JudikaturOLG Innsbruck

2R35/25a – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
24. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Berchtold als Vorsitzende sowie die Richterin des Oberlandesgerichts Mag. Dr. Tangl und den Richter des Oberlandesgerichts Mag. Ortner als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Gottgeisl Leinsmer Weber Rechtsanwälte GmbH in 1040 Wien, wider die beklagte Partei B* Limited, vertreten durch DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in 1090 Wien, wegen EUR 35.997,21 s.A., über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse: EUR 35.997,21 s.A.) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 10.2.2025, ** 16, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei ist eine in Malta registrierte Limited; sie bietet auf der von ihr betriebenen Website ** Online-Glücksspiele an. An diesen Spielen kann von Österreich aus teilgenommen werden. Die Seite ist von Österreich aus in deutscher Sprache abrufbar. Die von ihr online angebotenen Glücksspiele fallen nicht unter die Ausnahmebestimmung iSd § 4 GSpG. Sie verfügt über keine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielgesetz, wohl aber über eine aufrechte, von der maltesischen Glücksspielbehörde ausgestellte Lizenz. Um das Online-Angebot der beklagten Partei in Anspruch nehmen zu können, ist zunächst eine Registrierung als Spieler erforderlich. Zum Abschluss dieser Registrierung bzw. vor Spielstart muss sich jeder Spieler mit den allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Partei einverstanden erklären.

Die Klägerin hat ihren Wohnsitz in Österreich. Sie spielte Online Glücksspiele (keine Sportwetten) über die vorangeführte Website (**) von Österreich aus zu ihrem privaten Vergnügen. Ihr war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt, dass Glücksspielverluste bei Anbietern, die über keine österreichische Lizenz verfügen, rückforderbar sind. Im Zeitraum vom 23.01.2021 bis 19.11.2023 verlor sie beim Onlineglücksspiel insgesamt EUR 35.997,21. Sie tätigte Einzahlungen von EUR 57.553,07 und vereinnahmte Auszahlungen aus Gewinnen von EUR 21.555,86.

Dieser Sachverhalt ist im Berufungsverfahren nicht strittig.

Mit der vorliegenden europäischen Mahnklage begehrt die Klägerin die Rückzahlung ihrer Spielverluste von EUR 35.997,21 samt 4 % Zinsen ab 20.11.2023. Sie brachte unter Verweis auf die Anwendung des österreichischen Rechts vor, die von der Beklagten angebotenen Glücksspiele unterlägen dem österreichischen Glücksspielmonopol. Die fehlende Konzession mache die Spiele zu verbotenen Glücksspielen im Sinn des österreichischen Glückspielgesetzes (kurz: GSpG). Das österreichische Glücksspielmonopol sei nicht unionsrechtswidrig, sondern entspreche den vom EuGH verlangten Kohärenzkriterien. Ihre Spielverluste seien damit rückforderbar. Die Klagsforderung werde sowohl auf das Schadenersatzrecht als auch auf den Titel der Bereicherung gestützt.

Die Beklagte erhob fristgerecht Einspruch und wendete ein, dass auf das Rechtsverhältnis zwischen den Streitteilen maltesisches Recht anzuwenden sei. Die Regelungen des österreichischen Glücksspielgesetzes seien unionsrechtswidrig; dies insbesondere deshalb, weil der österreichische Monopolist entgegen den unionsrechtlichen Vorschriften zur Eindämmung der Spielsucht aggressive Werbung betreibe. Von einer maßvollen Werbung und Angebotsausweitung könne keine Rede sein. Es gehe in Wahrheit nur um eine Gewinnmaximierung. Die Judikatur des Obersten Gerichtshofes zum österreichischen Glücksspielmonopol stehe nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, weil die nationalen Gerichte die Entwicklung der Umstände dynamisch prüfen müssten. Sie dürften sich in ihren Entscheidungen nicht einfach auf eine herrschende Rechtsprechung berufen, sondern müssten für den jeweils streitverfangenen Zeitraum die Verhältnismäßigkeit von restriktiven Maßnahmen im Bereich des Glücksspiels auf Grundlage des jeweils konkret festzustellenden Sachverhalts überprüfen. Das angerufene Gericht möge die Rechtssache dem EuGH zur Beantwortung der Frage, ob das österreichische Glücksspielgesetz gegen die Dienstleistungsverkehrsfreiheit des Art 56 AEUV und gegen die Niederlassungsfreiheit des Art 49 AEUV verstoße, zur Vorabentscheidung vorlegen.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 21.7.2023 (ON 15) sprach das Erstgericht mit Beschluss aus, der Anregung zur Vorlage von Rechtsfragen an den EuGH im Sinn des Art 267 AEUV keine Folge zu geben (Spruchpunkt 1.) und gab der Klage in der Hauptsache vollinhaltlich statt (Spruchpunkt 2.). Es legte dieser Entscheidung die eingangs wiedergegebenen und im Berufungsverfahren nicht strittigen Feststellungen zu Grunde und führte in rechtlicher Hinsicht zunächst – unter Verweis auf Art 6 Rom I VO aus – dass aufgrund der Verbrauchereigenschaft der Klägerin das österreichische Recht zur Anwendung gelange. In der Sache selbst bejahte es die Rückzahlungsverpflichtung der beklagten Partei gemäß § 877 ABGB. Für Bereicherungsansprüche gebührten die Vergütungszinsen bereits ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Bereicherung. Da der EuGH zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit des Glücksspielmonopols und der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit bereits Stellung genommen habe, bestehe auch kein Anlass, das von der beklagten Partei angeregte Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten.

