nicht entscheidend. Die Beschwerden der Klägerin seien vor Versicherungsbeginn zumindest angelegt gewesen. Es habe keine 100 %-ige Arbeitsunfähigkeit bestanden. Jedenfalls sei eine Karenzzeit von zehn Tagen abzuziehen.
Das Erstgericht wies mit der angefochtenen Entscheidung das Klagebegehren ab, wobei es von folgendem (zusammengefassten) weiteren Sachverhalt ausging. Die von der Klägerin bekämpften Feststellungen sind mit Buchstaben in eckigen Klammern gekennzeichnet.
Der Versicherungsvertrag wurde am 04.11.2022 geschlossen. Die Klägerin stürzte am 24.04.2023.
[A] Bei diesem Unfall kam es zu keiner Verletzung an der rechten Schulter, allerdings zu einer Prellung der Wirbelsäule am Übergang der Brust- zur Lendenwirbelsäule.
[B] Die Klägerin war aufgrund der beim Unfall erlittenen Verletzung – einer Prellung der Wirbelsäule am Übergang von der Brust- zur Lendenwirbelsäule – für insgesamt eine Woche zu 100 % arbeitsunfähig.
Bei einem Röntgen- und Ultraschallbefund vom 23.12.2020 über die rechte Schulter zeigte sich nativradiologisch und sonographisch ein unauffälliger Befund und keine Läsion der Rotatorenmanschette. Die Klägerin erlitt bei einem Sturz am 22.01.2021 eine Prellung der rechten Schulter. Am 22.01.2021 wurden chronische Schulterschmerzen rechts sowie eine Myogelose am Schultergürtel rechts diagnostiziert.
Im MRT vom 03.07.2023 zeigten sich an der rechten Schulter folgende Anzeichen einer degenerativen Vorschädigung: degenerativer Riss der Supraspinatussehne mit Retraktion, Verkalkung der Supraspinatussehne am Ansatzbereich, kleine Geröllzystchen am kleinen Höcker (Tuberculum minus), degenerative Ausdünnung des Labrums (Gelenkslippe), geringe Ansatztendinopathie der Subscapularissehne mit kleinen intratendinösen (innerhalb der Sehne verlaufenden) Einrissen am muskulotendinösen Übergang, eine Ansatztendinopathie der Infraspinatussehne, eine kleine SLAP-Läsion an üblicher Stelle und eine diffuse intraartikuläre Tendinopathie im Ansatzbereich der langen Bizepssehne.
[C] Diese degenerativen Vorschädigungen der rechten Schulter waren bei der Klägerin – mit Ausnahme des Risses der Supraspinatussehne – bereits vor Abschluss der Betriebsunterbrechungsversicherung am 04.11.2022 vorhanden.
Es handelt sich dabei um degenerative Vorschädigungen, die – mit Ausnahme des Risses der Supraspinatussehne – nicht so massiv sind, dass sie über übliche, altersbedingte Abnutzungserscheinungen hinausgehen.
[D] Wann der degenerative Riss der Supraspinatussehne eintrat, ist nicht feststellbar. Jedenfalls liegt der Zeitpunkt vor dem Unfall am 24.03.2023. Ein traumatischer, unfallbedingter Riss der Supraspinatussehne der rechten Schulter der Klägerin ist aus medizinischer Sicht auszuschließen. Aus medizinischer Sicht besteht kein Zusammenhang zwischen dem bei der Klägerin aufgetretenen, degenerativen Riss der Supraspinatussehne in der rechten Schulter und dem Unfall vom 24.03.2023.
Ob die Klägerin vor dem Unfall Funktionseinschränkungen aufgrund der degenerativen Vorschädigungen hatte, ist nicht feststellbar.
Die Klägerin erstattete der Beklagten erstmalig am 08.09.2023 Schadenmeldung. Nach dem Unfall begab sie sich erstmals am 31.03.2023 in ärztliche Behandlung.
