4R44/24p – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Prantl als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichts Mag. Schallhart und Mag. Eppacher als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geb am **, Angestellte, ** Gasse **, **, vertreten durch Dr. Günther Egger, Dr. Karl Heiss, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, gegen die beklagte Partei B* C* D* GmbH , **, **straße **, E* C*, vertreten durch Mag. Heel, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, und dem Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei F*. Dr. G* , geb am **, Arzt, ** Straße **, E* C*, vertreten durch Dr. Sabine Prantner, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, wegen (restlich) EUR 17.840,-- s.A., über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 17.840,--) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 8.2.2024, 15 Cg 75/19k 148, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung in der Hauptsache wird keine Folge gegeben.
Der Berufung im Kostenpunkt wird teilweise Folge gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung dahingehend abgeändert , dass diese insgesamt zu lauten hat wie folgt:
„Die klagende Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen der beklagten Partei zu Handen des Beklagtenvertreters die mit EUR 25.315,46 (darin enthalten EUR 2.745,-- an Barauslagen und EUR 3.761,74 an Umsatzsteuer) und dem Nebenintervenienten zu Handen seiner Vertreterin die mit EUR 15.349,44 (darin enthalten EUR 2.745,-- an Barauslagen und EUR 2.100,74 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist weiters schuldig, binnen 14 Tagen der beklagten Partei zu Handen des Beklagtenvertreters die mit EUR 1.672,08 (darin EUR 278,68 an Umsatzsteuer) und dem Nebenintervenienten zu Handen seiner Vertreterin die mit EUR 2.089,32 (darin EUR 348,22 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Text
Die Klägerin wurde im von der Beklagten betriebenen Krankenhaus am 13.11.2018 an der Brust operiert. Die Operation wurde vom Nebenintervenienten durchgeführt. Das Ergebnis der Operation war kosmetisch nicht zufriedenstellend.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten Schadenersatz.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren im nunmehr dritten Rechtsgang vollinhaltlich ab.
Seine Kostenentscheidung stützte es auf § 41 ZPO und verpflichtete die Klägerin zum Kostenersatz an die Beklagte in Höhe von EUR 29.671,52 und an den Nebenintervenienten in Höhe von EUR 19.565,28.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitige Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit einem auf gänzliche Klagsabweisung (wohl richtig: Klagsstattgebung ) gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Im Rahmen ihrer Kostenrüge strebt die Klägerin eine Reduktion ihrer Kostenersatzpflicht gegenüber der Beklagten in Höhe von EUR 4.522,02 und gegenüber dem Nebenintervenienten in Höhe von EUR 5.822,40 an.
Die Beklagte und der Nebenintervenient beantragen, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.
Der Berufung in der Hauptsache kommt keine Berechtigung zu.
Die Berufung im Kostenpunkt ist teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
3. Zur Berufung im Kostenpunkt
3.1 Zum Kostenverzeichnis der Beklagten
3.1.1 Zutreffend macht die Klägerin geltend, dass das Erstgericht ihre Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis der Beklagten im dritten Rechtsgang (ON 143) übersehen hat. Dies mag daran liegen, dass diese Einwendungen entgegen der zeitlichen Chronologie in den digitalen Akt einjournalisiert wurden, da ansonsten die Kostenentscheidung tadellos verfasst wurde.
3.1.2 Die Klägerin macht zutreffend geltend, dass die Äußerungen zum Kostenverzeichnis vom 25.3.2021 (ON 60) und vom 12.12.2022 (ON 104) gemäß § 54 Abs 1a letzter Satz ZPO nicht zu honorieren sind.
3.1.3 Zutreffend wendet sich die Klägerin auch gegen die Honorierung der Äußerung zum Protokollberichtigungsantrag vom 12.12.2022 (ON 103) nach TP 3A. Die Gegenäußerung war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Dies geht allein schon aus dem nachfolgenden Urteil hervor (ON 107), in dem sich das Erstgericht bei der Abweisung des Protokollberichtigungsantrags den Ausführungen der Beklagten in ihrer Gegenäußerung anschloss. Die Rechtsprechung entlohnte Protokollberichtigungsanträge bisher nach TP 2 ( Obermaier , Kostenhandbuch³ Rz 3.73 mwN). Das Berufungsgericht schließt sich jedoch der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs an, derzufolge ein Protokollberichtigungsantrag – hier die Gegenäußerung – nur nach TP 1 zu entlohnen ist (OLG Innsbruck 3 R 9/23g – Volltext veröffentlicht unter RI0100145 unter Hinweis auf 4 Ob 153/20h; 17 Ob 7/22m Rz 39). Die Differenz zur Entlohnung nach TP 3A beträgt ohne USt EUR 1.083,30.
3.1.4 Richtig macht die Klägerin abschließend geltend, dass für die Berufungsbeantwortung der Beklagten vom 29.3.2023 der Streitgenossenzuschlag nicht zusteht, weil der Nebenintervenient auf Seiten der Beklagten stand (§ 15 RATG).
