JudikaturOLG Innsbruck

3R18/23f – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
07. Juli 2023

Kopf

B eschluss

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Kohlegger als Vorsitzenden und die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Pirchmoser sowie den Richter des Oberlandesgerichts MMag. Dr. Dobler als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geb am **, Pensionistin in **, **, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen die beklagten Parteien 1. B* , geb am **, Kraftfahrer in **, **gasse **, 2. C* GmbH Co KG , FN D*, **, **straße **, und 3. E* Aktiengesellschaft , **, **gasse **, vertreten durch Summer Schärler Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in 6900 Bregenz, wegen EUR 24.282,-- s.Ng., über den Zulassungsantrag der klagenden Partei (ON 41) gegen das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 11.5.2023, 3 R 18/23f (ON 39), in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Zulassungsantrag der klagenden Partei wird gemäß § 508 Abs 1 ZPO samt der darin ausgeführten ordentlichen Revision z u r ü c k g e w i e s e n .

Die Zulassungswerberin hat die Kosten ihres Zulassungsantrags selbst zu tragen.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel n i c h t zulässig.

Text

Begründung:

1.: Im erstinstanzlichen Verfahren (65 Cg 27/22z LG Feldkirch) verfocht die Klägerin gegen die Beklagten Ansprüche aus dem Verkehrsunfall auf der F* im Gemeindegebiet von ** vom 3.11.2021. Zum Unfall kam es bei einem Überholmanöver des vom Erstbeklagten gelenkten, von der Zweitbeklagten gehaltenen und bei der Drittbeklagten aufrecht gegen Haftpflicht versicherten LKW, weil der vom Ehegatten der Klägerin gelenkte PKW der Klägerin auf die linke Fahrspur zu gelangen versuchte. Das Erstgericht wies das Klagebegehren vollumfänglich und für die Klägerin kostenpflichtig ab (ON 31). Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin kostenpflichtig keine Folge, indem es - soweit für das Verständnis des Zulassungsantrags erforderlich - die Überlegungen der Klägerin, die Beklagten müssten aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses im Sinn des § 9 Abs 2 EKHG einstehen (welche Überlegungen auf den erstbeklagten Lenker jedenfalls nicht zutreffen konnten), nicht teilte und erklärte aufgrund der von ihm verwerteten einheitlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu allen maßgeblichen Rechtsfragen die ordentliche Revision für nicht zulässig.

2.: Gegen diesen Zulässigkeitsausspruch richtet sich nunmehr der (rechtzeitige) Zulassungsantrag der Klägerin gemäß § 508 Abs 1 ZPO mit dem Antrag, die ordentliche Revision doch für zulässig zu erklären. Dieser erweist sich jedoch aus nachstehenden Erwägungen als nicht berechtigt:

