JudikaturOLG Innsbruck

23Rs13/23t – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
26. Juni 2023

Kopf

Im Namen der Republik

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Kohlegger als Vorsitzenden und die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Pirchmoser sowie den Richter des Oberlandesgerichts MMag. Dr. Dobler und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag a . Sarah Haider (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und MMag a . BEd Claudia Wacker-Bruckner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Mitglieder des Senats in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* B* , geb am **, Unternehmer, ** C*, C* **, vertreten durch Sutterlüty Klagian Brändle Gisinger Lingenhöle Rechtsanwälte GmbH in 6850 Dornbirn, wider die beklagte Partei D* GmbH , FN E*, **, ** Straße **, vertreten durch deren Mitarbeiter Dr. Deriu Claudio, wegen (eingeschränkt) EUR 253.156,20 sA über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse: EUR 253.156,20 sA) gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 22.2.2023, 35 Cgs 54/22s-38, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird k e i n e Folge gegeben.

Ein Billigkeitskostenersatz findet im Rechtsmittelverfahren nicht statt.

Die (ordentliche) Revision ist n i c h t zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die B* Gesellschaft m.b.H. (vormals B* F*- G* H* Gesellschaft m.b.H.), in weiterer Folge als „B* GmbH“ bezeichnet, ist eine im Firmenbuch des Landesgerichts Feldkirch als Handelsgericht zu FN ** eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in C*.

Der Großvater des Klägers hat im Jahr 1921 ein Unternehmen gegründet, aus dem sich ein Schuh- und ein Modebereich entwickelten. Er hatte die beiden Söhne I* B* und J* B*. Während J* B* den Schuhbereich übernahm, war I* B* im Handel mit Sport- und Modeartikeln tätig. Mit der Zeit kam man zur Überzeugung, diese Bereiche wieder zusammenzuführen. Die zwei Teilbetriebe wurden in die im Jahr 1986 gegründete B* GmbH eingebracht und haben sich die Familien J* B* und I* B* in dieser Gesellschaft zusammengeschlossen. I* B* heiratete K* B*. Gemeinsam hatten sie neben dem Kläger noch die beiden Söhne L* B* und M* B*.

Damit in der B* GmbH weder die Familie I* B* noch die Familie J* B* die andere Familie überstimmen konnte, kam die Idee auf, einen Beirat mit einem Stimmrecht von 40 % einzusetzen. Dieser sollte dazu beitragen, dass eine Ausgewogenheit besteht. Ein von I* B*, K* B*, J* B*, L* B*, N* B*, M* B* und dem Kläger unterfertigter Syndikatsvertrag vom 26.7.1984 enthält dazu folgende, auszugsweise dargestellten Regelungen:

„III. Syndikatsversammlung

(1) Die Syndikatsversammlung besteht aus den Gesellschaftern (Pkt I.) und den Mitgliedern des Beirates (Pkt VI.).

[…]

(3) Der Syndikatsversammlung obliegt die Entscheidung in allen Fragen, die in der Gesellschafterversammlung der B* Holding Gesellschaft m.b.H. zu behandeln sind. Das sind insbesondere: Feststellung der Jahresabschlüsse und die Gewinnverwendung, Änderungen der Gesellschaftsverträge, Wahl und Abberufung von Mitgliedern des Beirates, Zu- und Aberkennung von Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnissen, Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, Abschluß von Anstellungsverträgen mit Geschäftsführern, Geschäftsordnung für die Geschäftsführung, Statut für den Beirat, Kapitalerhöhung oder Kapitalherabsetzung, Umstrukturierungen, Fusionierung, Auflösung und Liquidation des Unternehmens und die Geschäfte und Maßnahmen, für welche in dem Gesellschaftsvertrag der B* Holding Gesellschaft m.b.H. die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich ist; ferner die Behandlung aller Fragen, die mit der Verwendung des Namens und des Firmenbestandteiles "B*", durch die Gesellschafter oder einen Gesellschafter zu tun haben.

(4) Jedes Syndikatsmitglied (Pkt II.) hat das Recht zu verlangen, daß auch andere wichtige Angelegenheiten behandelt werden; als wichtige Angelegenheit gilt auch eine solche, bei welcher Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gesellschaftern untereinander, Geschäftsführern untereinander oder zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführern bestehen.

(5) Die Syndikatsversammlung ist beschlußfähig, wenn alle Mitglieder mittels eingeschriebenen Briefes an ihre letzte Adresse mindestens vierzehn Tage vor dem Tag der Sitzung, unter Bekanntgabe der Tagesordnung, eingeladen wurden und wenn mindestens 80% (achtzig Prozent) der gebundenen Gesellschaftsrechte an der B* Holding Gesellschaft m.b.H. anwesend oder vertreten und mindestens zwei Mitglieder des Beirates anwesend sind. Die Mitglieder der Syndikatsversammlung können sich durch andere Mitglieder der Versammlung, jedoch durch keine der Syndikatsversammlung nicht angehörende (außenstehenden) Personen, aufgrund schriftlicher Vollmacht vertreten lassen.

(6) Das Stimmrecht der Gesellschafter in der Syndikatsversammlung richtet sich nach ihren Beteiligungen an der B* Holding Gesellschaft m.b.H., wobei je S 1.000,-- (Schilling eintausend) der Stammeinlage eine Stimme gewährt. Die drei Mitglieder des Beirates zusammen haben soviele Stimmen, als 40% (vierzig Prozent) der Summe der Stimmen aller Gesellschafter entsprechen und ein Mitglied daher jeweils 13,3% (dreizehn 3/10tel Prozent) der Summe der Stimmen aller Gesellschafter. Bei der Berechnung der Stimmen bleiben Teile von einer Stimme außer Betracht.

(7) Die Beschlüsse der Syndikatsversammlung sollen nach Möglichkeit einstimmig gefaßt werden. Ist die Willensübereinstimmung im Syndikat nicht zu erzielen, so ist für jene Beschlußfassungen, die nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag eine qualifizierte Mehrheit erfordern, die gleiche Mehrheit, in den übrigen Fällen eine einfache Mehrheit der Mitglieder der Syndikatsversammlung notwendig.

(8) Wurde eine nach den vorstehenden Bestimmungen (Abs (7)) erforderliche qualifizierte Mehrheit trotz einer Mehrheit von 80% (achtzig Prozent) der anwesenden und vertretenen Gesellschafter nicht erreicht, so kann – ausgenommen Abs (9) – die qualifizierte Mehrheit durch einen ausdrücklichen Beharrungsbeschluß, welcher gleichfalls einer Mehrheit von 80% (achtzig Prozent) der Gesellschafter bedarf, ersetzt werden.

(9) Ist hingegen in den Fragen der Bestellung und Abberufung eines Geschäftsführers oder der Zuerkennung oder Aberkennung der Vertretungs- und Geschäftsführerbefugnis in der Syndikatsversammlung eine Mehrheit von 80% (achtzig Prozent) der anwesenden und vertretenen Gesellschafter nicht erzielt worden, so wird in diesem Punkte die Zuständigkeit des Beirates zur Entscheidung allein begründet und es ersetzt ein von allen Mitgliedern des Beirates einstimmig gefaßter und unterfertigter Beschluß den Beschluß der Syndikatsversammlung und bindet alle anderen Syndikatsmitglieder. Die Geschäftsführer bzw. die geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschafter sind in diesem Falle verpflichtet, aufgrund eines solchen Beschlusses des Beirates unverzüglich die Vertretung und/oder Geschäftsführung niederzulegen; für die ausreichende Sicherung dieser Verpflichtung ist jeweils rechtzeitig Vorsorge zu treffen.

[…]

IV. Einheitliche Willensbildung in der Generalversammlung der B* Holding Gesellschaft m.b.H.

(1) Die Vertragspartner werden während der Dauer des Syndikatsvertrages in der Generalversammlung nur einvernehmlich Beschlüsse fassen bzw. fassen lassen.

(2) Um dies zu gewährleisten, sind alle Mitglieder des Syndikates und deren Vertreter an die Willensbildung der Syndikatsversammlung gebunden. Daher ist ein Gesellschafter, der gegen einen in der Syndikatsversammlung zustandegekommenen Beschluß gestimmt oder gehandelt hat, zur Stimmabgabe für diesen Beschluß in der Gesellschafterversammlung verpflichtet. Ist in der Syndikatsversammlung ein Beschluß nicht zustandegekommen, weil die hiefür erforderliche Mehrheit nicht erzielt wurde, so haben die Syndikatsmitglieder dahin zu wirken, daß auch in der Gesellschafterversammlung ein Beschluß nicht zustandekommt, erforderlichenfalls gegen einen solchen Antrag zu stimmen.

V. Beirat

(1) Der Beirat besteht aus drei wirtschaftlich erfahrenen Persönlichkeiten, die nicht Gesellschafter oder Mitarbeiter der B* Holding Gesellschaft m.b.H. sein dürfen. Ein weiteres Beiratsmitglied kann als Ersatzmann gewählt werden, das bei einem Wegfall einer der Mitglieder in die Funktion des ausgeschiedenen Mitgliedes über Aufforderung des Vorsitzenden eintritt. Sie werden von den Mitgliedern der Syndikatsversammlung, die Gesellschafter der B* Holding Gesellschaft m.b.H. sind – wenn bei der Wahl nichts anderes bestimmt wird – für eine Funktionsperiode bis zum Ende der Gesellschaftersammlungen gewählt, in welchen über die Jahresabschlüsse für das dritte auf die Wahl folgende Geschäftsjahr beschlossen wird. In Abweichung von Pkt IV. Abs 7 ist erforderlich, daß die Beschlüsse der Gesellschafter über die Wahl mit einer Mehrheit von 74% (vierundsiebzig Prozent) und über die Abberufung vor Ablauf der Funktionsperiode mit einer Mehrheit von 80% (achtzig Prozent) der gebundenen Stimmrechte aller anwesenden oder vertretenen Gesellschafter gefaßt werden.

[…]

VI. Geschäftsführung der B*-Gesellschaften

(1) Die Geschäftsführung der B* Gesellschaft G* O* B* Holding Gesellschaft m.b.H. besteht aus mehreren Mitgliedern, von denen je nach ihrer sachlichen und persönlichen Eignung Mitglieder aus dem Kreise der Gesellschafter in Betracht kommen. Prokuristen können bestellt werden.“

Die B* GmbH ist ein Familienbetrieb. Die Gesellschafter waren immer Familienmitglieder der Familie B*. Es war immer gewollt, dass die Gesellschaftsanteile in der Familie bleiben. An den Syndikatsvertrag haben sich die Gesellschafter der B* GmbH auch gehalten. In den Syndikatsversammlungen wurde diskutiert und das Einvernehmen gesucht. Die meisten Beschlüsse sind einstimmig erfolgt.

Der Kläger und seine Brüder L* B* und M* B* waren seit der Gründung der B* GmbH im Unternehmen. N* B* hat relativ selbständig ein eigenes Unternehmen geführt, nämlich die B* P* (Schuhgesellschaft), während die Brüder L* B*, M* B* und der Kläger den Handelsbetrieb (B* GmbH) führten. J* B* und seine Nachkommen haben sich weniger in die B* GmbH, I* B*, seine Frau K* B* und deren Nachkommen haben sich weniger in die Schuhgesellschaft eingemischt.

Der Kläger war mit folgenden Geschäftsanteilen an der B* GmbH beteiligt:

Zeitraum Stammeinlage Beteiligung in %

28.1.1994 bis 5.7.1994 ATS 36.000,00 7,2 %

5.7.1994 bis 28.9.2001 ATS 62.500,00 12,5 %

28.9.2001 bis 29.12.2020 EUR 60.000,00 25 %

Im Zeitraum 5.7.1994 bis 28.9.2001 waren neben dem Kläger (12,5 %) die weiteren Gesellschafter L* B* (12,5 %), I* B* (25 %), J* B* (12,5 %), K* B* (12,5 %), N* B* (12,5 %) und M* B* (12,5 %). J* B* und N* B* waren somit zusammen mit 25 % an der B* GmbH beteiligt.

Der Kläger war von 31.5.1994 bis 28.9.2001 sowie von 30.08.2011 bis 19.10.2013 selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der B* GmbH. Von 10.7.2002 bis 14.9.2011 sowie von 1.10.2013 bis 13.7.2018 war er einzelvertretungsbefugter Prokurist. Außer dem Geschäftsführungsvertrag vom 25.5.1999 wurde mit dem Kläger nie ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen.

