JudikaturOLG Innsbruck

4R74/23y – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
30. Juni 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat durch die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Prantl als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichts Mag. Schallhart und Mag. Eppacher als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* , geb **, C*, D*, vertreten durch Piccolruaz Müller Anwaltspartnerschaft in 6700 Bludenz, wider die beklagte Partei E* , geb **, C*, D*, vertreten durch Dr. Anton Tschann, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, und dem auf Seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten Mag. F* , Notar, Bergmannstraße 12, **, vertreten durch Fischer, Walla Matt Rechtsanwälte OEG in 6850 Dornbirn, wegen Vertragsaufhebung (Streitwert EUR 35.000,--) und Räumung (Streitwert EUR 12.000,--), über den Kostenrekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse EUR 18.101,29) und der beklagten Partei (Rekursinteresse EUR 18.101,29) gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 16.3.2023, 8 Cg 113/18x 173, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

I.

1. Der Rekurs der beklagten Partei wird z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Die beklagte Partei ist schuldig, dem auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten binnen 14 Tagen zu Handen dessen Vertretung die mit EUR 460,62 (darin EUR 76,77 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

3. Der Revisionsrekurs ist jedenfalls u n z u l ä s s i g .

II.

1. Dem Rekurs der klagenden Partei wird F o l g e gegeben und die angefochtene Entscheidung dahingehend abgeändert, dass diese zu lauten hat wie folgt:

„1) Der Antrag des auf Seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten vom 16.11.2022, seine Kosten mit EUR 24.914,-- zu bestimmen und der Klägerin zum Ersatz aufzuerlegen, wird

a b g e w i e s e n .

2) Der auf Seiten der beklagten Partei beigetretene Nebenintervenient hat die Kosten seines Kostenbestimmungsantrags vom 16.11.2022 endgültig selbst zu tragen.“

2. Der Nebenintervenient ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen ihrer Vertretung die mit EUR 837,72 (darin EUR 139,62 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

3. Der Revisionsrekurs ist jedenfalls u n z u l ä s s i g .

begründung:

Text

Mit ihrer Klage vom 25.10.2018 begehrten der mittlerweile verstorbene G* B* (ehemals Erstkläger) und A* B* (ehemals Zweitklägerin) gegenüber dem Beklagten festzustellen, dass der zwischen ihnen und dem Beklagten als Notariatsakt abgeschlossene Übergabevertrag vom 2.9.2015 rechtsunwirksam und der Beklagte schuldig sei, die Liegenschaft zu räumen.

Mit Schriftsatz vom 4.2.2019 (ON 11) verkündete der Beklagte dem Notar, vor dem der Notariatsakt errichtet wurde, den Streit.

Dieser trat dem Rechtsstreit auf der Seite des Beklagten mit Schriftsatz vom 18.3.2019 (ON 18) bei.

Der Erstkläger verstarb am **.

Mit Schriftsatz vom 17.8.2021 (ON 150) legte der Beklagte dem Gericht eine mit der Zweitklägerin am 16.8.2021 abgeschlossene Vereinbarung vor. Er brachte dazu vor, dass sich die Zweitklägerin für sich und als Erbin des Erstklägers dazu verpflichtet habe, die Klage zurückzuziehen und auf den Klagsanspruch zu verzichten. Der dem Schriftsatz beigeschlossenen „Vereinbarung in der Rechtssache 8 Cg 113/18x“ ist zu entnehmen, dass die Zweitklägerin für sich und nach Antritt des Erbes ihres verstorbenen Ehegatten die Klage zurücknimmt und auf den Klagsanspruch unwiderruflich verzichtet. Weiters wurde festgehalten, dass der Beklagte und die Zweitklägerin die Kosten ihrer Rechtsvertreter selbst tragen und die angefallenen Sachverständigen- und Gerichtsgebühren je zur Hälfte geteilt werden.

Am 18.8.2021 (ON 151) trug das Erstgericht der Zweitklägerin auf, binnen 14 Tagen zu erklären, ob sie vereinbarungsgemäß die Klage zurückziehe. Dieser Beschluss wurde beiden Parteien und dem Nebenintervenienten zugestellt.

Mit Beschluss vom 16.9.2022 des Bezirksgerichts X* wurde die Zweitklägerin als Alleinerbin in die Verlassenschaft nach dem Erstkläger eingeantwortet.