Rechtliche Beurteilung

3.: Gemäß § 508 Abs 4 erster Satz zweiter Halbsatz ZPO genügt als Begründung für die Zurückweisung des Zulassungsantrags und der darin ausgeführten ordentlichen Revision der Hinweis auf die im Berufungsurteil nachzulesenden Erwägungen ( Lovrek in Fasching/Konecny ZPO³ § 508 Rz 12). Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision jedoch auf seine Stichhaltigkeit hin, insbesondere auf die dort ausgeführte Frage, ob eine erhebliche Rechtsfrage in der von § 502 Abs 1 ZPO vorgegebenen Qualität vorliegt, zu prüfen (9 Ob 83/18y; 9 Ob 17/14m; 6 Ob 12/14d ErwGr 1.3.; RIS Justiz RS0112166; RS0114180). Nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 502 Abs 1 ZPO) liegt eine solche aber nur dann vor, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit , Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist. Nur die tatsächliche Bejahung einer solcherart erheblichen Rechtsfrage soll (und darf) für eine Überwindung der in § 502 Abs 1 ZPO normierten Rechtsmittelbeschränkung ausreichen (RIS Justiz RS0112166 [T5]). Daher hat sich die Begründung des Antrags auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision gemäß § 508 Abs 1 ZPO inhaltlich mit der Zulassungsbeschwerde gemäß § 506 Abs 1 Z 5 ZPO bei der ao Revision zu decken (RIS Justiz RS0110049 [T1]). Die für die Revisionszulässigkeit maßgebende Erheblichkeit der Rechtsfragen bestimmt sich nach objektiven Umständen. Hat das Berufungsgericht im Sinn einer einheitlichen und von der Lehre anerkannten Rechtsprechung entschieden, dann kann die Zulässigkeit der Revision nur mit neuen bedeutsamen Argumenten begründet werden. Entscheidend ist, ob ein Rechtsproblem potentiell auch andere Personen und vergleichbare Fälle berühren könnte. Die Kasuistik des Einzelfalls schließt in der Regel eine beispielgebende Entscheidung aus (RIS Justiz RS0042405). Auch die bloße Vertretbarkeit einer anderen Lösung begründet noch keine erhebliche Rechtsfrage; andernfalls müsste der Oberste Gerichtshof in jedem derartigen Fall die Sachentscheidung treffen, was dem Willen des Gesetzgebers widerspräche (4 Ob 84/13a; RIS Justiz RS0114180 [T5]). Eröffnet eine bereits vorhandene Grundsatzjudikatur des Obersten Gerichtshofs einen Wertungsspielraum, so darf das Berufungsgericht einen Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision nur dann nachträglich abändern, wenn es zur Überzeugung gelangt, dass ihm bei der Würdigung des Anlassfalls eine erhebliche Fehlbeurteilung unterlaufen ist (1 Ob 221/03m; RIS Justiz RS0114180 [T4]; OLG Innsbruck RIS Justiz RI0100108). Ausgehend von dieser Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vermag der Zulassungsantrag keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, sodass er zurückzuweisen ist:

4.: Die Klägerin begründet das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage mit zwei Argumenten (die sie ohne inhaltlich zusätzliche Gedanken bloß in etwas anderen Worten auch in der gleichzeitig ausgeführten Revision wiederholt [vgl dazu zB Lovrek in Fasching / Konecny ZPO 3 IV/1 [2019] § 506 Rz 11 mwH]): Einerseits habe der Erstbeklagte „im Zuge seines Überholmanövers eines langsam fahrenden PKWs samt Anhänger jedenfalls mit dem Ausscheren eines dahinter spurenden Fahrzeugs“ rechnen müssen oder können; andererseits habe „der Erstbeklagte keine hinreichende - an die gegenständlichen Gegebenheiten […] angepasste - Differenzgeschwindigkeit“ eingehalten.

4.1.: Dazu ist zunächst festzuhalten, dass auch der Rechtsmittelgrund des § 503 Z 4 ZPO (unrichtige rechtliche Beurteilung) im Revisionsverfahren vom - hier: durch die Vorinstanzen - festgestellten Sachverhalt ausgehen muss (2 Ob 110/18t ErwGr 2.; RIS Justiz RS0043312 [T14 iVm T3]). Dies gilt auch für die außerordentliche Revision (10 ObS 8/23h Rz 11 f; 8 ObA 11/18b ErwGr 5.) und demgemäß auch für den Zulassungsantrag (vgl RIS-Justiz RS0110049 [T1]).