Am 25.5.1999 unterfertigten der Kläger als Geschäftsführer und M* B* für die Gesellschaft einen Geschäftsführungsvertrag mit nachfolgendem Inhalt:

Geschäftsführungsvertrag

[...]

5. Altersversorgung (Pensionszusage)

Die Q* A* B*, geboren am **, mit Wirkung ab 1.6.1999 eine rechtsverbindliche und unwiderrufliche Pensionszusage nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

Die Bestimmungen dieser Pensionszusage berühren andere bestehende Bestimmungen des Dienstverhältnisses und Gesetze nicht, insbesondere das Kündigungsrecht.

5.1. Anspruchsberechtigter Personenkreis:

Anspruchsberechtigt auf Versorgungsleistungen nach dieser Pensionszusage ist Herr A* B*, soweit er die in den nachfolgenden Punkten genannten Voraussetzungen erfüllt.

Es werden folgende Versorgungsleistungen gewährt:

Alterspension

Berufsunfähigkeitspension

5.2. Wartezeit:

Für die angeführten Leistungen ist keine Wartezeit vorgesehen.

5.3. Eintritt des Versorgungsfalles und Voraussetzungen für die Leistungsarten:

1.) Alterspension in Form einer lebenslangen Rente erhalten Sie, wenn Sie aus den Diensten der Gesellschaft nach Vollendung des 60. Lebensjahres ausscheiden.

2.) Berufsunfähigkeitspension erhalten Sie, wenn Sie vor Erreichung der in Ziffer 1 genannten Altersgrenze das Vorliegen von Berufsunfähigkeit, Arbeitsunfähigkeit bzw. voller Invalidität im Sinne der jeweiligen Regelungen zur gesetzlichen Pensions- bzw. Unfallversicherung nachweisen und aus den Diensten der Gesellschaft ausscheiden.

5.4. Höhe der Pension:

Die Höhe der Alterspension beträgt 40 % (in Worten: vierzig Prozent) des letzten Aktivbezuges gemäß Punkt 4.1. (leistungsorientierter Teil).

Die Firmenpension wird unter der Maßgabe gewährt, dass die Pension unter Einbeziehung der gesetzlichen Altersversorgung den letzten Aktivbezug aus dem Dienstverhältnis nicht übersteigen darf. Für den Fall des Übersteigens ist die Pensionszusage bzw. die Firmenpension entsprechend zu kürzen, damit keine Überversorgung eintreten kann.

1.) Die jährliche Firmen- Alterspension beträgt 40 % des letzten Aktivbezuges gem. Pkt. 4.1.

2.) Die Berufsunfähigkeitspension errechnet sich aus der Verrentung des zum Eintritt des Versorgungsfalles vorhandenen Deckungskapitals der Rückdeckungsversicherung und der vorhandenen Wertpapierdeckung zum letzten Bilanzstichtag vor Ausscheiden.

[…]

8. Voraussetzungen zum Kürzen oder Einstellen der zugesagten Pensionen

Die Gesellschaft behält sich vor

8.1. die zugesagten Pensionen zu kürzen oder einzustellen, wenn sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens nachhaltig so wesentlich verschlechtert, dass die (volle) Aufrechterhaltung der zugesagten Pensionen eine Gefährdung des Weiterbestandes der Gesellschaft zur Folge hätte;

8.2. die zugesagten Pensionen zu kürzen oder einzustellen, wenn Sie Handlungen begehen, die an sich zu einer fristlosen Entlassung berechtigen würden; ein derartiges Zuwiderhandeln im Ruhestand bringt Ihre Pensionsansprüche bzw. die Pensionsansprüche Ihrer Angehörigen zum Erlöschen;

8.3. die Auszahlung der zugesagten Pensionen unbeschadet des Weiterbestandes des Rechtsanspruches vorübergehend, zum Teil oder zur Gänze auszusetzen, wenn die Liquiditätslage der Gesellschaft dies zwingend erforderlich macht. Die Gesellschaft verpflichtet sich aber, die solcherart gestundeten Pensionen spätestens innerhalb von drei Jahren ab Beginn der Liquiditätsenge nachzuzahlen;

8.4. die zugesagte Pension zu kürzen oder einzustellen, wenn die Arbeitgeberbeträge zur gesetzlichen Pensionsversicherung, dass gesetzliche Pensionsalter oder die Leistungen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung sich so wesentlich ändern, dass die (volle) Aufrechterhaltung der zugesagten Pensionen der Gesellschaft nicht mehr zumutbar ist.

9. Rückdeckungsversicherung

9.1. Die Gesellschaft verpflichtet sich, die gewährte Pensionszusage durch einen auf Ihr Leben abgestellten Versicherungsvertrag (Pensionsrückdeckungsversicherung) rückzudecken.

9.2. Sie verpflichten sich, alle für den Abschluss der Versicherung erforderlichen Angaben zu machen und sich gegebenenfalls ärztlich untersuchen zu lassen.

[…]

15. Dauer des Vertrages

15.1. Dieser Vertrag beginnt mit 1.6.1999 und ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

15.2. Der Vertrag kann von beiden Vertragsteilen unter Einhaltung der Bestimmungen des Angestelltengesetzes ordentlich gekündigt oder aus wichtigen Gründen vorzeitig gelöst werden.“

L* B* und M* B* haben inhaltsähnliche Geschäftsführerverträge abgeschlossen. Außer ihnen hat kein Mitarbeiter der B* GmbH eine Pensionszusage erhalten. Sinn und Zweck der Pensionszusage war es, L* B*, M* B* und den Kläger an die B* GmbH zu binden, damit diese möglichst lange in der B* GmbH verbleiben würden. Der Beirat war in die Ausarbeitung des Geschäftsführervertrags involviert.

Nach dem Tod von I* B* im Jahr 2001 wurden die Anteile der Gesellschafter I* B*, J* B* und K* B* am 28.9.2001 an L* B*, N* B*, M* B* und den Kläger abgetreten, sodass sie jeweils im Nominale von EUR 60.000,00 beteiligt waren.

Der Kläger sowie seine Brüder L* B* und M* B* waren von 31.5.1994 bis 28.9.2001 selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer der B* GmbH und haben sich untereinander vertreten. L* B*, M* B* und der Kläger waren zunächst gleichberechtigt im Unternehmen.

Große Entscheidungen, nämlich Investitionsentscheidungen über EUR 50.000,00, wurden in Syndikatsversammlungen mit dem Beirat abgestimmt. Dazu gehörten Umbauten, neue Geschäfte etc. Die Sitzungen wurden von den Geschäftsführern vorbereitet. Dabei wurden zwischen den Geschäftsführern aufgeteilt, wer welche Themen übernahm und dem Beirat welche Informationen zur Verfügung stellte. Von der Geschäftsführung wurde eine Tagesordnung mit allen bei den Gesellschaftern gesammelten Punkten im Vorhinein erstellt und versendet. In der Syndikatsversammlung wurde die Tagesordnung Punkt für Punkt abgearbeitet. In der Gesellschafterversammlung wurde dann gleich entschieden wie in der Syndikatsversammlung. M* B*, L* B* und der Kläger haben vorab miteinander gesprochen und überlegt, in welche Richtung es „gehen soll“. Dadurch, dass die drei Geschäftsführer in den Geschäftsleitungssitzungen zusammen saßen, waren sie bereits vorinformiert. Sie haben sich aber auch untereinander abgesprochen, schließlich arbeiteten sie ja auch täglich zusammen. Die drei Brüder bildeten „den kleinsten Kreis“, der dann zusammen traf, wenn heiklere Themen besprochen wurden, bei denen nicht gewollt war, dass es über einen größeren Kreis hinausgeht und dann die Vertraulichkeit nicht gewahrt bleibt. Sie hatten gegenüber N* B* und dem Beirat einen Informationsvorsprung, da diese die Ideen grundsätzlich erst in der Versammlung präsentiert bekommen haben.

Der Beirat hat in der Versammlung seinen Kommentar zu den präsentierten Ideen abgegeben. Anschließend wurde beschlossen, ob man die Idee verwirklicht oder eben auch nicht. In diesen Versammlungen wurde das Einvernehmen gesucht, vor allem mit dem Beirat. Meistens wurde solange diskutiert, bis alle zustimmen konnten. Es ist aber auch vorgekommen, dass einzelne Personen überstimmt wurden. Auch der Kläger ist überstimmt worden. Wenn ein Geschäftsführer seine Idee nicht mit so guten Argumenten vorbringen konnte, dass er den Beirat überzeugen konnte, dann konnte die Idee nicht realisiert werden.

Es gab immer wieder Meinungsverschiedenheiten, vor allem zwischen L* B* und M* B*, da L* B* expandieren wollte und eine große Firma aufbauen wollte, während M* B* die Finanzen im Blick hatte und eher vorsichtig war. So gab es beispielsweise die Idee, eine Filiale in ** zu eröffnen, gegen die sich M* B* zur Wehr setzte und beim Beirat durchsetzen konnte, dass es zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn machte, da der Umbau in C* noch nicht abgeschlossen war, und es ist dann auch nicht zur Verwirklichung dieser Idee gekommen. Alleine konnte keiner der Geschäftsführer eine Idee durchbringen oder verhindern. Es bedurfte vielmehr immer guter Argumente, um den Beirat zu überzeugen, der sich dann auch inhaltlich positionierte.

Zum laufenden Geschäft wurde der Beirat aber nicht hinzugezogen. Das laufende Geschäft hat nicht der Beirat bestimmt.

Zwischen den drei Geschäftsführern L* B*, M* B* und dem Kläger gab es eine interne Geschäftsaufteilung. L* B* war für die Strategie und das Gesamtunternehmen verantwortlich, M* B* war für die Buchhaltung und die Finanzen zuständig, der Kläger für den Einkauf. Die drei Geschäftsführer haben sich permanent abgestimmt. Sie beschlossen das Budget, das einzuhalten war. Es war ein Teamprozess, in dem sie die Entscheidung fällten. L* B* hat die Rolle des Koordinators übernommen. Die Budgetvorgaben für den Einkauf erfolgten nach Orderzahlen. So stellte beispielsweise eine Skijacke eines Lieferanten in den verschiedenen Größen eine Orderzahl dar. Innerhalb der Orderzahlen konnte der Kläger dann frei bestimmen, was und in welcher Menge er einkaufte. Es war somit weder die Stückzahl noch der Wert vorgegeben. Die Festlegung der Orderzahlen ergab sich daraus, dass die Hänger im Geschäft begrenzt waren. Zu den Kernaufgaben des Klägers zählte es aber abzuschätzen, wie viele Stück schließlich verkauft werden würden und entsprechend einzukaufen. Er entschied über Menge und Qualität. Das Einkaufsbudget betrug zwischen EUR 6 Mio und EUR 9 Mio.

Während der Wintersaison kamen die Geschäftsführer wöchentlich in einer Geschäftsleitungssitzung mit einem Team von sechs bis acht Personen zusammen. Im Sommer fanden diese Sitzungen alle 14 Tage statt. In diesen Sitzungen wurden alle anstehenden Themen (wie zB hat man genug Mitarbeiter, sind Abteilungen zu renovieren, Vorbereitung für die Saison etc) und das Tagesgeschäft besprochen. Der Einkauf berichtete, was gekauft wurde. Der Kläger hat für die jeweiligen Warengruppen, nämlich Skibekleidung, Herrenmode, Damenmode, Freizeit und Accessoire, berichtet, wie viele Teile gekauft wurden und wie viel Budget ausgegeben wurde. Im Gesamteinkauf war der Kläger für alles verantwortlich. Er hat aber nicht nach jeder Messe berichtet, sondern vielmehr pro Saison. Zunächst wurden in diesen Geschäftsleitungssitzungen einzelne Warengruppen präsentiert und bewertet, welche Waren sich besser verkauften und welche weniger, sowie überlegt, wie der Verkauf verbessert werden könnte. Später wurde in der B* GmbH eine Warenwirtschaft mit Hilfe eines Warenwirtschaftsprogramms aufgebaut. Aufgabe des Einkaufs und Verkaufs war es, das Warenlager und die Verkäufe zu überwachen. Der Verkauf musste darauf achten, welche Produkte sich schlechter verkaufen ließen, und überlegen, ob etwas anders organisiert oder umgeräumt werden sollte. Der Einkauf musste beobachten, welche Produkte sich besser verkauften und ob man sie nachbestellen sollte.

