13Ra15/23p – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Im Namen der Republik
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Kohlegger als Vorsitzenden sowie die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Pirchmoser und den Richter des Oberlandesgerichts MMag. Dr. Dobler und die fachkundigen Laienrichterinnen AD in RR in Irene Rapp (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AD in RR in Sabine Weber (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Mitglieder des Senats in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , geb am **, ohne Beschäftigungsbezeichnung, ** Platz **/B*/**, ** C*, vertreten durch Rainer-Rück-Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei D* GmbH , FN E*, **gasse B*/**, ** F*, vertreten durch Dr. Peter Klaunzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 2.529,96 sA über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 3.3.2023, 46 Cga 62/21z-25, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird keine Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen der Klagsvertreter die mit EUR 609,67 (darin EUR 101,61 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die (ordentliche) Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war ab dem 20.09.2021 bei der Beklagten als Küchenhilfe im G* in C* auf Basis einer 20-Stunden-Woche zu einem monatlichen Bruttolohn von EUR 787,50 beschäftigt. Die Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgte erst ab dem 21.09.2021. Die Klägerin unterfertigte weder einen schriftlichen Dienstvertrag noch den Dienstzettel.
Storemanager des Betriebs, in dem die Klägerin tätig war, war H* I*. Innerbetrieblicher Ansprechpartner betreffend dienstliche und arbeitsrechtliche Belange für den Storemanager war der in F* wohnhafte Ehemann der Alleingesellschafter und Geschäftsführerin der Beklagten J* K*.
Die Klägerin war vom 18.10.2021 bis 23.10.2021 ärztlich krankgeschrieben. Die diesbezügliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung übermittelte sie am 18.10.2021, wie im Betrieb üblich, per L* ihrem Vorgesetzten H* I*. In einem Telefonat am Ende der Krankenstandswoche sprachen die Klägerin und H* I* über eine mögliche Wiederaufnahme der Arbeit nach Beendigung des Krankenstands. Zu diesem Zeitpunkt stand allerdings noch nicht fest, ob der Krankenstand tatsächlich mit 23.10.2021 beendet wird oder dessen ärztliche Verlängerung notwendig ist.
Der geplante Dienstbeginn der Klägerin wäre am 25.10.2021 um 08:00 gewesen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Klägerin erneut bei der Ärztin. Von dieser wurde sie bis einschließlich 10.11.2021 krankgeschrieben. Die Bescheinigung über die verlängerte Arbeitsunfähigkeit übermittelte die Klägerin am 25.10.2021 um um 8:08 Uhr wieder per L* an den Storemanager.
Im Zeitfenster zwischen 08:00 und 08:08 hatte der Storemanager J* K* über das Nichterscheinen der Klägerin zum Dienst verständigt. Nachdem der Storemanager von der verlängerten Arbeitsunfähigkeit der Klägerin durch deren L* Kenntnis erlangt hatte, meldete er dies ebenfalls via L* an J* K*. Zudem rief er diesen an, um sich zu vergewissern, dass er von der Verlängerung des Krankenstands in Kenntnis ist. Ein weiteres Telefonat mit der Klägerin gab es zu diesem Zeitpunkt nicht.
Mit Schreiben vom 27.10.2021, das der Klägerin am 29.10.2021 zuging, wurde ihr mitgeteilt, dass sie per 25.10.2021 fristlos gekündigt worden sei, da die Beklagte nach ihrem Krankenstand nichts Gegenteiliges von ihr gehört habe und sie nicht zur Arbeit erschienen sei. Bereits am 25.10.2021 hatte die Beklagte die Klägerin wegen eines unberechtigten vorzeitigen Austritts am 25.10.2021 bei der Sozialversicherung abgemeldet. Die Abmeldebestätigung und der Lohnzettel für Oktober 2022 waren dem Entlassungsschreiben vom 27.10.2021 angeschlossen.
Nicht festgestellt werden kann, ob in der vom bundesweiten Geltungsbereich des vorliegenden Kollektivvertrages erfassten Branche des Hotel- und Gastgewerbes iSd § 1159 ABGB Saisonbetriebe überwiegen.
Von diesem im Rechtsmittelverfahren unstrittigen Sachverhalt muss das Berufungsgericht ausgehen (§§ 2 Abs 1 ASGG, 498 Abs 1 ZPO). Ausdrücklich außer Streit steht auch die rechnerische Richtigkeit der Klagsforderung.
Mit Mahnklage vom 14.2.2021 begehrt die Klägerin brutto EUR 2.529,96 sA (EUR 26,25 Entgelt für den 20.9.2021, EUR 155,34 anteilige Sonderzahlungen für den Zeitraum 20.9.2021 bis 25.10.2021, EUR 2.051,86 Entgeltfortzahlung/Kündigungsentschädigung inkl anteilige SZ für den Zeitraum 26.10.2021 bis 31.12.2021, EUR 296,51 Urlaubsersatzleistung für den Zeitraum 20.9.2021 bis 31.12.2021). Die von der Beklagten ausgesprochene Entlassung sei nicht berechtigt. Die Klägerin habe sich im Krankenstand befunden und diesen ordnungsgemäß gemeldet. Sie sei auch nicht vorzeitig unberechtigt ausgetreten. Nach den Kündigungsregeln gemäß § 1159 ABGB idgF wäre der 31.12.2021 der nächstmögliche Kündigungstermin gewesen. Die Klägerin habe daher Anspruch auf Bezahlung der Bezüge bis zu diesem Termin. Die 14-tägige kollektivvertragliche Kündigungsfrist finde keine Anwendung, weil es sich beim Hotel- und Gastgewerbe nicht um eine Saisonbranche iSd § 1159 ABGB handle. Die Klägerin habe nie einen Dienstzettel erhalten oder unterfertigt. Ein solcher stelle auch keine Willenserklärung dar.