3.1.5 Inklusive Umsatzsteuer war der der Beklagten zu leistende Prozesskostenersatz daher um insgesamt EUR 4.356,06 auf EUR 25.315,46 zu kürzen.
3.2 Zum Kostenverzeichnis des Nebenintervenienten
3.2.1 Auch hier hat das Erstgericht die Einwendungen der Klägerin gegen das Kostenverzeichnis des Nebenintervenienten irrtümlich übersehen.
3.2.2 Mit der Klägerin ist davon auszugehen, dass der Beitrittsschriftsatz vom 1.3.2022 (ON 75) nicht nach TP 3A, sondern nur nach TP 2 zu honorieren ist. Die Judikatur honoriert Beitrittserklärungen je nach Art und Umfang des darin enthaltenen Vorbringens nach TP 1, 2 oder 3A RATG (vgl RI0100179 = 3 R 92/23p OLG Innsbruck unter Hinweis auf zB 8 Ob 129/10v = TP 1 II b RATG; 1 Ob 608/90 = TP 2; 6 Ob 232/20s = TP 3A; vgl auch Obermaier , Kostenhandbuch³ Rz 3.73 zu TP 1 und TP 2). Die gegenständliche Beitrittserklärung enthält nicht nur den bloßen Streitbeitritt, sondern umfangreiches Vorbringen im Sinn eines vorbereitenden Schriftsatzes. Da die Beitrittserklärung jedoch weder aufgetragen war, noch vor der vorbereitenden Tagsatzung erfolgte (§ 257 Abs 3 ZPO), fällt der Schriftsatz unter den Auffangtatbestand nach TP 2 I 1 e RATG. Die Differenz zur Honorierung nach TP 3A beträgt bei der damals aktuellen Bemessungsgrundlage von EUR 36.169,46 ohne USt EUR 602,10.
3.2.3 Zutreffend macht die Klägerin weiters geltend, dass der Antrag auf schriftliche Gutachtensergänzung vom 7.7.2022 irrtümlich doppelt verzeichnet wurde, die Honorierung eines Schriftsatzes ist daher zu streichen. Beim restlich verbleibenden Schriftsatz hat es bei der Honorierung nach TP 3A zu bleiben, da vom Nebenintervenienten auftragsgemäß Fragen an den Sachverständigen gestellt wurden (RI0100043).
3.2.4 Richtig ist auch, dass der Fristerstreckungsantrag vom 5.8.2022 (ON 92) nicht zu honorieren ist, da er in die Sphäre des Nebenintervenienten fällt (§ 48 ZPO).
3.2.5 Entgegen der Rechtsmeinung der Klägerin ist der Antrag auf schriftliche Gutachtensergänzung vom 18.8.2022 (ON 94) wie vom Erstgericht mit TP 3A zu honorieren, da auftragsgemäß Fragen gestellt wurden (RI0100043).
3.2.6 Zutreffend führt die Klägerin aus, dass die Bemessungsgrundlage für die Berufungsbeantwortung vom 6.4.2023 (ON 123) richtig nur EUR 11.196,-- anstelle von EUR 36.169,64 beträgt. Die Kostendifferenz ohne Umsatzsteuer beläuft sich auf EUR 1.547,--.
3.2.7 Da das Erstgericht inklusive Umsatzsteuer insgesamt EUR 4.215,84 zu viel zugesprochen hat, war die Kostenersatzverpflichtung an den Nebenintervenienten von EUR 19.565,28 auf EUR 15.349,44 zu kürzen.
4. Zur Kostenentscheidung im Berufungsverfahren und Revisionszulässigkeit
4.1 Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren stützt sich auf §§ 50, 41 Abs 1 ZPO, wobei die Beklagte nur einen Einheitssatz von 100 % anstelle von möglichen 150 % verzeichnet hat.
4.2 Eine Entlohnung der Berufung im Kostenpunkt bzw der Berufungsbeantwortungen zur Berufung im Kostenpunkt kommt nicht in Betracht, da die Kostenfrage im Sinn des § 54 Abs 2 JN iVm § 4 RATG auf die Bemessungsgrundlage für die Berufung und die Berufungsbeantwortung keinen Einfluss hat, sodass auch keine gesonderte oder zusätzliche Entlohnung stattzufinden hat. Die Berufung im Kostenpunkt und deren Beantwortung ist vielmehr ein Teil der Rechtsmittelschriftsätze und wird mit den Kosten für diese Schriftsätze abgegolten (RS0119892; RS0087844, zuletzt 7 Ob 159/23t).
4.3 Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO waren nicht zu lösen. Die Frage, ob ein Prozessvorbringen - hier zum rechtmäßigen Alternativverhalten - ausreichend ist, ist eine Frage des Einzelfalls (RS0042828 [23]). Darüber hinaus waren nicht revisible Tatsachenfragen zu behandeln. Damit war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.
Oberlandesgericht Innsbruck, Abteilung 4
Innsbruck, am 30. April 2024
Dr. Barbara Prantl, Senatspräsidentin
Elektronische Ausfertigung
gemäß § 79 GOG