Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Kohlegger als Vorsitzenden und die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Pirchmoser sowie den Richter des Oberlandesgerichts MMag. Dr. Dobler und die fachkundigen Laienrichter:innen Mag. a Sarah Haider (aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen) und AD in RR in Sabine Weber (aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen) als weitere Mitglieder des Senats in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Rainer-Rück-Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, wider die beklagte Partei B* C* GmbH , vertreten durch die Battlogg Rechtsanwalts GmbH in 6780 Schruns, wegen (eingeschränkt) Anfechtung einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses, über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse: EUR 24.000,00 sA) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 11.7.2024, **-23, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Der Berufung wird dahin Folge gegeben, dass das bekämpfte Urteil aufgehoben und die Arbeitsrechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung zurückverwiesen wird.
Die Kosten des Berufungsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
[1] Die Beklagte ist als Arbeitskräfteüberlasserin tätig. Sie sucht unter anderem Personal für die E* F* GmbH (nachfolgend auch „Beschäftigerin“). G* ist die für F* zuständige Sachbearbeiterin der Beklagten.
[2] Die Klägerin war von 2.1.2024 bis 18.1.2024 bei der Beklagten als qualifizierte Arbeitnehmerin mit der vorgesehenen Verwendung der Überlassung zur Arbeitsleistung an Dritte beschäftigt. Zwischen den Parteien war ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einer Probezeit von einem Monat vereinbart.
[3] Die Klägerin wurde von der Beklagten an die Beschäftigerin als Lagermitarbeiterin überlassen. Dort nahm sie am 2.1.2024 ihre Arbeit auf. Seit 10.1.2024 befand sich die Klägerin im Krankenstand, worüber sie G* am selben Tag durch Übermittlung einer Arbeitsunfähigkeitsmeldung informierte.
[4] Am 17.1.2024 teilte die Klägerin G* per WhatsApp mit, dass sie erfahren habe, schwanger zu sein. Gleichzeitig übermittelte sie eine ärztliche Bestätigung vom 16.1.2024, wonach der voraussichtliche Geburtstermin der 24.8.2024 sei. Mit Schreiben vom 18.1.2024 sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin eine „Kündigung in der Probezeit“ aus.
[5] Am 19.1.2024 teilte H*, *-Generalist der Beschäftigerin, einer Sachbearbeiterin, der Zeitbeauftragten und dem Lagerleiter der Beschäftigerin mit, dass die Klägerin zum letzten Anwesenheitstag auf Grund hoher Abwesenheiten zurückgestellt werde.
[6] Insoweit ist der Sachverhalt im Berufungsverfahren unstrittig.
[7] Mit der am 31.1.2024 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrt die Klägerin nach Einschränkung, die von der Beklagten am 18.1.2024 ausgesprochene „Auflösung in der Probezeit“ wolle für rechtsunwirksam erklärt werden. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses stehe im offenkundigen und zeitnahen Zusammenhang mit der Bekanntgabe der Schwangerschaft. Unmittelbar danach habe die Beklagte die Auflösung während der Probezeit mitgeteilt. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses sei wegen der durch die Schwangerschaft bedingten Krankheit und der Mitteilung der Schwangerschaft erfolgt. Dies stelle eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses werde daher gemäß § 3 Z 7 iVm § 12 Abs 7 GlBG angefochten.
[8] Die Beklagte beantragt Klagsabweisung und wendet ein, eine geschlechtliche Diskriminierung liege nicht vor. Die Schwangerschaft der Klägerin sei kein Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewesen. Einziger Grund sei der starke Rückgang der Auftragslage bei der Beschäftigerin gewesen. Am 10.1.2024 habe diese mitgeteilt, dass die Klägerin nicht mehr benötigt werde, da die Auftragslage rückläufig sei. Die Beschäftigerin habe für die Klägerin keine Verwendung mehr gehabt. Die Beklagte habe sie auch sonst nirgendwo einsetzen können. Die Rückstellung durch die Beschäftigerin und die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte hätten daher nichts mit der Schwangerschaft zu tun.