Die Beklagte bestreitet und beantragt Klagsabweisung. Sofern nicht ohnehin ein unberechtigter vorzeitig Austritt der Klägerin vorliege, sei die Entlassung berechtigt ausgesprochen worden, weil sie ihren Dienst nach dem Ende des Krankenstands am 25.10.2021 nicht wieder angetreten habe und auch telefonisch nicht erreichbar gewesen sei. Auch die Dauer der von der Klägerin geltend gemachten Entgeltfortzahlung werde bestritten. Auf das Dienstverhältnis sei der Kollektivvertrag für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe anwendbar. Danach gelte eine 14-tägige Kündigungsfrist. Die Kündigungsfristen und -termine nach § 1159 ABGB idgF gelangten nicht zur Anwendung, weil es sich beim Hotel- und Gastgewerbe (insbesondere in Tirol) um eine Saisonbranche im Sinn dieser Bestimmung handle. Aus dem Dienstzettel ergäbe sich zudem, dass für den Fall der Geltung der Kündigungsregeln nach § 1159 ABGB der 15. und Monatsletzte als Kündigungstermin vereinbart worden sei, sodass der Klägerin Ansprüche bis längstens 15.12.2021 gebühren könnten. Selbst wenn von einer unberechtigten vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses auszugehen wäre, treffe die Klägerin ein Mitverschulden daran, weil sie nicht erreichbar gewesen sei. Dadurch habe sie schuldhaft einen Informationsmangel verursacht, der kausal für die Annahme des unberechtigten vorzeitigen Austritts bzw den Ausspruch der Entlassung gewesen sei.
Mit dem bekämpften Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren auf Basis des eingangs referierten unstrittigen Sachverhalts vollinhaltlich statt. Darüber hinaus traf es noch folgende von der Verfahrensrüge der Beklagten tangierte Feststellung:
„H* I* informierte den in F* ansässigen bzw wohnhaften J* K* über den Krankenstand der Klägerin ab 18.10.2021 und die mögliche Verlängerung desselben.“
Rechtlich verneinte das Erstgericht unter ausführlicher Darstellung der Rechtslage einen (auch nur konkludenten) vorzeitigen Austritt der Klägerin und die Voraussetzungen für eine berechtigte Entlassung jeweils mit der wesentlichen Begründung, die Klägerin habe ihren Krankenstand der Beklagten unaufgefordert und zeitgerecht gemeldet. Damit sei von einer fristwidrigen Arbeitgeberbeendigung zum 25.10.2021 auszugehen. Aufgrund des rechtzeitig und ordnungsgemäß gemeldeten Krankenstands gebühre der Klägerin schon nach den §§ 2, 4, 5 EFZG das Entgelt bis zum Ende des Krankenstands mit 10.11.2021. Im Übrigen gelangten die Kündigungsfristen nach § 1159 ABGB idgF zur Anwendung, weil der Beklagten der ihr obliegende Beweis für das Vorliegen einer Saisonbranche im Sinn dieser Bestimmung nicht gelungen sei. Abweichende Kündigungstermine iSd 1159 Abs 3 ABGB seien nicht vereinbart worden. Der nächstmögliche Kündigungstermin wäre daher der 31.12.2021 gewesen. Die Klägerin habe damit Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts bis zu diesem Termin.
Die Zurückweisung des Antrags auf Einvernahme des zur abschließenden Tagsatzung vom 3.3.2023 krankheitsbedingt nicht erschienen Zeugen J* K* begründete das Erstgericht im Urteil zusammengefasst damit, die Klägerin sei wegen ihres Krankenstands ausschließlich mit dem Storemanager und nicht mit J* K* in Kontakt gestanden, weshalb nicht ersichtlich sei, was dessen Einvernahme rechtlich Relevantes zu Tage bringen solle (US 9ff).
Gegen diese Entscheidung richtet sich die (rechtzeitige) Berufung der Beklagten aus den Rechtsmittelgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag das Urteil im Sinn einer vollumfänglichen Klagsabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer ebenfalls rechtzeitigen Berufungsbeantwortung , dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.
Nach Art und Inhalt der geltend gemachten Rechtsmittelgründe war über die Berufung in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden (§§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO). Diese erweist sich aus nachstehenden Gründe als nicht berechtigt:
Rechtliche Beurteilung
1.1. Unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens kritisiert die Beklagte die unterlassene Einvernahme des Zeugen J* K*. Aus dessen Angaben hätte sich ergeben können, dass der Klägerin der Dienstzettel übersendet und das darin Geschriebene vereinbart worden sei. Konkret hätte dies zu folgender Feststellung geführt: „Mit der Klägerin wurde für den Fall einer Kündigung unter Berufung auf die Kündigungsfrist gemäß § 1159 ABGB vereinbart, dass als Kündigungstermin der 15. und der Monatsletzte gelten." Rechtlich ergäbe sich daraus, dass die Klägerin nur Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zum 15.12.2021 habe.