In der Geschäftsführung wurden keine Arbeitsstunden aufgeschrieben und so hat auch der Kläger keine Stunden aufgeschrieben. Er war in der Zeiteinteilung grundsätzlich frei. Er hatte ein Büro, aber keine fixen Zeiten, wann er anwesend sein musste. Meistens war er von 8.15 Uhr bis 12.30 Uhr und von 14.00 Uhr bis 18.00 oder 19.00 Uhr im Büro, um seine Aufgaben zu erledigen. Er konnte sich auch einen Tag frei nehmen, musste dies aber mit den anderen abstimmen. Da die Messen auch immer wieder über das Wochenende stattfanden, machte dem Kläger auch keiner einen Vorwurf, wenn er mal einen Tag frei nahm. Diesbezüglich war der Kläger aber nicht besser gestellt, als die anderen Einkäufer. Zu den Geschäftsleitungssitzungen musste der Kläger anwesend sein, wenn er nicht auf einer Messe war. Die Messetermine waren vorgegeben. Der Kläger entschied selbst, auf welche Messen er ging und welche Lieferanten er besuchte. Die anderen Geschäftsführer haben gar nicht gewusst, auf welche Messen er fährt. Damit er die Budgetvorgaben erfüllen konnte, musste er jedoch zu allen wichtigen Messen gehen. Er musste daher auch seinen Urlaub so einteilen, dass er die Messen besuchen konnte. Vor allem in den Monaten Februar, März und April waren Messe- und Katalogzeiten, sodass der Kläger in dieser Zeit nur wenig Freizeit hatte. Dafür hat sich der Kläger in den Monaten Mai und Juni mehr frei genommen. In dieser Zeit war er lediglich hin und wieder vor Ort und hat seine Post erledigt, damit nichts liegen bleibt.

Für die Reisekosten hat sich der Kläger einen Vorschuss über das Lohnkonto im Ausmaß von EUR 5.000,00 genommen. Es war dann seine Verantwortlichkeit, die entstandenen Reisespesen (Fahrtkosten, Hotelkosten, Verköstigung,...) jeweils bis zum 31.5. abzurechnen. Die Differenz bekam der Kläger ausbezahlt oder musste den nicht verbrauchten Vorschuss zurückzahlen. Der Kläger hat von der B* GmbH die Arbeitsmittel wie zB Telefon, Computer zur Verfügung gestellt bekommen. Die letzten zehn Jahre hatte er auch ein Dienstfahrzeug, so wie die anderen Einkäufer auch. Im Jahr 1999 hatte der Kläger noch kein Dienstfahrzeug, sondern ein eigenes Fahrzeug, und hat die Kilometer gegenüber der Gesellschaft abgerechnet.

Die Wünsche des Verkaufs und die Vorstellungen des Einkaufs haben nicht immer zusammengepasst. So war bei manchen Firmen die Rentabilität nicht gegeben oder der Verkauf war zB der Meinung, dass zu viele Overalls eingekauft wurden und der Verkauf andere Produkte brauche. Dies wurde dann zwischen den Geschäftsführern diskutiert, wobei sich herausstellte, dass – damit schlussendlich eine Entscheidung gefällt werden konnte – es von Vorteil ist, wenn einer das letzte Wort hat, und daher nur einer von ihnen Alleingeschäftsführer sein sollte. Das war der Grund, warum ab 28.9.2001 L* B* alleiniger Geschäftsführer wurde und M* B* und der Kläger ab 28.9.2001 (vorübergehend) keine Geschäftsführer mehr waren. In der Machtkonstellation hat sich dadurch etwas verändert und L* B* war ab diesem Zeitpunkt eigenverantwortlich. Dies wurde auch gegenüber den Mitarbeitern kommuniziert. Ab diesem Zeitpunkt haben der Kläger und M* B* das gemacht, was L* B* entschieden hat. Einer Entscheidung des alleinigen Geschäftsführers L* B* musste sich der Kläger ab diesem Zeitpunkt fügen und hat er sich auch gefügt. Wenn L* B* nicht da war, haben sich M* B* und der Kläger aber weiterhin verantwortlich gefühlt und die Vertretung übernommen. Auch nach dem 28.9.2001 war es so, dass die drei als Familie zusammengeholfen haben.

Aufgrund einer länger dauernden Erkrankung von L* B* wurden M* B* und der Kläger gebeten, die Geschäftsführung wieder zu übernehmen, und haben sie die Geschäftsführung wieder übernommen. Bis zum Jahr 2013 hatte der Kläger die Leitung des Einkaufs unter sich und hatte von 30.8.2011 bis 19.10.2013 eine Doppelrolle, da er auch Geschäftsführer war. M* B* und der Kläger haben dann aber bemerkt, dass ihnen die Doppelrolle zu viel ist und sie die Geschäftsführung wieder abgeben wollen. Ab 1.10.2013 war R* Geschäftsführer der B* GmbH.

Mit dem Wechsel der Geschäftsführung hat auch die Leitung des Einkaufs gewechselt und S* hat die Leitung des Einkaufs übernommen. Ab dieser Zeit musste der Kläger sich danach richten, was S* wollte und war er weisungsgebunden.

Der Kläger war bis 13.7.2018 einzelvertretungsbefugter Prokurist der B* GmbH. Danach wurde er von der B* GmbH weiterbeschäftigt, ohne dass die geänderte Rolle in einem schriftlicher Arbeitsvertrag festgehalten worden wäre. In der Zeit danach bis zu seinem Pensionsantritt war S* Einkaufsleiterin und der Kläger war ihr unterstellt. In dieser Zeit war der Einkauf unterteilt in Mode, Sportbekleidung und Sportartikel. Für jeden dieser drei Bereiche gab es einen Einkäufer. Der Kläger hat in dieser Zeit die Skibekleidung für Damen und Herren und die Modebekleidung für Herren eingekauft. Dabei hat er sich mit S* abgestimmt, die sich wiederum mit der Geschäftsleitung abgestimmt hat. In dieser Zeit wurden dem Kläger von S* bzw der Geschäftsleitung auch Weisungen erteilt. So wurde beispielsweise in der Geschäftsleitung entschieden, dass die Anzahl an Skibekleidungslieferanten reduziert werden soll, weshalb der Kläger angewiesen wurde, bei weniger Lieferanten einzukaufen. Dem Kläger wurde aber nicht vorgeschrieben, was er wann und wo zu tun hatte. Zu den Aufgaben des Klägers gehörte der Besuch von einschlägigen Messen und der Lieferanten. Er konnte sich seine Arbeitszeit grundsätzlich frei einteilen, war dabei aber an die durch die Messen vorgegeben Termine gebunden. Die Termine mit den Lieferanten konnte er sich selbständig einteilen. Ebenso teilte er selbst ein, wen er bei einer Messe wo besuchte und mit wem er dort sprach. Er hatte – so wie die anderen Einkäufer auch – einen All-In-Vertrag und unterlag nicht der Zeiterfassung.

Der Kläger hat der B* GmbH ab einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt zwölf Garagenplätze entgeltlich zur Verfügung gestellt, wobei acht Garagenplätze ihm gehörten und er vier selbst nur gemietet hat. Die B* GmbH muss Parkplätze nachweisen können. Um eine ausreichende Anzahl an Parkplätzen nachweisen zu können, mietet sie diese Garagenplätze vom Kläger für EUR 500,00 pro Garagenplatz und Jahr.

Der Kläger und seine Brüder haben von I* B* T* übertragen bekommen. Die beiden Wohnungen des Klägers waren zunächst fremdvermietet. Als die B* GmbH zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt Dienstwohnungen für Mitarbeiter benötigte, hat der Kläger diese Wohnungen an die B* GmbH vermietet, damit diese die Wohnung als Dienstwohnung den Mitarbeitern zur Verfügung stellen konnte, wobei er weniger Mietzins verlangte, als er bei Fremdvermietung bekommen hätte, damit die Grenze des Sachbezugs nicht überschritten wurde.

Mit Wirkung zum 31.7.2019 wurde das Dienstverhältnis des Klägers als Angestellter der B* GmbH – aufgrund seines Pensionsantritts – einvernehmlich aufgelöst und der Kläger schied als Angestellter aus der Gesellschaft aus. Ab 1.8.2019 zahlte die B* GmbH eine monatliche Alterspension von brutto EUR 2.552,00 an den Kläger aus. Bis Dezember 2020 hat es keine Gehaltsrückstände gegeben und wurde der Gehalt und die Pension des Klägers bis letztmalig November 2020 immer ausbezahlt.

Mit Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 18.12.2020, 14 S 27/20p, wurde über das Vermögen der B* GmbH das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung eröffnet. Im Insolvenzverfahren meldete der Kläger eine Pensionsforderung bis 18.12.2020 von EUR 1.481,81 und ab 19.12.2020 von EUR 915.143,00, gesamt EUR 916.624,81, an. In der Prüfungstagsatzung vom 25.2.2021 bestritt die Sanierungsverwalterin die angemeldete Forderung zur Gänze. Mit Eingabe vom 9.8.2021 zog die Sanierungsverwalterin die Forderungsbestreitung im Betrag von EUR 639.548,00 zurück und anerkannte die angemeldete Forderung in diesem Betrag. Angesichts der teilweisen Zurückziehung der Forderungsbestreitung im Betrag von EUR 639.548,00 schränkte der Kläger seine Forderungsanmeldung im (Differenz-)Betrag von EUR 277.076,81 ein.

Im Sanierungsverfahren wurde eine Quote von 50 % vereinbart. Mit rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 28.4.2022 wurde der Sanierungsplan bestätigt. Der Kläger erhielt am 30.5.2022 Quotenzahlungen von EUR 88.048,07 und EUR 122.561,88. Gemäß Sanierungsplan erhält der Kläger im März 2023 eine weitere Quotenausschüttung in Höhe von 30 % (voraussichtlich EUR 132.072,11).

Im Insolvenzverfahren sind dem Kläger folgende Kosten entstanden: Eingabegebühr für Forderungsanmeldung (TP5 1 lit b) EUR 23,--; Forderungsanmeldung (TP2) EUR 1.286,64; Prüfungstagsatzung am 25.5 2021 (TP3A) EUR 3.403,20.

Insoweit steht der Sachverhalt im Berufungsverfahren bindend fest (§§ 2 Abs 1 ASGG, 498 Abs 1 ZPO).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.3.2022 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Insolvenz-Entgelt auf Grund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B* GmbH ab.

Diesen Bescheid bekämpft der Kläger mit der vorliegenden, fristgerecht eingebrachten Klage , wobei er gegenüber der Beklagten – nach Modifikationen – die Zahlung von EUR 253.156,20 sA begehrt. Im vorliegenden Fall sei das IESG idF nach Inkrafttreten der Novelle BGBl I 102/2005 anzuwenden. Der Anspruch des Klägers auf Auszahlung einer monatlichen Betriebspension sei nicht bereits bei Abschluss des Geschäftsführervertrags im Jahr 1999 entstanden, sondern erst bei Eintritt der darin normierten Voraussetzungen, sohin erst am 31.7.2019. Ohnehin entstehe der Anspruch auf Insolvenz-Entgelt erst im Zeitpunkt der rechtswirksamen, wenn auch noch nicht rechtskräftigen Insolvenzeröffnung. Entscheidend sei also der Zeitpunkt der rechtswirksamen Insolvenzeröffnung im Jahr 2020.

Der Kläger sei als Arbeitnehmer iSd § 1 Abs 1 IESG zu qualifizieren. Er sei seit Gründung der B* GmbH bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 2019 durchgehend als Einkäufer beschäftigt gewesen. Er sei zwar zeitweise Geschäftsführer oder Prokurist gewesen, aber auch in diesen Zeiträumen habe die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers stets bestanden. Die typischen Wesensmerkmale eines Arbeitsverhältnisses hätten überwogen, insbesondere die Weisungsgebundenheit gegenüber der B* GmbH, die persönliche und wirtschaftliche Einordnung in den Organismus des Betriebs, seine persönliche Arbeitspflicht unter der Leitung und Führung der B* GmbH, die persönliche Fürsorge- und Treuepflicht sowohl des Klägers als Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeberin, weiters seien die Ergebnisse seiner Arbeit der B* GmbH zugute gekommen und habe die Arbeitgeberin die für die Arbeit notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt. Das IESG sehe auch grundsätzlich keine Ausnahme vom Anspruch auf Insolvenz-Entgelt für Familienmitglieder des Arbeitgebers vor. Bei der Anstellung des Klägers als Einkäufer habe es sich um ein echtes Arbeitsverhältnis gehandelt, nicht um ein bloß familienhaftes Tätigwerden.