[9] Mit dem bekämpften Urteil erklärte das Erstgericht die von der Beklagten gegenüber der Klägerin am 18.1.2024 ausgesprochene „Auflösung in der Probezeit“ für rechtsunwirksam und verpflichtete die Beklagte zum Verfahrenskostenersatz. Dieser Entscheidung legte es den eingangs wiedergegebenen und den nachfolgend auszugsweise dargestellten Sachverhalt zugrunde:
[10] „(2) Es kann nicht festgestellt werden, ob und, wenn ja, wann es ab Herbst 2023 zu einem Einbruch in der Auftragslage der E* F* GmbH kam bzw ob und, wenn ja, wann der E* F* GmbH Anfang des Jahres 2024 ein großer Auftrag verloren ging.
[11] H* wollte die Klägerin länger im Betrieb halten. Er hätte sie – wäre nicht gleich am Anfang des Arbeitsverhältnisses ein Krankenstand angefallen – im Januar, Februar und März 2024 und allenfalls nach Möglichkeit auch länger weiterbeschäftigt. Ohne Krankenstand wäre die Klägerin jedenfalls nicht am 11.1.2024 an die beklagte Partei rückgestellt worden.
[12] (1) Die Rückstellung der Klägerin an die beklagte Partei erfolgte im Zusammenhang mit der von ihr bekannt gegebenen Schwangerschaft und dem damit einhergehenden Krankenstand.“
[13] In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der von der Klägerin glaubhaft gemachte Sachverhalt, dass die Kündigung in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Bekanntgabe der Schwangerschaft und gerade wegen dieser Schwangerschaft ausgesprochen worden sei, habe von der Beklagten nicht entkräftet werden können. Der Nachweis, wonach es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher sei, dass sie das Arbeitsverhältnis auch ohne Berücksichtigung der Schwangerschaft innerhalb der Probezeit beendet hätte, habe von der dafür beweispflichtigen Beklagten nicht erbracht werden können. Die Beklagte habe daher durch die gewählte Vorgehensweise gegen das Verbot der unmittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts iSd § 3 Z 7 GlBG verstoßen.
[14] Gegen diese Entscheidung wendet sich die fristgerechte Berufung der Beklagten aus den Rechtsmittelgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das bekämpfte Urteil im Sinn einer Klagsabweisung abzuändern.
[15] In ihrer fristgerechten Berufungsbeantwortung beantragt die Klägerin, dem gegnerischen Rechtsmittel keine Folge zu geben.
[16] Nach Art und Inhalt der geltend gemachten Anfechtungsgründe war die Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung entbehrlich. Über das Rechtsmittel war daher in nichtöffentlicher Sitzung zu befinden (§§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO).
[17] Die Berufung ist aus nachstehenden Erwägungen berechtigt :
[18] 1. Vor einer weiteren Behandlung der Berufung bedarf es einer Klarstellung zur Parteienbezeichnung der Beklagten. Diese wird in der Klage und im bekämpften Urteil als „B* C* GmbH“ bezeichnet. Damit stimmen das Klagsvorbringen, der Dienstvertrag Beilage ./B und das Kündigungsschreiben Beilage ./E überein, wonach diese in der Schweiz ansässige Gesellschaft die Arbeitgeberin der Klägerin sei. Beklagte im gegenständlichen Verfahren ist daher unzweifelhaft die B* C* GmbH, Firmenbuch-Nr CHE-114.526.929 I* Kanton St. Gallen, mit Sitz in D* (vgl Beilage ./A).
[19] Nach dem klägerischen Vorbringen ist davon die B* J* GmbH, FN K*, mit Sitz in ** zu unterscheiden. Dennoch wird die Beklagte („B* C* GmbH“) im ERV-Deckblatt der Klage (ON 1 S 5) und im Kopf des Ersturteils mit der FN K* identifiziert. Dabei handelt es sich um eine offenkundige Unrichtigkeit.
[20] Die Beklagte führt die Firmenbuch-Nr **, Handelsregister **. Dies wird im fortgesetzten Verfahren zu beachten sein.
