3R26/24h – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Beschluss
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Kohlegger als Vorsitzenden sowie die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Pirchmoser und den Richter des Oberlandesgerichts MMag. Dr. Dobler als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geb **, ** B*, **, **, vertreten durch die Tramposch Partner Rechtsanwälte OG in 6020 Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. Verlassenschaft nach C* D* , geb **, verst 13.6.2023, zuletzt E*straße ** B*, F* G*, 2. H* G* , vertreten durch den *** I*, E*straße **, F* G*, beide vertreten durch Dr. Anton Triendl, Dr. Andreas Ruetz, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, wegen (eingeschränkt) EUR 10.551,18 sA und Feststellung (Interesse EUR 1.500,-- sA), Gesamtinteresse EUR 12.051,18 sA, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 29.12.2023, 12 Cg 123/22a 57, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird, soweit es nicht im Umfang der Abweisung des Feststellungsbegehrens in Rechtskraft erwachsen ist, aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen .
Die Kosten des Berufungsverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.
Text
Begründung:
Die Klägerin wurde am 20.6.2022 im Zuge einer Wanderung von einer auf dem Alm- und Weidegebiet der Zweitbeklagten (der Alpe „J*“) weidenden Kuh niedergestoßen und verletzt. Die Zweitbeklagte ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Ihren Mitgliedern kommt ein Recht zur Weideausübung auf den Grundstücken der Zweitbeklagten zu. Die Tiere der weideberechtigten Landwirte werden nach dem Verbringen auf das Alm- und Weidegebiet der Zweitbeklagten in den Stammbetrieben der Landwirte behördlich ab- und auf den Betrieb der Zweitbeklagten angemeldet. Die Landwirte müssen für den Aufenthalt der Tiere auf der Alm ein Entgelt an die Zweitbeklagte entrichten. Im Sommer 2022 befanden sich auf dem Almgebiet zwischen 150 und 180 Stück Vieh (Kälber, Rinder, trockenstehende Melkkühe sowie Mutterkühe verschiedener Rassen und einige Pferde). Der nach Klagszustellung verstorbene vormalige Erstbeklagte C* D* (nachfolgend der Einfachheit halber zum Teil auch als Erstbeklagter bezeichnet) war im Sommer 2022 einer von zwei bei der Zweitbeklagten beschäftigten Hirten. Die gesamte Alpe J* hat ein Ausmaß von ca 900 Hektar. Die Weidefläche belauft sich auf ca 74 Hektar, davon ca 40 Hektar reine Weidefläche ohne, der Rest mit Waldbewuchs. Die Außengrenzen des Weidegebiets sind eingezäunt. Innerhalb der Almfläche können sich die Tiere frei bewegen. Sehr stark frequentierte Bereiche des Almgebiets wie etwa die Ochsenhütte mit Restaurantbetrieb, der Speicherteich samt Spielbereich oder die Bergstation der Serlesbahn sind ebenfalls eingezäunt, sodass die Tiere diese Bereiche nicht betreten können. Die über diese Bereiche hinausgehenden Wald- und Wanderwege sowie die Tränkestellen für das Vieh sind nicht eingezäunt.
Im Jahr 2021 kam es im Weidegebiet der Zweitbeklagten zu insgesamt zwei Ereignissen, bei denen Personen von Kühen verletzt wurden. Diese Vorfälle waren dem zweiten bei der Zweitbeklagten beschäftigten Hirten K* L* bekannt. Einige Tage nach dem verfahrensgegenständlichen Unfall kam es ebenfalls zu einem Vorfall zwischen einer Kuh und einer Wanderin.
Dieser – gekürzt wiedergegebene – Sachverhalt steht im Berufungsverfahren bindend fest (§ 498 Abs 1 ZPO).
Die Klägerin begehrt (nach Einschränkung) EUR 10.551,18 an Schmerzengeld, Haushaltshilfe, Pflege-, Fahrt- und Hotelkosten, etc. Das zunächst ebenfalls erhobene Feststellungsbegehren ist aufgrund rechtskräftiger Abweisung nicht mehr verfahrensgegenständlich. Anspruchsbegründend bringt sie vor, der Erstbeklagte hafte als Verwahrer und Mithalter iSv § 1320 ABGB, weil er eine ordnungsgemäße Verwahrung der Tiere schuldhaft vernachlässigt habe. Die Zweitbeklagte hafte als Tierhalterin. Sie habe die Einhaltung der gebotenen Sicherungsmaßnahmen (nur ein Hirte für ca 180 Kühe, keine Abzäunung, nahe Trinkstelle, stark frequentierter Pilgerweg, Mutterkuh-Haltung, Hitzeperiode) nicht eingehalten und damit nicht für die erforderliche Beaufsichtigung und Verwahrung der Tiere gesorgt. Zudem habe die Zweitbeklagte für das schuldhafte Verhalten des Erstbeklagten einzustehen. Im Weidegebiet der Zweitbeklagte sei es vor und nach dem Unfall der Klägerin immer wieder zu gefährlichen Vorfällen mit Kühen gekommen. Die Gefährlichkeit der Tiere hätte den Beklagten daher bekannt sein und sie hätten entsprechende Sicherungsmaßnahmen ergreifen müssen. Bei der Mutterkuh, welche die Klägerin attackiert habe, handle es sich um eine solche der Rasse M*. Bei Muttertieren dieser Rasse seien Probleme mit Aggressivität bekannt. Die Hitze habe die Aggressivität der Kühe zusätzlich befördert. Obgleich der verfahrensgegenständliche Weg in den Sommermonaten stark frequentiert sei, hätten die Beklagten keine Abzäunung errichtet. Direkt an der Unfallstelle habe sich auch kein Hinweisschild befunden. Trotz des neuralgischen Punkts und der Hitze seien die Kühe nicht vom Erstbeklagten begleitet worden. Aufgrund der Hitze wären die Kühe jedoch besonders zu beaufsichtigen gewesen. Zumindest hätten die Beklagten einen Weidezaun errichten müssen. Die Passivlegitimation der Zweitbeklagten sei gegeben.
Die Beklagten bestreiten und beantragen Klagsabweisung. Sie hätten für die erforderliche Verwahrung und Beaufsichtigung der Weidetiere gesorgt und sich an die anerkannten Standards der Alm- und Weidewirtschaft gehalten. Keines der Tiere habe ein auffälliges oder gefährliches Verhalten an den Tag gelegt. Es sei nicht bekannt, welche Kuh die Klägerin oder allenfalls andere Personen attackiert habe. Es seien mehrere Hinweisschilder vorhanden und die Klägerin damit in Kenntnis gewesen, dass sie das Weidegebiet betrete und dort Mutterkühe weideten. Beim Unfallort handle es sich um keine neuralgische Stelle oder Gefahrenbereich, welcher besondere Sicherungsmaßnahmen erfordert hätte. Nach der Rsp bestehe keine Verpflichtung, einen durch ein Weidegebiet führenden Weg abzuzäunen. Eine solche Abzäunung sei weder üblich noch zumutbar. Die von der Klägerin geforderten Maßnahmen würden die Sorgfaltspflichten in der Alm- und Weidewirtschaft bei Weitem überspannen. Ein haftungsbegründendes rechtswidriges Verhalten könne den Beklagten nicht angelastet werden. Obgleich sie die Weideausübung auf der in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften durch ihre Mitglieder zu dulden habe, sei die Zweitbeklagte nicht (Mit)Halterin der dort weidenden Kühe.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klagebegehren vollumfänglich ab. Dieser Entscheidung legte es den eingangs der Berufungsentscheidung gekürzt wiedergegebenen und den nachfolgenden, auszugsweise dargestellten Sachverhalt zugrunde, wobei die im Rechtsmittelverfahren umkämpften Feststellungen hervorgehoben sind:
[1] Am 20.06.2022 hat sich der von der zweitbeklagten Partei angestellte Hirte C* D* im Weidegebiet der zweitbeklagten Partei aufgehalten. C* D* hat dabei eine entsprechende Nachschau durchgeführt und dabei keine Auffälligkeiten wahrgenommen.
Die Klägerin startete ihre Wanderung bei der Bergstation der N*. Im Kassenbereich der Talstation liegen Informationsfolder zum Thema „Miteinander auf Österreichs Almen“ aus. Am Übergang des eingezäunten Bereichs an der Bergstation zu den Wanderwegen befinden sich Hinweistafeln mit der Aufschrift: „Achtung, bitte Abstand zu Weidetieren halten. Kühe verteidigen ihre Kälber. Hunde unbedingt an der Leine führen, im Notfall Leine loslassen“ . Zudem ist an der Bergstation ein – in den Urteilsfeststellungen abgebildetes (§ 500a ZPO) – Schild mit zehn Verhaltensregeln für den Umgang mit Weidevieh angebracht. Die Klägerin las diese Hinweise.
Die Klägerin und ihr Gatte wanderten zunächst über einen Forstweg durch das Alm- und Weidegebiet der Zweitbeklagten zum ** O* und von dort dann in Richtung Ochsenhütte. Auf dem auf untenstehendem Lichtbild rechterhand ersichtlichen bergwärts führenden Weg von O* Richtung Ochsenhütte musste die Klägerin zunächst ein Weidegitter mit Zaunanlage passieren, um das Almgebiet der Beklagten neuerlich zu betreten:
[Nicht wiedergegebenes Foto des Weidegitters]
In Gehrichtung der Klägerin war am Weidezaun folgendes Hinweisschild, das die Klägerin auch las, angebracht:
[Nicht wiedergegebenes Foto des Hinweisschilds „Mutterkühe … Durchqueren mit Hunden vermeiden]
Als die Klägerin und ihr Gatte auf dem Forstweg bergwärts wanderten, sahen sie ausgewachsene Kühe und Jungtiere (ca sechs Stück), die sich direkt auf dem Forstweg aufhielten. Die Kühe gingen dann in einer Entfernung von ca 30 Metern vor der Klägerin und ihrem Gatten bergwärts. Die Klägerin und ihr Gatte folgten ihnen mehrere Minuten lang in gleichbleibendem Abstand.