Der Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs 6 Z 2 IESG werde nicht verwirklicht. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt einen beherrschenden Einfluss im Sinn dieser Bestimmung gehabt. Ihm sei immer ein Stimmrecht von weniger als 25 % zugekommen. Er habe über keine Sperrminorität verfügt. Auch habe er zu keinem Zeitpunkt einen wesentlichen Einfluss auf die Willensbildung in der Generalversammlung gehabt. Zum Zeitpunkt der rechtswirksamen Insolvenzeröffnung im Jahr 2020 habe er lediglich 20,83 % der Geschäftsanteile gehalten und sei nicht Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen. Entgegen den Ausführungen der Beklagten sehe Art 12 der Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht vor, dass zur Frage des beherrschenden Einflusses auch die Anteile der Familienangehörigen berücksichtigt würden.

Die von der B* GmbH gewährte Betriebspension sei als direkte Leistungszusage gemäß § 2 Z 2 BPG und damit als gesicherter Anspruch iSd § 1 Abs 2 IESG zu qualifizieren. Im Abschluss des Geschäftsführervertrags liege kein In-Sich-Geschäft vor. Der Kläger sei nicht der einzige Geschäftsführer oder Alleingesellschafter gewesen. Bei der zugesagten Pensionsleistung handle es sich um eine unbedingte Verpflichtung, ein Widerruf der Betriebspension sei nicht zulässig. Zudem seien jene Kosten des Klägers, die zur Durchsetzung seiner IESG-gesicherten Ansprüche aufzuwenden gewesen seien, als gesicherte Kosten zu qualifizieren. Für diese Prozesskosten stehe ihm ein Anspruch auf Insolvenz-Entgelt zu.

Die Beklagte bestreitet, beantragt Klagsabweisung und wendet über den im Anstaltsverfahren eingenommenen Standpunkt hinaus ein, maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des klägerischen Anspruchs sei das Abschlussdatum des Geschäftsführervertrags vom 1.6.1999. Der Kläger sei zum damaligen Zeitpunkt und generell nicht als Arbeitnehmer iSd § 1 IESG zu qualifizieren. Ihm sei die Leitung und Überwachung des Unternehmens im Ganzen zugekommen. Hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenem Verhalten sei er nicht gebunden gewesen und keiner Kontrolle unterlegen. Im Familienbetrieb habe er eine zentrale Stellung eingenommen. Damit sei der Kläger der Unternehmersphäre zuzuordnen.

Gemäß § 1 Abs 6 IESG in der maßgeblichen Fassung bis zum Inkrafttreten der Novelle BGBl I 102/2005 seien handelsrechtliche Geschäftsführer vom persönlichen Anwendungsbereich des IESG ausgeschlossen gewesen. Bereits deswegen seien die Ansprüche des Klägers nicht gesichert. Ein Ausschluss von Ansprüchen ergäbe sich zudem aus Art 12 lit c Insolvenz-Richtlinie iVm § 1 Abs 6 Z 2 IESG idgF bzw § 879 ABGB. Dem Kläger sei zusammen mit den Anteilen seiner Familienangehörigen ein beherrschender Einfluss zugekommen. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung habe er zudem über einen Geschäftsanteil von 25 % verfügt und damit gemäß dem Gesellschaftsvertrag über eine Sperrminorität hinsichtlich einer Beschlussfassung über die Auflösung und Liquidation der Gesellschaft, welche eine Mehrheit von 80 % erfordere.

Der Geschäftsführervertrag vom 1.6.1999 stelle ein unwirksames Insichgeschäft dar, da der Kläger damals alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer und Minderheitsgesellschafter gewesen sei. Die darin enthaltene Pensionszusage bewirke darüber hinaus keine unbedingte Zahlungsverpflichtung, sondern sei vertraglich eine Einstellung der Pensionszahlung geregelt, womit auch die Insolvenz-Entgelt-Sicherung entfalle. Es bestehe ein Ausschluss nach § 1 Abs 3 Z 3 BPG. Darüber hinaus liege eine sog Administrativpension vor.

Der Klagsanspruch werde auch der Höhe nach bestritten. Auf Grund der im Sanierungsverfahren eingeschränkten Forderungsanmeldung und unter Berücksichtigung der Zahlungen laut Sanierungsplan stehe dem Kläger keine weitere oder nur eine geringere Zahlung zu.

Mit dem bekämpften Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Dieser Entscheidung legte es den eingangs wiedergegebenen, auszugsweise dargestellten Sachverhalt zugrunde. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Auffassung, es hätten sich zwar keine Zweifel am gültigen Zustandekommen des Geschäftsführungsvertrags vom 25.5.1999 ergeben. Es liege kein In-Sich-Geschäft vor. Mit der „Pensionszusage“ im Geschäftsführungsvertrag habe die B* GmbH dem Kläger eine Alterspension in Form einer direkten Leistungszusage iSd BPG zugesagt, wenn er nach Vollendung seines 60. Lebensjahres aus der Gesellschaft ausscheide. Diese Voraussetzung sei erfüllt, weshalb ihm – bis zur Eröffnung des Sanierungsverfahrens – die Betriebspension ausbezahlt worden sei. Ein vereinbarter Grund für den Widerruf oder sonstigen Eingriff in die Pensionszusage sei nicht verwirklicht worden.

Durch den Einfluss, den der Kläger mit seinen weiteren (engeren) Familienmitgliedern auf das Familienunternehmen ausüben habe können, sei ihm jedoch bei Abschluss der Pensionszusage ein beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft (§ 1 Abs 6 Z 2 IESG) zugekommen. Im Jahr 1999 sei er Geschäftsführer und 12,50 %-iger Gesellschafter gewesen. Auch wenn ihm daher keine Sperrminorität zugekommen sei, sei zu bedenken, dass die Mehrheit der Gesellschafter dem Familienstamm I* B* zuzurechnen und diese zusammen mit 75 % beteiligt gewesen seien. Zwar sei dem Beirat aufgrund des Syndikatsvertrags eine gewichtige Stellung zugemessen worden und habe keiner der Geschäftsführer seine Ideen allein durchbringen oder Entscheidungen verhindern können. Dennoch hätten sich die drei Brüder miteinander abgestimmt und gegenüber den Gesellschaftern des U* J* B* (zusammen 25 %) und dem Beirat einen Informationsvorsprung gehabt, der dazu geführt habe, dass sie – wenn sie zusammenwirkten – ihre Vorstellungen auch durchgebracht hätten. Die Pensionszusage beziehe sich damit auf einen Rechtsgrund, der aus der seinerzeitigen gesellschaftsrechtlichen Stellung des Klägers resultiere. Es handle sich bei den Klagsansprüchen nicht um arbeitsrechtliche (und somit gesicherte) Ansprüche nach dem IESG.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die fristgerechte Berufung des Klägers aus den Rechtsmittelgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinn einer vollständigen und kostenpflichtigen Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

In ihrer fristgerechten Berufungsbeantwortung beantragt die Beklagte, dem gegnerischen Rechtsmittel keine Folge zu geben.

Nach Art und Inhalt der geltend gemachten Anfechtungsgründe war die Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung entbehrlich. Über das Rechtsmittel war daher in nichtöffentlicher Sitzung zu befinden (§§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO). Dabei erwies es sich aus nachstehenden Erwägungen als unbegründet:

Rechtliche Beurteilung

A. Zur Beweisrüge

1. Der Berufungswerber bekämpft folgende, in der Beweiswürdigung der erstgerichtlichen Entscheidung enthaltene Urteilspassage: „Zur Betriebspension gab sie an, dass diese für andere Mitarbeiter kein Thema gewesen wäre und der Kläger sie „als Familienmitglied“ bekommen habe.“ Es handle sich um eine dislozierte Feststellung, welche auf der Aussage der Zeugin S* gründe. Es werde stattdessen folgende Ersatzfeststellung begehrt: „Der Kläger hat – wie auch die beiden anderen Geschäftsführer – die Pensionszusage aufgrund der Geschäftsführertätigkeit erhalten. Die Pensionszusage galt für alle Geschäftsführer.“

Die Zeugin S* habe zur Frage, ob Nichtfamilienmitglieder der V* B* auch Pensionszusagen bekommen hätten, ausgesagt, dass sie von dieser Pensionszusage nur wisse, weil der Kläger ihr davon erzählt habe, im Detail wisse sie aber nichts. Über Frage, ob der Kläger die Pensionszusage aus seiner Funktion als Geschäftsführer bekommen habe, habe sie ausgeführt, dass er dies als Familienmitglied bekommen habe, er sei ja gar nicht Geschäftsführer gewesen. Die Zeugin sei also unrichtig der Meinung gewesen, dass der Kläger nicht Geschäftsführer gewesen sei, und habe ihre Aussage ausschließlich darauf gestützt. Zur Position des Klägers als Geschäftsführer habe das Erstgericht der Zeugin keinen Glauben geschenkt. Daher sei verwunderlich, wieso es ihr zur Frage des Rechtsgrunds der Pensionszusage Glauben schenke. Die Zeugen L* B* und M* B* hätten umgekehrt beide ausgesagt, die Pensionszusage habe auf der Stellung als Geschäftsführer gegründet. L* B* habe ausgeführt, es sei die Idee des Beirats gewesen, die Geschäftsführer mit einer Pension auszustatten. M* B* habe beschrieben, dass die Pensionszusage auch Personen außerhalb der Familie erhalten hätten, weil es für alle Geschäftsführer gegolten habe. Das Erstgericht hätte daher nicht der Aussage der Zeugin S* folgen dürfen.

Die Feststellung sei insofern von Relevanz, als mit der Pensionszusage eine direkte Leistungszusage iSd BPG vorliege, welche – entgegen den Ausführungen des Erstgerichts – nicht als gesellschaftsrechtlicher, sondern als arbeitsrechtlicher Anspruch zu qualifizieren sei. Der Kläger habe die Pensionszusage aufgrund seiner Geschäftsführertätigkeit erhalten, diese habe für alle Geschäftsführer gegolten.

2. Die erfolgreiche Geltendmachung des Berufungsgrunds der unrichtigen Beweiswürdigung erfordert die bestimmte Angabe 1) welche konkrete Feststellung bekämpft wird, 2) infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, 3) welche Feststellung stattdessen begehrt wird und 4) aufgrund welcher Beweisergebnisse die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre. Die Ausführungen zur Beweisrüge müssen eindeutig erkennen lassen, auf Grund welcher Umwürdigung bestimmter Beweismittel welche vom angefochtenen Urteil abweichenden Feststellungen angestrebt werden (RIS-Justiz RS0041835). Eine Beweisrüge hat sich damit ausschließlich mit Tatfragen und Sachverhaltsannahmen zu beschäftigen; Rechtsfragen können nicht Gegenstand einer Beweisrüge sein. Im vorliegenden Fall ist die Beweisrüge daher nur zulässig, wenn die bekämpfte Urteilspassage überhaupt eine Tatsachenfeststellung darstellt.

Bei dislozierten Tatsachenfeststellungen (RIS-Justiz RS0043110 [T2]) handelt es sich um Tatsachenfeststellungen, die nicht in dem vom Erstgericht als Tatsachenfeststellungen bezeichneten Urteilsabschnitt enthalten sind, sondern beispielsweise in der Beweiswürdigung (3 Ob 39/17g; 3 Ob 26/17w) oder in die rechtliche Beurteilung (9 ObA 67/16t; 1 Ob 85/15d) eingefügt sind, jedoch eindeutig dem Tatsachenbereich zugeordnet werden müssen. Für die Beurteilung, ob es sich bei außerhalb der Feststellungen befindlichen Urteilsausführungen um Tatsachenfeststellungen handelt (oder nicht), kommt es auf die Qualität der Aussage in diesen Entscheidungsgründen an (9 ObA 67/16t; 7 Ob 148/08b; vgl 3 Ob 2016/96h).

Es fehlt nun in der in der Berufung zitierten Passage der Beweiswürdigung an einem konkreten Tatsachensubstrat sowie einem Verweis auf Beweismittel oder Beweisgrundlagen, aus denen erschlossen werden könnte, dass das Erstgericht mit dieser Formulierung eine Tatsachenfeststellung aufgrund bestimmter Beweisergebnisse treffen wollte. Vielmehr referiert das Erstgericht die Aussage der Zeugin S* und setzt diese ins Verhältnis zu anderen Beweismitteln. Eine Tatsachenfeststellung wird daraus vom Erstgericht aber nicht abgeleitet. Insgesamt kommt der bekämpften Passage daher kein Tatsachencharakter zu und handelt es sich nicht um eine dislozierte Feststellung.