4.1.1.: Zum ersten Vorwurf (Gewärtigen des Ausscherens eines Fahrzeugs) wurde im Urteil des LG Feldkirch festgestellt (ON 31): Der Unfall ereignete sich unmittelbar vor der G* (ON 31 S 4 letzter Absatz). Hinter dem im Zulassungsantrag angesprochenen Fahrzeug mit dem Hänger - das ca 70 km/h schnell fuhr - war zunächst der mehrfach erwähnte Zeuge mit seinem PKW gespurt, hatte seine Geschwindigkeit verzögert und das Fahrzeug der Klägerin zwischen seinem Wagen und dem voranfahrenden in der Berufung erwähnten mit dem Anhänger einordnen lassen (ON 31 S 4 letzter Absatz sowie S 5 erster und zweiter Absatz). Der Ehegatte der Klägerin begann den Fahrspurwechsel zurück auf die Überholspur, als ihn der Erstbeklagte nicht mehr wahrzunehmen vermochte, er jedoch bei einem Schulterblick den LKW auf der Überholspur erkennen hätte können (ON 31 S 5 dritter Absatz aE, vierter Absatz letzter Satz, S 6 vierter Absatz letzter Satz iVm S 5 dritter Absatz vorletzter Satz, vierter Absatz letzter Satz, S 6 dritter Absatz aE). Die Kollisionsgeschwindigkeit des Beklagtenfahrzeugs betrug ca 88 km/h (ON 31 S 6 dritter Absatz).

4.1.2.: Davon ausgehend wurde bereits in der Berufungsentscheidung (ON 39 S 14 f ErwGr B.4. ff) der - im Zulassungsantrag durch keinerlei konkrete Gegenargumente erschütterte - Schluss gezogen, wonach der Erstbeklagte unmittelbar vor einer Autobahnausfahrt eine Gruppe aus drei Fahrzeugen, deren Spitzenfahrzeug rund 70 km/h schnell war und dessen zweites Fahrzeug sich auf die Normalspur zurückgereiht hatte (was hier unter den konkreten Umständen auf die Vorbereitung eines Ausfahrmanövers schließen ließ), mit ca 88 km/h überholt wurde. Eine solche Konstellation findet sich auf vielen ähnlich stark befahrenen Autobahnabschnitten, wie auf der F*, zum Unfallzeitpunkt an der Unfallstelle häufig. Unter diesen konkreten Umständen lag die Möglichkeit eines unrichtigen oder ungeschickten Verhaltens anderer Verkehrsteilnehmer in Form eines - hier erwiesenen - ungeschickten Ausscherens des (klägerischen) Mittelfahrzeugs aus der überholten Fahrzeuggruppe in keiner Weise nahe. Objektive (§ 3 StVO) Anhaltspunkte, die ein unmittelbar bevorstehendes unrichtiges oder ungeschicktes Auslenkverhalten des Lenkers des klägerischen Fahrzeugs für den Erstbeklagten nahelegen hätten können, wurden bereits in der Berufung in keiner Weise substanziiert dargestellt. Auch im Zulassungsantrag werden hier keine konkreten festgestellten Umstände angeführt, die für eine solche Annahme sprechen könnten. Immerhin hatte sich der klägerische Lenker gerade von der Überhol- auf die Normalspur zurückgereiht und dabei seine Geschwindigkeit zwingend reduziert, um sich hinter dem langsameren Fahrzeug mit dem Hänger einzuordnen.

4.1.3.: Im Übrigen übergeht der Zulassungsantrag die Feststellungen, wonach der Ehegatte der Klägerin mit dem Fahrspurwechsel erst begann, als sich der Erstbeklagte mit seinem LKW ca 2 Sekunden vor der Kollision auf Höhe seines PKWs befand und der Erstbeklagte diesen Vorgang nicht mehr wahrnehmen konnte (ON 31 S 5 dritter Absatz sowie S 8 dritter Absatz aE). Erwähnt wurde in der Berufung nur die nach deren Auffassung erhöhte Sorgfaltspflicht eines LKW-Lenkers sowie die unzureichende Differenzgeschwindigkeit.