Des Weiteren habe nach den Feststellungen der Storemanager J* K* über den Krankenstand der Klägerin ab 18.10.2021 in Kenntnis gesetzt. Der Storemanager habe ferner angegeben, J* K* auch über eine mögliche Verlängerung dieses Krankenstands informiert zu haben. Durch die Einvernahme des J* K* hätte sich der Informationsstand der Beklagten nach dem Telefonat mit H* I* derart ergeben können, dass der Krankenstand mit 23.10.2021 tatsächlich ende und die Klägerin am 25.10.2021 definitiv wieder arbeiten werde. Daraus würde rechtlich folgen, dass die Beklagte zu Recht einen Austritt der Klägerin angenommen habe, jedenfalls aber, dass die Klägerin ein Mitverschulden an der Entlassung treffe, was letztlich zu einem Zuspruch von nur 50 % führen würde.
1.2. Zur Behandlung dieser Verfahrensrüge ist zunächst das Beweisanbot der Beklagten im Verfahren erster Instanz zu beleuchten: Im Einspruch ON 3 ist neben Urkunden als Beweismittel nur „PV“ angeführt. Im Schriftsatz vom 11.3.2022 (ON 6) ist zunächst unter der Rubrik „Beweis“ als angebotener Personalbeweis nur die ZV M* I* genannt (ON 6 S 2), nachfolgend nur „wie vor“ (ON 6 S 3). Der Name J* K* findet sich erstmals im Tagsatzungsprotokoll vom 29.4.2022, dort allerdings nur im Rahmen des Prozessprogramms und nachfolgend bei der Bekanntgabe des Gerichts, welche Personen zur nächsten Tagsatzung zu laden sind. Im Übrigen ist dort jeweils angeführt „PV J* K*“. Auch wenn zu vermuten ist, dass nicht die Klägerin, sondern die Beklagte die Einvernahme des J* K* beantragte, erschließt sich dieser Umstand aus dem Tagsatzungsprotokoll ebenso wenig wie die Beweisthemen, zu welchen dieser einzuvernehmen sein sollte.
Im Schriftsatz vom 28.6.2022 (ON 13) erstattet die Beklagte ausschließlich rechtliches Vorbringen zur Anwendbarkeit von § 1159 ABGB, als Beweismittel wird wiederum nur „wie vor“ angeführt. Mit Schriftsatz vom 30.11.2022 (ON 18) und vom 23.1.2023 (ON 22) wird J* K*, nunmehr erstmals bezeichnet als Zeuge, jeweils vom Beklagtenvertreter für die nächsten Tagsatzungen entschuldigt. In der abschließenden Tagsatzung vom 3.3.2023 erstattet die Beklagte erstmals Vorbringen zum Dienstzettel und den dort genannten Kündigungsterminen und einem Mitverschulden der Klägerin, führte als Beweismittel hiezu jedoch nur an „wie vor“ (ON 24 S 2f). In Bezug auf die krankheitsbedingte Abwesenheit des Zeugen führt die Beklagte aus, nicht auf dessen Einvernahme zu verzichten (ON 24 S 7). Eine weitere Konkretisierung ihres Beweisanbots, insbesondere zum Beweis welchen Vorbringens der Zeuge J* K* angeboten ist, nimmt die Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht vor.
Aus der Einsichtnahme in das offene Firmenbuch ergibt sich im Übrigen, dass J* K* bereits seit Februar 2019 weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der Beklagten ist; auf diesen Umstand wies das Erstgericht in der Tagsatzung vom 3.3.2023 auch hin (ON 24 S 3).
1.3. Gemäß den §§ 2 Abs 1 ASGG, 226 Abs 1, 239 Abs 1 ZPO muss der Beweisführer zugleich mit seinen rechtserzeugenden Tatsachenbehauptungen die Beweismittel im Einzelnen genau bezeichnen, derer er sich zum Nachweis seiner Behauptungen bedienen will (7 Ob 46/16i ErwGr 1.3.; OLG Innsbruck zB 13 Ra 24/21h; 13 Ra 42/19b; 3 R 34/19b). Der Beweisantrag muss einerseits die Tatsachen, die mit dem Beweismittel bewiesen werden sollen (= Beweisthema), im Einzelnen genau (nach Art, Zeit und Ort) bezeichnen (RIS-Justiz RS0039882) und andererseits auch die zum Nachweis dieser Tatsachen angebotenen Beweismittel so bestimmt angeben, dass das Gericht die zu seiner Aufnahme erforderlichen Maßnahmen sofort treffen kann (OLG Linz 11 Rs 286/01, SVSlg 50.074; LGZ Wien 42 R 678/03x, EFSlg 105.804; Pochmarski/Tanczos/Kober Berufung in der ZPO 4 132f). Fehlt es einem Beweisantrag an der Bezeichnung eines substanziierten erheblichen Beweisthemas, liegt in seiner Abweisung/Nichtberücksichtigung kein Verfahrensmangel (3 Ob 236/14y ErwGr 1.2.; 3 Ob 230/11m ErwGr 5.; OLG Innsbruck wie vor).