Beim Ausfüllen des Versicherungsantrags und der Gesundheitsfragebögen wurde die Klägerin von ihrem Versicherungsmakler und einer Freundin unterstützt, welche als Übersetzerin fungierte. Die Klägerin hat den Inhalt der Dokumente verstanden. Es war ihr damals bekannt, dass sie am 22.01.2021 auf ihre rechte Schulter stürzte, eine Prellung der rechten Schulter erlitt, chronische Schulterschmerzen in der rechten Schulter und eine Myogelose am rechten Schultergürtel hatte. Sie füllte die Gesundheitsfragebögen am 25.10.2022 unter anderem wie folgt aus und unterfertigte sie:
„ Wurden Sie in den letzten drei Kalenderjahren zuzüglich des laufenden Kalenderjahrs stationär in einem Krankenhaus behandelt? - Nein
Waren Sie in den letzten drei Kalenderjahren zuzüglich des laufenden Kalenderjahrs auf einem privaten oder von der Sozialversicherung bewilligten Kur-, Erholungs- oder Reha-Aufenthalt? - Nein
Nehmen Sie regelmäßig Medikamente ein? - Nein
Bestehen oder bestanden Krankheiten oder Unfälle, Störungen, Anomalien oder Beschwerden hinsichtlich:
Bewegungsapparat (Wirbelsäule, Bandscheiben, Knochen, Gelenke, Muskeln, Bänder/Sehnen) zB: Rücken-, Nacken- od. Schulterbeschwerden, Hüfte, Arthritis, rheumatische Beschwerden
Wenn 'Ja', bitte um Angabe zu: Diagnose (genaue Bezeichnung der Krankheit) - Wann (Monat/Jahr) - Art der Behandlung und wo (stationär/ambulant/Kur/etc) – Nein“
Rechtlich urteilte das Erstgericht, die Klägerin habe durch bewusst wahrheitswidrige Beantwortung der Gesundheitsfragen ihre Anzeigepflichten nach § 16 Abs 1 VersVG schuldhaft verletzt, weshalb die Beklagte leistungsfrei sei.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Berufung der Klägerin aus den Rechtsmittelgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung wegen unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag auf Klagsstattgebung. Eventualiter wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte begehrt in der rechtzeitigen Berufungsbeantwortung, dem Rechtsmittel den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1.1 Als Verfahrensmängel rügt die Berufungswerberin
- die unterlassene Einvernahme ihres Hausarztes zu den Schulterbeschwerden im Jahr 2021. Dabei hätte sich ergeben, dass es sich um kurzzeitige, nicht chronische Beschwerden gehandelt habe, die vollständig abgeheilt seien.
- die unterlassene Einvernahme ihres Versicherungsmaklers dazu, ob die Klägerin die Fragen in den Fragebögen tatsächlich verstanden habe. Bei dessen Einvernahme hätte sich ergeben, dass die Übersetzung der Fragen unzureichend gewesen sei, sodass die Klägerin die Fragen nicht verstanden habe.
- die fehlende Einholung eines „beruflichen Subgutachtens“, aufgrund dessen sich ergeben hätte, dass die Klägerin bis 04.02.2024 vollständig arbeitsunfähig gewesen sei. Der unfallchirurgische Sachverständige könne die Arbeitsunfähigkeit nicht einschätzen.
1.2 Die Berufungswerberin macht Stoffsammlungsmängel nach § 496 Abs 1 Z 2 ZPO geltend, was voraussetzt, dass das Erstgericht Beweisanträge der Klägerin übergangen hätte. Das war nicht der Fall, die Klägerin hat die nun monierten Beweismittel nicht beantragt, weshalb kein Verfahrensmangel vorliegt.
2. Der Behandlung der Beweisrüge ist allgemein voranzustellen, dass das Berufungsgericht nur zu überprüfen hat, ob das Erstgericht die Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat ( E. Kodek in Rechberger/Klicka 5 § 482 ZPO Rz 6). Dass allenfalls andere Feststellungen möglich gewesen wären oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den anderen Prozessstandpunkt sprechen könnten, rechtfertigt die Annahme der Bedenklichkeit oder Unrichtigkeit der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz in aller Regel nicht.
2.1 Die Klägerin bekämpft den oben hervorgehobenen Sachverhalt und begehrt stattdessen festzustellen zu
[A], die Klägerin habe sich beim Unfall schwer an der rechten Schulter verletzt und eine Prellung der Wirbelsäule am Übergang der Brust- zur Lendenwirbelsäule zugezogen.