Unter diesem Aspekt erweist sich die Beweisrüge daher als unbegründet, weil sie sich gegen keine – auch nicht dislozierte – Urteilsfeststellung richtet.

3. Ohnehin wäre die Beweisrüge nicht judikaturgemäß ausgeführt. Das erstinstanzliche Urteil enthält im Rahmen der rechtlichen Beurteilung (S 55 vierter Absatz) nämlich die unbekämpft gebliebene Urteilspassage, S* habe „zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Pensionszusage als Familienmitglied bekommen habe“. Würde man in den bekämpften beweiswürdigenden Ausführungen des Erstgerichts eine dislozierte Feststellung sehen, hätte dies damit auch für diesen Bestandteil der rechtlichen Beurteilung zu gelten. Legt man dies zu Grunde, würde diese unbekämpft gebliebene Tatsachenfeststellung, dass der Kläger die Pensionszusage als Familienmitglied bekommen habe, aber den Ausführungen in der Berufung widersprechen. Für den Kläger wäre daher selbst bei einer zulässigen und erfolgreichen Beweisrüge nichts gewonnen, da die weitere (dislozierte) Feststellung in der rechtlichen Beurteilung unverändert bestehen bleiben würde.

Zudem steht die gewünschte Ersatzfeststellung mit der bekämpften Urteilspassage nicht in einem Austauschverhältnis. Der Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung erfordert, dass bekämpfte und gewünschte Feststellungen in einem Austauschverhältnis zueinander stehen, also denkunmöglich nebeneinander existieren können; ein solches Alternativverhältnis ist erforderlich (RIS-Justiz RS0041835). Dabei genügt es nicht, wenn der Berufungswerber lediglich begehrt, einzelne Feststellungen ersatzlos entfallen zu lassen (RIS-Justiz RS0041835 [T3]). Werden diese Grundsätze nicht beachtet, ist eine Beweisrüge nicht judikaturgemäß ausgeführt.

Die bekämpfte Passage stellt darauf ab, dass der Kläger die Betriebspension als Familienmitglied bekommen habe und diese für andere Mitarbeiter kein Thema war. Die gewünschte Alternativfeststellung betrifft hingegen die Aussage, der Kläger und seine beiden Brüder hätten die Betriebspension „aufgrund der Geschäftsführertätigkeit erhalten“. Diese beiden Aspekte schließen sich nicht gegenseitig aus, ist es doch möglich, eine Pensionsleistung aufgrund der Geschäftsführertätigkeit und zugleich als Familienmitglied – sohin bei kumulativem Vorliegen dieser beiden Komponenten – zugesagt zu bekommen. Die Ersatzfeststellung ist auch gerade nicht so formuliert, dass die Pensionszusage ausschließlich aufgrund der Geschäftsführertätigkeit und ohne Relevanz weiterer Aspekte erfolgt sei. Ebenso wenig steht der zweite Satz der begehrten Alternativfeststellung im Austauschverhältnis zur bekämpften Passage. Nach den weiteren Feststellungen waren im Zeitpunkt der Pensionszusage nur der Kläger und seine beiden Brüder Geschäftsführer der Gesellschaft. Damit steht eine Feststellung, die Pensionszusage habe für alle Geschäftsführer gegolten, nicht in Widerspruch dazu, dass der Kläger (wie seine beiden Brüder) die Pension als Familienmitglied erhalten habe und diese für andere Mitarbeiter kein Thema gewesen sei.

Dies führt zur Konsequenz, dass sich das Berufungsgericht schon aus diesen formalen Gründen inhaltlich nicht mit der Beweisrüge befassen kann.

B. Zur Rechtsrüge

1. Die Berufung bemängelt im Rahmen der Rechtsrüge zunächst die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts zur Arbeitnehmereigenschaft des Klägers und der Ausnahmeregelung nach § 1 Abs 2 Z 6 IESG. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt würden – auch in den Zeiten einer Tätigkeit als Geschäftsführer oder Prokurist – jene Merkmale überwiegen, welche für seine persönliche Abhängigkeit und somit für eine Arbeitnehmereigenschaft sprechen würden. Der Kläger sei im gesamten Zeitraum lediglich Minderheitsgesellschafter ohne beherrschenden Einfluss gewesen. Bei Versammlungen sei er auch überstimmt worden. Keiner der Geschäftsführer habe allein eine Idee durchbringen oder verhindern können; vielmehr habe es immer guter Argumente bedurft, um den Beirat zu überzeugen.

Dem Kläger sei daher weder allein noch in einem abgestimmten Verhalten mit seinen Brüdern ein beherrschender Einfluss zugekommen. Nicht die gemeinsame Gesellschafter- und Geschäftsführerstellung der drei Brüder sei für eine Willensbildung in der Gesellschaft ausschlaggebend gewesen, sondern sei jedenfalls die Überzeugung der anderen Gesellschafter und des Beirats notwendig gewesen. Eine beträchtliche Einflussmöglichkeit iSd Art 12 der RL 2008/94/EG sei weder dem Kläger allein noch gemeinsam mit seinem Familienstamm zugekommen. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen habe es sogar immer wieder Meinungsverschiedenheiten zwischen den Brüdern gegeben. Bei diesen könnte daher kein abgestimmtes Verhalten zugrunde gelegt werden.

2.1. Anspruch auf Insolvenz-Entgelt haben gemäß § 1 Abs 1 IESG Arbeitnehmer, freie Dienstnehmer iSd § 4 Abs 4 ASVG, Heimarbeiter und ihre Hinterbliebenen sowie ihre Rechtsnachfolger von Todes wegen für die nach Abs 2 gesicherten Ansprüche, wenn sie in einem Arbeitsverhältnis (freien Dienstverhältnis, Auftragsverhältnis) stehen oder gestanden sind, sie als im Inland beschäftigt gelten (galten) und über das Vermögen des Arbeitgebers (Auftraggebers) im Inland ein Verfahren nach der IO eröffnet wird.

Der anspruchsberechtigte Personenkreis nach § 1 Abs 1 IESG stellt damit unter anderem auf Arbeitnehmer ab. Der dabei verwendete Arbeitnehmerbegriff richtet sich nach dem innerstaatlichen Recht und ist ident mit jenem des Arbeitsvertragsrechts des ABGB (§ 1151 ABGB). Die Maßgeblichkeit des innerstaatlichen Rechts steht dabei mit der Insolvenzrichtlinie 2008/94/EG im Einklang. Der Schutz der Richtlinie gilt überhaupt nur für (echte) Arbeitnehmer; für die Anspruchsberechtigung freier Dienstnehmer bietet die Richtlinie keine Grundlage. Nach Art 2 Abs 2 lässt die Richtlinie hinsichtlich der Begriffsbestimmung des Arbeitnehmers das nationale Recht unberührt (8 ObS 3/14w).

Entscheidend für das Vorliegen eines Arbeitsvertrags iSd § 1151 ABGB sind die Bestimmungsmerkmale der persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers, also dessen Unterworfenheit unter die funktionelle Autorität des Arbeitgebers, welche sich in organisatorischer Gebundenheit insbesondere an Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle – nicht notwendig auch an Weisungen über die Art der Ausführung der Tätigkeit – äußert. Für den Arbeitsvertrag wesentlich ist daher eine weitgehende Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Arbeitnehmers, welcher hinsichtlich Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenem Verhalten dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterworfen ist, oder wenn dieses Verhalten schon im Arbeitsvertrag vorausbestimmt oder unter Heranziehung anderer Regeln bestimmbar ist, zumindest dessen laufender Kontrolle unterliegt. Dabei müssen die Bestimmungsmerkmale der persönlichen Abhängigkeit nicht alle gemeinsam vorliegen, sondern können durchaus in unterschiedlicher Ausprägung gegeben sein, wenn sie nur insgesamt überwiegen. Im Wesentlichen geht es daher um die Weisungsgebundenheit des zur Erbringung der Arbeitsleistung Verpflichteten, insbesondere hinsichtlich Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenem Verhalten, seine persönliche auf Zeit abgestellte Arbeitspflicht, die Fremdbestimmung der Arbeit und die Verfügungsmöglichkeit des Arbeitgebers über die Arbeitskraft (vgl RIS-Justiz RS0021284; RS0021306). Wurden durch den Arbeitnehmer hingegen überwiegend Arbeitgeberfunktionen ausgeübt, ist eine Arbeitnehmereigenschaft nicht gegeben (RIS-Justiz RS0076462). Bei unternehmertypischen Handlungen, wie zB der Befugnis, in allen Geschäftsbereichen selbständig entscheiden zu können und damit auch in unmittelbar unternehmerischen Bereichen tätig zu werden, liegt keine Arbeitnehmereigenschaft vor (RIS-Justiz RS0076462 [T8]). Unternehmerische Tätigkeit im Sinn erheblicher rechtlicher und faktischer Einflussmöglichkeiten auf die Willensbildung eines Unternehmens ist nicht vom Schutzbereich des IESG erfasst (8 ObS 7/22w; 8 ObS 3/14w). Die Anmeldung zur Sozialversicherung ist dabei – ebenso wie der Lohnsteuerabzug – für das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses nicht von konstitutiver Bedeutung, sie kann bloß ein Indiz sein (RIS-Justiz RS0021265).

Bei der Frage der Einbeziehung in den Schutzbereich des IESG ist auch stets auf die Zweckbestimmung der IESG-Sicherung Bedacht zu nehmen. Diese besteht in der Abnahme des versicherten Risikos, nämlich der von Arbeitnehmern und freien Dienstnehmern iSd § 4 Abs 4 ASVG typischerweise nicht selbst abwendbaren und absicherbaren Gefahr des gänzlichen oder teilweisen Verlusts ihrer Entgeltansprüche, auf die sie typischerweise zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts sowie des Lebensunterhalts ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen angewiesen sind (RIS-Justiz RS0076409). Nach dieser speziellen IESG-rechtlichen Wertung schließt eine Position im Arbeitsleben, die dem Betroffenen rechtlich oder faktisch die Unternehmer-(Arbeitgeber-)funktion gegenüber den „normalen“ Arbeitnehmern eines Unternehmens zuordnet, den Schutz nach den Bestimmungen des IESG aus (8 ObS 3/14w). Diese Zielsetzung deckt sich mit jener der Richtlinie 2008/94/EG, die darin besteht, allen Arbeitnehmern durch die Befriedigung nicht erfüllter Ansprüche aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen, die sich auf Arbeitsentgelt für einen bestimmten Zeitraum beziehen, auf der Ebene des Unionsrechts einen Mindestschutz bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zu garantieren (vgl zB EuGH 17.11.2011, Rs C-435/10, J.C. van Ardennen , Rz 27; EuGH 10.2.2011, Rs C-30/10, Lotta Andersson , Rz 25).

Bei Geschäftsführern von Gesellschaften mit beschränkter Haftung ist die Frage der Arbeitnehmereigenschaft anhand der Situation im Einzelfall aufgrund einer Gesamtbetrachtung zu beurteilen. Die arbeitsrechtlichen Ansprüche von handelsrechtlichen Geschäftsführern, die im Rahmen eines Arbeitsvertrags tätig sind, sind seit der Novelle BGBl I 2005/102 dabei grundsätzlich iSd IESG gesichert. Der Arbeitnehmereigenschaft steht es auch prinzipiell nicht entgegen, wenn der Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter der GmbH ist. Jedoch ist im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen, ob der (Gesellschafter-)Geschäftsführer als Arbeitnehmer oder freier Dienstnehmer einerseits oder als Unternehmer andererseits zu qualifizieren ist.