Die beklagte Partei bekämpft das klagsstattgebende Urteil in vollem Umfang mit ihrer fristgerechten Berufung , in der sie eine Verfahrens- und eine Rechtsrüge ausführt. Sie beantragt die Abänderung des Urteils - in eventu nach Verfahrensergänzung - im Sinn einer vollinhaltlichen Klagsabweisung; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag. Sie regt die Vorlage der Rechtssache an den EuGH an und beantragt in diesem Zusammenhang, den Parteien im Fall der Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens die Möglichkeit einzuräumen, in einem gesonderten Schriftsatz die entsprechenden Vorlagefragen auszuformulieren.

Die Klägerin begehrt in ihrer ebenfalls rechtzeitig erstatteten Berufungsbeantwortung, dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

I. Die Berufung ist nicht berechtigt:

1. Die beklagte Partei wiederholt im Berufungsverfahren im Wesentlichen ihren im Verfahren erster Instanz eingenommenen Rechtsstandpunkt, wonach die österreichischen Bestimmungen des GSpG inkohärent und daher unionsrechtswidrig seien und macht in diesem Zusammenhang sekundäre Feststellungsmängel zu den Auswirkungen des Glücksspielmonopols und zur Einhaltung der Kohärenzkriterien geltend. In ihrer Verfahrensrüge kritisiert sie, das Erstgericht habe es unterlassen, das von ihr angebotene Sachverständigengutachten zu den Werbe- und Marketingmaßnahmen des österreichischen Monopolisten einzuholen. Daraus hätte sich ergeben, dass die Werbe- und Marketingmaßnahmen des österreichischen Monopolisten nicht den strengen Kriterien des EuGH entsprächen.

2. Diesem Standpunkt schließt sich der Berufungssenat nicht an:

2.1. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union steht es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet des Glücksspiels festzulegen und das angestrebte Schutzniveau selbst zu bestimmen (EuGH C 98/14, Berlington Hungary , Rn 56 mwN).

2.2. Wenngleich die Einrichtung staatlicher Monopole eine Maßnahme ist, die den in Art 56 AEUV normierten freien Dienstleistungsverkehr und die in Art 49 AEUV verankerte Niederlassungsfreiheit beschränkt (RS0125825), kann nach der Rechtsprechung des EuGH eine Monopolregelung, die insbesondere den Vorteil bietet, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, der Verwirklichung von im Allgemeininteresse liegenden Zielen dienen und deshalb einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen (EuGH 8.9.2010, Rs C 316/07, Rn 79). Als solche Ziele hat der EuGH den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie die Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen anerkannt (EuGH 6.3.2007, Rn 46; vgl RS0125825). Regelungen, welche nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung verfolgen, sind hingegen unionsrechtswidrig. Die von den Mitgliedsstaaten vorgesehenen Beschränkungen bei Durchführung ihrer Politik müssen daher den sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebenden Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit genügen. Hiefür muss ein normativer Rahmen errichtet werden, der gewährleistet, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das festgelegte Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieser Ziele qualitativ bemessen und quantitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (EuGH 15.9.2011, Rs C 347/09, Rn 52/16v mwN).

2.3. Der EuGH macht die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopols somit nicht nur von der Zielsetzung des Gesetzgebers, sondern (kumulativ) auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig (EuGH Rs C 347/09, Rn 54 ff; RS0129945 [T1]). Im Zusammenhang mit Werbemaßnahmen ist die Unionsrechtskonformität nicht nur anhand des jeweiligen Norminhalts zu prüfen, sondern kommt es darüber hinaus auch auf die damit tatsächliche erzielte Wirkung an. Eine nationale Regelung, die nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbegrenzung verfolgt und nicht dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen, wäre daher unionsrechtswidrig (10 Ob 52/16v mzwN).