Mit Schriftsatz vom 25.10.2022 (ON 161) teilte die ehemalige Zweitklägerin und nunmehr alleinige Klägerin unter anderem mit, dass der Einantwortungsbeschluss in Rechtskraft erwachsen sei und sie die Klage unter Anspruchsverzicht zurückziehe.

Mit Beschluss vom 28.10.2022 (ON 162) nahm das Erstgericht die Klagszurückziehung zur Kenntnis, der Beschluss wurde beiden Parteien und dem Nebenintervenienten zugestellt.

Am 16.11.2022 (ON 163) beantragte der Nebenintervenient, die Klägerin zum Ersatz seiner mit EUR 24.914,-- verzeichneten Kosten zu verpflichten.

Mit Schriftsatz vom 21.11.2022 (ON 165) beantragte die Klägerin, den Kostenbestimmungsantrag des Nebenintervenienten zurück-, in eventu abzuweisen. In eventu stellte sie außerdem den Antrag, die Nebenintervention zurückzuweisen und in weiterer Folge auch den Kostenbestimmungsantrag des Nebenintervenienten zurückzuweisen, hilfsweise abzuweisen. Über den Beitritt des Nebenintervenienten sei bislang kein Beschluss gefällt worden, sodass der Beitritt nie rechtswirksam geworden sei. Zum begehrten Kostenersatz führte sie aus, dass dem Nebenintervenienten die Kosten nur im selben Verhältnis wie der Hauptpartei - hier der Beklagten - zu ersetzen seien. Der Beklagte selbst habe keinen Antrag auf Kostenbestimmung nach § 237 Abs 3 ZPO gestellt. Allein deswegen habe der Nebenintervenient keinen Kostenersatzanspruch. Auch sei zwischen den Parteien am 16.8.2021 eine von § 237 Abs 3 ZPO abweichende Kostenvereinbarung getroffen worden, wonach die Parteien die Kosten ihrer Rechtsvertretung selbst zu tragen hätten und die Barauslagen geteilt würden. Auch deshalb habe der Nebenintervenient keinen Kostenersatzanspruch. Darüber hinaus erhob die Klägerin auch Einwendungen gegen die Kostennote des Nebenintervenienten. Unter einem legte sie die Vereinbarung der Streitparteien vom 16.8.2021 vor, die schon vom Beklagten mit Schriftsatz vom 17.8.2021 (ON 150) vorgelegt worden war, sowie ein Schreiben des Klagsvertreters vom 11.10.2022 und ein Schreiben des Beklagtenvertreters vom 14.10.2022 über die Regulierung des Barauslagenersatzes.

Mit Schriftsatz vom 22.11.2022 (ON 167) sprach sich der Nebenintervenient gegen die Zurückweisung seines Beitritts aus. Zur Frage des Kostenersatzes verwies er darauf, dass die Vereinbarung der Streitparteien vom 16.8.2021 für ihn nicht maßgeblich sei. Er sei nämlich zur Gänze übergangen worden. Die Klagszurücknahme unter Anspruchsverzicht lasse die Klägerin jedenfalls kostenpflichtig werden.

Mit Beschluss vom 9.12.2022 (ON 168), in der berichtigten Fassung vom 23.1.2023 (ON 172), wies das Erstgericht den Antrag der Klägerin auf Zurückweisung der Nebenintervention ab. Dieser Beschluss ist in Rechtskraft erwachsen.

Von diesem aus dem Akt ersichtlichen Verfahrensgang ist im Kostenrekursverfahren auszugehen.

Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 173) bestimmte das Erstgericht die Kosten des Nebenintervenienten mit EUR 18.101,29, wobei es diverse Kürzungen anhand der Einwendungen der Klägerin gegen die Kostennote vornahm. Einen Leistungsbefehl an die Klägerin enthält die Entscheidung nicht.

Gegen diese Entscheidung richten sich die rechtzeitigen Kostenrekurse der Klägerin und des Beklagten jeweils aus den Rekursgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, die in den Antrag münden, den Kostenbestimmungsantrag des Nebenintervenienten abzuweisen, in eventu zurückzuweisen. Die Klägerin beantragt darüber hinaus hilfsweise, die angefochtene Kostenentscheidung dahingehend abzuändern, dass die Kostenersatzpflicht um EUR 1.002,71 gekürzt werde.