Bei einem geschäftsführenden Gesellschafter kann es vor diesem Hintergrund für die Abgrenzung zwischen einem freien Dienstnehmer und einem Unternehmer, der nach der Wertung des § 1 IESG nicht zum geschützten Personenkreis zählt, nur auf die wirtschaftliche Bestimmungsbefugnis ankommen. Wenn dem Geschäftsführer selbst ein erheblicher, selbstbestimmter Einfluss auf die Willensbildung in der Generalversammlung zukommt, sei es durch das Ausmaß eigener Gesellschaftsanteile, die Gestaltung des Gesellschaftsvertrags oder aber nur rein faktisch, und sich sein Handeln nicht primär als Verwaltung fremden Gesellschaftsvermögens im Interesse der Gesellschafter, sondern als unternehmerische Tätigkeit unter Verfolgung eigener Vorstellungen und wirtschaftlicher Interessen darstellt, ist er weder Arbeitnehmer noch freier Dienstnehmer im arbeitsrechtlichen Sinn. In solch einem Fall fällt er nicht in den persönlichen Anwendungsbereich gemäß § 1 Abs 1 IESG. Die Übernahme des unternehmerischen Risikos spricht als wesentlicher Aspekt für die Arbeitgeberstellung und gegen ein (auch nur freies) Dienstverhältnis (8 ObS 7/22w; 8 ObS 8/13d mwN; vgl 8 ObS 6/09d, 8 ObS 2/07p). Nach Gahleitner (in Neumayr/Reissner , ZellKomm³ § 1 IESG Rz 14) werde im Einzelfall konkret zu prüfen sein, welche Rechte mit einem Gesellschaftsanteil de facto verbunden sind, um die Entscheidung treffen zu können, ob von einem gesicherten echten oder freien Dienstverhältnis ausgegangen werden könne, wobei diesbezüglich auch zu hinterfragen sei, wer über die weiteren Gesellschaftsanteile verfüge und wie die Willensbildung in der Gesellschaft tatsächlich ablaufe; dabei werde insbesondere auch von Relevanz sein, ob die anderen Gesellschafter nahe Verwandte des Geschäftsführers seien und wie der Weisungszusammenhang tatsächlich gelebt worden sei. Ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer als (freier) Dienstnehmer oder unternehmerisch tätig war, hängt damit letztlich typischerweise von den Umständen des Einzelfalls ab (8 ObS 7/22w).

2.2. Die Beklagte stützt sich darüber hinaus auf den Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs 6 Z 2 IESG. Zunächst gilt dazu klarzustellen, in welcher Fassung diese Bestimmung zur Anwendung gelangt. § 1 Abs 6 Z 2 IESG in der bis 30.9.2005 geltenden Fassung nahm pauschal Mitglieder des Organs einer juristischen Person, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist, vom Anspruch auf Insolvenzentgelt aus. Diese Bestimmung stellte nur auf die Organmitgliedschaft und nicht auf die rechtlichen und faktischen Einflussmöglichkeiten der als Organ bestellten Personen ab (8 ObS 8/13d; 8 ObS 27/07i). In Umsetzung der Änderungsrichtlinie 2002/74/EG zur Insolvenzrichtlinie 80/987/EWG (Neukodifikation durch die Richtlinie 2008/94/EG) wurde § 1 Abs 6 Z 2 IESG (ab 1.10.2005) dahin geändert, dass nur mehr Gesellschafter, denen ein beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft zusteht, vom Anspruch auf Insolvenzentgelt ausgenommen werden (8 ObS 6/21x; 8 ObS 27/07i). Die geänderte Bestimmung trat gemäß § 17a Abs 42 IESG mit 1.10.2005 in Kraft und ist dann anzuwenden, wenn ein Insolvenztatbestand nach dem 30.9.2005 verwirklicht wird (8 ObS 27/07i). Dies gilt auch dann, wenn (dienstzeitabhängige) Ansprüche aus der Zeit vor dem 1.10.2005 herrühren ( Liebeg , IESG³ § 1 Rz 561).

Im vorliegenden Fall wurde der Insolvenztatbestand durch Eröffnung des Sanierungsverfahrens im Jahr 2020 und damit nach dem 30.9.2005 verwirklicht. Daher gelangt § 1 Abs 6 Z 2 IESG idF nach Inkrafttreten der Novelle BGBl I 102/2005 grundsätzlich zur Anwendung. Letztlich kann diese – zwischen den Parteien strittige – Frage aber für den konkreten Anwendungsbereich auch offengelassen werden (vgl jedoch die höchstgerichtliche Rechtsprechung zum intertemporalen Recht: 8 ObS 6/21x; 8 ObS 8/13d; 8 ObS 27/07i), da ein Ausschluss nach § 1 Abs 6 IESG, wie noch auszuführen ist, jedenfalls zu tragen kommt.

Die Bestimmung des § 1 Abs 6 Z 2 IESG idgF schließt Gesellschafter, denen ein beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft zusteht, auch wenn dieser Einfluss ausschließlich oder teilweise auf der treuhändigen Verfügung von Gesellschaftsanteilen Dritter beruht oder durch treuhändige Weitergabe von Gesellschaftsanteilen ausgeübt wird, vom Anspruch auf Insolvenz-Entgelt aus.

Ein Gesellschafter einer GmbH kann grundsätzlich gleichzeitig Arbeitnehmer der Gesellschaft sein (RIS-Justiz RS0021243). Fehlt einem Gesellschafter hingegen die Arbeitnehmereigenschaft, ist er schon allein deshalb gemäß § 1 Abs 1 IESG vom Anspruch auf Insolvenz-Entgelt ausgeschlossen. Auf weitere Ausschließungsgründe kommt es nicht an. Der persönliche Ausschließungsgrund des § 1 Abs 6 Z 2 IESG betrifft daher nur jene Gesellschafter, denen die Arbeitnehmereigenschaft zwar nicht fehlt, die also als Arbeitnehmer iSd § 1 Abs 1 IESG zu qualifizieren sind, denen aber dennoch ein beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft zusteht. Wesentlich Beteiligten iSd § 1 Abs 6 Z 2 IESG kann also nicht grundsätzlich die Arbeitnehmer-Eigenschaft abgesprochen werden (8 ObS 9/09w).

Nach ständiger Rechtsprechung wird der Ausschlusstatbestand des § 1 Abs 6 Z 2 IESG nicht nur dann erfüllt, wenn der Gesellschafter kraft seiner Beteiligungsverhältnisse die Beschlussfassung im Wesentlichen bestimmen kann, sondern auch dann, wenn er über einen solchen Anteil verfügt, der ihn in die Lage versetzt, eine Beschlussfassung auch in der Generalversammlung zu verhindern (RIS-Justiz RS0077381). Dabei kommt es auf die mit der Gesellschafterstellung typischerweise verbundenen Einfluss- und Informationsmöglichkeiten an, aber nicht auf allfällige Gründe für die mangelnde Ausübung dieser Möglichkeiten (RIS-Justiz RS0128913; 8 ObS 3/13v mwN; 8 ObS 1/13z; 8 ObS 13/05b; 8 ObS 21/03a). Dem Gesellschafter kann darüber hinaus auch dann ein beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft zukommen, wenn er nicht unmittelbar auf das eigene Arbeitsverhältnis Einfluss nehmen kann (vgl 8 ObS 9/09w).

Vom Tatbestand nach § 1 Abs 6 Z 2 IESG können im Einzelfall auch Minderheitsgesellschafter erfasst sein. Beherrschender Einfluss kommt einem Minderheitsgesellschafter einer GmbH dann zu, wenn ihm durch Festlegung höherer Quoten für im Rahmen der Unternehmensführung wesentliche, andere als die ohnehin nach dem Gesetz nur mit qualifizierter Mehrheit zu beschließenden Angelegenheiten eine Sperrminorität eingeräumt wird (RIS-Justiz RS0077386). Auch in den Fällen, in denen der Gesellschafter gleichzeitig Arbeitnehmer der Gesellschaft ist (vgl RIS-Justiz RS0021243), kann ihm also – etwa durch eine solche qualifizierte Sperrminorität (RIS-Justiz RS0077381) – als Gesellschafter beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft, daher im gesellschaftsrechtlichen Sinn, zukommen (8 ObS 5/20y; 8 ObS 9/09w). Einer bloßen Minderheitsgesellschafterin mit Geschäftsführungsbefugnis, aber ohne Sperrminorität, wurde hingegen in einem vom Höchstgericht zu entscheidenden Fall kein beherrschender Einfluss zugesprochen (vgl 8 ObS 10/11w).

2.3. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung darüber hinaus auch Leitlinien entwickelt, die sich in die Ausnahmebestimmungen des Art 10 RL 80/987/EWG und des Art 12 RL 2008/94/EG fügen (vgl zu lit c: 8 ObS 15/08a; 8 ObS 13/05b; RS0077381 [T11, T15]).

Gemäß Art 10 RL 80/987/EWG und Art 12 RL 2008/94/EG stehen diese Richtlinien nicht der Möglichkeit der Mitgliedstaaten entgegen,

die zur Vermeidung von Missbräuchen notwendigen Maßnahmen zu treffen (lit a);

die in Art 3 vorgesehene Zahlungspflicht oder die in Art 7 vorgesehene Garantiepflicht abzulehnen oder einzuschränken, wenn sich herausstellt, dass die Erfüllung der Verpflichtung wegen des Bestehens besonderer Bindungen zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber und gemeinsamer Interessen, die sich in einer Kollusion zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber ausdrücken, nicht gerechtfertigt ist (lit b); oder

die in Art 3 vorgesehene Zahlungspflicht oder die in Art 7 vorgesehene Garantiepflicht in den Fällen abzulehnen oder einzuschränken, in denen ein Arbeitnehmer allein oder zusammen mit engen Verwandten Inhaber eines wesentlichen Teils des Unternehmens oder Betriebs des Arbeitgebers war und beträchtlichen Einfluss auf dessen Tätigkeiten hatte (lit c).

Die konkrete Beurteilung des Vorliegens eines Ausnahmetatbestands iSd Art 12 der Richtlinie hat durch die Gerichte der Mitgliedstaaten zu erfolgen. Allerdings dürfen dabei die Zwecke der Richtlinie nicht vereitelt werden (8 ObS 1/13z; EuGH 11.9.2003, C-201/01, Rs Walcher , Rz 37). Zwar handelt es sich um Ausnahmebestimmungen, wodurch diese und die zu ihrer Ausführung erlassenen nationalen Vorschriften aufgrund ihres Ausnahmecharakters und des Richtlinienziels – Mindestschutz von Arbeitnehmeransprüchen aus Arbeitsverhältnissen bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers – eng auszulegen sind (8 ObS 18/06i). Dennoch sollten diese Ausnahmeregelungen die Befugnis der Mitgliedstaaten unberührt lassen, in den dort umschriebenen Fällen Grenzen für die Verpflichtung der Garantieeinrichtungen festzulegen (vgl 8 ObS 3/08m). Unter anderem erlauben also missbräuchliche Verhaltensweisen – wie etwa die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses über den Zeitpunkt hinaus, zu dem Arbeitnehmer eine finanzielle Krise des Arbeitgebers erkennen konnten – den Mitgliedstaaten auf dieser Basis, eine Ausnahme von der Entgeltsicherung vorzusehen. In einem Missbrauchsfall ist die Beklagte daher auch unter Bedachtnahme auf Unionsrecht berechtigt, geltend gemachte Ansprüche zur Gänze abzulehnen (8 ObS 5/17v; 8 ObS 6/16i).

In der hier zu beurteilenden Konstellation ist gerade Art 12 lit c RL 2008/94/EG (Art 10 lit c RL 80/987/EWG) von Bedeutung, also die Ablehnung oder Einschränkung der Zahlungs- oder Garantiepflicht in den Fällen, in denen ein Arbeitnehmer allein oder zusammen mit engen Verwandten Inhaber eines wesentlichen Teils des Unternehmens oder Betriebs des Arbeitgebers war und beträchtlichen Einfluss auf dessen Tätigkeiten hatte (vgl auch 8 ObS 1/13z). Hierzu hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung zu 8 ObS 15/08a – zum Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs 6 Z 2 IESG – unter ausdrücklicher Auseinandersetzung mit Art 10 lit c RL 80/987/EWG ausgesprochen, dass der dortigen Klägerin kein Anspruch nach IESG für jene Entgeltansprüche zustehe, die für die Zeit gebührten, in der die Klägerin 50%ige Gesellschafterin gewesen sei, diesen Geschäftsanteil aber treuhändig für ihren Ehegatten gehalten habe (vgl RIS-Justiz RS0077381 [T10, T11]). In seiner Begründung verwies das Höchstgericht darauf, die Klägerin habe gar nicht in Abrede gestellt, dass sie gemeinsam mit ihrem Ehegatten („Verwandten“), der Treugeber und auch Geschäftsführer der GmbH gewesen sei, einen solchen Einfluss gehabt hätte; im Hinblick darauf bedürfe es keiner näheren Erörterung, ob im Übrigen, also dann wenn nicht ein „Verwandter“ Treugeber gewesen wäre, die Bestimmung des Art 10 lit c der Richtlinie einen weiteren Kreis an Anspruchsberechtigten festlegen würde, als dies in § 1 IESG vorgesehen sei. Dort stützte sich der Fachsenat also auf das verwandtschaftliche Verhältnis und einen gemeinsamen Einfluss der Verwandten.