[B], sie sei aufgrund der beim Unfall erlittenen Verletzungen bis 04.02.2024 zu 100 % arbeitsunfähig gewesen.
[D], der Riss der Supraspinatussehne sei beim Sturz am 24.3.2023 eingetreten.
Das Erstgericht stütze die Feststellungen ausschließlich auf das Gutachten des unfallchirurgischen Sachverständigen, lasse aber die glaubhafte und nachvollziehbare Aussage der Klägerin außer Acht, wonach sie sich die schwere Verletzung aufgrund des Sturzes zugezogen habe. Sie habe sofort starke Schmerzen in der rechten Schulter verspürt. Die Schilderungen der Klägerin, bis Februar 2024 nicht mehr arbeitsfähig gewesen zu sein, seien nachvollziehbar.
2.1.1 Dazu kann zunächst gemäß § 500a ZPO (zu dessen Anwendung bei Fragen der Beweiswürdigung vgl. RIS-Justiz RS0122301) auf die schlüssige und überzeugende erstgerichtliche Begründung und die daraus abgeleiteten Urteilsannahmen verwiesen werden, deren Richtigkeit durch die in der Berufung angestellten Überlegungen nicht erschüttert werden. Das Erstgericht hat sich eingehend mit allen wesentlichen Beweisergebnissen auseinander gesetzt und äußerst lebensnah dargelegt, aufgrund welcher Erwägungen es zur vorliegenden Entscheidungsgrundlage gelangt ist. Das Erstgericht hat die Schilderungen der Klägerin nicht außer Acht gelassen, sondern sich detailliert mit den Ausführungen des Sachverständige auseinandergesetzt, nach denen der Riss nicht am 23.04.2023 erfolgt sein könne: Ein Riss sei aufgrund des geschilderten Unfallhergangs nicht möglich, und weiters liege der Riss - welcher üblicherweise degenerativ erfolge - nach der Bildgebung zeitlich viel länger zurück. Außerdem schilderte der Sachverständige, dass ein traumatischer Riss zu sofortigen starken Schmerzen geführt hätte. Nach dem Ambulanzprotokoll suchte die Klägerin die Klinik wegen Beschwerden am Gesäß bzw. der Lendenwirbelsäule auf, es erfolgten auch nur Untersuchungen dazu. Erst im Juni 2023 erfolgten Abklärungen an der rechten Schulter aufgrund von starken Schmerzen, die eine weitergehende Untersuchung der Schulter verhinderten (Beilage 4). Das Erstgericht gelangte in Anbetracht dieser Beweisergebnisse nachvollziehbar zum Ergebnis, dass der Riss der Sehne nicht am 23.04.2023 erfolgte und aufgrund des Unfalls keine Arbeitsunfähigkeit bis 2024 bestand.
2.2 Weiters bekämpft die Klägerin den oben zu [C] hervorgehobenen Sachverhalt und begehrt stattdessen festzustellen, sie habe vor dem Unfall lediglich einmal kurzzeitig Schulterschmerzen gehabt, die folgenlos abgeklungen seien. Es seien keine degenerativen Vorschädigungen der rechten Schulter vor Abschluss der Betriebsunterbrechungsversicherung vorhanden gewesen bzw habe die Klägerin keine Kenntnis davon gehabt. Das Erstgericht stütze die Feststellung wiederum auf das Gutachten des Unfallchirurgen, obwohl die nachvollziehbare und lebensnahe Schilderung der Klägerin davon abweiche. Die Klägerin habe vor dem Unfall keine Schmerzen in der Schulter verspürt. Auch nach den Ausführungen des Sachverständigen sei es ohne weiteres möglich, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses nichts von den vorhandenen Abnutzungen gewusst habe. Die Klägerin habe die Fragen im Fragebogen nicht wahrheitswidrig beantwortet, weshalb sie keine Anzeigepflichtverletzung treffe.