4.2.: Dass der Lenker des Beklagtenfahrzeugs - wie die Berufung argumentierte - jederzeit mit dem verkehrsordnungswidrigen Ausscheren des klägerischen Fahrzeugs unmittelbar während des Überholvorgangs rechnen musste, verneinte das Berufungsgericht jedoch mit dem Argument, dass ausgehend von den festgestellten konkreten Umständen Vorbereitungen zu Ausfahrmanövern bei relativ dicht befahrenen Autobahnabschnitten häufig vorkommen und konkrete Anhaltspunkte für ein unvorsichtiges Ausscheren des klägerischen Fahrzeugs auf die Überholspur nach den Feststellungen nicht vorlagen. Daher musste der Lenker des Beklagtenfahrzeugs nach den konkreten Umständen kein verkehrswidriges Verhalten zB des klägerischen Lenkers in Rechnung stellen. Er konnte daher den Unfall auch bei Anwendung der Vorsicht und Aufmerksamkeit eines besonders umsichtigen und sachkundigen Kraftfahrers nicht verhindern (vgl 2 Ob 68/13h ErwGr 4.2.3.). Welche konkreten Sorgfaltspflichten eines LKW Lenkers der Erstbeklagte (vorwerfbar) verletzt und daher außer Acht gelassen haben könnte (§ 9 Abs 2 EKHG), ließ die Berufung ebenfalls nicht substanziiert erkennen (ON 39 S 15 ErwGr B.4.3.).

4.2.1.: Mit dieser sachlich-inhaltlichen Argumentation des Berufungsgerichts setzt sich der Zulassungsantrag überhaupt nicht auseinander. Die gesetzmäßige Ausführung des Revisionsgrunds der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nach § 503 Z 4 ZPO setzt jedoch voraus, dass der Revisionswerber konkret ausführt, aus welchen Gründen das Berufungsgericht die Sache rechtlich unrichtig beurteilt habe. Wird in der Revision nicht - zumindest in grundsätzlicher Auseinandersetzung mit der Rechtsansicht oder der Argumentation des Berufungsgerichts (10 ObS 118/22h Rz 10; RIS Justiz RS0043603 [T9]; RS0043312 [T13]) - dargelegt, aus welchen Gründen dem Revisionswerber die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts unrichtig erscheint, ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, die materiell-rechtliche Beurteilung zu überprüfen (10 ObS 118/22h Rz 10; RIS Justiz RS0043654; RS0043605; RS0043603; RS0043312). Dies gilt auch für die außerordentliche Revision (10 ObS 8/23h Rz 11). Für die außerordentliche Revision gilt nämlich zudem, dass der Revisionswerber, wenn er behauptet, das Berufungsgericht sei von höchstgerichtlicher Judikatur abgewichen, zumindest die seines Erachtens für seinen Rechtsstandpunkt sprechenden Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs anzuführen und darzulegen hat, inwieweit sich das Berufungsgericht damit in Widerspruch gesetzt habe (8 ObA 11/18b ErwGr 1.; 1 Ob 181/15x ErwGr 2.; RIS Justiz RS0043654 [T5]). Sinngemäß ist dies auch für den Zulassungsantrag zu beachten (vgl RIS-Justiz RS0110049 [T1]).

4.2.2..: Eine solche bestimmte Darstellung der als erheblich angesehenen Rechtsfrage lässt der Zulassungsantrag (und die dort ausgeführte Revision) jedoch nicht erkennen. Er genügt diesem Erfordernis auch nicht dadurch, dass ein Abweichen des Berufungsgerichts von § 9 Abs 2 EKHG bzw einzelnen im Zulassungsantrag zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (hier: 2 Ob 104/89 und 2 Ob 24/77) behauptet wird. Die fehlende inhaltliche Auseinandersetzung mit der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts wird dadurch nicht ersetzt. Inwieweit es sich zu den im Zulassungsantrag zitierten Entscheidungen/Rechtssätzen in Widerspruch gesetzt habe (vgl RIS JustizRS0043654 [T5]), legt die Klägerin nicht dar (1 Ob 162/18g für den sachlich vergleichbaren Fall eines Zulassungsantrags in einem ao Revisionsrekurs). Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich die einzige der beiden im Zulassungsantrag erwähnten, veröffentlichten und daher für das Berufungsgericht überprüfbaren Entscheidungen (2 Ob 104/89, ZVR 1990/99, 242 = RIS Justiz RS0058349) mit dem Verschulden eines LKW-Fahrers an einem Arbeitsunfall befasst, den er verursachte, als er in einem Autobahnbaustellenbereich mit einem Sattelschlepper rückwärts fuhr und dabei einen die Fahrbahn querenden Bauarbeiter erfasste, der aufgrund der erlittenen Verletzungen verstarb. Inwieweit die zu diesem Sachverhalt ergangenen Ausführungen des Obersten Gerichtshofs für den vorliegenden, gänzlich anders gearteten Unfallablauf konkret nutzbar gemacht werden könnten, bleibt der Zulassungsantrag zu argumentieren schuldig, zumal es sich hier nicht um das Fehlverhalten in einem Baustellenbereich beim Rückwärtsfahren handelt.