Ein Beweisanbot „wie bisher“ ist nicht hinreichend bestimmt und erfüllt daher nicht die Erfordernisse für einen ordnungsgemäßen Beweisantrag (1 Ob 243/99i; OLG Graz 6 R 19/12d, RIS-Justiz RG0000083; OLG Innsbruck w i e vor; Pochmarski/Tanczos/Kober Berufung in der ZPO 4 133; vgl 8 Ob 23/04x).
1.4. Ausgehend von diesen Grundsätzen und dem oben dargestellten Inhalt des Vorbringens und Beweisanbots der Beklagten zeigt sich, dass das Beweisanbot in Bezug auf den tatsächlich als Zeugen einzuvernehmenden J* K* nicht den vom Gesetz und der Rechtsprechung geforderten Bestimmtheitserfordernissen entspricht, geht doch aus dem erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten zu keinem Zeitpunkt hervor, zu welchen Beweisthemen dieser angeboten war. Dies umso mehr als sie selbst zunächst nur allgemein eine Parteieneinvernahme anbietet, ohne anzuführen, welche Person als Partei einzuvernehmen ist. Aber auch nachfolgend, insbesondere im Zusammenhang mit den nunmehr in der Berufung relevierten Beweisthemen benennt sie zu keinem Zeitpunkt den Zeugen J* K*.
Schon aus diesem Grund bewirkt die unterlassene Einvernahme des Zeugen keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens.
1.5. Im Übrigen verstößt die erstmals in der Berufung erhobene Behauptung der in erster Instanz qualifiziert vertretenen Beklagten, der Klägerin sei der Dienstzettel übersandt und das dort Geschriebene sei vereinbart worden, gegen das im Berufungsverfahren gemäß § 482 Abs 2 ZPO geltende Neuerungsverbot. Diese Gesetzesstelle verfügt ein Verbot des Vorbringens neuer Tatsachen und Beweismittel zum Anspruch, also ein Neuerungsverbot in Ansehung des Stoffs für die Entscheidung der in erster Instanz gestellten Sachanträge (RIS-Justiz RS0041965; RS0016473).
Die Beklagte berief sich in ihrem diesbezüglichen Vorbringen im Verfahren erster Instanz ausdrücklich und ausschließlich auf den von ihr selbst als Beilage ./3 vorgelegte Dienstzettel (ON 24 S 2). Wie sich aus dieser Urkunde ergibt, wurde dieser Dienstzettel jedoch beidseits nicht unterfertigt. Dass darüber hinaus eine – allenfalls unter Bezugnahme auf diesen Dienstzettel – mündliche Vereinbarung betreffend abweichende Kündigungstermine zwischen den Streitteilen und insbesondere der Klägerin und J* K* getroffen worden wäre, hat die Beklagte im Verfahren erster Instanz jedoch nie behauptet. Auf nichts anderes aber zielen die nunmehrigen Berufungsausführungen ab.
Auch aus diesem Grund vermag die Beklagte in diesem Zusammenhang daher keinen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel aufzuzeigen.
1.6. Was den in der Berufung zur Begründung des vermeinten Verfahrensmangels relevierten Meinungsstand des Zeugen K* zum Ende des Krankenstands der Klägerin bzw den Wiederantritt des Dienstes durch sie betrifft, genügt es darauf zu verweisen, dass vor dem Hintergrund des bindend festgestellten Tatsachensubstrats allein die Annahme des Zeugen, die Klägerin würde ihren Dienst am 25.10.2021 wieder antreten, hier keinesfalls zu einem Mitverschulden der Klägerin an der letztlich ausschließlich von der Beklagten veranlassten vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses führen kann. Damit aber fehlt es diesem Aspekt von vornherein an der für den Erfolg einer Mängelrüge erforderlichen rechtlichen Relevanz (RIS Justiz RS0043049). Im Übrigen wird auf die Ausführungen bei Behandlung der Rechtsrüge verwiesen.
1.7. Insgesamt liegt daher eine vom Berufungsgericht aufzugreifende Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz nicht vor.
2.1. In der Rechtsrüge kommt die Beklagte auf ihren Mitverschuldenseinwand zurück. Da die Klägerin ihren Dienst nicht wie vereinbart am 25.10.2021 um 8:00 Uhr angetreten, sondern erst um 8:08 Uhr die verlängerte Arbeitsunfähigkeitsmeldung übermittelt habe, treffe sie ein Mitverschulden daran, dass die Beklagte einen unberechtigten vorzeitigen Austritt angenommen bzw vorsorglich die Entlassung ausgesprochen habe. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre der Klägerin daher ein Mitverschulden im Ausmaß von 1 : 1 anzulasten und der Betrag – gemeint damit wohl das Ausmaß des Zuspruchs der Klagsforderung – auf die Hälfte zu kürzen.
2.2. Wie sich aus diesen Ausführungen zeigt, wendet sich die Rechtsrüge nicht gegen die – ausführliche – erstgerichtliche Beurteilung, wonach im vorliegenden Fall weder die Voraussetzungen für einen von der Klägerin – ausdrücklich oder konkludent – erklärten vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis noch ein Entlassungstatbestand erfüllt sind. Das Berufungsgericht kann sich daher hinsichtlich dieser Aspekte mit einem Verweis auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des Erstgerichts begnügen (§ 500a ZPO; RIS-Justiz RS0043338; RIS-Justiz RS0043352 [T17, T23, T26, T31, T33, T34]; RS0041570 insbes [T6, T12]). Es ist damit von einer fristwidrigen Arbeitgeberbeendigung auszugehen.