Der Nebenintervenient beantragt in seinen Rekursbeantwortungen, den Rekurs des Beklagten als unzulässig zurückzuweisen, darüber hinaus beiden Rechtsmitteln keine Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass in den Spruch ein Leistungsbefehl aufgenommen werde.

Der Rekurs des Beklagten ist unzulässig.

Der Rekurs der Klägerin ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. Zum Rekurs des Beklagten

1. Nach ständiger Rechtsprechung setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer voraus. Bei der Beschwer unterscheidet man zwischen der formellen Beschwer, die dann vorliegt, wenn die Entscheidung von dem ihr zugrunde liegenden Sachantrag des Rechtsmittelwerbers zu dessen Nachteil abweicht, und der materiellen Beschwer. Diese liegt vor, wenn die (materielle oder prozessuale) Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers durch die Entscheidung beeinträchtigt wird, diese also für ihn ungünstig ausfällt (RS0041868). Fehlt die Beschwer, ist das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen (vgl RS0041770).

2. Durch die angefochtene Entscheidung ist der Beklagte nicht materiell beschwert, da ihm keine Kostentragungspflicht auferlegt wurde und in der hier vorliegenden Konstellation nur die Klägerin gegenüber dem Nebenintervenienten kostenersatzpflichtig werden könnte. Der angefochtenen Entscheidung liegt auch kein wie immer gearteter Antrag des Beklagten zugrunde, von dem das Erstgericht abgewichen wäre, sodass es auch an der formellen Beschwer fehlt. Der Kostenrekurs des Beklagten war daher als unzulässig zurückzuweisen.

3. Der Nebenintervenient hat in seiner Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses des Beklagten hingewiesen, sodass ihm dafür Kostenersatz nach §§ 50, 41 ZPO iVm § 11 RATG zusteht. Allerdings hätte er nach ständiger Rechtsprechung die Rekursbeantwortungen zu den Rekursen der Klägerin und des Beklagten verbinden müssen, da ihm zum Zeitpunkt der Erstattung der Rechtsmittelgegenschriften bereits beide Rechtsmittel zugestellt waren (vgl RS0036159; Obermaier , Kostenhandbuch³ Rz 1.258). Kostenmäßig ist daher nur von einer einzigen Rekursbeantwortung samt Streitgenossenzuschlag auszugehen. Der Streitgenossenzuschlag ist hier gerechtfertigt, da sich seine Hauptpartei (der Beklagte) in der Kostenersatzfrage gegen den Nebenintervenienten gewandt hat, sodass diesem im Rekursverfahren zwei Parteien gegenüber standen (§ 15 RATG). Die Kosten für eine Rekursbeantwortung mit Streitgenossenzuschlag betragen EUR 921,24 (darin EUR 153,54 an USt). Der Beklagte hat dem Nebenintervenienten die Hälfte davon zu ersetzen, dies sind EUR 460,62 (darin EUR 76,77 an USt).

4. Der Ausspruch über die absolute Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

II. Zum Rekurs der Klägerin

1. Die Klägerin erblickt eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darin, dass das Erstgericht die am 16.8.2021 zwischen den Parteien abgeschlossene Vereinbarung und die damit im Zusammenhang stehenden Schreiben zur Kostenregulierung vom 11.10. und 14.10.2022 ignoriert habe. Im außergerichtlichen Vergleich vom 16.8.2021 hätten die Parteien Kostenaufhebung und Teilung der Barauslagen vereinbart. Zudem habe das Erstgericht die Sachanträge der Klägerin vom 21.11.2022 (ON 165) nicht vollständig erledigt. Dort sei auch beantragt worden, den Kostenbestimmungsantrag des Nebenintervenienten zurück-, in eventu abzuweisen.

Im Rahmen ihrer Rechtsrüge macht sie geltend, dass der Nebenintervenient Kosten nur im selben Verhältnis wie seine Hauptpartei erhalten könne. Nach § 237 Abs 3 ZPO könnten die Parteien abweichende vergleichsweise Kostenregelungen vornehmen, an die der Nebenintervenient gebunden sei. Wenn seine Hauptpartei - wie hier - gegenüber der Klägerin vereinbarungsgemäß keinen Kostenersatzanspruch habe, verliere auch der Nebenintervenient seinen Kostenersatzanspruch. Der Schriftsatz der Klägerin vom 21.11.2022 (ON 165), mit dem eine abweichende Kostenvereinbarung im Sinn des § 237 Abs 3 ZPO bescheinigt worden sei, sei dem Nebenintervenienten zur Gegenbescheinigung übermittelt worden. Aufgrund der Vereinbarung vom 16.8.2021 hätte das Erstgericht den Kostenbestimmungsantrag des Nebenintervenienten ab-, in eventu zurückweisen müssen.