2.2.1 Auch diesbezüglich ist die Beweiswürdigung des Erstgerichts überzeugend. Die Feststellungen lassen sich ohne weiteres aus dem unfallchirurgischen Gutachten ableiten. Außerdem verwies das Erstgericht zutreffend darauf, dass sich aus den Krankenunterlagen Hinweise auf vorbestehende Schulterbeschwerden ergeben. In Beilage 4 sind chronische Schulterbeschwerden rechts im Jänner 2021 dokumentiert. Die Angaben der Klägerin zu dieser Diagnose sind inkonsistent. In der Einvernahme durch den Erstrichter gab sie an, sie habe ca 1 Jahr vor dem Unfall Schulterbeschwerden gehabt. Sie habe Schmerzen gehabt, wisse aber nicht wie lange, nur kurz. Zum Röntgenbefund 2020 hatte sie keine Erinnerung mehr. Dem Sachverständigen gegenüber gab sie auf Frage zum Eintrag von Jänner 2021 an, sie sei im Jänner 2021 auf die Schulter gestürzt und habe vom Hausarzt, der die Röntgen- und Ultraschalluntersuchung veranlasst habe, Massagen verordnet erhalten. Danach sei sei beschwerdefrei gewesen. Der Röntgen- und Ultraschallbefund kann sich aber nicht auf einen Sturz im Jänner 2021 beziehen, weil er bereits im Dezember 2020 erhoben wurde. Es müssen daher schon 2020 Beschwerden an der rechten Schulter bestanden haben, andernfalls keine bildgebenden Befunde eingeholt worden wären. Abgesehen davon hat das Erstgericht unbekämpft festgestellt (Seite 11 im Ersturteil), dass der Klägerin ihre chronischen Schulterbeschwerden bei Beantragung der Versicherung bekannt waren.
3. Im Rahmen der Rechtsrüge argumentiert die Klägerin, sie habe zumindest Anspruch auf EUR 1.166,62 aus der einwöchigen Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Prellung der Wirbelsäule. Das Erstgericht habe festgestellt, die degenerativen Vorschädigungen an der rechten Schulter seien nicht so massiv gewesen, dass sie über die üblichen, altersbedingten Abnutzungserscheinungen hinausgegangen seien, weshalb die Beantwortung der Fragen im Fragebogen nicht bewusst wahrheitswidrig erfolgt sein könne. Altersbedingte Abnutzungen seien nicht als Schadensanlage anzusehen, wenn sie dem normalen Alterungsprozess entsprächen und nicht über das altersentsprechende Maß hinausgingen. Das sei bei der Klägerin der Fall gewesen, weshalb die Beantwortung der Fragen nicht bewusst wahrheitswidrig erfolgt sei. Dafür hätte der Klägerin bewusst sein müssen, dass Vorschäden vorhanden seien. Es stehe fest, dass es im Jahr 2021 zu keiner Verletzung der Schulter gekommen sei. Im Rahmen der Geltendmachung eines sekundären Feststellungsmangels vermisst die Klägerin eine Feststellung dazu, dass die Klägerin beim Abschluss des Vertrags nichts von den üblichen, altersbedingten Abnutzungserscheinungen gewusst und die Fragen im Fragebogen nicht schuldhaft falsch beantwortet habe. Daraus ergebe sich, dass eine Anzeigepflichtverletzung nicht vorgelegen habe. Dieser Sachverhalt lasse sich auch aus dem Gutachten des Unfallchirurgen ableiten, welcher es für möglich gehalten habe, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses nichts von den vorhandenen Abnutzungen gewusst habe.
3.1 Nach § 16 Abs 1 VersVG hat der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Versicherungsvertrags alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Erheblich sind Gefahrenumstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, Einfluss auszuüben (7 Ob 131/15p; 7 Ob 131/14m uva). Ein Umstand, nach welchem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich (RS0080628). Grundsätzlich begründet eine Fehlinformation über gefahrenerhebliche Umstände Leistungsfreiheit (RS0080637). Bei der Beantwortung von Gesundheitsfragen ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen. Es kommt nicht nur auf die Erheblichkeit der einzelnen Krankheit, sondern auch auf die Häufigkeit des durch die behandelten Krankheiten geprägten Gesamtbilds des Gesundheitszustands an (RS0080641).