2.3.1. Die Argumentation, die Klägerin treffe an der Annahme eines unberechtigten vorzeitigen Austritts bzw am Entlassungsausspruch ein Mitverschulden, ist vor dem Hintergrund des festgestellten Sachverhalts nicht nachvollziehbar: Wie die Beklagte auch in der Berufung richtig darstellt, hätte die Klägerin ihren Dienst nach ihrem ersten Krankenstand am 25.10.2021 um 8:00 Uhr antreten müssen. Bereits um 8:08 Uhr sandte sie eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung betreffend die Verlängerung des Krankenstands bis 10.11.2021 an den Storemanager, dem diese auch zur Kenntnis gelangte und der die Meldung umgehend sowohl per L* als auch telefonisch an seinen Vorgesetzten in F* weiterleitete. Auch dieser hatte daher von der Krankmeldung der Klägerin noch am Vormittag des 25.10.2021 Kenntnis. Trotz dieses Kenntnisstands sprach die Beklagte der Klägerin gegenüber mit Schreiben vom 27.10.2021 – also ohnehin erst zwei Tage nach der neuerlichen Krankmeldung – die Entlassung aus und nahm – wie sich aus den wechselseitig vorgelegten unbestrittenen Beilagen ./H und ./2 ergibt (zur Verwertung deren Inhalts im Rechtsmittelverfahren RIS-Justiz RS012577) – auch erst mit diesem Tag die Abmeldung bei der Sozialversicherung vor. Aus welchen Gründen der Klägerin bei dieser Chronologie der Geschehnisse ein Mitverschulden an der unrichtigen Annahme eines vorzeitigen Austritts oder dem unberechtigten Entlassungsausspruch treffen soll, vermag die Berufung nicht schlüssig darzulegen, begnügt sie sich doch mit einem Verweis darauf, die Klägerin sei aufgrund des Geschehensablaufs selbst für die Annahmen bzw Erklärungen der Beklagten verantwortlich, weshalb sie ein Mitverschulden treffe. Allein die bloße Behauptung einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung durch das Erstgericht ohne weitere Ausführungen einer Begründung, reicht jedoch nicht für eine ordnungsgemäß ausgeführte Rechtsrüge (RIS-Justiz RS0043605).
2.3.2. In Bezug auf das behauptete Mitverschulden der Klägerin an der Annahme eines vorzeitigen Austritts durch die Beklagte, ist die herrschende Rechtsprechung in Erinnerung zu rufen, wonach das bloße Nichterscheinen am Arbeitsplatz im Allgemeinen für sich allein noch nicht den Schluss rechtfertigt, dass der Arbeitnehmer vorzeitig ausgetreten ist. Vielmehr müssen noch weitere Umstände hinzutreten oder besondere Verhältnisse vorliegen, die dieses Ergebnis rechtfertigen (8 ObA 99/21y Rn 15; 9 ObA 144/19w; 8 ObA 15/05x; 8 ObA 9/04p; RIS-Justiz RS0028657 [T3]). Wie bereits dargelegt, erhellt sich für das Berufungsgericht vor dem Hintergrund der umgehenden Krankenstandsmeldung durch die Klägerin nicht, auf welche Umständen die Beklagte ihre Ansicht zu einem auch nur konkludent erklärten Austritt der Klägerin gegründet haben will. Allein die Meinung von Mitarbeitern der Beklagten, die Klägerin würde ihren Dienst am 25.10.2021 wieder antreten, würde hiefür nach den von der Rechtsprechung postulierten Kriterien nicht ausreichen.
2.3.3. Was den Entlassungsausspruch betrifft, ist darauf zu verweisen, dass nach der Rechtsprechung aus jenem Verhalten des Dienstnehmers, das Anlass für die ungerechtfertigte Entlassung war, kein Mitverschulden abgeleitet werden kann. Das ein allfälliges Mitverschulden begründende Verhalten eines Arbeitnehmers muss in einem davon unabhängigen, zusätzlichen Verhalten liegen. Das bedeutet, Sachverhalte, die sich nicht als taugliche Auflösungsgründe erwiesen haben, müssen für die Beurteilung eines allfälligen Mitverschuldens außer Betracht bleiben (RIS-Justiz RS0021719 [T4]; RS0101991 [T3], RS0028230). Worin ein solcher vom eigentlichen Entlassungsgrund unabhängiger mitverschuldens-begründender Umstand hier gelegen sein soll, ist weder aus dem Akt ersichtlich, noch wird dies von der Beklagten schlüssig dargelegt, was ihr jedoch obliegen würde (RIS-Justiz RS0101991 [T4]). Eine verspätete Krankmeldung kann hier schon aus zwei Gründen nicht Ursache für die Entlassung gewesen sein: Zum einen wurde die Krankmeldung nur wenige Minuten nach Dienstbeginn an den Storemanager übermittelt und von diesem auch zur Kenntnis genommen; vor allem aber wurde die Entlassung ohnehin erst zwei Tage danach ausgesprochen. Zu diesem Zeitpunkt war aber nicht nur der Storemanager, sondern auch dessen Vorgesetzter über den Krankenstand der Klägerin informiert.