Hilfsweise wendet die Klägerin ein, dass das Erstgericht die Vollmachtbekanntgabe des Nebenintervenienten gar nicht und die Beitrittserklärung nur nach TP 2 honorieren hätte dürfen. Der Streitgenossenzuschlag stehe bereits ab dem Todeszeitpunkt des Erstklägers nicht mehr zu. Die Kosten des Nebenintervenienten wären richtigerweise nur mit EUR 16.898,04 zu bestimmen gewesen.

Dazu ist zu erwägen :

2. Der Nebenintervenient ist nicht selbst Partei, er unterstützt nur die Hauptpartei, der er im Verfahren beigetreten ist (vgl Schneider in Fasching/Konecny ³ Vor §§ 17 ff ZPO Rz 1). Nach § 40 Abs 2 ZPO richtet sich die Frage des Kostenersatzanspruchs nach den §§ 41 bis 55 ZPO, soweit die ZPO nicht besondere Anordnungen enthält.

3. Die für den Kostenersatz des Nebenintervenienten zentrale Norm ist jene des § 41 Abs 1 ZPO, wonach die in dem Rechtsstreit vollständig unterliegende Partei ihrem Gegner, sowie dem diesem beigetretenen Nebenintervenienten alle durch die Prozessführung verursachten, der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten zu ersetzen hat. Daraus wird in Verbindung mit § 43 ZPO abgeleitet, dass der Nebenintervenient grundsätzlich Kostenersatz im selben Verhältnis wie die Hauptpartei erhält, der er konkret beigetreten ist (RS0035807). Dies betrifft nach herrschender Rechtsprechung jedoch nur jene Fälle, in denen über das Obsiegen und Unterliegen der Parteien mit Urteil abgesprochen wurde (3 Ob 68/98s).

4. Für den Fall eines gerichtlichen Vergleichs gilt die Kostentragungsregel des § 47 Abs 1 ZPO. Diese Bestimmung ordnet an, dass die Kosten als gegenseitig aufgehoben anzusehen sind, wenn nicht etwas anderes vereinbart ist. Ist im Fall eines Vergleichs über die Kosten des Nebenintervenienten nichts vereinbart, so verhindert der Vergleich nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs daher das Entstehen eines Ersatzanspruchs des Nebenintervenienten (3 Ob 68/98s = RS0035570 [T3]). Die Rechtmäßigkeit eines prozessualen Verhaltens der Hauptpartei, durch das der Nebenintervenient seinen Kostenersatzanspruch gegenüber dem Gegner verliert, wird nur durch das Schikaneverbot begrenzt (vgl RS0035570 [T2]). In diesem Fall kann eine Hauptpartei allenfalls wegen Rechtsmissbrauchs schadenersatzpflichtig werden (vgl 3 Ob 205/18w).

5. Auch für den Fall einer außergerichtlichen Einigung der Hauptparteien, die zum Ruhen des Verfahrens führt, entsteht nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung kein Kostenersatzanspruch des Nebenintervenienten (3 Ob 205/18w mwN).

6. Im gegenständlichen Fall liegen keine urteilsmäßige Erledigung, kein gerichtlicher Vergleich und keine Ruhensvereinbarung vor. Vielmehr wurde die Klage nach einer außergerichtlichen Vereinbarung der Hauptparteien über die Kostenfolgen durch die Klägerin, also den Gegner der Hauptpartei des Nebenintervenienten, zurückgenommen. Gemäß § 237 Abs 3 ZPO hat die Zurücknahme der Klage zur Folge, dass die Klage als nicht angebracht anzusehen ist und, wenn die Parteien nichts anderes vereinbaren, der Kläger dem Beklagten alle diesem nicht bereits rechtskräftig auferlegten Prozesskosten zu ersetzen hat.