Schließlich näherten sich die Kühe dem linken Rand des Forstwegs. Die Klägerin und ihr Gatte gingen davon aus, dass sie den Forstweg nach links in Richtung des Waldes verlassen werden und entschlossen sich, ganz am rechten Wegrand hintereinander an den Kühen vorbeizugehen. Ob im Zeitpunkt des Vorbeigehens sämtliche Kühe den Forstweg bereits verlassen hatten, steht nicht fest.
Zunächst passierte die Klägerin in einem Abstand von ca vier bis fünf Metern in zügigem Marschschritt die Kühe. Als sie diese bereits hinter sich gelassen hatte und sich ihr Ehegatte etwa auf Höhe der Kühe befand, rannte eine der Kühe von hinten diagonal auf die Klägerin zu und versetzte ihr mit dem Kopf einen Stoß in den Rücken, sodass die Klägerin zu Sturz kam. Nachfolgend verpasste ihr die Kuh weitere Tritte. Der Ehegatte der Klägerin konnte die Kuh schließlich durch Schläge vertreiben.
[2] Nicht festgestellt werden kann, konkret welche Kuh die Attacke auf die Klägerin ausgeführt hat, insbesondere welcher Rasse diese Kuh angehört hat.
[3] Aus fachlicher Sicht sind „Charolais-Kühe“ von ruhigem Temperament und (im Unterschied zu beispielsweise Tuxer-Rindern) nicht aggressiv. Ein Rind wird aus fachlicher Sicht allerdings dann aufgebracht, wenn „es um ihr Jungtier geht“, es sich in die Enge getrieben fühlt oder ein Mensch frontal auf das Tier zugeht, sodass dieses mit Angriff reagiert.
Im Bereich der unten abgebildeten Unfallstelle war und ist der Forstweg nicht von der umgebenden Waldfläche abgezäunt:
[Nicht wiedergegebenes Übersichtsfoto]
[4] Nicht festgestellt werden kann, mit welcher Frequenz der gegenständliche Forstweg von Wanderern gewöhnlich frequentiert wird, insbesondere ob es es sich bei diesem Forstweg um einen „in den Sommermonaten stark frequentierten Wanderweg“ handelt.
Die Witterungsbedingungen am Unfalltag erforderten keine besonderen Vorkehrungen für das Vieh. Die zwei im Sommer im Weidegebiet aufgestellten Viehtränken befanden sich ca 1 bzw 2,5 km von der Unfallstelle entfernt.
Aus fachlicher alpwirtschaftlicher Sicht sind die für das Almgebiet der Beklagten relevanten Sicherungsmaßnahmen die tägliche Nachschau nach dem Weidevieh sowie die Kontrolle der Abzäunungen. Die aufgestellten Zäune erfüllen aus fachlicher Sicht ihre Aufgabe, nämlich Tiere ab- oder auch auszuzäunen.
[1] Der wesentlichsten Sicherungsmaßnahme aus fachlicher Sicht, nämlich nach dem Weidevieh zu sehen, wurde im Zeitraum des Unfalls in Bezug auf das Alm- und Weidegebiet der zweitbeklagten Partei aus fachlicher Sicht entsprochen, zumal insgesamt zwei Hirten am „J*“ angestellt waren und einer der beiden Hirten (C* D* oder K* L*) auch täglich im Bereich der Alpe aufhältig gewesen sind. Aus fachlicher Sicht ist es dabei ausreichend, wenn im Bereich der Almweide „J*“ einmal täglich ein Hirte vor Ort ist, um nach den Tieren Nachschau zu halten. Der erforderliche zeitliche Umfang der Nachschau schwankt dabei aus fachlicher Sicht naturgemäß (ist beispielsweise davon abhängig ob Nebel herrscht) und beträgt im Alm- und Weidegebiet der zweitbeklagten Partei zwischen 1 Stunde und mehreren Stunden pro Tag.
Wenn der Hirte die Viehgruppen sieht und keine Auffälligkeiten festgestellt hat, ist aus fachlicher Sicht die Arbeit der Nachschau erledigt. Ein Hirte, auch wenn er seine Arbeit über die Maßen gut erledigen will, kann aus fachlicher Sicht nicht permanent nach jedem seiner Tiere schauen. Die Tätigkeit der von der Beklagten beschäftigten Hirten kann aus fachlicher Sicht als ortsüblich und passend bezeichnet werden. Aus fachlicher Sicht reicht auch die Anzahl von durchschnittlich einem Hirten für die Anzahl der im Weidegebiet der Zweitbeklagten aufgetriebenen Tiere.
Für den konkreten Unfallort wäre eine Einzäunung aus fachlicher, alpwirtschaftlicher Sicht als kontraproduktiv einzustufen, dies zumal die Unfallstelle aus fachlicher Sicht überhaupt nicht als gefährlich einzustufen ist, im Übrigen die Weidetiere im Fall eines dort aufgestellten Weidezauns nicht von der unteren auf die obere Wegseite wechseln können, was eine verstärkte Unruhe beim Weideverhalten der Tiere verursachen würde. Aus fachlicher Sicht ist somit keine Notwendigkeit gegeben und wäre es auch kontraproduktiv gewesen, den Weg am Unfallort für das Weidevieh abzuzäunen. Tränkestellen können aus fachlicher Sicht überhaupt nicht ab- bzw eingezäunt werden, da das Weidevieh ständig freien Zugang zum Wasser braucht und die Tiere bei einer Abzäunung beginnen, durstig nach Wasser zu suchen, was wiederum Unruhe in die Herde brächte.
Aus fachlicher Sicht bestand aufgrund der Kuhattacken im Jahr 2021 im Weidegebiet der Zweitbeklagten Anlass, für das Jahr 2022 ein Weidemanagement anzudenken, respektive anzudenken, ob man Wanderer überhaupt noch durch das Almgebiet der Zweitbeklagten durchschleust.
Rechtlich verneinte das Erstgericht eine Haftung der Beklagten nach § 1320 ABGB. Sie hätten die anerkannten Standards der Tierhaltung in der Alm- und Weidewirtschaft eingehalten. Die Zweitbeklagte habe Warnschilder aufgestellt, in denen auch vor der Muttertierhaltung gewarnt worden sei. Den Beklagten sei zwar die Kenntnis von den im Jahr zuvor erfolgten Angriffen zu unterstellen. Eine Haftung scheitere jedoch an der örtlich eingrenzbaren besonderen Gefahrensituation, handle es sich bei der Unfallstelle doch um einen gewöhnlichen Forstweg. Eine Einzäunung des Forstwegs im Bereich der Unfallstelle sei keine zumutbare Sicherungsmaßnahme. Auch sonst habe das Beweisverfahren keine Pflichtverletzung der Beklagten ergeben.
Gegen die Abweisung des Leistungsbegehrens richtet sich die rechtzeitige Berufung der Klägerin . Die Abweisung des Feststellungsbegehrens wird von der Klägerin hingegen ausdrücklich nicht angefochten. Aus den Rechtsmittelgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung begehrt sie die Abänderung der Entscheidung iSe Stattgebung des Leistungsbegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen in ihrer ebenfalls fristgerechten Berufungsbeantwortung , dem Rechtsmittel der Klägerin keine Folge zu geben.
Nach Art und Inhalt der geltend gemachten Rechtsmittelgründe war über die Berufung in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden (§ 480 Abs 1 ZPO). Diese ist iSd hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt:
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Beweisrüge:
1.1. In der Beweisrüge wendet sich die Klägerin zunächst gegen die bei Wiedergabe des Sachverhalts mit [1] hervorgehobenen Feststellungen und begehrt deren Ersatz durch folgende:
"Am 20.06.2022 hat sich weder der von der zweitbeklagten Partei angestellte Hirte C* D* noch Herr K* L* im Weidegebiet der zweitbeklagten Partei aufgehalten.
Der wesentlichsten Sicherungsmaßnahme aus fachlicher Sicht, nämlich nach dem Weidevieh zu sehen, wurde im Zeitraum des Unfalls in Bezug auf das Alm- und Weidegebiet der zweitbeklagten Partei aus fachlicher Sicht nicht entsprochen, zumal am Unfalltag keiner der beiden Hirten (C* D* oder K* L*) im Bereich der Alpe aufhältig gewesen ist."
in eventu
„Am 20.06.2022 hat sich weder der von der zweitbeklagten Partei angestellte Hirte C* D* noch Herr K* L* in der Nähe der Unfallstelle aufgehalten.
Der wesentlichsten Sicherungsmaßnahme aus fachlicher Sicht, nämlich nach dem Weidevieh zu sehen, wurde im Zeitraum des Unfalls in Bezug auf das Alm- und Weidegebiet der zweitbeklagten Partei aus fachlicher Sicht nicht entsprochen, zumal am Unfalltag keiner der beiden Hirten (C* D* oder K* L*) im Bereich der Alpe aufhältig gewesen ist."