3.1. Im vorliegenden Fall begehrt der Kläger die Sicherung seiner Ansprüche aus einer Betriebspension. Zweck des IESG ist eine sozialversicherungsrechtliche Sicherung von Entgeltansprüchen und sonstigen aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden Ansprüchen von Arbeitnehmern im Falle der Insolvenz ihres Arbeitgebers (RIS-Justiz RS0076409 [T3]). Es sind nur jene Ansprüche gesichert, die mit den ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Haupt- und Nebenpflichten in einem solchen Sachzusammenhang stehen, dass davon ausgegangen werden kann, die Ansprüche hätten ihren Entstehungsgrund letztlich im Arbeitsverhältnis (RIS-Justiz RS0076409 [T4]). Bei einer Betriebspension handelt es sich grundsätzlich um Entgelt aus dem Arbeitsverhältnis (RIS-Justiz RS0021444 [T2]). Als solche ist sie nach Maßgabe des § 3d IESG gesichert (8 ObS 6/21x).

Sofern der Entstehungsgrund eines Betriebspensionsanspruch jedoch nicht in einem vom IESG erfassten Rechtsverhältnis wurzelt, kommt eine Sicherung nach dem IESG von Vornherein nicht in Betracht. Resultiert der Betriebspensionsanspruch also zur Gänze aus einer Tätigkeit, für welche – etwa mangels Arbeitnehmereigenschaft – kein Anspruch auf Insolvenz-Entgelt besteht, ist die Betriebspension nicht nach IESG gesichert. Dies gilt auch für den Fall, dass der Insolvenztatbestand erst zu einem Zeitpunkt verwirklicht wird, als die eigentliche Tätigkeit bereits abgeschlossen war und die Betriebspension bezogen wird (8 ObS 6/21x). Im Verfahren zu 8 ObS 6/21x hatte der Oberste Gerichtshof einen Sachverhalt zu beurteilen, in welchem einem Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, welches von 21.7.1961 bis 31.12.1995 als Vorstand tätig war, ab dem Jahr 1997 eine mit Dienstvertrag vom 28.7.1987 eingeräumte Betriebspension für seine Vorstandstätigkeit ausgezahlt wurde, wobei über das Vermögen der Gesellschaft im Jahr 2020 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. In dieser Konstellation stellte der Senat hinsichtlich der (verneinten) Frage der Sicherung nach IESG darauf ab, dass der Betriebspensionsanspruch zur Gänze aus der Tätigkeit als Vorstandsmitglied resultiert sei, sohin aus einem nicht vom IESG erfassten Rechtsverhältnis.

Diese Entscheidung des Höchstgerichts kann auf den vorliegenden Sachverhalt umgelegt werden. Der Anspruch des Klägers beruht auf dem Geschäftsführervertrag vom 25.5.1999 und seiner damaligen Tätigkeit als Geschäftsführer. Zwar war die Pensionszusage nicht mit der Voraussetzung verbunden, dass der Kläger bis zu seinem Pensionsantritt Geschäftsführer bleibt und diese Funktion ausübt. Dennoch gründet die Pensionszusage und der Umstand, dass überhaupt eine solche Betriebspension gewährt wurde, allein auf der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer und der vertraglichen Bindung als solcher. Dies zeigt sich schon daran, dass der Geschäftsführervertrag keine Regelungen zu einer Mindestdauer der Geschäftsführertätigkeit oder einer (betraglichen) Reduktion der Pensionsansprüche für den Fall enthält, dass der Kläger – allenfalls sogar innerhalb kürzester Zeit – seine Tätigkeit als Geschäftsführer beendet und eine andere Funktion in der B* GmbH einnimmt. Insoweit war der Pensionsanspruch unabhängig von allfälligen zukünftigen Änderungen in der Tätigkeit des Klägers, solange er nicht gänzlich aus der Gesellschaft ausscheidet. Der Entstehungsgrund eines Betriebspensionsanspruchs wurzelt daher im Rechtsverhältnis als Geschäftsführer auf Basis des Geschäftsführervertrags vom 25.5.1999. Aus diesem Grund ist auch die rechtliche Beurteilung gemäß IESG auf (zeitlicher) Basis des Geschäftsführervertrags vom 25.5.1999 und den damaligen Verhältnissen im Jahr 1999 sowie der Tätigkeit des Klägers bis zu seiner Beendigung der Geschäftsführertätigkeit im Jahr 2001 vorzunehmen. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob der Kläger (damals) als Arbeitnehmer oder freier Dienstnehmer iSd § 1 Abs 1 IESG zu qualifizieren war.

3.2. Zunächst ist daher zu beurteilen, ob der Kläger im maßgeblichen Zeitraum in den persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs 1 IESG fällt, also ob er Arbeitnehmer oder freier Dienstnehmer war und nicht eine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt hat. Eine Abwägung und Gesamtbetrachtung aller wesentlichen Aspekte auf Basis des festgestellten Sachverhalts zeigt dabei auf, dass der Kläger nicht dem Anwendungsbereich des IESG unterliegt. Dem Kläger kamen nämlich weitreichende Gestaltungsfreiheiten zu. Er übte über seine Minderheitsbeteiligung sowie seine Geschäftsführerposition, aber auch aufgrund des Umstands, dass die zwei weiteren Gesellschafter-Geschäftsführer seine Brüder waren, bei der Gesellschaft faktisch die Unternehmerposition aus. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass er nur fremdes Gesellschaftsvermögen verwaltete, sind nicht ersichtlich.

Nach den Feststellungen wurde das „laufende Geschäft“ selbständig von den drei Geschäftsführern erledigt, ohne dass der Beirat hinzugezogen wurde (US 33 vorletzter Absatz). Die drei Geschäftsführer haben sich permanent abgestimmt und beschlossen gemeinsam das Budget (US 33 letzter Absatz), wobei das – dem Kläger obliegende – Einkaufsbudget zwischen EUR 6 Mio und EUR 9 Mio betrug (US 34 zweiter Absatz). Zudem hatte der Kläger nach der internen Geschäftsaufteilung zwischen den Geschäftsführern den eigenen, selbständigen Zuständigkeitsbereich „Einkauf“ (US 33 letzter Absatz). Weiters wurden keine inhaltlichen Vorgaben gegenüber dem Kläger in der Verrichtung seiner Tätigkeit festgestellt, sondern vielmehr lediglich eine gegenseitige Abstimmung und Koordination zwischen den einzelnen Bereichen und Geschäftsführern. In seinem Bereich des Einkaufs konnte der Kläger innerhalb des von den drei Geschäftsführern beschlossenen Budgets frei bestimmen, was und in welcher Menge er einkaufte (US 34 erster Absatz). Zudem steht fest, dass die drei Brüder – der Kläger, L* B* und M* B* – die B* GmbH führten (US 23 zweiter Absatz) sowie dass diese zunächst gleichberechtigt im Unternehmen waren und sich untereinander vertreten haben (US 30 erster Absatz). Diese „Machtkonstellation“ – sohin die gemeinsame Führung des Unternehmens durch die drei Brüder – hat sich erst im Jahr 2001 verändert, als der Kläger die Position als Geschäftsführer zurücklegte (US 37 zweiter Absatz). Aus all dem ist bereits ersichtlich, dass der Kläger gemeinsam mit seinen Brüdern das Unternehmen der B* GmbH selbständig leitete, dabei gemeinsam mit den anderen Geschäftsführern selbstbestimmt tätig war und ohne weitergehende Unterordnung seine Tätigkeit verrichtete. Aus dem Sachverhalt ergibt sich auch nicht, dass einer der Geschäftsführer dem anderen gegenüber weisungsunterworfen gewesen wäre. In dieses Bild der selbstbestimmten und gemeinsamen Leitung des Unternehmens durch die Geschäftsführer fügt sich auch die Bestimmung im Syndikatsvertrag gut ein, wonach die Geschäftsführung der B* GmbH aus mehreren Mitgliedern besteht, von denen Mitglieder aus dem Kreis der Gesellschafter in Betracht kommen (Punkt VI.1). Diese Regelung zeigt eindrücklich die Intention auf, die Familiengesellschaft durch eigene Familienmitglieder zu leiten und somit eine Selbstverwaltung des Unternehmens durch die Gesellschafter zu erreichen.

Aus der organisatorischen Eingliederung des Klägers lässt sich nichts anderes ableiten. Er hatte nach den erstgerichtlichen Feststellungen keine fix vorgegebenen Arbeitszeiten, war in der Zeiteinteilung grundsätzlich frei und hat keine Arbeitszeiten erfasst (US 34 letzter Absatz). Zwar musste er sich für freie Tage mit den anderen Geschäftsführern absprechen, jedoch ist dies bereits durch die gegenseitige Vertretung erklärbar und ist umgekehrt keine Genehmigungsbedürftigkeit eines Urlaubs festgestellt. Entsprechendes gilt für die Notwendigkeit, bei Geschäftsführersitzungen anwesend zu sein. Weiters entschied der Kläger selbst, auf welche Messen er ging und welche Lieferanten er besuchte (US 35 erster Absatz). Der Kläger und seine Brüder hatten zudem die Personalkompetenz inne, indem sie dem Personalchef mitgeteilt haben, welche potentiellen Mitarbeiter sie gerne hätten und wer aus ihrer Sicht geeignet wäre; nach Führung der Gehaltsverhandlungen und Zustimmung durch den Personalchef wurden entsprechende Einstellungen vorgenommen (US 36 letzter Absatz). Weiters hat der Kläger in den Geschäftsleitungssitzungen zwar über erfolgte Einkäufe berichtet; dabei hat er aber nicht nach jeder Messe in der Geschäftsleitungssitzung berichtet, sondern vielmehr (nur) pro Saison (US 34 dritter und vierter Absatz). Eine strenge Berichtspflicht bestand daher ebenso wenig. Aus den Feststellungen folgt damit gerade nicht, dass der Kläger seine unternehmensbezogenen Vorstellungen und wirtschaftlichen Interessen infolge seiner Unterworfenheit unter die funktionelle Autorität eines Dienstgebers insbesondere im Sinn einer organisatorischen Gebundenheit hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle (bezogen auf sein persönliches Verhalten und nicht auf den wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft) nicht hätte umsetzen können.

Im Zeitraum von 5.7.1994 bis 28.9.2001 war der Kläger zudem zwar lediglich mit 12,5 % an der B* GmbH beteiligt. Ihm kam daher keine (qualifizierte) Sperrminorität zu. Auch wurden keine gesellschaftsvertraglichen Sonderrechte des Klägers oder anderer Gesellschafter festgestellt. Doch auch hier ist die gemeinsame Tätigkeit des Klägers mit seinen beiden Brüdern und darüber hinaus seinem Familienstamm zu berücksichtigen. Der Kläger und seine beiden Brüder waren im damaligen Zeitraum mit jeweils 12,5 % an der B* GmbH beteiligt, sohin mit zusammen 37,5 %. Im Rahmen der Willensbildung der Gesellschaft kamen den drei Brüdern damit in der Syndikatsversammlung (bei welcher 40 % der Stimmrechte auf den Beirat entfielen und 60 % auf die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Anteile) zusammen Stimmrechte im Umfang von 22,5 % zu. Insoweit sind die weiteren Bestimmungen des Syndikatsvertrags von Bedeutung, wonach die Beschlussfähigkeit der Syndikatsversammlung (erst) bei Anwesenheit von mindestens 80 % der gebundenen Gesellschaftsrechte erreicht ist (Punkt III.5). Damit war es den drei Gesellschafter-Geschäftsführern möglich, faktisch Beschlüsse der Syndikatsversammlung zu verhindern – und insoweit auch Einfluss auf die Willensbildung der B* GmbH zu nehmen –, indem sie an Syndikatsversammlungen nicht teilnehmen. Dazu sah der Syndikatsvertrag nämlich vor (Punkt IV.2), dass wenn ein Beschluss in der Syndikatsversammlung nicht zusammengekommen ist, die Syndikatsmitglieder dahin zu wirken haben, dass auch in der Gesellschafterversammlung ein Beschluss nicht zustandekommt. Darüber hinaus sah der Syndikatsvertrag für die Bestellung und Abberufung eines Geschäftsführers oder die Zuerkennung und Aberkennung der Vertretungs- und Geschäftsführerbefugnis in der Syndikatsversammlung eine notwendige Mehrheit von 80 % vor (Punkt III.9), wobei mangels Erreichens dieser Mehrheit die Entscheidungskompetenz auf den Beirat überging. In diesem Punkt konnten die drei Geschäftsführer zwar keine Beschlussfassung (durch den Beirat) verhindern, jedoch zumindest erheblichen Einfluss in der Beschlussfassung mit dem Druckmittel ausüben, dass ansonsten der Beirat eine Entscheidung zu treffen habe. Ähnliches gilt für Beschlussfassungen über die vorzeitige Abberufung von Beiratsmitgliedern, welche nach dem Syndikatsvertrag (Punkt V.1) eine Mehrheit von 80 % bedurfte und somit von den Geschäftsführern aktiv verhindert werden konnte.

