JudikaturOLG Innsbruck

13Ra12/23x – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
26. Juni 2023

Kopf

Urteil

Im Namen der Republik

und

Beschluss

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Kohlegger als Vorsitzenden sowie die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Pirchmoser und den Richter des Oberlandesgerichts MMag. Dr. Dobler sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. a Sarah Haider (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und MMag. a BEd. Claudia Wacker-Bruckner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Mitglieder des Senats in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , geb **, ohne Beschäftigungsangabe, **-Straße **, B* C*, vertreten durch Mag. Patrick Gaulin, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei D* C* , **-Straße **, B* C*, vertreten durch Dr. Markus Orgler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung des aufrechten Bestands des Dienstverhältnisses (Streitinteresse EUR 120.000,-- [nach RATG und JN]), über I. die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 24.1.2023, 65 Cga 50/22a-16, und II. den Kostenrekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse EUR 1.619,10 sA) gegen die darin enthaltene Kostenentscheidung in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Berufung der klagenden Partei wird keine Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der Beklagten ab 16.3.2005 als Vertragsbediensteter mit einem Bruttojahresgehalt von zuletzt zumindest EUR 40.000,-- beschäftigt.

Mit Schreiben vom 23.02.2022, welches dem Kläger auch zuging, informierte die Beklagte ihn, dass er sich seit 04.08.2021 ununterbrochen im Krankenstand befinde, weshalb sein Dienstverhältnis nach Ablauf von drei Monaten nach Erhalt dieses Schreibens kraft Gesetzes enden werde, sofern die Dienstfähigkeit nicht wieder hergestellt werden kann.

Der Kläger befand sich im Zeitraum vom 01.02.2021 bis 05.02.2021, 15.02.2021 bis 28.02.2021, 01.03.2021 bis 31.03 2021, 01.04.2021 bis 16.04.2021, 25.04.2021 bis 27.04.2021 und vom 04.08.2021 bis 31.05.2022, insgesamt sohin 365 Tage, im Krankenstand. Bis 31.5.2022 lag weder Arbeitsfähigkeit des Klägers vor, noch trat er bis dahin seine Arbeit an. In Bezug auf den Gesundheitszustand des Klägers wurde weder ein amtsärztliches Gutachten eingeholt noch eine Zukunftsprognose erstellt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 25.4.2022 (zugestellt am 9.5.2022) wurde festgestellt, dass der Kläger mit Wirkung vom 22.2.2022 dem Kreis der begünstigt Behinderten angehört.

Die Beklagte informierte den Behindertenausschuss mit Schreiben vom 10.5.2022, dort eingegangen am 13.5.2022, dass sich der Kläger seit 4.8.2021 durchgehend im Krankenstand befindet und eine ex lege Beendigung des Dienstverhältnisses bevorsteht.

Am 11.8.2022 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass seine Arbeitsunfähigkeit mit diesem Tag endet und er arbeitsbereit ist.

Dieser gekürzt referierte Sachverhalt steht unbekämpft – und damit für das Berufungsgericht bindend – fest (§§ 2 Abs 1 ASGG; § 498 ZPO).

Mit Klage vom 18.8.2022 begehrt der Kläger die Feststellung, dass sein Dienstverhältnis zur Beklagten weiterhin fortbestehe und er seinen Dienst wieder antreten könne. Anspruchsbegründend bringt er vor, die Beklagte verweigere ihm die Wiederaufnahme seiner beruflichen Tätigkeit, obwohl er mit deren Personalleiterin am 5.4.2022 mündlich die Fortsetzung des Dienstverhältnisses vereinbart habe. Zudem werde zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass die Krankenstände durch unterschiedliche Erkrankungen, nämlich zunächst psychischer und später körperlicher Natur (Gefäßverengung am Fuß samt notwendiger Operation wegen kardiologischer Beschwerden), verursacht gewesen seien. Nach § 51 Abs 5 I-VBG werde der Krankenstand nur infolge desselben Unfalls zusammengerechnet; die Zusammenrechnung verschiedener Krankenstände infolge unterschiedlicher Erkrankungen sei demgegenüber widersprüchlich und stelle gegenüber Personen mit verschiedenen Unfällen eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes dar. Der Zwangsstreitwert nach § 58 Abs 2 JN sei auf arbeitsrechtliche Ansprüche nicht anwendbar.