1.2. Der inhaltlichen Behandlung der Beweisrügen der Klägerin sind nachstehende allgemeine Grundsätze voranzustellen:
1.2.1. In § 272 ZPO ist das Prinzip der freien richterlichen Beweiswürdigung verankert. Diese besteht darin, aus den oft unterschiedlichen Verfahrensergebnissen Schlussfolgerungen im Hinblick auf die verfahrensrelevanten tatsächlichen Vorgänge zu ziehen. Das Gericht ist dabei an keine festen Beweisregeln gebunden ( Rechberger in Fasching/Konecny³ § 272 ZPO Rz 4), sondern nur an seine persönliche, unmittelbare und objektivierbare, also im Instanzenzug nachprüfbare Überzeugung von der Wahrheit und von der Richtigkeit der Beweisergebnisse. Es hat anhand seines persönlichen Eindrucks, seiner Kenntnisse der Lebensvorgänge, seiner Erfahrungen in der menschlichen Gemeinschaft und seiner Menschenkenntnis zu überprüfen, ob mit den vorliegenden Beweisergebnissen jener Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht wird, der es rechtfertigt, die fraglichen Tatsachen nach dem anwendbaren Beweismaß für wahr zu halten (RIS Justiz RS0040127; RI0100103; Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka 5 § 272 ZPO Rz 1; Klauser/Kodek JN-ZPO 18 § 272 ZPO E 24ff).
Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich die Tatsacheninstanz für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen auf Grund ihrer Überzeugung, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, entscheidet oder eine solche Überzeugung anhand der Gesamtwürdigung der aufgenommenen Beweisergebnisse gerade nicht gewinnen kann und daher mangels ausreichend überzeugender Beweisergebnisse entscheidungswesentliche Tatsachen offen bleiben müssen. Die Tatsacheninstanz hat allerdings die Gründe insoweit auszuführen, dass ihnen entnommen werden kann, aus welchen Erwägungen sie diese Überzeugung gewonnen hat (RIS-Justiz RS0043175).
1.2.2. Das Regelbeweismaß der ZPO ist dabei nicht das der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, sondern jenes der hohen Wahrscheinlichkeit. Dies bedeutet, dass bei der Beurteilung bestimmter Lebenssachverhalte Zweifel bezüglich getroffener Feststellungen nicht überhaupt fehlen müssen (2 Ob 97/11w; 4 Ob 146/10i; RIS-Justiz RS0110701; Rechberger in Rechberger/Klicka 5 Vor § 266 ZPO Rz 5ff).
1.2.3. Das Berufungsgericht hingegen hat keine eigene Würdigung der Beweisergebnisse vorzunehmen, sondern nur zu überprüfen, ob das Erstgericht die ihm vorgelegenen Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat, nicht jedoch, ob seine Urteilsannahmen mit der objektiven Wirklichkeit übereinstimmen (3 Ob 2004/96v; OLG Innsbruck 2 R 13/19g; 15 Ra 12/19f; 5 R 20/15b; RIS-Justiz RI0100099). Fehler der Beweiswürdigung liegen vor, wenn diese auf einer unrichtigen Anwendung von Erfahrungssätzen beruht, den Gesetzen der Logik widerspricht oder wenn die getroffenen Feststellungen auf unschlüssigen Überlegungen und Schlussfolgerungen beruhen. Kein Fehler der Beweiswürdigung ist hingegen anzunehmen, wenn die Tatsacheninstanz – solange sie ihrer Begründungspflicht nachkommt – einer von mehreren widersprechenden Beweisquellen folgt. Dies stellt – wie oben erläutert – gerade das Wesen der freien Beweiswürdigung dar (RIS-Justiz RS0043175). Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den anderen Prozessstandpunkt sprechen, reicht in aller Regel nicht aus, eine Bedenklichkeit oder Unrichtigkeit der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz aufzuzeigen (OLG Wien 133 R 80/18i ErwGr 2.1.; OLG Innsbruck 13 Ra 8/23k; 1 R 16/19s; 2 R 13/19g; 3 R 23/19k; RIS Justiz RI0100099; RES0000012). Eine Beweisrüge kann daher nur erfolgreich sein, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an der Beweiswürdigung des Erstgerichts rechtfertigen. Zu diesem Zweck ist darzulegen, dass die getroffenen Feststellungen zwingend unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen (OLG Innsbruck 13 R 24/20p; 2 R 72/18g; OLG Wien 34 R 125/15z ErwGr I.2.; RIS-Justiz RI0100099).
1.3.1. Die von der Klägerin in der Berufung angestellten Überlegungen vermögen beim Berufungsgericht nicht die für ein Abgehen von den zu [1] angefochtenen Feststellungen notwendigen Zweifel zu erwecken. Das Erstgericht hat seine beweiswürdigenden Überlegungen nachvollziehbar dargelegt, weshalb zunächst auf diese verwiesen werden kann (§ 500a ZPO, zu dessen Anwendung bei Fragen der Beweiswürdigung RIS Justiz RS0122301). Der Verweis der Berufungswerberin auf die Angaben des Substanzverwalters und des zweiten Hirten K* L* in Bezug auf andere Vorfälle im Weidegebiet der Zweitbeklagten ist in diesem Zusammenhang in zweierlei Hinsicht nicht zweckmäßig: Zum einen beziehen sich die angefochtenen Feststellungen nicht auf andere Vorfälle, sondern konkret auf den Unfalltag. Es ist auch nicht maßgeblich, ob sich C* P* an anderen Tagen im Weidegebiet aufhielt und Nachschau nach den Tieren hielt. Zum anderen betrifft der erste Teil der angefochtenen Feststellung ausschließlich die Tätigkeit von C* D* und nicht jene des zweiten Hirten K* L*. Wenn die Klägerin statt dieser Feststellung, wonach sich C* D* am Unfalltag im Weidegebiet aufhielt und dieser keine Auffälligkeiten wahrnahm, die Ersatzfeststellung begehrt, es hätten sich weder C* D* noch K* L* dort bzw in der Nähe der Unfallstelle aufgehalten, gehen die begehrten Ersatzfeststellungen daher über die angefochtenen hinaus. In diesem Umfang mangelt es daher dem für eine erfolgreiche Beweisrüge erforderlichen Austauschverhältnis zwischen angefochtener und begehrter Feststellung (RIS Justiz RS0041835; RI0100145; Kodek in Rechberger/Klicka 5 § 471 ZPO Rz 15 mwN).
1.3.2. Letztlich vermag die Klägerin auch keine konkreten Beweisergebnisse für die von ihr begehrten Ersatzfeststellungen, wonach sich keiner der beiden Hirten im Weidegebiet bzw in der Nähe der Unfallstelle aufgehalten habe, zu benennen, was für einen Erfolg ihrer Beweisrüge jedoch Voraussetzung wäre (RIS-Justiz RS0041835). Damit gelingt es der Klägerin aber nicht, die für ein Abgehen von der angefochtenen Feststellung erforderlichen erheblichen Zweifel beim Berufungsgericht zu erwecken. Die angefochtenen Feststellungen haben daher Bestand.
1.3.3. Abschließend ist in Vorgriff auf die rechtliche Beurteilung noch zu bemerken, dass es den von der Klägerin begehrten Feststellungen auch an Entscheidungsrelevanz mangelt, was ebenfalls zu deren Erfolglosigkeit führen muss (RIS-Justiz RS0042386; RS0043190). Wie im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge unter ErwGr II.5 noch dargelegt wird, kann eine permanente Beaufsichtigung der Tiere durch die Hirten nicht verlangt werden. Dass die Tiere am Unfalltag irgendwelche Auffälligkeiten aufgewiesen hätten, die gerade an diesem Tag besondere Maßnahmen erfordert hätten, ergibt sich aus dem Akt nicht. Damit ist es letztlich für die rechtliche Beurteilung aber auch nicht von Bedeutung, ob, wann und wo sich die Hirten am Unfalltag genau befanden bzw Nachschau nach den Tieren hielten.
2.1. Statt der zu [2] und [3] hervorgehobenen (Negativ)Feststellung zur Frage, welche Kuh die Klägerin verletzte, insbesondere welcher Rasse diese angehörte und dass Kühe der Rasse Charolais von ruhigem Temperament und nicht aggressiv sind, begehrt die Klägerin folgende Sachverhaltsannahmen:
ad [2]: "Nicht festgestellt werden kann, konkret welche Kuh die Attacke auf die Klägerin ausgeführt hat. Es handelte sich aber um eine Mutterkuh der Charolais-Rasse."
ad [3]: "Aus fachlicher Sicht sind "Charolais-Kühe" im Allgemeinen von ruhigem Temperament; Mutterkühe sind allerdings aggressiv."
2.2. Dass das konkrete Tier, welches der Klägerin die Verletzungen zufügte, nicht individualisierbar ist, gesteht die Klägerin ebenso zu, wie dass Kühe der Rasse Charolais im Allgemeinen von ruhigem Temperament sind, decken sich in diesen Punkten doch die angefochtenen und die begehrten Feststellungen. Ein Eingehen auf diese beiden Aspekte erübrigt sich daher.
Mit der von ihr zu [2] formulierten Alternativfeststellung begehrt die Klägerin jedoch nicht nur eine positive Feststellung zur Rasse der Kuh, sondern auch, dass es sich dabei um eine Mutterkuh handelte. Zudem möchte die Klägerin zu [3] festgestellt wissen, dass Mutterkühe dieser Rasse aggressiv seien.