In einer Gesamtbetrachtung ist hinsichtlich der Stellung und Kompetenz des Klägers in der B* GmbH und der Willensbildung in der Syndikatsversammlung bzw der Generalversammlung der Gesellschaft daher nicht nur dessen eigene Position zu beurteilen, sondern ist das Gesamtgefüge und insbesondere die gemeinsame Entscheidungsgewalt der drei Brüder als Gesellschafter-Geschäftsführer zu berücksichtigen. Dies folgt einerseits aus dem festgestellten Sachverhalt. Zwar gab der Kläger den anderen Geschäftsführern nicht vor, wie zu entscheiden sei, und gab es auch Meinungsverschiedenheiten, bei denen auch der Kläger überstimmt wurde (US 33). Weiters konnten die Geschäftsführer weder zusammen noch jeder für sich Gesellschafterbeschlüsse erzwingen. Jedoch haben diese drei vor den Syndikatsversammlungen „miteinander gesprochen und überlegt, in welche Richtung es gehen soll“ (US 32 letzter Absatz). Sie haben sich untereinander abgesprochen; sie bildeten „den kleinsten Kreis“ hinsichlich heikler Themen (US 33 erster Absatz). Dieses koordinative Zusammenwirken der drei Gesellschafter-Geschäftsführer ist jedenfalls auch in der Beurteilung der faktischen Einflussmöglichkeiten des Klägers auf die Willensbildung der Gesellschaft zu berücksichtigen. Dies gilt in ähnlicher Form für die weiteren Mitglieder des „Familienstamms I* B*“, nämlich den Vater des Klägers I* B* und seine Mutter K* B*. Diese waren bis ins Jahr 2001 mit 25 % und 12,5 % an der Gesellschaft beteiligt. Dadurch war der gesamte, dem Kläger zuzurechnende Familienstamm mit 75 % an der Gesellschaft beteiligt und hatte in den Syndikatsversammlungen Stimmrechte von gesamt 45 %. Dadurch verstärkt sich naturgemäß die (faktische) Einflussnahme auf die Willensbildung der Gesellschaft auch zu Gunsten des Klägers.

Diese Beurteilung der faktischen Entscheidungsgewalt und Willensbildung innerhalb der Gesellschaft unter Berücksichtigung und Zurechnung naher Verwandter des Klägers entspringt darüber hinaus nicht nur dem festgestellten Sachverhalt, sondern ist auch aus den Wertungen der Richtlinie 2008/94/EG zu übernehmen und steht diese einem solchen Ergebnis jedenfalls nicht entgegen. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung nimmt gerade auch auf die rein faktische Einflussnahme auf die Willensbildung in der Generalversammlung Rücksicht (vgl 8 ObS 7/22w; 8 ObS 8/13d) und stellt teilweise ausdrücklich auf die Bestimmungen der Richtlinie 2008/94/EG, deren Wertungen und eine Berücksichtigung auch verwandtschaftlicher Verhältnisse (vgl 8 ObS 15/08a) bei Beurteilung der realen, wirtschaftlichen Bestimmungsbefugnis ab.

Letztlich spricht gegen die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers dessen unmittelbare wirtschaftliche Beteiligung durch die nicht fremdübliche Vermietung von Wohnungen gegenüber der Gesellschaft und von Garagenplätzen (US 43). Diese Vorgehensweise spricht wiederum dafür, dass mit der Tätigkeit des Klägers innerhalb der B* GmbH rein eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt wurden.

Insgesamt zeigt sich, dass die Tätigkeiten des Klägers bei der B* GmbH als unternehmerische zu werten waren und seine Stellung nicht mit der eines angestellten „Fremdgeschäftsführers“ vergleichbar war. Insoweit war daher auch der Einfluss des Klägers, den dieser aus seiner Stellung als Geschäftsführer und Gesellschafter auf die Gesellschaft ausüben konnte, bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen.

Unter Würdigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles ist das Erstgericht daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger nicht zum Kreis der nach § 1 Abs 1 IESG geschützten Personen zählt. Daher scheidet eine Sicherung des Pensionsanspruchs nach IESG bereits aus diesem Grund aus und kann der Rechtsrüge der Berufung kein Erfolg zukommen.

3.3. Selbst wenn der Kläger dem persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs 1 IESG unterliegen würde, wäre der Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs 6 IESG erfüllt. Wie bereits dargestellt muss dazu nicht abschließend geklärt werden, in welcher Fassung diese Bestimmung anzuwenden ist.

Bis zur Änderung des § 1 Abs 6 IESG durch die Novelle BGBl I 102/2005 waren Mitglieder des Organes einer juristischen Person, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist, sowie leitende Angestellte generell vom Anspruch auf Insolvenz-Entgelt ausgeschlossen. Der Kläger als Geschäftsführer der B* GmbH (teilweise Prokurist, jedenfalls aber Leiter des Bereichs Einkauf) war schon aus diesem Grund vom Anwendungsbereich des IESG ausgenommen.

Doch auch bei Anwendung des § 1 Abs 6 Z 2 IESG idgF wird der Kläger von diesem Ausnahmetatbestand erfasst. Zwar stellt der Gesetzeswortlaut nur auf „Gesellschafter, denen ein beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft zusteht“ oder betreffende Treuhandkonstruktionen ab. Wie bereits dargestellt sind dabei jedoch auch die Wertungen der Richtlinie 2008/94/EG, insbesondere deren Art 12 lit c, zu berücksichtigen, wonach die Einflussnahme durch den Arbeitnehmer allein oder zusammen mit engen Verwandten berücksichtigt werden kann. Dazu hat bereits der Oberste Gerichtshof unter Verweis auf diese Regelungen einen solchen Einfluss des Betroffenen (nur) gemeinsam mit dem engen Verwandten angenommen und darauf aufbauend die Anwendung des IESG verneint (vgl 8 ObS 15/08a). Dies findet Gleichklang in der Zweckbestimmung und Wertung des IESG, nämlich der Risikobefreiung zu Gunsten von Arbeitnehmern hinsichtlich der typischerweise von diesen nicht selbst abwendbaren und absicherbaren Gefahr des Verlusts ihrer Entgeltansprüche, wohingegen Betroffene mit rechtlich oder faktisch Unternehmer-(Arbeitgeber-)funktion nicht geschützt sein sollen (8 ObS 3/14w; RIS-Justiz RS0076409). Danach sind also nicht abstrakt und starr die (gesellschafts-)rechtlichen Befugnisse des jeweils Betroffenen zu betrachten, sondern die realen Gegebenheiten und faktischen Einflussnahmen zu berücksichtigen. Dazu zählt gerade auch der Einfluss auf die Gesellschaft durch oder mit engen Verwandten. Diese ermöglichen gerade faktische Einflussnahmen über die Grenzen rein rechtlicher Beteiligungen und Verpflichtungen hinaus und können daher bei einer Gesamtbetrachtung der tatsächlichen Verhältnisse in einer Gesellschaft nicht ausgeblendet werden.

Vor diesem Hintergrund ist der Gesetzeswortlaut des § 1 Abs 6 Z 2 IESG richtlinienkonform und unter Zugrundlegung des Zwecks und der Zielrichtung des IESG dahin auszulegen, dass ein beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft nicht nur durch die eigene gesellschaftsrechtliche Stellung des Gesellschafters gegeben sein kann, sondern auch durch einen faktischen Einfluss unter Vornahme einer Gesamtbetrachung und Berücksichtigung der Befugnisse des Gesellschafters selbst und seiner engen Verwandten.

In Anwendung auf den vorliegenden Fall des Klägers bedeutet dies, dass dem Kläger – unter Berücksichtigung der Befugnisse seiner Brüder und darüber hinaus des gesamten „Familienstamms I* B*“ – ein beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft zusteht, womit der Tatbestand nach § 1 Abs 6 Z 2 IESG erfüllt wäre.

3.4. Gemäß den voranstehenden Ausführungen wäre für den Kläger auch dann nichts gewonnen, wenn die rechtliche Beurteilung hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs nach § 1 Abs 1 IESG und des Ausnahmetatbestands nach § 1 Abs 6 leg cit auf den gesamten Zeitraum seit dem Jahr 1999 erstreckt werden würde. Diesfalls würde sich an der rechtlichen Beurteilung keine Änderung ergeben. Dabei ist weiterhin die familienbezogene Kooperation und gegenseitige Berücksichtigung zu vergegenwärtigen. Die drei Brüder haben auch nach dem 28.9.2001 weiterhin „als Familie zusammengeholfen“ (US 37 vierter Absatz). Darüber hinaus war der Kläger seit dem Jahr 2001 zwar zeitweise nicht mehr Geschäftsführer. Dennoch ist seine Stellung als Prokurist sowie die seit 28.9.2001 auf ihn entfallende erhöhte Beteiligung an der Gesellschaft zu berücksichtigen. Daraus ergab sich wiederum ein erheblicher (rechtlicher wie auch faktischer) Einfluss bei wirtschaftlichem Eigeninteresse des Klägers an der Gesellschaft.

In einer Gesamtabwägung des festgestellten Sachverhalts ist daher auch für den Zeitraum seit dem Jahr 2001 eine Arbeitnehmer-Eigenschaft des Klägers zu verneinen und der Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs 6 IESG als erfüllt anzusehen.

4. Zusammengefasst ist der Kläger angesichts der konkreten Konstellation im vorliegenden Fall vom Arbeitnehmerbegriff des § 1 Abs 1 IESG nicht erfasst und fällt damit nicht in den Schutzbereich der Insolvenz-Entgelt-Sicherung. Darüber hinaus wäre der Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs 6 IESG verwirklicht. Das Erstgericht hat den Klagsanspruch daher zu Recht abgewiesen. Damit erübrigen sich weitere Erwägungen zu den in der Berufung und der Berufungsbeantwortung aufgeworfenen Aspekten der Pensionszusage, deren Auslegung und Wirkung sowie zur Klagshöhe.

Insoweit genügt – hinsichtlich der Ausführungen der Berufung zum Rechtsgrund der Pensionszusage und der Anwendung des BPG – ein Verweis darauf, dass dem BPG ebenso der Arbeitnehmerbegriff des ABGB zugrunde liegt ( Schrammel/Kietaibl , BPG und PKG² § 2 BPG Rz 39; Resch in Neumayr/Reissner , ZellKomm³ § 2 BPG Rz 13), sodass die voranstehenden Ausführungen auch in diesem Kontext Anwendung finden.

Die Rechtsrüge der Berufung muss daher ebenso versagen.

C. Zusammenfassung und Verfahrensrechtliches

1. Insgesamt ist der Berufung keine Folge zu geben.

2. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Demnach findet ein Kostenersatz im Rechtsmittelverfahren in Sozialrechtssachen im Fall der Erfolglosigkeit des Anspruchswerbers dem Grunde und der Höhe nach nur nach Billigkeit statt. Ein Billigkeitskostenzuspruch erfordert es aber, dass das Verfahren besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten aufweist und die wirtschaftliche Situation des Versicherten einen Kostenersatz zudem rechtfertigt. Im konkreten Fall scheidet ein Kostenzuspruch an den Kläger also bereits deshalb aus, weil angespannte wirtschaftliche Verhältnisse von ihm nicht behauptet wurden (vgl RIS-Justiz RS0085829).

3. Das Berufungsgericht konnte sich zu den maßgeblichen Rechtsfragen an einer gefestigten Judikatur des Höchstgerichts orientieren. Die Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar. Da der Rechtsrüge bereits auf dieser Grundlage keine Folge zu geben war, kommt es auf die weiteren Rechtsfragen iZm § 1 Abs 6 IESG nicht weiter an. Damit war eine Rechtsfrage mit der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zu lösen, sodass auszusprechen ist, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500 Abs 2 Z 3 ZPO).

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