Dass die Klägerin entgegen der ärztlich ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsmeldung nicht krank bzw arbeitsunfähig gewesen wäre, behauptet die Beklagte nicht einmal.
2.3.4. Wenn die Berufung darauf verweist, die Klägerin hätte ihren Dienst nicht „wie vereinbart“ am 25.10.2021 wieder angetreten, weicht sie in unzulässiger Weise (RIS-Justiz RS0043603; RS0043312) vom festgestellten Sachverhalt ab. Eine solche Vereinbarung oder „definitive“ Zusage steht gerade nicht fest. Vielmehr besprachen nach den Feststellungen sowohl die Klägerin und der Storemanager (US 6 zweiter Absatz letzter Halbsatz) als auch letzterer und J* K* (US 6 dritter Absatz dritter Satz) die mögliche Verlängerung des Krankenstands der Klägerin.
2.4. Entgegen dem von der Berufung vertretenen Standpunkt kann der Klägerin daher ausgehend vom festgestellten Sachverhalt weder ein Mitverschulden an der irrigen Annahme eines unberechtigten vorzeitigen Austritts noch am unberechtigten Entlassungsanspruch angelastet werden. Der Rechtsrüge kommt damit in diesem Punkt keine Berechtigung zu.
3.1. Im Weiteren wendet sich die Rechtsrüge gegen die vom Erstgericht zu ihren Lasten vorgenommene Beweislastverteilung in Bezug auf das Überwiegen von Saisonbetrieben in der Branche des Hotel- und Gastgewerbes. Tatsächlich müsse die Klägerin die Nichtigkeit der kollektivvertraglichen Regelung beweisen. Die vom Erstgericht getroffene Negativfeststellung zum Überwiegen von Saisonbetrieben in der Branche des Hotel- und Gastgewerbes gehe daher zu Lasten der Klägerin. Damit gelange die 14-tägige kollektivvertragliche Kündigungsfrist und nicht jene nach § 1159 ABGB idgF zur Anwendung.
3.2. Diese Ansicht teilt das Berufungsgericht aus folgenden Gründen nicht: Der mit 1.10.2021 (§ 1503 Abs 19 ABGB idgF; BGBl I 2021/121) in Kraft getretene § 1159 ABGB idF BGBl I 2017/153 (im Folgenden auch: § 1159 ABGB neu), der auf alle nach dem 30.9.2021 ausgesprochenen Beendigungen – und damit auch hier (welcher Umstand von der Beklagten auch nicht bestritten wird) – anzuwenden ist (§ 1503 Abs 19 idgF; BGBl I 2021/12), lautet in seinen hier maßgeblichen Teilen wie folgt (Hervorhebung durch das Berufungsgericht):
(1) Ist das Dienstverhältnis ohne Zeitbestimmung eingegangen oder fortgesetzt worden, so kann es durch Kündigung nach folgenden Bestimmungen gelöst werden.
(2) Mangels einer für den Dienstnehmer günstigeren Vereinbarung kann der Dienstgeber das Dienstverhältnis mit Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres durch vorgängige Kündigung lösen. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Wochen und erhöht sich nach dem vollendeten zweiten Dienstjahr auf zwei Monate, nach dem vollendeten fünften Dienstjahr auf drei, nach dem vollendeten fünfzehnten Dienstjahr auf vier und nach dem vollendeten fünfundzwanzigsten Dienstjahr auf fünf Monate. Durch Kollektivvertrag können für Branchen, in denen Saisonbetriebe im Sinne des § 53 Abs 6 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974 überwiegen, abweichende Regelungen festgelegt werden.
(3) Die Kündigungsfrist kann durch Vereinbarung nicht unter die im Absatz 2 bestimmte Dauer herabgesetzt werden; jedoch kann vereinbart werden, dass die Kündigungsfrist am Fünfzehnten oder am Letzten des Kalendermonats endigt.
[...]
3.3. Wie vom Erstgericht und den Parteien richtig erkannt, nahm der Oberste Gerichtshof bereits in zwei gemäß § 54 Abs 2 ASGG – einerseits von den Fachverbänden der Gastronomie und Hotellerie der Wirtschaftskammer Österreich (zu 9 ObA 116/21f) und andererseits vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (zu 9 ObA 137/21v) – eingeleiteten besonderen Feststellungsverfahren zu dieser Regelung Stellung. Aus diesen Entscheidungen ergeben sich folgende für den vorliegenden Sachverhalt maßgebliche Grundsätze, wobei nachfolgend primär auf die zeitlich frühere Entscheidung vom 24.3.2022, 9 ObA 116/21f, Bezug genommen wird, zumal auch der Oberste Gerichtshof aufgrund der inhaltlich identen Thematik in der am 27.4.2022 ergangenen Folgeentscheidung 9 ObA 137/21v – soweit hier relevant – auf seine Rechtsausführungen in der zeitlich früheren Entscheidung vom 24.3.2022, 9 ObA 116/21f verweist:
3.3.1. Allein die Tatsache, dass eine kollektivvertragliche Regelung bereits seit einem Zeitpunkt vor dem Inkrafttreten von § 1159 ABGB neu unverändert besteht, schließt nicht aus, dass es sich dabei um eine solche im Sinn des § 1159 Abs 2 letzter Satz ABGB neu handelt (9 ObA 116/21f Rn 20ff). Mit anderen Worten: Durch die Neufassung von § 1159 ABGB ist der hier in Rede stehende, seit seinem Inkrafttreten am 1.5.2019 (zum Kündigungszeitpunkt) unverändert aufrechte § 21a des Kollektivvertrags für Arbeiterinnen und Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe, der – abweichend von § 1159 Abs 2 ABGB neu – für unbefristete Dienstverhältnisse eine 14-tägige Kündigungsfrist vorsieht – nicht automatisch überholt, sondern kann – unter Erfüllung der übrigen Voraussetzungen – weiterhin Bestand haben (aaO Rn 20, 25).