2.3. Dass der Frage, ob es sich bei dem Tier, das die Klägerin attackierte, um eine Mutterkuh handelte, für die rechtliche Beurteilung uU Bedeutung zukommen kann, erkennen sowohl das Erstgericht als auch die Parteien. Das Erstgericht hebt in seiner rechtlichen Beurteilung hervor, die Zweitbeklagte habe explizit auch vor Muttertieren gewarnt. Sowohl die Klägerin als auch die Beklagten argumentieren – auch noch im Rechtsmittelverfahren – mit diesem Aspekt. Die Klägerin stellt in Anlehnung an die früheren höchstgerichtlichen Entscheidungen zu Grunde liegenden Sachverhalte auf das Erfordernis der gesonderten Verwahrung von Mutterkühen ab (vgl dazu die Ausführungen im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge unter ErwGr II). Die Beklagten wiederum argumentieren in der Berufungsbeantwortung damit, es stehe gerade nicht fest, dass die Klägerin von einer Mutterkuh verletzt worden wäre.
2.4. Tatsächlich enthält die angefochtene Entscheidung zu dieser Frage keine klaren Feststellungen, weshalb sie in diesem Punkt an einem – im Hinblick auf die grundsätzlich gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge von Amts wegen aufzugreifenden (RIS Justiz RS0043310; RS0114379) – sekundären Feststellungsmangel leidet, was sich nicht zuletzt in der gegenläufigen Interpretation der Urteilsfeststellungen durch die Streitteile im Rechtsmittelverfahren zeigt.
Die Klägerin brachte bereits in der Klage vor, die Kuhherde habe aus 2-3 Mutterkühen samt 2-4 Jungtieren bestanden und sie sei von einer Mutterkuh attackiert worden. Unbestritten ist, dass sich im Almgebiet der Beklagten auch Mutterkühe (samt Kälbern) befanden. Laut SV-Gutachten machten diese etwa ein Drittel der Gesamtanzahl der Weidetiere aus (GA ON 29 S 13). Obgleich im vorletzten Absatz der Urteilsfeststellungen in US 9 das Wort „Mutterkühe“ fehlt, ist davon auszugehen, dass sich diese Feststellung auf die angeführten gutachterlichen Ausführungen bezieht.
In US 13 stellte das Erstgericht gestützt auf die Angaben der Klägerin fest, die Tiergruppe auf dem Forstweg habe aus „ausgewachsenen Kühen, wie auch Jungtieren“ bestanden. Nach den weiteren Urteilsfeststellungen wurde die Klägerin von einer Kuh – und nicht von einem Jungtier – attackiert. Auch in weiterer Folge verwendet das Erstgericht im Zusammenhang mit der Beschreibung des Temperaments von Rindern den Begriff „Jungtier“. Ein Rind werde ua dann aufgebracht, wenn es um ihr Jungtier gehe.
Da sich auch aus der Beweiswürdigung des Erstgerichts kein Hinweis darauf ergibt, ob die Klägerin – wie von ihr behauptet – von einer Mutterkuh oder einem anderen (ausgewachsenen) Rind attackiert wurde, sondern sich die beweiswürdigenden Überlegungen des Erstgerichts lediglich mit der Rasse befassen (vgl US 21), und die erstgerichtlichen Feststellungen von den Streitteilen unterschiedlich interpretiert werden, wird das Erstgericht diesen Umstand zur Vermeidung allfälliger Weiterungen im fortgesetzten Verfahren – entsprechend begründet – klarzustellen, also eine (Negativ)Feststellung dazu zu treffen haben, ob die Klägerin von einer Mutterkuh attackiert wurde.
2.5. Die angefochtene Negativfeststellung in Bezug auf die Rasse begegnet im Hinblick auf die unter ErwGr I.1.2. dargelegten Grundsätze hingegen keinen Bedenken. Das Erstgericht begründet diese damit, zur Rasse könnten lediglich Spekulationen angestellt werden, da insoweit nur die Beschreibungen der Klägerin und ihres Ehegatten vorlägen. Die Berufung argumentiert für die begehrte Feststellung neben den für das Erstgericht nicht überzeugenden Angaben der Klägerin und ihres Gatten vor allem mit den beiden Vorfällen aus dem Vorjahr, einem Vorfall im selben und einem im Folgejahr. Dass im Hinblick auf die große Anzahl an Tieren im Weidegebiet und die unterschiedlichen Rassen aus anderen – sich großteils in anderen Jahren zugetragenen – Vorfällen nicht darauf geschlossen werden kann, welcher Rasse die Kuh angehörte, die die Klägerin attackierte, bedarf keiner näheren Erörterung. Schließlich ist noch auf die Angaben des Zeugen L* zu verweisen, der ausschloss, dass sich die Charolais Kühe im Unfallbereich aufhielten, weil diese nicht so hoch hinauf gehen würden. Damit im Einklang stehen die Angaben des Zeugen Q*, wonach sich seine Charolais Kühe nach den Angaben des verstorbenen C* P* nie im Unfallbereich aufgehalten hätten. Am Unfalltag seien seine Kühe im Bereich der etwa 2 km entfernten Ochsenhütte gewesen. Wenn das Erstgericht vor dem Hintergrund dieser Beweisergebnisse nicht mit der für eine positive Feststellung erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit davon überzeugt ist, dass die Kuh, die die Klägerin attackierte, der Rasse Charolais angehörte, ist dies nicht zu beanstanden. Jedenfalls gelingt es der Klägerin nicht, die notwendigen erheblichen Zweifel an der erstgerichtlichen Negativfeststellung zu wecken.
2.6. Aber auch die von der Klägerin zu [3] begehrte Sachverhaltsannahme, wonach Mutterkühe der Rasse M* aggressiv seien, findet in den Beweisergebnissen keine Deckung. Den von der Klägerin für ihren Standpunkt ins Treffen geführten gutachterlichen Ausführungen kann der von ihr unterstellte Bedeutungsinhalt nicht entnommen werden, führte der Sachverständige doch nur aus, Mutterkühe seien aufgebracht, wenn es um ihr Kalb gehe. Von einer (allgemeinen) Aggressivität der Mutterkühe sprach der Sachverständige nicht. Im Übrigen ergibt sich aus den weiteren Ausführungen des Sachverständigen, dass sich seine Aussage nicht nur auf Mutterkühe dieser Rasse, sondern auf alle Rassen bezieht. „Ganz allgemein werden Kühe, egal welcher Rasse, aufgebracht, wenn es um ihr Jungtier geht. Das ist der natürliche Mutterinstinkt“ (ON 49.1 S 15).
Auch die Angaben der Zeugin R* sind als Grundlage für die von der Klägerin begehrte Feststellung nicht geeignet. Ein Sachverständigengutachten kann durch Zeugen nicht entkräftet werden (RIS-Justiz RS0040598). Bei ihr handelt es sich auch nicht um eine sachverständige Zeugin iSd § 350 ZPO. Selbst als solche wäre sie nicht berechtigt, eine sachverständige Bewertung abzugeben, sondern nur über Tatsachenwahrnehmungen zu berichten. Sachverständige Zeugen dürfen ihre Sachkunde nur als Erkenntnisquelle für streiterhebliche Tatsachen benützen (RIS Justiz RS0040558). Wie die Berufung richtig wiedergibt, gesteht die Zeugin im Übrigen selbst zu, ihre Einschätzung auf eine bloße Internetrecherche zu gründen. Es hat daher auch die zu [3] angefochtene Feststellung Bestand.
3.1. Anstelle der mit [4] bezeichneten Negativfeststellung zur Frequenz am gegenständlichen Forstweg begehrt die Klägerin folgende:
"Beim Forstweg handelt es sich um einen in den Sommermonaten stark frequentierten Wanderweg."
3.2. Wie im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge noch näher dargelegt wird, kommt es nicht darauf an, in welcher Intensität der gegenständliche Wanderweg im Allgemeinen – also auf seiner ganzen Länge – genutzt wird, sondern ob es sich bei der Unfallstelle um eine in örtlicher Hinsicht eingrenzbare, besondere Gefahrenstelle gehandelt hat (vgl die Ausführungen unter ErwGr II.3.1ff; wie dort dargelegt fehlen zu dieser Frage noch Feststellungen). Dass unabhängig von einer solchen örtlich eingrenzbaren, besonderen Gefahrensituation keine allgemeine Verpflichtung besteht, einen durch eine Kuhweide führenden Wanderweg – seiner gesamten Länge nach – abzuzäunen, wird vom Obersten Gerichtshof in stRsp judiziert (RIS Justiz RS0030039). Eine solche Abzäunung ist weder üblich noch zumutbar (8 Ob 91/02v). An diesem von der Judikatur entwickelten Grundsatz ändert auch der durch das HaftRÄG 2019 (BGBl I 2019/69) in § 1320 ABGB eingefügte Abs 2 nichts (vgl dazu auch ErwGr II.), werden damit doch keine gänzlich neuen, im Verhältnis zur alten Rechtslage verschärften Haftungskriterien normiert. So wird etwa auch in den erläuternden Bemerkungen zu dieser Bestimmung (abrufbar unter: **) ausdrücklich auf die bisherige Rsp und darauf verwiesen, dass die Einfriedung und Abzäunung von Weide- und Almflächen die Ausnahmen und nicht die Regel sein soll. Nach den dortigen Ausführungen ist es – von Ausnahmefällen abgesehen – auch nach der aktuellen Gesetzeslage nicht erforderlich, Alm- und Weideflächen einzuzäunen.
Im Übrigen sind die Beklagten – worauf das Berufungsgericht ebenfalls im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge unter ErwGr II.4. näher eingeht – der ihnen obliegenden Warnpflicht in ausreichendem Maß nachgekommen.
Schließlich ist darauf zu verweisen, dass die Rechtsprechung, auf welche die Beweisrüge der Klägerin offenbar abstellt, wonach die Verwahrung von Tieren in unmittelbarer Nähe einer stark frequentierten Straße besonders sorgfältig erfolgen müsse (RIS-Justiz RS0030107), nicht einschlägig ist, weil es sich hier um einen Forstweg innerhalb des Alm- und Weidegebiets der Zweitbeklagten und nicht um eine daran angrenzende stark frequentierte Straße handelt (vgl 2 Ob 25/15p).