2.4. Vor diesem Hintergrund ist von den nationalen Gerichten bei der Beurteilung einer behaupteten Unionsrechtswidrigkeit eine Gesamtwürdigung der Umstände vorzunehmen, unter denen eine kritisierte, restriktive Regelung erlassen wurde und durchgeführt wird. Bei dieser Gesamtwürdigung ist daher nicht isoliert auf einzelne Umstände - etwa eine konkrete Werbetätigkeit - Bedacht zu nehmen, sondern eine gesamthafte Würdigung aller Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt erforderlich (EuGH 30.4.2014 C 390/12 Rn 49 ff; 8 Ob 129/23p uvm).

2.5. Im Jahr 2021 setzte sich der EuGH in der Rechtssache C 920/19, Fluctus/Fluentum (erneut) mit dem österreichischen Glücksspielmonopol auseinandergesetzt und bestätigte im Ergebnis die bisher zur Frage der Zulässigkeit wettbewerbsbeschränkender Maßnahmen ergangene Rechtsprechung. Er führte ua aus, dass für die Prüfung der Kohärenz einer expansiven (Werbe-)Politik des Monopolisten auch Umstände wie aggressive Werbemaßnahmen privater Anbieter zu Gunsten rechtswidriger Aktivitäten oder die Heranziehung neuer Medien wie des Internets durch private Anbieter zu berücksichtigen seien und eine Inkohärenz von das Glücksspielangebot beschränkenden Maßnahmen nicht allein deshalb anzunehmen sei, weil die Wettbewerbspraktiken des Monopolisten darauf abzielten, zur aktiven Teilnahme an den Spielen anzuregen, etwa indem das Spiel verharmlost, ihm ein positives Image verliehen oder seine Anziehungskraft durch zugkräftige und verführerische Werbebotschaften erhöht werde (Rn 44 ff insb Rn 53).

2.6. Mit der Frage, ob das österreichische System der Glücksspielkonzessionen bei gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen im Sinn der oben aufgezeigten Rechtsprechung des EuGH gegen das Unionsrecht verstößt, haben sich auch österreichischen Höchstgerichte – wie dies das Erstgericht völlig zutreffend hervorhob – wiederholt auseinandergesetzt:

2.6.1. Ein vom Obersten Gerichtshof zu 4 Ob 31/16m an den Verfassungsgerichtshof gerichteter Antrag, verschiedene Bestimmungen des Glücksspielgesetzes, unter anderem § 3 idF BGBl 2010/54, als verfassungswidrig aufzuheben, in eventu das Glücksspielgesetz zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben, wurde vom Verfassungsgerichtshof aus formalen Gründen zurückgewiesen (G 103 104/2016 vom 15.10.2016).

2.6.2. Mit Erkenntnis vom 15.10.2016 zu E 945/2016 24, E 947/2016 23 sowie E 1054/2016 19 wies der Verfassungsgerichtshof mehrere gegen die gesetzlichen Beschränkungen des GSpG gerichtete Beschwerden ab und führte im Ergebnis aus, dass der österreichische Rechtsrahmen im Hinblick auf die Regulierung des Glücksspielsektors den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union festgelegten Anforderungen entspreche.

2.6.3. Der Verwaltungsgerichtshof sprach in zahlreichen Entscheidungen ebenfalls bereits wiederholt und auch unter Berücksichtigung aktueller Werbemaßnahmen von im Glücksspielbereich tätigen Unternehmen aus, dass eine Unionsrechtswidrigkeit der einschlägigen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht zu erkennen sei (VwGH 16.3.2016, Ro 2015/17/0022; VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048; VwGH 30.3.2020, Ra 2019/09/002). Bei Durchführung der vom EuGH geforderten Gesamtwürdigung sei nicht von einer Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des GSpG auszugehen, weil mit diesen die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung, der Verringerung der Beschaffungskriminalität sowie der Verhinderung von kriminellen Handlungen sowie der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in kohärenter und systematischer Weise verfolgt würden.

2.6.4. Der Oberste Gerichtshof judiziert im Einklang mit dieser Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sowie auf Basis der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nunmehr seit Jahren, dass das österreichische System der Glücksspielkonzessionen einschließlich aller Werbemaßnahmen der Konzessionäre nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben entspreche und nicht gegen das Unionsrecht verstoße. Es ist daher von einer einhelligen und gesicherten Rechtsprechung auszugehen (statt vieler: 6 Ob 32/23h, 1 Ob 25/23t).