Die Beklagte bestreitet, beantragt Klagsabweisung und hält dem Klagebegehren entgegen, sie habe den Kläger gemäß § 51 Abs 8 Innsbrucker Vertragsbedienstetengesetz (im Folgenden kurz I-VBG) drei Monate vor der ex lege eintretenden Beendigung des Dienstverhältnisses hievon informiert, weshalb dieses grundsätzlich mit 31.05.2022 geendet hätte. Aufgrund der bescheidmäßigen Feststellung der Eigenschaft des Klägers als begünstigter Behinderter habe das Dienstverhältnis schließlich mit Ablauf des 13.8.2022 geendet. Dies ändere jedoch nichts daran, dass das I-VBG ausschließlich auf die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit bis zum Ablauf der in § 57 Abs 8 I-VBG vorgesehenen Jahresfrist, die am 31.5.2022 geendet habe, abstelle, weshalb auch die Dienstbereitschaft des Klägers am 12.08.2022 unbeachtlich sei. Die Stellung als begünstigter Behinderter habe lediglich zu einer Verlängerung des Dienstverhältnisses geführt. Eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses sei nicht vereinbart worden. Die in § 51 Abs 8 I VBG verwendete Formulierung „wegen einer Krankheit“ sei nicht als Zahlwort zu verstehen, weshalb die Krankenstände unabhängig von deren Ursachen zusammenzurechnen seien. Auf den vorliegenden Rechtsstreit gelange der Zwangsstreitwert nach § 58 Abs 2 JN zur Anwendung; daran sei gemäß § 7 RATG auch der für den Kostenersatz maßgebliche Streitwert anzupassen. Aufgrund des Jahresbruttogehalts des Klägers belaufe sich der Streitwert auf mindestens EUR 120.000,--.

Mit dem in die bekämpfte Entscheidung aufgenommenen Beschluss setzte das Erstgericht den Streitwert mit EUR 120.000,-- fest (Spruchpunkt I.); das auf den aufrechten Bestand des Dienstverhältnisses samt Recht zum Wiederantritt gerichtete Klagebegehren hingegen wiese es ab. Zudem verpflichtet es den Kläger zum Kostenersatz an die Beklagte auf Basis des mit EUR 120.000,-- festgesetzten Streitwerts, nahm jedoch eine Kürzung der von dieser verzeichneten Kosten insofern vor, als es deren Schriftsatz vom 2.1.2023 nicht honorierte. Das Erstgericht ging dabei vom eingangs zusammengefasst referierten Sachverhalt aus und traf folgende Feststellungen, wobei die im Rechtsmittelverfahren mit Beweisrüge bekämpften Sachverhaltsannahmen in kursiver Schrift hervorgehoben ist:

„Nachdem der Kläger durch das Schreiben der beklagten Partei informiert worden war, dass sein Dienstverhältnis mit 31.05.2022 enden werde, sofern bis dahin keine Dienstfähigkeit vorliegt , wandte er sich an den ehemaligen Dienststellenpersonal-vertreter der beklagten Partei, E*. Dieser organisierte ein Gespräch mit der Personalleiterin der beklagten Partei, F*.

Am 05.04.2022 fand ein Gespräch des Klägers mit F*, E* und Mag. G* statt, in welchem über eine mögliche Fortsetzung des Dienstverhältnisses des Klägers gesprochen wurde. Der Kläger hat F* um eine Fortsetzungsvereinbarung gebeten.

Bei dem Gespräch am 05.04.2022 wurde keine Vereinbarung über die Fortsetzung des Dienstverhältnisses des Klägers getroffen. […] F* war zum damaligen Zeitpunkt befugt, Dienstverhältnisse zu beenden und Fortsetzungsvereinbarungen zu treffen. Nach dem 05.04.2022 gab es kein weiteres Gespräch zwischen F* und dem Kläger.“