Insofern kommt der von der Klägerin angestrebten Ersatzfeststellung, wonach es sich bei dem von der Klägerin begangenen Forstweg um einen stark frequentierten Wanderweg gehandelt habe, in dieser Allgemeinheit keine Entscheidungsrelevanz zu, weshalb die Beweisrüge schon aus diesem Grund erfolglos bleibt (RIS-Justiz RS0042386; RS0043190).
3.3. Die angefochtene Feststellung hält aber auch einer inhaltlichen Überprüfung stand. Entgegen der Argumentation der Klägerin ergibt sich nicht schon aus der Lage der Unfallstelle im Bereich zwischen einer Liftstation und Ausflugsgasthäusern, dass der Forstweg und gerade die Unfallstelle stark frequentiert wären, ist doch nicht zuletzt aufgrund der von der Klägerin ins Treffen geführten Beilage ./I und der Beschreibung der Unfallörtlichkeiten davon auszugehen, dass sich im Almgebiet der Zweitbeklagten ein weitverzweigtes Wanderwegenetz befindet. In der Beilage ./I etwa werden gänzlich andere Bereiche beschrieben ( „Fußweg von der Bachleite über den ** nach ** und zur Talstation“ ). Sonstige ausreichend konkrete Beweisergebnisse zur von ihr behaupteten starken Frequenz des gegenständlichen Wegabschnitts vermag die Klägerin nicht zu nennen. Auch aus ihren eigenen Angaben und denen ihres Gatten kann nicht abgeleitet werden, dass sich etwa am Unfalltag auf diesem Abschnitt eine besonders hohe Anzahl an Wanderern und sonstigen Wegbenützern bewegt hätte.
4.1. Schließlich ficht die Klägerin noch die zu [5] hervorgehobene Negativfeststellung zu „Kuhattacken“ im Weidegebiet der Zweitbeklagten im Jahr 2022 vor der verfahrensgegenständlichen an und begehrt stattdessen folgende Alternativfeststellung:
"In den Jahren 2021 bis 2023 kam es im Weidegebiet der zweitbeklagten Partei zu sechs polizeilich aufgenommen Vorfällen mit sieben Verletzten. Darüber hinaus ereigneten sich weitere Vorfälle mit aggressiven Kühen, deren genaue Anzahl nicht festgestellt werden kann, die nicht polizeilich aufgenommen wurden."
4.2. Die erfolgreiche Geltendmachung des Berufungsgrunds der unrichtigen Beweiswürdigung erfordert die bestimmte Angabe 1) welche konkrete Feststellung bekämpft wird, 2) infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, 3) welche Feststellung stattdessen begehrt wird und 4) aufgrund welcher Beweisergebnisse die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (RIS-Justiz RS0041835 [T4, T5]). Dies bedingt, dass bekämpfte und gewünschte Feststellungen in einem Austauschverhältnis zueinander stehen, also denkunmöglich nebeneinander existieren können; ein solches Alternativverhältnis ist erforderlich (OLG Innsbruck 3 R 9/23g; 3 R 69/22d; 3 R 71/20w; 1 R 182/20d; 23 Rs 22/20a, 3 R 71/20w; RIS-Justiz RS0041835; RI0100145; Kodek in Rechberger/Klicka 5 § 471 ZPO Rz 15 mwN). Das bedeutet, dass zwischen der bekämpften und der begehrten Feststellung ein derartiger inhaltlicher Widerspruch (Gegensatz) bestehen muss, dass sie nicht nebeneinander bestehen können. Die eine Feststellung muss die andere ausschließen (OLG Wien 13 R 87/22t ErwGr; 13 R 132/16a, 30 R 17/16i, 2 R 175/15t, 12 R 1/22p; RIS-Justiz RI0100145). Werden diese Grundsätze nicht beachtet, ist eine Beweisrüge nicht judikaturgemäß ausgeführt.
4.3. Diesen Anforderungen wird die zu diesem Punkt erhobene Beweisrüge nicht gerecht. Die angefochtene und die stattdessen begehrte Feststellung stehen nicht in einem Austauschverhältnis zueinander. Erstere bezieht sich ausdrücklich lediglich auf den Zeitraum vor dem verfahrensgegenständlichen Unfall im Jahr 2022; Letztere erstreckt sich jedoch auf die Jahre 2021 bis 2023. Dass es im Jahr 2022 vor der Attacke auf sie zu einem konkreten Vorfall gekommen wäre, behauptet die Klägerin gar nicht. In der Begründung ihrer Beweisrüge führt sie lediglich die – vom Erstgericht ohnehin festgestellten – Vorfälle im Jahr davor und die Vorfälle danach an. Dementsprechend kann sie auch keine Beweisergebnisse benennen, aus denen dem verfahrensgegenständlichen vorangegangene Vorfälle im Jahr 2022 konkret ableitbar wären. Die von der Klägerin ins Treffen geführten Angaben der Zeugin R*, Gäste hätten schon ab dem Jahr 2021 über Vorfälle berichtet, vermögen ihren Standpunkt ebenso wenig im für den Erfolg einer Beweisrüge nötigen Ausmaß zu stützen, wie das Schreiben Beilage ./I. Beide enthalten nur vage und allgemein gehaltene Angaben zu Vorfällen mit Kühen. Eine zeitliche Eingrenzung der Vorfälle kann der Beilage ./I nicht entnommen werden. Dort ist auch kein konkreter Vorfall geschildert, sondern wird nur allgemein die Situation aus Sicht des Verfassers – offenbar an einer anderen als der Unfallörtlichkeit – dargestellt. Auch die Zeugin R* musste einräumen, die Vorfälle zeitlich nicht näher eingrenzen zu können. Die angefochtene Feststellung hat daher Bestand und ist nicht durch die begehrte zu ersetzen oder zu ergänzen.
II. Zur Rechtsrüge:
1. In der Rechtsrüge vertritt die Klägerin die Auffassung, die Beklagten seien der ihnen obliegenden Warnpflicht nicht ausreichend nachgekommen. Sie hätten warnen müssen, dass sich die im Weidegebiet befindlichen (Mutter-)Kühe aggressiv verhalten könnten und großräumig zu meiden seien, habe es sich doch schon um den dritten bekannten Vorfall im Weidegebiet gehandelt. Zudem hätten die Mutterkühe mit ihren Kälbern in einem eingezäunten Bereich verwahrt werden können und müssen, was problemlos möglich gewesen wäre, ohne die Tiere zu irritieren oder in ihren Gewohnheiten zu beeinträchtigen. Aus der Entscheidung 5 Ob 168/19w sei bekannt, dass die Kosten für Abzäunungen marginal seien. Bei der Unfallstelle handle es sich um einen touristisch stark genutzten Weg und einen „neuralgischen Hot-Spot“, weil sich diese in der Nähe einer Weidetränke und am Weg zwischen dem S* O* und der Ochsenhütte befinde. Daher hätte dort eine Abzäunung errichtet werden müssen. Da sich zudem kein Hirte in der Nähe der Unfallstelle befunden habe, sei eine Haftung der Beklagten zu bejahen.
2.1 Gemäß § 1320 Abs 1 ABGB ist derjenige für den durch ein Tier verursachten Schaden verantwortlich, der es – soweit hier von Bedeutung – zu verwahren vernachlässigt hat. Den Tierhalter trifft die Verantwortung, wenn er nicht beweist, dass er für die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung gesorgt hatte.
2.2. Der Oberste Gerichtshof legte in der auch von der Klägerin herangezogenen Entscheidung vom 30.4.2020, 5 Ob 168/19v, der eine tödliche Kuhattacke auf eine Wanderin mit Hund zu Grunde lag, die Grundsätze der Haftung für die mangelnde Verwahrung eines Tieres iSd § 1320 Abs 1 ABGB wie folgt dar:
„Eine Haftung gemäß § 1320 zweiter Satz ABGB tritt ein, wenn der Tierhalter die nach den Umständen gebotenen Vorkehrungen zur Verwahrung oder Beaufsichtigung des Tieres unterlässt. Welche Maßnahmen dabei im Einzelnen notwendig sind, richtet sich nach den dem Tierhalter bekannten oder erkennbaren Eigenschaften des Tieres und den jeweiligen Umständen (RS0030058; RS0029999 [T2]; RS0030024; RS0030472). Maßgeblich sind die Gefährlichkeit des Tieres, die Möglichkeit der Schädigung durch das spezifische Tierverhalten und eine Abwägung der betroffenen Interessen (RS0030081 [T16]). Je größer die Gefährlichkeit des Tieres, desto größere Sorgfalt ist aufzuwenden (RS0030081 [T6, T11]). Es ist dabei nicht nur das bisherige Verhalten des Tieres, sondern auch die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit einer Schadenszufügung durch das Tier zu prüfen (RS0030081 [T10]; RS0030024 [T12]). Je größer diese Schadensmöglichkeit ist, umso strengere Anforderungen müssen gestellt werden. Dabei spielt es eine wesentliche Rolle, in welchen besonderen Verhältnissen sich das Tier befindet, insbesondere ob es mit vielen Menschen in Kontakt kommt oder kommen kann (RS0030081). Stellt ein Tier eine Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit von Menschen, dem anerkannt höchsten Gut, dar, ist die Forderung, das Tier durch Einzäunen, Anketten, Anlegen eines Maulkorbs oder Führen an der Leine zu verwahren, eine zumutbare und keine gravierende Interessen beeinträchtigende Maßnahme, die jedenfalls in keinem Verhältnis zu der andernfalls bestehenden Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit von Menschen steht (RS0030081 [T1]). Die Anforderungen an die Beaufsichtigung und Verwahrung eines Tieres dürfen freilich auch nicht überspannt werden (RS0030365; RS0030326).