3.3.2. Es ist daher zu prüfen, ob § 21a des Kollektivvertrags nach Maßgabe des § 1159 ABGB neu weiter von der den Kollektivvertragsparteien eingeräumten gesetzlichen Ermächtigung zur Schaffung einer abweichenden kollektivvertraglichen Regelung gedeckt ist (aaO Rn 26).
3.3.3. Das Hotel- und Gastgewerbe ist als einheitliche Branche iSd § 1159 Abs 2 letzter Satz ABGB neu zu betrachten (aaO Rn 27ff, insb Rn 33). Dieser Umstand wird von den Streitteilen hier auch nicht in Zweifel gezogen.
3.3.4. Die gesetzliche Regelungsermächtigung des § 1159 Abs 2 letzter Satz ABGB neu gilt – bereits nach ihrem Wortlaut – nur, wenn in einer Branche – hier also der gesamten einheitlichen Branche des Hotel- und Gastgewerbes – Saisonbetriebe überwiegen (aaO Rn 34).
3.3.5. Dieses Überwiegen von Saisonbetrieben in einer Branche kann durch die Kollektivvertragsparteien nur deklarativ aber nicht normativ festgelegt werden. Überwiegen in einer Branche die Saisonbetriebe nicht, besteht keine Befugnis der Kollektivvertragsparteien zur Schaffung von Kündigungsfristen, die vom gesetzlichen Regelungsmodell abweichen. Im Hinblick auf die Branche des Hotel- und Gastgewerbes wurde von den Kollektivvertragsparteien eine solche (deklarative) Festlegung ohnehin nicht vorgenommen (aaO Rn 35).
3.3.6. Für das Überwiegen iSd zitierten Bestimmung kommt es auf die Anzahl der Saisonbetriebe im Verhältnis zur Gesamtzahl der Betriebe im Sinn eines quantitativen Überwiegens an (aaO Rn 36).
3.3.7. Letztlich konnte in beiden vor dem Obersten Gerichtshof geführten besonderen Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 2 ASGG aufgrund des dort jeweils vorgetragenen Antragsvorbringens nicht geklärt werden, ob in der Branche des Hotel- und Gastgewerbes von einem „Überwiegen der Saisonbetriebe“ auszugehen oder gerade das Gegenteil der Fall ist, also die Saisonbetriebe nicht überwiegen (9 ObA 116/21f Rn 47ff; 9 ObA 137/21v Rn 13).
3.4. In Bezug auf die beiden zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass diese zwar keine bindende Wirkung für die Parteien des gegenständlichen Verfahrens (RIS-Justiz RS0085728) entfalten könnten, aber die dortigen Ergebnisse – sofern die auch hier zu klärende Frage des Überwiegens von Saisonbetrieben in der Branche eindeutig beantwortet worden wäre – aufgrund der Aktualität auch im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen wären. Da aber eine Klärung dort nicht erfolgte, ist diese Frage hier in jedem Fall auf Tatsachenebene eigenständig zu beurteilen, was auch das Erstgericht richtig erkannt und hiezu eine Tatsachenfeststellung im Sinn einer Negativfeststellung, wonach nicht festgestellt werden kann, ob in der Branche des Hotel- und Gastgewerbes Saisonbetriebe überwiegen, getroffen hat.