Rechtlich begründete es zunächst die Streitwertfestsetzung mit § 58 Abs 2 JN. In der Sache ging es von einer ex lege Beendigung des Dienstverhältnisses gemäß § 51 Abs 8 I-VBG aufgrund des zum 31.5.2022 nach den Zusammenrechnungsregeln des § 51 I-VBG bereits ein Jahr andauernden Krankenstands des Klägers aus. Hievon sei der Kläger wie vom Gesetz gefordert fristgerecht verständig worden. Durch die verspätete Verständigung des Behindertenausschusses habe die Beendigung allerdings erst zum 13.8.2022 Wirksamkeit erlangt. Eine darüber hinausgehende Fortdauer des Dienstverhältnisses ergebe sich daraus aber nicht. Eine Fortsetzungsvereinbarung sei nicht geschlossen worden. Ob die Krankenstände aus verschiedenen Ursachen resultierten, sei irrelevant, zumal dem Arbeitgeber der Grund der Erkrankung gar nicht bekannt zu geben sei. Die Notwendigkeit der Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens als Voraussetzung für eine ex lege Beendigung ergäbe sich aus dem Gesetz nicht.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitige Berufung des Klägers. Gestützt auf die Berufungsgründe der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (samt sekundärem Feststellungsmangel) beantragt er die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinn einer vollumfänglichen Klagsstattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die Beklagte hingegen wendet sich in ihrem ebenfalls rechtzeitigen Kostenrekurs gegen die Kostenentscheidung des Erstgerichts und begehrt an Stelle des erfolgten Zuspruchs von EUR 4.865,04 einen um EUR 1.619,10 erhöhten, sohin EUR 6.484,14.

In ihren fristgerecht erstatteten Rechtsmittelbeantwortungen beantragen die Streitteile jeweils, dem Rechtsmittel der Gegenseite keine Folge zu geben.

Nach Art und Inhalt der geltend gemachten Rechtsmittelgründe war die Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung entbehrlich. Auch über die Berufung war daher in nichtöffentlicher Sitzung zu befinden (§ 480 Abs 1 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung des Klägers ist nicht berechtigt. Der Kostenrekurs der Beklagten hingegen ist erfolgreich.

I. Zur Berufung des Klägers:

1.1. In der Rechtsrüge kritisiert der Kläger zunächst das Fehlen von Sachverhaltsfeststellungen zum Inhalt des zwischen ihm und F* am 5.4.2022 geführten Gesprächs betreffend die Fortsetzung des Dienstverhältnisses. Die Frage, ob eine Fortsetzungsvereinbarung getroffen worden sei, stelle eine auf Basis entsprechender Tatsachenfeststellungen zu beurteilende Rechts- und keine Tatsachenfrage dar. An entsprechenden Feststellungen mangele es aber. Die bekämpfte Entscheidung sei daher mit einem sekundären Feststellungsmangel behaftet.

1.2. Dem Kläger ist zunächst darin beizupflichten, dass die Frage, ob – wie von ihm behauptet – beim Gespräch am 5.4.2022 eine Fortsetzungsvereinbarung zustande kam, letztlich eine solche der rechtlichen Beurteilung darstellt, für die es entsprechender Sachverhaltsfeststellungen bedarf. Entgegen der Ansicht des Klägers geht der für diese rechtliche Beurteilung erforderliche Sachverhalt aus der bekämpften Entscheidung aber jedenfalls hinreichend deutlich hervor. Es wird zunächst auf die oben wörtlich wiedergegebenen – unbekämpften – Feststellungen des Erstgerichts verwiesen. Die dort enthaltenen vom Berufungswerber als auf Tatsachenebene unzureichend kritisierten Ausführungen, wonach beim Gespräch am 5.4.2022 keine Vereinbarung über die Fortsetzung des Dienstverhältnisses getroffen worden sei, darf dabei nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist im Kontext mit der unmittelbar davor getroffenen Sachverhaltsfeststellung, wonach der Kläger F* bei diesem Gespräch um eine Fortsetzungsvereinbarung bat, und auch der erstgerichtlichen Beweiswürdigung zu diesem Themenkomplex in US 6, 3. Absatz zu lesen. Aus dieser Zusammenschau ergibt sich hinreichend klar der Bedeutungsinhalt der kritisierten Ausführungen dahin, dass F* auf das Ansinnen des Klägers um Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht in seinem Sinn reagierte, also eine solche entweder sogar ausdrücklich ablehnte, das Ansinnen jedenfalls aber nicht positiv beschied. Richtig ist, dass sich das Erstgericht bei seiner Tatsachenfeststellung, wonach keine Vereinbarung über die Fortsetzung des Dienstverhältnisses getroffen worden sei, Begrifflichkeiten aus der Rechtssprache bediente, denen aber gleichzeitig ein eigener alltagssprachlicher Bedeutungsinhalt zukommt. Derartige Begriffe wie „Vereinbarung“, „Vertrag“, „Entlassung“ oder „Kündigung“ stammen zwar grundsätzlich aus dem Rechtsbereich, haben aber seit jeher auch in die Alltagssprache Eingang gefunden und werden im Alltag regelmäßig zur Beschreibung tatsächlicher Vorgänge sowie Lebenssachverhalte und nicht nur in der Rechtssprache verwendet. Die Verwendung der kritisierten Begrifflichkeiten schadet im hier zu beurteilenden Zusammenhang daher nicht.