Der Tierhalter hat bei der Verwahrung und Beaufsichtigung des Tieres die objektiv erforderliche Sorgfalt einzuhalten. Er hat daher diesen Umstand und damit zu beweisen, dass er sich nicht rechtswidrig verhielt; misslingt ihm dieser Beweis, haftet er für sein rechtswidriges, wenn auch schuldloses Verhalten (RS0105089). Ob dem Halter des Tieres der Nachweis gelungen ist, nach den jeweiligen Gegebenheiten die objektiv gebotene Sorgfalt eingehalten zu haben, ist eine Einzelfallbeurteilung, die im Beurteilungsspielraum des Berufungsgerichts liegt. Dieser kommt daher in der Regel keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu (RS0030157 [T10]; RS0030567 [T1]).
Zur Tierhalterhaftung in der Alm- und Weidewirtschaft hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt Stellung genommen und ausgeführt, dass grundsätzlich keine Verpflichtung besteht, einen Weg, der durch ein Weidegebiet führt, durch Zäune vom Weidegebiet abzugrenzen (RS0030039). Eine Abzäunung eines Wegs auf einer Almweide ist weder üblich noch zumutbar (5 Ob 5/13s mwN). Diese Rechtsprechung beruht auf der Prämisse, dass Kühe im Allgemeinen keine Gefahr für den Menschen sind (vgl 2 Ob 18/93; Reischauer in Rummel 3 § 1320 Rz 13). Besondere Umstände können im Einzelfall freilich zu einer Anhebung der Sorgfaltsanforderungen führen (RS0030081 [T22]). So muss etwa die Verwahrung eines Tieres auf einer Weide in unmittelbarer Nähe einer stark frequentierten Straße (RS0030107) oder einer Seilbahnstation (RS0030107 [T2]) besonders sorgfältig erfolgen.“
2.3. § 1320 ABGB wurde mit dem HaftRÄG 2019 (BGBl I 2019/69) um einen mit 24.7.2019 in Kraft getretenen und auf alle ab diesem Zeitpunkt eintretenden schädigenden Ereignisse anwendbaren (§ 1503 Abs 12 ABGB) zweiten Absatz erweitert. Danach kann der Halter in der Alm- und Weidewirtschaft bei der Beurteilung der Frage, welche Verwahrung erforderlich ist, auf anerkannte Standards der Tierhaltung zurückgreifen. Andernfalls hat er die im Hinblick auf die ihm bekannte Gefährlichkeit der Tiere, die ihm zumutbaren Möglichkeiten zur Vermeidung solcher Gefahren und die erwartbare Eigenverantwortung anderer Personen gebotenen Maßnahmen zu ergreifen. Die erwartbare Eigenverantwortung der Besucher von Almen und Weiden richtet sich nach den durch die Alm- und Weidewirtschaft drohenden Gefahren, der Verkehrsübung und anwendbaren Verhaltensregeln. Da sich der gegenständliche Vorfall unbestritten in einem Alm- und Weidegebiet und erst nach dem 24.7.2019 ereignete, gelangt auch § 1320 Abs 2 ABGB zur Anwendung.
Wie die Klägerin richtig erkennt, haben die vom Obersten Gerichtshof zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des HaftRÄG 2019 entwickelten Grundsätze der Tierhalterhaftung auch für den Bereich der Alm- und Weidewirtschaft im Allgemeinen nach wie vor Gültigkeit (vgl Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs zum Entwurf des HaftRÄG 2019 vom 2.5.2019, 1 Präs 1613 1423/19d [abrufbar unter: **]; Hinteregger in ZVR 2020/119, vgl ErwGr I.3.2.).
2.4. In der angesprochenen Entscheidung 5 Ob 168/19w stellte das Höchstgericht nach Darlegung obiger Grundsätze den Kern mehrerer einschlägiger Vorentscheidungen folgendermaßen dar:
„ Besondere Umstände, die zu einer Anhebung der Sorgfaltsanforderungen führen, lagen etwa der Entscheidung 2 Ob 334/01h zugrunde. Bei den vom dort beklagten Landwirt gehaltenen Schottischen Hochlandrindern handelte es sich um Mutterkühe, die nach den Feststellungen auf Menschen, die ihnen gegenüber eine Distanz von 10 m bzw in der Zeit nach dem Kalben eine Distanz von 30 m unterschritten, entweder mit Flucht oder mit unvermitteltem Angriff reagierten. Dieses Verhalten war dem Beklagten aus entsprechenden Vorfällen bekannt. Das Berufungsgericht bejahte dessen Haftung, weil unter Berücksichtigung dieser Umstände die erforderliche Verwahrung der auf der Alm frei herumlaufenden Mutterkühe im kritischen Zeitraum nach dem Kalben nicht ausreichend gewesen sei. Der Oberste Gerichtshof befand, dass diese Beurteilung des Einzelfalls keine erhebliche Rechtsfrage aufwerfe. Auch in der Entscheidung 3 Ob 110/07h war die Haftung eines Landwirts zu beurteilen, der auf einer Alm Mutterkühe und Kälber der grundsätzlich gutmütigen Rasse „**“ hielt. Die Kühe hatten einen Wanderer, der zwei Hunde an der Leine mit sich führte, auf einem Weg etwa 200 m von einer Almhütte entfernt attackiert, zu Boden gestoßen und schwer verletzt. Das Berufungsgericht bejahte die Haftung des Tierhalters, weil er wegen der von den Mutterkühen ausgehenden Gefahr und eines ihm bekannten früheren Vorfalls zur Sicherung von Wanderern für eine Abzäunung des Wegs hätte sorgen müssen. Der Oberste Gerichtshof wies die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurück. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts über eine Handlungspflicht sei jedenfalls vertretbar, zumal bei der Beurteilung des Sorgfaltsmaßstabs eine Interessenabwägung erforderlich sei und dabei der Unversehrtheit von Menschen ein besonders hoher Stellenwert zukomme. Der Beklagte habe nach Bekanntwerden des ersten Vorfalls nicht mehr davon ausgehen dürfen, dass die bis dahin auf Wanderer mit Hunden gutmütig reagierenden Kühe kein Gefahrenpotenzial bildeten, also keine Maßnahmen zu ergreifen wären. Die Frage, ob der Beklagte – wie vom Berufungsgericht gefordert – schon nach dem ersten Vorfall eine Abzäunung des Wegs hätte vornehmen müssen, war nicht entscheidungswesentlich, weil der Beklagte jedenfalls seine Warnpflicht verletzt hat. Muss der Landwirt, etwa wie dort wegen eines entsprechenden Vorfalls, davon ausgehen, dass seine Rinder, insbesondere weil es sich um Mutterkühe handelt, auf Hunde aggressiv reagieren, hat er Wanderer jedenfalls durch einen Schilderhinweis zu warnen.
Die Haftung des Halters von Mutterkühen auf freier Almweide war auch Gegenstand der Entscheidungen 5 Ob 5/13s und 2 Ob 25/15p. In beiden Fällen verneinte das Berufungsgericht die Haftung des beklagten Landwirts für eine „Kuhattacke“ auf Wanderinnen, die jeweils einen Hund mit sich führten; in beiden Fällen wies der Oberste Gerichtshof die Revision der Klägerin mangels erheblicher Rechtsfrage zurück. Zu 5 Ob 5/13s verwies der Oberste Gerichtshof darauf, dass grundsätzlich keine Verpflichtung besteht, einen Weg, der durch ein Weidegebiet führt, durch Zäune vom Weidegebiet abzugrenzen. Nach dem in diesem Verfahren festgestellten Sachverhalt war die freie Weidehaltung (auch) von Mutterkühen mit Kälbern im betreffenden Gebiet ortsüblich, die gehaltenen ** Rinder (Mutterkühe mit Kälbern) wiesen ein ruhiges Temperament auf, der Beklagte bewirtschaftete die Alm seit 1947 und der der Entscheidung zugrunde liegende Vorfall war der erste, bei dem Kühe Wanderer angriffen. Wenn das Berufungsgericht unter diesen Umständen die Notwendigkeit besonderer Vorsichtsmaßnahmen, insbesondere das von der Klägerin verlangte Einzäunen der Kühe, verneinte, dann lag darin jedenfalls keine als unvertretbar aufzugreifende Einzelfallbeurteilung. In dem der Entscheidung 2 Ob 25/15p zugrunde liegenden Fall attackierte eine Mutterkuh auf einem über die Almweide führenden Wanderweg zwischen zwei Gasthäusern eine Wanderin, die einen Jagdhund an der kurzen Leine mitführte. Zum Unfallzeitpunkt standen bei beiden Zugängen zur Weide Warnschilder mit der Aufschrift „Achtung Mutterkühe! Mitführen von Hunden auf eigene Gefahr“. Schon ein Jahr vor diesem Vorfall war es auf dieser Weide zur Verletzung eines einen Hund mitführenden Wanderers durch die Kühe gekommen, wovon der Tierhalter im Zeitpunkt des dort zu beurteilenden Unfalls wusste. Unter diesen Umständen sah der Oberste Gerichtshof in der Verneinung der Haftung durch das Berufungsgericht keine aufzugreifende Fehlbeurteilung. Diese halte sich vielmehr im Rahmen der Rechtsprechung, insbesondere der beiden Entscheidungen 3 Ob 110/07h und 5 Ob 5/13s. Aus der Entscheidung 3 Ob 110/07h lasse sich nicht ableiten, dass in dem Fall, dass bereits vorher einschlägige Unfälle passiert seien, jedenfalls ein Einzäunen des Wegs geboten sei. Die Rechtsprechung, wonach die Verwahrung eines Tieres in unmittelbarer Nähe einer stark frequentierten Straße besonders sorgfältig erfolgen müsse, war nicht einschlägig, weil der Wanderweg ein landwirtschaftlicher Bringungsweg und damit keine stark frequentierte Straße war.“
2.5. Der Oberste Gerichtshof erachtete in der Entscheidung 5 Ob 168/19w die vom Berufungsgericht anhand der dargestellten Rsp und des dort festgestellten Sachverhalts angenommene Haftung des Tierhalters als nicht korrekturbedürftig. Begründend verwies das Höchstgericht auf die Rsp, wonach bei der Bestimmung des Maßes der erforderlichen Beaufsichtigung und Verwahrung eines Tieres dessen Gefährlichkeit, die Möglichkeit der Schädigung und eine Abwägung der betroffenen Interessen zu berücksichtigen seien (RIS-Justiz RS0030081 [T16]).