7. Die Kostenersatzregel des § 237 Abs 3 ZPO ist eine lex specialis zu §§ 41 bis 55 ZPO. Erfolgt die Klagszurückziehung - wie hier - nicht in der Verhandlung, sondern mit Schriftsatz, hat der Beklagte den Antrag auf Kostenersatz binnen einer Notfrist von vier Wochen nach seiner Verständigung von der Zurücknahme der Klage durch das Gericht zu stellen. Bescheinigt der Kläger eine von der Zweifelsregel des § 237 Abs 3 ZPO abweichende Kostenvereinbarung, hat das Gericht einen trotzdem gestellten Kostenbestimmungsantrag des Beklagten - dem Gelegenheit zur Gegenbescheinigung zu geben ist - abzuweisen bzw die Kostenentscheidung nach dem Inhalt der Vereinbarung zu treffen. Allerdings ist bei Vorliegen einer abweichenden Vereinbarung vom Kläger in sinngemäßer Anwendung des § 54 Abs 1 ZPO zu verlangen, dass er sein auf die abweichende Vereinbarung gegründetes Kostenbegehren zugleich mit der Klagerücknahme erhebt. Bei weniger strenger Sichtweise könnte der Kläger die abweichende Vereinbarung auch erst in seiner Äußerung zu dem (außerhalb der Verhandlung gestellten) Kostenbestimmungsantrag des Beklagten behaupten. Die abweichende Vereinbarung ist gemäß § 274 ZPO zu bescheinigen. Andere Gründe als eine vom Kläger zu bescheinigende Vereinbarung für eine von der Regel des § 237 Abs 3 ZPO abweichende Kostenentscheidung nennt das Gesetz nicht ( Lovrek in Fasching/Konecny ³ § 237 ZPO Rz 52, 53).

8. Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass die Hauptparteien am 16.8.2021 eine von § 237 Abs 3 ZPO abweichende Vereinbarung über den Kostenersatz getroffen haben. Auch eine ausreichende Bescheinigung über diese Vereinbarung liegt vor. Zu prüfen ist, ob diese außergerichtliche Vereinbarung auf den Nebenintervenienten durchschlägt oder ob dieser nach der Grundregel des § 237 Abs 3 ZPO von der Klägerin vollen Kostenersatz verlangen kann.

9. Es ist unbestritten, dass auch der auf der Seite des Beklagten beigetretene Nebenintervenient gegenüber einem Kläger, der die Klage zurückgenommen hat, einen Kostenersatzanspruch hat ( Obermaier , Kostenhandbuch³ Rz 1.128; Klauser/Kodek , ZPO 18 § 237 ZPO E 43), obwohl der Nebenintervenient in § 237 Abs 3 ZPO nicht ausdrücklich genannt wird.

Die Bestimmung des § 237 Abs 3 ZPO billigt nach Meinung des erkennenden Senats dem Nebenintervenienten aber keinen originär eigenen Kostenersatzanspruch zu. Anders als § 41 Abs 1 ZPO lässt § 237 Abs 3 ZPO den Nebenintervenienten unerwähnt. Ausdrücklich ist dort nur ein Kostenersatz des Klägers an den Beklagten vorgesehen. Wenn nun der Beklagte als Hauptpartei, wie im Gesetz vorgesehen, mit dem Kläger eine abweichende Kostentragung vereinbart, muss diese auf den Nebenintervenienten durchschlagen. Dies geht mit dem zu § 41 Abs 1 und § 43 ZPO entwickelten Grundsatz konform, wonach der Nebenintervenient Kostenersatz im selben Verhältnis wie „seine“ Hauptpartei erhält (RS0035807). Es leuchtet nicht ein, dass der Nebenintervenient, dessen Rolle nur in der Unterstützung „seiner“ Hauptpartei (des Beklagten) besteht, bei einer Klagerücknahme mit einer von § 237 Abs 3 ZPO abweichenden Kostenvereinbarung weitergehende Ansprüche haben sollte als „seine“ Hauptpartei.