[21] 2. Die Berufung bekämpft in ihrer Beweisrüge die im dargestellten Sachverhalt mit (1) und (2) hervorgehobenen Feststellungen und begehrt an deren Stelle zusammengefasst Ersatzfeststellungen, wonach die am 11.1.2024 beschlossene Rückstellung der Klägerin in keinem Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft gestanden und es im Herbst 2023 zum Einbruch der Auftragslage bei der Beschäftigerin gekommen sei. Nach den übereinstimmenden Aussagen des Geschäftsführers der Beklagten und des Zeugen H* habe die Beschäftigerin bereits am 11.1.2024 beschlossen, die Klägerin zurückzustellen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Schwangerschaft nicht bekannt gewesen, womit diese in keinem Zusammenhang mit der Kündigung gestanden sei.
[22] In der Rechtsrüge der Berufung wird der im erstinstanzlichen Verfahren vertretene Standpunkt wiederholt, wonach die Beschäftigerin bereits am 11.1.2024 und damit losgelöst von der damals noch nicht bekannten Schwangerschaft die Rückstellung der Klägerin veranlasst und die Beklagte das Arbeitsverhältnis daraufhin und nur aus diesem Grund aufgelöst habe. Das Erstgericht habe selbst festgestellt, H* habe die Klägerin länger im Betrieb halten wollen und dass sie ohne Krankenstand jedenfalls nicht am 11.1.2024 rückgestellt worden wäre. Aus dieser Feststellung lasse sich ableiten, dass keine Diskriminierung vorliege, sei die Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Rückstellungsentscheidung am 11.1.2024 doch nicht bekannt gewesen.
[23] Zudem werde ein sekundärer Feststellungsmangel geltend gemacht. Die Beklagte habe behauptet, dass H* ihr am 10.1.2024 mitgeteilt habe, die Klägerin werde nicht mehr benötigt, und dies der Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewesen sei. Das Erstgericht habe dazu keine Feststellungen getroffen.
[24] 3.1. Gemäß § 3 GlBG darf auf Grund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden. Ist das Arbeitsverhältnis von der Arbeitgeberin wegen des Geschlechts der Arbeitnehmerin oder wegen der nicht offenbar unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen nach diesem Gesetz gekündigt oder vorzeitig beendigt worden oder ist das Probearbeitsverhältnis wegen eines solchen Grundes aufgelöst worden (§ 3 Z 7 GlBG), so kann die Kündigung, Entlassung oder Auflösung des Probearbeitsverhältnisses gemäß § 12 Abs 7 GlBG bei Gericht angefochten werden.
[25] Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand beruft, hat sie diesen nach § 12 Abs 12 GlBG glaubhaft zu machen. Der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§ 3 oder 4 GlBG zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund iSd § 5 Abs 2 leg cit vorliegt.
[26] 3.2. Werden im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis Kriterien herangezogen, die nur von einem Geschlecht erfüllt werden können, wie etwa eine Schwangerschaft, stellt dies eine unmittelbare Diskriminierung dar (vgl Hopf/Mayr/Eichinger/Erler , GlBG² § 3 Rz 2 mzwN aus der EuGH-Rspr). Eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts liegt daher auch dann vor, wenn sie wegen Schwangerschaft erfolgt. Wird eine Frau einzig aufgrund ihrer Schwangerschaft anders behandelt als wäre sie nicht schwanger, so ist dies eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (8 ObA 18/24s mwN).
[27] Wenn beispielsweise der maßgebliche Grund für eine Kündigung in der konkreten Annahme des Arbeitgebers liegt, dass eine Arbeitnehmerin bald schwanger werde, ist dies vom Verbot der unmittelbaren Diskriminierung erfasst (8 ObA 81/13i mwN). Beruht die – wahrscheinliche – Unfähigkeit einer Mitarbeiterin, termingerecht eine Spezialausbildung zu beginnen, einzig auf ihrer Schwangerschaft, stellt eine damit verbundene ungünstigere Behandlung im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft ebenfalls eine (unmittelbare) Diskriminierung dar (8 ObA 18/24s).
[28] Der Kündigungsschutz muss nicht nur während des Mutterschaftsurlaubs gewährt werden, sondern während der gesamten Schwangerschaft. Wird eine Arbeitnehmerin daher während ihrer Schwangerschaft auf Grund von Fehlzeiten entlassen, die sich aus ihrer durch die Schwangerschaft bedingten Arbeitsunfähigkeit ergeben, so hängt diese Entlassung mit den Risiken zusammen, die mit einer Schwangerschaft verbunden sind, sodass die Schwangerschaft als der hauptsächliche Grund für die Entlassung anzusehen ist. Eine solche Entlassung kann nur Frauen treffen und ist daher als eine unmittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts anzusehen (EuGH 30.6.1998, C-394/96, Brown , Slg 1998, I-4185, Rn 18, 24; Hopf/Mayr/Eichinger/Erler , GlBG² § 3 Rz 140).