3.5. Strittig ist, ob diese Negativfeststellung zu Lasten der Klägerin oder der Beklagten geht. Diesbezüglich teilt das Berufungsgericht die Ansicht des Erstgerichts und demgemäß nicht die gegenteilige der Berufungswerberin:
Die Regeln zur Verteilung der Beweislast kommen dann zur Anwendung, wenn – wie hier – ein Beweis für strittige, entscheidungswesentliche Tatsachen nicht erbracht werden kann, wenn also das Beweisverfahren ohne subsumtionsfähiges Sachverhaltsergebnis geblieben ist (3 Ob 15/19f ErwGr 1.; 8 ObA 53/10t ErwGr 3.1.; 9 ObA 46/04m; RIS-Justiz RS0039872; RS0039875). Nach der allgemeinen Regel der Beweislastverteilung muss derjenige, der ein Recht in Anspruch nimmt, die rechtsbegründenden und rechtsgestaltenden Tatsachen, derjenige aber, der sich auf den Nichteintritt oder auf die Beseitigung eines rechtserheblichen Tatbestands beruft, die rechtshindernden bzw rechtsvernichtenden Tatsachen beweisen, so nicht Spezialregeln über die Beweislast im materiellen Recht einer Partei diese Obliegenheit aufbürden (RIS-Justiz RS0109832). Es ist sohin Sache der Parteien, die jeweils für sie günstigen Tatsachen unter Beweis zu stellen (2 Ob 21/07p; 1 Ob 2297/96t; RIS-Justiz RS0039939; RS0037797 uva). Eine Negativfeststellung, wonach eine bestimmte Tatsache nicht erwiesen ist, fällt jener Partei zur Last, die die Beweislast für den Eintritt dieser Tatsache trifft (1 Ob 62/19b ErwGr 5.2., 1 Ob 78/19f ErwGr 3.; 4 Ob 83/19p ErwGr 7.). Ferner ist in Lehre und Rechtsprechung die ergänzende Hilfsregel anerkannt, dass grundsätzlich nur das Bestehen von Tatsachen zu behaupten und zu beweisen ist, nicht aber das Nichtbestehen von Tatsachen, weil letzteres nur sehr schwer erweislich ist (1 Ob 290/02g; 6 Ob 57/99x). Zusammengefasst gilt also folgende Grundregel: Wenn eine tatbestandsrelevante Tatsache unklar bleibt, ist so zu entscheiden, als wäre festgestellt worden, dass diese Tatsache nicht eingetreten ist ( Klicka Beweislastverteilung 57f; Rechberger/Klicka aaO Vor § 266 ABGB Rz 11).
3.6. Im hier zu beurteilenden Fall stellt § 1159 Abs 2 Satz 1 und 2 ABGB neu, wonach der Dienstgeber das Dienstverhältnis zum Ablauf eines jeden Kalendervierteljahrs unter Einhaltung einer – hier – sechswöchigen Kündigungsfrist lösen kann, die gesetzlich normierte Grundregel dar. Von dieser kann zu Lasten des Dienstnehmers nur unter der Voraussetzung der in § 1159 Abs 2 letzter Satz ABGB neu eingeräumten Möglichkeit abgewichen werden. Diese Bestimmung bildet daher lediglich die Möglichkeit der Schaffung einer (kollektivvertraglichen) Ausnahmeregelung von der gesetzlichen Grundregel. Deren Voraussetzung ist das – ausnahmsweise – Vorliegen einer Saisonbranche. Die Beklagte stützt sich für die Begründung ihres Rechtsstandpunkts auf diese Ausnahmeregelung, weshalb sie nach den oben dargelegten Grundsätzen auch dafür beweispflichtig ist, dass deren Voraussetzungen erfüllt sind. Es trifft daher im vorliegenden Fall nicht die Klägerin die Beweislast für die negative Tatsache, dass es sich bei der Branche des Hotel- und Gastgewerbes nicht um eine solche handelt, in der Saisonbetriebe überwiegen, sondern gerade umgekehrt die Beklagte die Beweislast für den positiven Umstand, dass in dieser Branche die Saisonbetriebe überwiegen (OLG Innsbruck 3 R 10/23b; 13 Ra 35/22b; 15 Ra 15/23b; so im Ergebnis auch OLG Graz 7 R 30/22v, 7 R 26/22f; ebenso Nunner-Krautgasser in DRdA-infas 2023, 72 mit ausführlicher Begründung; Lindmayr in ARD 6801/6/2022; Grillberger in wbl 2022, 403 (406); aA vor allem unter Berufung auf die Richtigkeitsvermutung kollektivvertraglicher Regelungen Noga in ASok 2022, 281).
3.7. Dieser Beweis ist der Beklagten hier jedoch gerade nicht gelungen, sondern hat das Erstgericht hiezu die angeführte Negativfeststellung getroffen. Diese geht aber nach den gerade dargelegten Beweislastregeln nicht zu Lasten der Klägerin, sondern umgekehrt zu Lasten der Beklagten. Es gelangen daher – wie das Erstgericht richtig erkannt hat – die gesetzlichen Kündigungsregeln des § 1159 ABGB zur Anwendung.
3.8. Damit ist aber auch in diesem Punkt der Rechtsrüge kein Erfolg beschieden. Die rechnerische Richtigkeit der Klagsforderung ist unstrittig, weshalb sich ein Eingehen hierauf erübrigt.
4. Im Ergebnis ist der Berufung daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.
5. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die §§ 2 Abs 1 ASGG, 50 Abs 1, 41 und 40 ZPO. Die im Rechtsmittelverfahren unterlegene Beklagte hat der Klägerin die rechtzeitig und tarifkonform verzeichneten Kosten ihrer Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
6. Das Berufungsgericht konnte sich – wie durch die Zitate belegt – in allen erheblichen Rechtsfragen auf eine einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs berufen, von der es nicht abgewichen ist. Eine erhebliche Rechtsfrage in der von §§ 2 Abs 1 ASGG, 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität war daher in diesem Berufungsverfahren nicht zu lösen. Der weitere Rechtszug nach dieser Gesetzesstelle erweist sich damit als nicht zulässig, worüber gemäß §§ 2 Abs 1 ASGG, 500 Abs 2 Z 3 ZPO ein eigener Ausspruch in den Tenor der Berufungsentscheidung aufzunehmen war.