2.7. Damit ist aber das vorliegende Verfahren weder mit primären noch mit sekundären Mängeln behaftet:

2.7.1. Die österreichischen Höchstgerichte sowie der Europäische Gerichtshof judizieren – wie oben dargelegt – seit Jahren, dass das österreichische System der Glücksspielkonzession nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt und auch unter Bedachtnahme auf die Werbemaßnahmen der Konzessionäre im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der vom Gerichtshof aufgezeigten Vorgaben nicht gegen Unionsrecht verstößt. Der dieser rechtlichen Beurteilung zugrundeliegende Tatsachenkomplex kann daher als offenkundig angesehen werden (vgl RS0040215). In Anbetracht der Tatsache, dass seit vielen Jahren eine durchgängige und einhellige Judikatur der Höchstgerichte zu dieser Frage besteht, kommt Feststellungen zu den von der Beklagten relevierten Themenkomplexen keine weitere rechtliche Bedeutung zu.

2.7.2. An diesem Ergebnis ändert auch die Berücksichtigung der von der Berufungswerberin ins Treffen geführten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 14.12.2022, G 259/2022, und die Aufhebung von Teilen des § 25 Abs 3 GSpG durch den Verfassungsgerichtshof nichts: Aus der teilweisen Verfassungswidrigkeit bloß dieser Einzelregelung zum Spielerschutz im Bereich der Spielbanken kann nämlich nicht abgeleitet werden, dass das österreichische System der Glücksspielkonzessionen entgegen der bisher ständigen Rechtsprechung unionsrechtswidrig wäre (7 Ob 44/23f Rz 7, 1 Ob 25/23t Rz 8, 2 Ob 23/23f Rz 8).

2.7.3. Aus der dargelegten Rechtsprechung, in der sich der Oberste Gerichtshof wiederholt auch mit den Werbepraktiken der Konzessionäre befasste (statt vieler 6 Ob 59/22b und 9 Ob 25/22z), ergibt sich auch, dass es der beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Werbe- und Marketingmaßnahmen des österreichischen Monopolisten nicht bedurfte. Konkrete Umstände, die sich seit den zitierten Judikaten geändert hätten, zeigt die Beklagte auch in der Berufung nicht auf; jene Behauptungen, welche sie durch das als fehlend monierte Gutachten unter Beweis stellen will, sind nicht geeignet, zu einer von der bisherigen einheitlichen Judikatur des EuGH und der österreichischen Höchstgerichte abweichenden Rechtsbeurteilung zu führen.

2.8. Soweit die Beklagte eine unrichtige rechtliche Beurteilung hinsichtlich des Zinsenbegehrens geltend macht und dazu ausführt, allfällige Zinsen gebührten erst ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Fälligstellung, ist ihr zu erwidern, dass die Rechtsprechung, nach der bei absoluter Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts Zinsen erst ab Klagszustellung zustehen, mittlerweile überholt ist (RS0016316 [T1] = 9 Ob 62/16g; vgl OLG Innsbruck 4 R 25/25w, 10 R 38/23y; OLG Wien 13 R 147/24v uvm). Es kann daher auf die auch in diesem Zusammenhang - wie auch insgesamt - zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts verwiesen werden (§ 500a ZPO).

2.9. Ausgehend von den oben dargestellten Ausführungen sieht sich der erkennende Senat auch nicht dazu veranlasst, die Anregung der Berufungswerberin auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens aufzugreifen. Die relevanten Prüfkriterien wurden vom EuGH bereits ausreichend festgelegt (vgl 1 Ob 25/23t, 1 Ob 195/23t, 5 Ob 177/24a ua). Entgegen der im Rechtsmittel vertretenen Auffassung begründet die Nichtvorlage an den EuGH auch keine Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 3 ZPO. Ob die Voraussetzungen für die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH vorliegen, ist ausschließlich von Amts wegen zu prüfen. Die Parteien können ein solches Ersuchen lediglich anregen (RS0058452).

3. Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

II. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf §§ 50, 40, 41 Abs 1 ZPO; die Klägerin hat die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung tarifgemäß verzeichnet.

III. Da vom Berufungsgericht behandelte Verfahrensmängel nicht revisibel sind und der erkennende Senat die Berufungsentscheidung auf klare Rechtsgrundlagen und eine gefestigte höchstgerichtliche Judikatur (RS0130636) stützen konnte, bestand kein Anlass, die (ordentliche) Revision zuzulassen.

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