4.3.: Die Differenzgeschwindigkeit von ca 18 km/h stufte das Berufungsgericht im Bereich von stark befahrenen Autobahnabschnitten und/oder Autobahnabfahrten nicht als ungewöhnlich und keineswegs als § 16 Abs 1 lit b StVO widersprechend ein. Das Gesetz schreibt weder bestimmte absolute noch bestimmte relative Geschwindigkeitsunterschiede beim Überholen vor. Solche Normen bezeichnete die Berufung gar nicht. Auch die Rechtsprechung hat sich diesbezüglich nicht festgelegt (2 Ob 40/12i). Ob der Erstbeklagte unter diesen Umständen überhaupt gegen § 16 Abs 1 lit b StVO verstoßen hat, ließ das Berufungsgericht schon wegen des fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhangs zwischen diesem dem Erstbeklagten angelasteten Verstoß und dem eingetretenen Schaden dahingestellt. § 16 Abs 1 lit b StVO bezweckt nicht den Schutz des überholten Verkehrsteilnehmers, der in dieselbe Richtung fährt und vorschriftswidrig nach links abbiegt (hier auf den linken Fahrstreifen wechselt). Dessen Schutz kann schon deshalb nicht bezweckt sein, weil eine hohe Differenzgeschwindigkeit zwischen überholendem und überholtem Fahrzeug bei dem zu erwartenden Zusammenstoß als Folge eines vorschriftswidrigen Linksabbiegens/Fahrspurwechselns des Überholten in der Regel schwerwiegendere Folgen haben wird als eine geringe Differenzgeschwindigkeit (2 Ob 218/22f Rz 11; 2 Ob 40/12i). Auch mit dieser Argumentation des Berufungsgerichts zur ausreichenden Differenzgeschwindigkeit und zum fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhang einer allenfalls zu geringen setzt sich der Zulassungsantrag nicht auseinander, sodass er nicht iS der dargelegten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof ausgeführt ist (oben ErwGr 4.2.1. und 4.2.2.).

5.: Die Klägerin vermag daher keine neuen, nicht ohnehin bereits in ihrer Berufung vorgetragenen und vom Rechtsmittelgericht in der zitierten Entscheidung berücksichtigten Argumente aufzuzeigen, die geeignet wären, eine erhebliche Rechtsfrage zur Darstellung zu bringen.

6. Insgesamt gelingt es dem Zulassungsantrag daher nicht, erhebliche Rechtsfragen in der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität aufzuzeigen, weshalb sich der erkennende Senat nicht veranlasst sieht, den seinerzeitigen Zulassungsausspruch zu revidieren. Der Zulassungsantrag ist daher zusammen mit der ausgeführten ordentlichen Revision zurückzuweisen (§ 508 Abs 4 ZPO).

7. Ein Kostenersatzanspruch kommt der erfolglosen Zulassungswerberin nicht zu (§§ 50, 40, 41 Abs 1 ZPO).

8. Die absolute Unzulässigkeit eines weiteren Rechtszugs ergibt sich aus § 508 Abs 4 zweiter Satz ZPO.

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