[29] 3.3. Macht – wie hier von der Klägerin behauptet – eine Arbeitnehmerin, deren Probedienstverhältnis gerade wegen ihrer Schwangerschaft aufgelöst wurde, daher die Diskriminierung glaubhaft und gelingt demgegenüber dem beklagten Arbeitgeber nicht der Beweis, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war, so gilt die Sanktion des § 12 Abs 7 GlBG (9 ObA 4/05m; RIS-Justiz RS0120188).
[30] 4.1. Das Erstgericht beurteilte die Sache dahin, dass eine unmittelbare Diskriminierung vorliege. Die Klägerin habe glaubhaft gemacht, dass die Kündigung in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Bekanntgabe der Schwangerschaft und gerade wegen dieser ausgesprochen worden sei, ohne dass die Beklagte dies entkräften habe können.
[31] Dabei zeigt das Erstgericht zutreffend auf, dass eine aufgrund der bekanntgegebenen Schwangerschaft erklärte Auflösung des Arbeitsverhältnisses während der Probezeit gemäß § 12 Abs 7 GlBG angefochten werden kann. Der Berufung ist jedoch darin beizupflichten, dass der bislang festgestellte Sachverhalt insoweit ergänzungsbedürftig ist und ein solches Ergebnis (noch) nicht zulässt.
[32] 4.2. Die Berufung macht einen sekundären Feststellungsmangel geltend. Ein solcher liegt vor, wenn das Erstgericht infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung erforderliche Feststellungen nicht getroffen hat und daher Feststellungen für die vorzunehmende rechtliche Beurteilung fehlen (RIS-Justiz RS0043480; RS0043320; RS0053317). Undeutliche oder widersprüchliche Feststellungen begründen ebenfalls einen sekundären Feststellungsmangel (RIS-Justiz RS0042744). Derartige rechtlich relevante Feststellungsmängel sind von Amts wegen aufzugreifen und müssen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen (RIS-Justiz RS0042333).
[33] 4.3. Der festgestellte Sachverhalt behandelt die „Rückstellung“ der Klägerin von der Beschäftigerin an die Beklagte, also die Beendigung der Überlassung der Klägerin an die Beschäftigerin, und die Gründe für diese Rückstellung.
[34] Zwischen der Klägerin und der Beklagten ist jedoch nicht diese Rückstellung maßgeblich, sondern die Beendigung des zwischen ihnen begründeten Arbeitsverhältnisses. Hinsichtlich dieses Arbeitsverhältnisses sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 18.1.2024 (Beilage ./E) eine „Kündigung in der Probezeit“ aus. Aus welchen Gründen diese Auflösung – und nicht bloß die davon zu unterscheidende Rückstellung – erfolgte, steht bislang nicht fest.
[35] Der festgestellte Sachverhalt ist also dahin ergänzungsbedürftig, aus welchen Gründen die Beklagte gegenüber der Klägerin die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erklärte und worin der maßgebliche Grund für diese Auflösung lag. Dazu stützt sich die Klägerin darauf, das Kündigungsschreiben vom 18.1.2024 sei in unmittelbarer Reaktion und allein wegen der bekanntgegebenen Schwangerschaft erfolgt. Die Beklagte umgekehrt behauptet, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses sei wegen der wirtschaftlich schlechten Lage der Beschäftigerin und einer dem Kündigungsschreiben vom 18.1.2024 zeitlich vorangehenden Rückstellung der Klägerin notwendig geworden. Insoweit bedarf es einer Erweiterung des bislang festgestellten Sachverhalts.
[36] 5.1. Der festgestellte Sachverhalt zur Rückstellung der Klägerin ist zudem in sich widersprüchlich. Das Erstgericht stellt fest, die Rückstellung an die Beklagte sei im Zusammenhang mit der von ihr bekannt gegebenen Schwangerschaft und dem damit einhergehenden Krankenstand erfolgt. Zunächst ist bei dieser Feststellung unklar, ob die Rückstellung nur im – zeitlichen oder sonstigen – Zusammenhang mit der bekanntgegebenen Schwangerschaft erfolgte oder gerade „wegen“ der Schwangerschaft. Damit ist die Feststellung hinsichtlich des Grundes, aus welchem die Rückstellung an die Beklagte erfolgte, unklar.