3.2 Soweit die Klägerin in der Rechtsrüge ausführt, sie habe die Frage nach Schulterbeschwerden nicht wahrheitswidrig beantwortet, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Es steht unbekämpft fest, dass der Klägerin beim Ausfüllen des Gesundheitsfragebogens bewusst war, dass sie sich bereits einmal an der rechten Schulter verletzt hatte und unter chronischen Schulterbeschwerden litt. Eine Rechtsrüge, die nicht vom konkret festgestellten Sachverhalt ausgeht, kann einer weiteren Behandlung nicht zugeführt werden (RS0043603).
Es steht fest, dass gerade die – nicht angegebenen - vorbestehenden Beschwerden an der rechten Schulter auf den Versicherungsfall Einfluss hatten. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Klägerin selbst von den degenerativen Veränderungen wusste oder ob sie bereits vorher diagnostiziert waren. Beschwerden und Schmerzen sind bei entsprechender Frage auch dann anzeigepflichtig, wenn sie noch nicht eindeutig einer Krankheit zugeordnet worden sind. Ihre Einschätzung durch den Versicherungsnehmer als harmlos spielt für die Entstehung der Pflicht keine Rolle, sofern sie nicht offenkundig belanglos sind und alsbald vergehen. Angabepflichtig sind auch indizierende Umstände, also äußere Umstände, die auf das Bestehen eines gefahrenerheblichen Zustands schließen lassen. Auch ohne das Vorliegen einer ärztlichen Diagnose muss der Antragsteller Symptome, wegen der er sich in ärztliche Behandlung begeben hat, angeben; Bewertung und Beurteilung müssen dem Versicherer überlassen bleiben (RS0080641 [T6]).
Dabei steht fest, dass die Klägerin die Versicherungsformulare, insbesondere den Fragebogen und die gestellten Fragen verstanden hat. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, ergäbe sich keine andere Beurteilung, da sich fremdsprachige Versicherungsnehmer selbst um die Übersetzung der Fragen kümmern müssen. Ein Fehlverständnis aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse ist kein Entschuldigungsgrund, das Sprachrisiko trägt der Versicherungsnehmer ( Fischer in Fenyves/Perner/Riedler, VersVG (9. Lfg 2021) zu §§ 16–17 VersVG Rz 55).
3.3 Der Versicherer kann sich auch ohne Vertragsauflösung auf Leistungsfreiheit berufen, wenn er von der Verletzung der betreffenden vorvertraglichen Obliegenheit (Anzeigeobliegenheit) erst nach dem Versicherungsfall erfahren hat (RS0129732). Der Versicherte ist dafür beweispflichtig, dass auch die richtige Beantwortung der an ihn gestellten Frage nicht geeignet gewesen wäre, den Entschluss des Versicherers zum Vertragsabschluss in irgendeiner Weise zu beeinflussen (RS0080787). Diesen Beweis hat die Klägerin nicht angetreten. An die vom Versicherten oder Versicherungsnehmer bei Erfüllung seiner vorvertraglichen Anzeigepflicht anzuwendende Sorgfalt sind ganz erhebliche Anforderungen zu stellen (RS0080641). Für eine schuldhafte Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht genügt bereits leichte Fahrlässigkeit (RS0080572). Die Beweislast für das mangelnde Verschulden an der Verletzung einer vorvertraglichen Anzeigepflicht trifft grundsätzlich den Versicherungsnehmer (RS0080809). Dies ist der Klägerin – wie oben ausgeführt – nicht gelungen.
3.4 Der monierte sekundäre Feststellungsmangel liegt nicht vor. Es kommt nicht darauf an, ob der Klägerin die Ursache ihrer Beschwerden bekannt war, sondern nur darauf, ob sie unter den abgefragten Beschwerden litt – siehe Punkt 3.2.
3.5 Schließlich steht der Klägerin aufgrund der Prellung der Wirbelsäule kein Versicherungsanspruch zu, da diese Verletzung nur zu einer Arbeitsunfähigkeit von einer Woche führte. Nach dem Versicherungsvertrag (Beilage A), auf dessen Inhalt auch ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung (RS0121557) Rücksicht genommen werden kann, beträgt die Karenzzeit 10 Tage für das Entstehen eines Leistungsanspruchs.
4. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 50, 41 ZPO. Die Kosten waren zu kürzen, da lediglich der dreifache Einheitssatz für die Berufungsbeantwortung zusteht.
5. Die ordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, weil sich das Berufungsgericht an höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und die Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.