10. Ginge man mit der Rechtsmeinung des hier beigetretenen Nebenintervenienten davon aus, dass die Kostenvereinbarung der Parteien nicht auf ihn durchschlage, wäre es für jeden Nebenintervenienten ein Leichtes, unter Verweis auf die Grundregel des § 237 Abs 3 ZPO auf vollem Kostenersatz zu bestehen. Der Nebenintervenient ginge damit kein Kostenrisiko ein, da er - bis auf wenige Ausnahmefälle - nie selbst Kostenschuldner werden kann. Das Gesetz gibt den Hauptparteien keine Handhabe, den Nebenintervenienten dazu zu verhalten, einer nach § 237 Abs 3 ZPO vereinbarten Kostentragungsregelung beizutreten. Dies würde die Hauptparteien aus kostenrechtlichen Überlegungen in andere prozessbeendigende Handlungen zwingen, etwa einen Vergleich oder eine Ruhensvereinbarung, die - wie hier - unter Umständen mit Nachteilen verbunden sind. Dies steht in einem Spannungsverhältnis dazu, dass die Hauptpartei Herrin des Verfahrens bleibt (vgl § 19 Abs 1 letzter Satz ZPO) und Prozesshandlungen eines Nebenintervenienten auch zurücknehmen kann (vgl RS0035472 [T1]). Im vorliegenden Fall hatte die Klagerücknahme unter Anspruchsverzicht gegenüber einem gerichtlichen Vergleich den Vorteil, dass keine weitere Tagsatzung notwendig war. Gegenüber einer bloßen Ruhensvereinbarung bot und bietet die Klagerücknahme unter Anspruchsverzicht die prozessuale Gewissheit, dass das Verfahren nicht mehr fortgesetzt werden kann.

Die Rechtmäßigkeit eines autonomen prozessualen Verhaltens der Hauptpartei wird auch hier nur durch das Schikaneverbot begrenzt sein (vgl RS0035570 [T2]).

11. Da § 237 Abs 3 ZPO ausdrücklich eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Beklagten vorsieht, welche die gesetzlich angeordnete Kostenregelung bei einer Klagerücknahme außer Kraft setzt, und § 237 Abs 3 ZPO den Nebenintervenienten selbst nicht erwähnt, schlägt die Kostenvereinbarung der Hauptparteien auf den Kostenersatzanspruch des Nebenintervenienten durch, auch wenn dieser nicht in die Vereinbarung eingebunden war.

Zusammengefasst ergibt sich daraus, dass dem Nebenintervenienten im vorliegenden Fall kein Kostenersatzanspruch zusteht und dieser - wie seine Hauptpartei - seine Vertretungskosten selbst zu tragen hat.

12. Da der Kostenbestimmungsantrag des Nebenintervenienten grundsätzlich zulässig war, war dieser nicht zurück-, sondern abzuweisen. Anders als noch in erster Instanz beantragt die Klägerin in ihrem Rechtsmittel die Zurückweisung des Kostenbestimmungsantrags des Nebenintervenienten auch nur mehr hilfsweise, sodass darauf und die im Rekurs geltend gemachte Unvollständigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (wegen Übergehung des in erster Instanz primär gestellten Zurückweisungsantrags) nicht mehr einzugehen ist.

Die angefochtene Kostenentscheidung war daher dahingehend abzuändern, dass der Kostenbestimmungsantrag des Nebenintervenienten abzuweisen war. Damit erübrigt es sich auch auf die Frage der Höhe der zuzusprechenden Kosten und das Fehlen des Leistungsbefehls in der angefochtenen Entscheidung einzugehen.

13. Die abändernde Kostenentscheidung zieht nach sich, dass über die Kosten im Kostenbestimmungsverfahren erster Instanz neu zu entscheiden ist. Im Kostenbestimmungsverfahren erster Instanz sind der siegreichen Klägerin keine gesonderten Kosten entstanden. Ihre Äußerungen und Anträge betrafen jeweils auch die von ihr begehrte Zurückweisung des Beitritts des Nebenintervenienten. In jenem Zwischenstreit ist sie unterlegen, dieser ist hier auch nicht mehr gegenständlich. Ein Kostenersatz an die Klägerin findet daher nicht statt.

Allerdings war auszusprechen, dass der im Zwischenstreit erfolglos gebliebene Nebenintervenient die Kosten seines in erster Instanz gestellten Kostenbestimmungsantrags endgültig selbst zu tragen hat.

14. Die Klägerin war mit ihrem Kostenrekurs zur Gänze erfolgreich. Der Nebenintervenient hat ihr gemäß §§ 50, 41 ZPO iVm § 11 RATG die richtig verzeichneten Kosten ihres Rekurses zu ersetzen.

15. Der Ausspruch über die absolute Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

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