In dem zu 5 Ob 168/19w zu beurteilenden Sachverhalt waren in Bezug auf jedes dieser maßgeblichen Kriterien Umstände verwirklicht, die ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach zur Anhebung der Anforderungen an die objektive Sorgfalt des Tierhalters führten und besondere Sicherungsmaßnahmen geboten erscheinen ließen. So war dem Beklagten aus vorangegangenen Vorfällen bekannt, dass seine Mutterkühe in diesem Jahr auf sich in der Nähe befindliche Hunde besonders unruhig und aggressiv reagierten.
Im Weiteren stellte der Oberste Gerichtshof vor allem auf die durch die konkreten örtlichen Gegebenheiten bedingte erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Schädigung ab. Der zu 5 Ob 168/19w zu beurteilende Unfall ereignete sich im Nahebereich des im Almgebiet gelegenen Wohn- und Stallgebäudes des beklagten Landwirts und in einer Entfernung von ca 60 m zu einem (nicht vom Beklagten geführten) Almgasthof. In der Nähe trafen verschiedene Wanderwege aufeinander. Beim Bereich um die Almgebäude und das Gasthaus handelte es sich um den von Wanderern, Radfahrern und Fahrzeugen am stärksten frequentierten Bereich des Weidegebiets. Auch das Vieh des Beklagten hielt sich bevorzugt in diesem Bereich auf. Der unmittelbare Bereich rund um das Gasthaus und den nahen Kinderspielplatz war eingezäunt. Nach dem Unfall wurde im Bereich der Unfallstelle eine etwa 500 m lange Abzäunung entlang der Straße errichtet. Dadurch wurde der Weidebetrieb nicht beeinträchtigt. Die erhöhte Wahrscheinlichkeit eines Schadensereignisses an der stark frequentierten Unfallstelle hatte sich bereits durch zwei in diesem Bereich erfolgte Kuhattacken auf Wanderer mit Hund manifestiert.
Ausgehend von diesen Gegebenheiten billigte das Höchstgericht die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach es unter den konkreten Umständen objektiv geboten gewesen wäre, der von Mutterkühen für Wanderer mit einem Hund ausgehenden Gefahr nicht bloß durch das Aufstellen von Warnschildern zu begegnen, sondern im näheren Unfallbereich durch Errichtung eines Weidezauns eine Trennung von Mensch und Tieren vorzunehmen. Die Errichtung eines solchen Zauns stelle unter den konkreten Umständen keine gravierende Beeinträchtigung der Interessen des Beklagten dar und wäre ihm daher zumutbar gewesen. Abschließend hielt das Höchstgericht Folgendes fest: „Wenn im Einzelfall eine besondere Gefahrensituation besteht und diese – wie hier – in örtlicher Hinsicht eingegrenzt werden kann, so sind auch im Almgebiet erhöhte Anforderungen an die erforderliche Verwahrung und Beaufsichtigung zu stellen und zumutbare zusätzliche Sicherungsmaßnahmen zu fordern.“ (= RIS-Justiz RS0030157 [T12]).
3.1. Nach der höchstgerichtlichen Rsp kommt es daher für die von der Klägerin geforderte Abzäunung der Unfallstelle im Sinn einer Trennung von Mensch und Tieren maßgeblich auf die konkreten örtlichen Gegebenheiten und insb darauf an, ob eine besondere, in örtlicher Hinsicht eingrenzbare Gefahrenstelle bestand, deren Abzäunung im Einzelfall zumutbar gewesen wäre. Das erkennen auch die Verfahrensparteien, argumentiert doch die Klägerin – in der Berufung angelehnt an die Entscheidung 5 Ob 168/19w – damit, es habe sich bei der Unfallstelle um einen neuralgischen Hot-Spot gehandelt. Die Beklagten wiederum stellen genau diesen Umstand in Abrede. Ob es sich bei der Unfallstelle um eine besondere Gefahrenstelle bzw einen neuralgischen Bereich gehandelt hat, kann anhand der bisherigen Urteilsfeststellungen jedoch noch nicht abschließend beurteilt werden.
3.2. Aus den erstgerichtlichen Feststellungen ergibt sich nur, dass sich der Unfall auf einer Forststraße innerhalb des Almgebiets ereignete. Zwar sind auf den in das Urteil aufgenommenen Lichtbildern keine Gebäude oder andere markante Punkte (Lifte, Spielplatz, Speicherteich, etc.) ersichtlich. Eine nähere Beschreibung der örtlichen Gegebenheiten rund um die Unfallstelle und insbesondere die Distanzen zwischen dieser und solchen Punkten (zB wie im Verfahren 5 Ob 168/19w) kann der angefochtenen Entscheidung aber nicht entnommen werden. Diese Parameter sind jedoch für die Beurteilung, ob es sich bei der Unfallstelle um eine besondere, in örtlicher Hinsicht eingrenzbare Gefahrensituation handelt, erforderlich.
Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren nähere Feststellungen zu den Gegebenheiten an und rund um die Unfallstelle zu treffen haben. Es sind insbesondere Feststellungen zu den Entfernungen von den Gasthäusern, Liftstationen, udgl zu treffen. Zweckmäßig wären – allenfalls von den Parteien vorzulegende – Lichtbilder, auf denen die Unfallstelle und der daran angrenzende Bereich in jede Richtung ersichtlich ist. Im Lichtbild in US 15 ist der an den Forstweg angrenzende Wald-/Weidebereich nur teilweise abgebildet. Auch aus dem Lichtbild in US 12 können weder die konkreten örtlichen Gegebenheiten an der Unfallstelle noch deren Entfernung vom dort ersichtlichen Weidegitter, das nach den Urteilsfeststellungen den Beginn des Weidegebiets markiert, abgeleitet werden. Nach den Feststellungen folgten die Klägerin und ihr Gatte etwa von dieser Stelle aus noch mehrere Minuten den sich in einer Entfernung von 30 m bergwärts bewegenden Tieren, weshalb davon ausgegangen werden muss, dass die Unfallstelle in diesem Lichtbild nicht ersichtlich ist.
3.3. Im Zusammenhang mit der von der Klägerin geforderten Einzäunung der Unfallstelle übersieht das Berufungsgericht nicht die – unangefochtenen – Urteilsfeststellungen in US 17, wonach eine Einzäunung aus fachlich, alpwirtschaftlicher Sicht kontraproduktiv bzw nicht notwendig gewesen wäre. Ohne nähere Beschreibung der Unfallörtlichkeiten kann anhand dieser Urteilsfeststellung aber nicht beurteilt werde, ob es sich bei der Unfallstelle um einen neuralgischen Punkt oder einen örtlich eingrenzbaren Gefahrenbereich iSd dargestellten höchstgerichtlichen Rsp handelte.
Das Erstgericht gründet die Feststellungen in US 17 auf das weidewirtschaftliche Gutachten des Sachverständige DI T*. Aus dessen gutachterlichen Ausführungen ergibt sich aber, dass sich seine Einschätzung zur Ungefährlichkeit der Unfallstelle lediglich auf die Gefährlichkeit für Weidetiere, nicht aber für Menschen bezieht, führte er doch in seinem schriftlichen Gutachten ON 29 in S 23 etwa aus, aus Sicht des Ausschlusses einer Gefahrenquelle sei eine Einzäunung des Forstwegs nicht vorzunehmen, weil das Gelände für das Weidevieh weder steil noch gefährlich sei. Auch die Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Gutachtenserörterung (ON 49.1 S 12), wonach die Alpe allgemein nicht gefährlich sei, bezieht sich klar auf die Gefährlichkeit für das Vieh ( „Es besteht relativ wenig Absturzgefahr für die Tiere“ ). Auf die Gefährlichkeit der Unfallstelle für die Weidetiere kommt es aber nicht an. Maßgeblich ist, ob es sich um eine besondere Gefahrenstelle für Menschen und ihre Gesundheit handelt.
Dass die Einzäunung der Unfallstelle aus alpwirtschaftlicher Sicht kontraproduktiv gewesen wäre, ist zwar in die Interessenabwägung einzubeziehen (RIS-Justiz RS0030081 [insb T16]), reicht aber noch nicht, um die Notwendigkeit der Abzäunung der Unfallstelle zum Schutz von Wanderern per se auszuschließen.