[37] Diese Feststellung steht darüber hinaus in Widerspruch zur weiteren Tatsachenfeststellung, auf welche sich auch die Berufung stützt, wonach die Klägerin ohne Krankenstand jedenfalls nicht am 11.1.2024 rückgestellt worden wäre. Diese Feststellung impliziert, dass die Klägerin am 11.1.2024 rückgestellt wurde. Dies ist jedoch nicht ohne Weiteres damit in Einklang zu bringen, dass die Rückstellung im Zusammenhang mit der Schwangerschaft erfolgt sei, erfolgte deren Bekanntgabe doch erst am 16.1.2024 und somit zeitlich nach dem 11.1.2024.
[38] 5.2. Die Feststellungen, wonach H* die Klägerin länger im Betrieb halten wollte, er sie ohne Krankenstand nach Möglichkeit auch länger weiterbeschäftigt hätte und sie ohne Krankenstand jedenfalls nicht am 11.1.2024 rückgestellt worden wäre, stehen zudem im Widerspruch mit den Ausführungen in der Beweiswürdigung und rechtlichen Beurteilung des Ersturteils (S 23 und 25).
[39] Dort führt das Erstgericht zusammengefasst aus, es sei davon auszugehen, die Beklagte habe die Klägerin nach Bekanntwerden der Schwangerschaft gekündigt und die Beschäftigerin davon in Kenntnis gesetzt. Diese habe die Klägerin daraufhin am 18.1.2024 an die Beklagte zurückgestellt. Das Erstgericht bringt in diesen beweiswürdigenden Ausführungen daher zum Ausdruck, die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18.1.2024 allein wegen der bekanntgegebenen Schwangerschaft aufgelöst, ohne dass zu diesem Zeitpunkt eine Rückstellung erfolgt wäre. Erst im zeitlichen Anschluss daran und nach der Auflösungserklärung (somit frühestens am 18.1.2024) habe die Beschäftigerin die Rückstellung der bereits „gekündigten“ Klägerin veranlasst.
[40] Wie dargestellt stehen die Feststellungen, wonach die Klägerin ohne Krankenstand jedenfalls nicht am 11.1.2024 rückgestellt worden wäre, damit aber nicht in Einklang. Folgte man dieser Feststellung, wäre die Rückstellung nämlich gerade vor der Auflösungserklärung und vor Bekanntwerden der Schwangerschaft erfolgt.
[41] 6.1. Zusammengefasst ist der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung zur Beseitigung der aufgezeigten Feststellungsmängel aufzutragen. Den Parteien darf zu wesentlichen Beweisfragen nicht eine Tatsacheninstanz entzogen werden. Zudem wäre eine Beweisergänzung vor dem Berufungsgericht mit einem unabsehbar höheren Kostenaufwand verbunden (§§ 90 Abs 2 ASGG, 496 Abs 3 ZPO; Sonntag in Köck/Sonntag , ASGG § 90 Rz 7).
[42] 6.2. Ob es im fortzusetzenden Verfahren einer ergänzenden Beweisaufnahme bedarf oder sogleich eine neuerliche Urteilsfällung erfolgt, bleibt der Beurteilung durch das Erstgericht anheim gestellt.
[43] 6.3. Aufgrund der notwendigen Aufhebung des bekämpften Urteils erübrigen sich derzeit weitere Ausführungen zur Beweisrüge. Darüber hinaus wäre diese, soweit sie auf widersprüchliche Feststellungen abstellt, einer Behandlung nicht zugänglich. Widersprüchliche Feststellungen gelten als nicht gesetzt, womit der davon betroffene Sachverhalt unvollständig ist. Eine gegen widersprüchliche Feststellungen erhobene Beweisrüge kann damit mangels ausreichender Tatsachenbasis nicht abschließend erledigt werden.
[44] 6.4. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf §§ 2 Abs 1 ASGG, 52 ZPO.
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