3.4. Was die Besonderheit der Unfallstelle bzw deren Qualifikation als Hotspot betrifft, ist auf die Ausführungen etwa des Sachverständigen im Rahmen der Gutachtenserörterung zu verweisen, wonach es sich aus seiner Sicht um keinen Hotspot, sondern nur ein von Wanderern begangenes Wegstück handle (ON 49.1 S 13). Diese Äußerung ist allerdings nicht substantiiert genug für gerichtliche Feststellungen oder die rechtliche Beurteilung. Ohne nähere Beschreibung der Unfallstelle und der aufgezeigten und noch aufzuzeigenden weiteren Kriterien kann die besondere Gefährlichkeit des Unfallbereichs für Menschen im Zusammenhang mit Weidevieh nicht beurteilt werden.
Ob von den Beklagten im Rahmen der nach der Rsp vorzunehmenden Interessenabwägung die Abzäunung der Unfallstelle zu fordern ist, hängt letztlich auch davon ab, ob und inwiefern sich die Situation an der Unfallstelle von anderen, für Wanderer zugänglichen Wegbereichen im Almgebiet der Zweitbeklagten unterscheidet oder ob es sich um eine beliebige Wegstelle ohne relevante Besonderheiten handelt. Obgleich sich aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, dass sich das Alm- und Weidegebiet der Zweitbeklagten über viele Hektar erstreckt, kann der angefochtenen Entscheidung nicht entnommen werden, welche Länge das für Wanderer zugängliche (Forst-)Wegenetz innerhalb des Almgebiets in etwa hat. Sollte es sich um eine beliebige Wegstelle ohne erkennbare Besonderheiten innerhalb eines weitläufigen Wegenetzes handeln, kann kaum von einer besonderen, örtlich eingrenzbaren Gefahrenstelle gesprochen werden. Das Erstgericht wird daher auch dazu nähere Feststellungen, etwa zur (ungefähren) Länge des für Wanderer zugänglichen (Forst)Wegenetzes und der Frage, ob und inwiefern sich die Unfallstelle von anderen Bereichen dieses Wegenetzes unterscheidet oder ob es sich dabei um eine beliebige Wegstelle ohne Besonderheiten handelt, zu treffen haben.
3.5. In diesem Zusammenhang wird im Weiteren auch klarzustellen sein, ob sich die beiden Vorfälle im Jahr 2021 im örtlichen Nahebereich der Unfallstelle oder an vollkommen anderen Stellen im Weidegebiet ereigneten. Letzteres kann anhand der Beschreibung der beiden damaligen Unfallstellen zwar angenommen, jedoch für Ortsunkundige aus der angefochtenen Entscheidung nicht klar entnommen werden.
4.1. Der von der Berufungswerberin vertretenen Auffassung, die Beklagten hätten ihre Warnpflicht verletzt, kann hingegen nicht gefolgt werden. Nach den Urteilsfeststellungen hatte die Zweitbeklagte an verschiedenen Stellen, etwa an und um die Bergstation und auch am Weidegitter in der Nähe des U* O*, Hinweistafeln platziert, auf denen auf die Weidetiere aufmerksam gemacht und vor diesen, insbesondere vor Mutterkühen mit Kälbern, gewarnt wurde. Die Klägerin las diese Warnhinweise und die zehn Verhaltensregeln auch. Damit sind die Beklagten den ihnen obliegenden Warnpflichten aber jedenfalls ausreichend nachgekommen, war die Klägerin durch diese Hinweise doch ausreichend darüber informiert, dass sie ein Weidegebiet betritt und von den dort befindlichen Kühen eine gewisse Gefahr ausgehen kann. Auch auf die Notwendigkeit, von den Tieren Abstand zu halten, wurde in den Warntafeln ausreichend und mehrfach hingewiesen. Die von der Berufungswerberin geforderten expliziten Hinweise, dass sich (Mutter-)Kühe aggressiv verhalten könnten und daher großräumig zu meiden seien, würde eine Überspannung der Sorgfaltspflicht darstellen, mussten der Klägerin genau diese Umstände aufgrund der angebrachten Warnhinweise und Verhaltensregeln doch jedenfalls bewusst sein. In den in US 11 abgebildeten Verhaltensregeln wird zudem ohnehin darauf hingewiesen, dass Weidetiere mit möglichst großem Abstand zu umgehen sind und ihnen nicht der Rücken zugekehrt werden soll. Zu 2 Ob 25/15p erachtete der Oberste Gerichtshof einen ähnlichen Warnhinweis wie die hier festgestellten für ausreichend und den von der dortigen Klägerin geforderten Hinweis auf die von Kühen ausgehende „Lebensgefahr“ für nicht erforderlich.
4.2. Im Übrigen kann anhand des festgestellten Sachverhalts gerade nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei den auf der Weide gehaltenen Kühen und insbesondere den hier unfallbeteiligten, um bekanntermaßen aggressive Tiere gehandelt hätte. Insoweit weicht die Rechtsrüge in unzulässiger Weise vom festgestellten Sachverhalt ab, weshalb dieser Argumentation der Berufungswerberin auch aus diesem Grund kein Erfolg beschieden sein kann (RIS-Justiz RS0043312; RS0043603).
5. Auch die in der Berufung geforderte Anwesenheit eines Hirten in „reaktionsfähiger Nähe“ würde eine Überspannung der Sorgfaltspflicht darstellen. Dass eine solche – nicht nur bei der hier gegebenen Anzahl an Weidetieren und der Größe des Alm-/Weidegebiets – nicht verlangt werden kann, versteht sich bei lebensnaher Betrachtung von selbst. Im Übrigen ist sowohl die Anzahl der von der Zweitbeklagten beschäftigten Hirten als auch deren Tätigkeit aus fachlicher Sicht nicht zu beanstanden. Eine permanente Nachschau nach jedem einzelnen Tier erachtete auch der Sachverständige selbst bei optimalster Arbeitsweise der Hirten für nicht möglich (US 16). Wie bereits im Rahmen der Behandlung der Beweisrüge (ErwGr I.1.3.3) angesprochen, behauptet die Klägerin nicht, dass die in den Vorfall verwickelten Tiere am Unfalltag irgendwelche Auffälligkeiten aufgewiesen hätten, aufgrund derer von den Hirten gerade an diesem Tag besondere Vorkehrungen in Bezug auf diese Tiere zu treffen gewesen wären. Hiefür ergeben sich auch weder aus dem Akt und noch den Urteilsfeststellungen Anhaltspunkte. Die Klägerin und ihr Gatte folgten den Tieren vor dem Vorfall nach eigenen Angaben sogar über mehrere Minuten und berichteten über keinerlei Auffälligkeiten. Hätten sie solche festgestellt, hätten sie sich den Tieren umso weniger annähern und an diesen vorbeigehen dürfen.
6.1. § 1320 ABGB normiert zwar keine Gefährdungshaftung des Tierhalters (RIS Justiz RS0030291). Gemäß § 1320 Abs 1 Satz 2 ABGB muss dieser aber beweisen, für die erforderliche Verwahrung des Tiers gesorgt zu haben. Nach der Rsp hat der Tierhalter bei der Verwahrung und Beaufsichtigung des Tieres die objektiv erforderliche Sorgfalt einzuhalten. Er hat daher zu beweisen, dass er sich nicht rechtswidrig verhielt; misslingt ihm dieser Beweis, haftet er für sein rechtswidriges, wenn auch schuldloses Verhalten (RIS-Justiz RS00105089). Nach dem mit dem HaftRÄG 2019 eingefügten Abs 2 leg cit kann der Halter bei der Beurteilung der Frage, welche Verwahrung erforderlich ist, auf anerkannte Standards der Tierhaltung zurückgreifen.
6.2. Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, die Beklagten hätten zumindest die Mutterkühe mit ihren Kälbern in einem abgesonderten, eingezäunten Bereich verwahren müssen. Die Beklagten stellen dies in Abrede. Die von der Klägerin geforderte Abzäunung sei weder üblich noch zumutbar und würde die Sorgfaltspflichten in der Alm- und Weidewirtschaft überspannen.
6.3. Dass auch nach der aktuellen Rechtslage keine allgemeine Verpflichtung besteht, Kühe in Alm- und Weidegebieten in abgezäunten Bereichen zu halten, wurde bereits dargelegt (vgl ErwGr I.3.2.). Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ergeben, dass die Klägerin von einer Mutterkuh verletzt wurde, sind im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage und den Standpunkt der Klägerin allerdings ergänzende Sachverhaltsfeststellungen zur Frage zu treffen, ob es in der Alm- und Weidewirtschaft nach wie vor üblich ist und dem anerkannten Standard entspricht, grundsätzlich auch Mutterkühe samt Kälbern innerhalb des Weidegebiets frei weiden zu lassen, oder ob es umgekehrt in der Alm- und Weidewirtschaft allgemein üblich ist, diese in gesondert abgezäunten Bereichen zu verwahren, allenfalls ob beide Varianten nur unter bestimmten Umständen gepflogen werden. Zu diesem Zweck wird jedenfalls das Sachverständigengutachten zu ergänzen sein.
7. Der Berufung ist daher iSd eventualiter gestellten Aufhebungsantrags Folge zu geben, das bekämpfte Urteil im angefochtenen Umfang aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung – nach Verfahrensergänzung – zur Beseitigung der aufgezeigten Feststellungsmängel ( siehe insb ErwGr I.2.4., II.3.2., II.3.4., II.3.5.; II.6.3. ) aufzutragen. Ein Vorgehen nach § 496 Abs 3 ZPO scheidet schon aufgrund der vorliegenden sekundären Feststellungsmängel sowie des zu diesem Zweck zu ergänzenden Sachverständigengutachtens aus. Zudem würde es dadurch zu einer vom Gesetz nicht intendierten Verkürzung des Instanzenzugs kommen (RIS Justiz RS0042313).
8. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 letzter Satz ZPO.