1.3. Da damit insgesamt – auch unter Berücksichtigung der beweiswürdigenden Überlegungen – die Überzeugung des Erstgerichts, dass F* dem Ansinnen des Klägers auf Verlängerung des Dienstverhältnisses nicht zustimmte, mit hinreichender Deutlichkeit aus der bekämpften Entscheidung abgeleitet werden kann, liegt der vom Kläger vermeinte sekundäre Feststellungsmangel tatsächlich nicht vor. Die Feststellungsgrundlage ist nämlich nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind (RIS-Justiz RS0053317). Wurden zu einem bestimmten Thema ohnehin Feststellungen getroffen, mögen diese auch den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers zuwiderlaufen, kann der Vorwurf eines Feststellungsmangels nicht erfolgreich erhoben werden (RIS-Justiz RS0043320 [T18]; RS0043480 [T15]; RS0053317 [T1]).

2.1. Der Kläger geht in der Rechtsrüge darüber hinaus von einer fristwidrigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus, weil er sich zum Zeitpunkt der von der Beklagten mit Schreiben vom 23.2.2022 avisierten Beendigung drei Monate nach Zustellung dieses Schreibens, sohin am 25.5.2022, noch kein ganzes Jahr im Krankenstand befunden habe. In diesem Zusammenhang wendet er sich in seiner Beweisrüge auch gegen die oben in Kursivschrift hervorgehobene Feststellung, wonach er durch das Schreiben der Beklagten informiert worden sei, dass sein Dienstverhältnis mit 31.5.2022 enden werde. Stattdessen begehrt er folgende Ersatzfeststellung:

„Mit Schreiben vom 23.02.2022 teilte die beklagte Partei dem Kläger mit, dass sein Dienstverhältnis drei Monate nach dieser Verständigung, sohin am 23.05.2022, endet.“

Die begehrte Ersatzfeststellung ergebe sich zwingend aus dem Schreiben Beilage ./A. Diese Feststellung sei deshalb von Relevanz, weil das Erstgericht konstatiert habe, dass sich der Kläger bis einschließlich 31.5.2022 365 Tage im Krankenstand befunden habe. Drei Monate nach Erhalt des Schreibens der Beklagten, sohin am 23.5.2022, habe er sich folglich nur 357 Tage und damit noch nicht ein Jahr im Krankenstand befunden, was jedoch Voraussetzung für die von der Beklagten mit § 51 Abs 8 I-VBG begründeten Beendigung des Dienstverhältnisse wäre.

Zudem hält er seinen bereits im Verfahren erster Instanz vertretenen Standpunkt, die aus unterschiedlichen Ursachen resultierenden Krankenstände seien nicht zusammen zu rechnen, aufrecht, weil dies zu einer Schlechterstellung gegenüber Personen mit unterschiedlichen Unfällen führe. Die vom Erstgericht geäußerten datenschutz-rechtlichen Bedenken würden auch bei Unfällen zum Tragen kommen. § 51 Abs 8 I VBG stelle daher jeweils auf ein und dieselbe Erkrankung oder ein und denselben Unfall ab.

2.2. Dass das hier zu beurteilende Dienstverhältnis dem H* (I-VBG) unterliegt, ist zwischen den Streitteilen nicht strittig.

§ 51 Abs 8 I-VBG regelt unter der Überschrift "Ansprüche bei Dienstverhinderung" in den Absätzen 1 bis 6 die Voraussetzungen und die Dauer des Entgeltfortzahlungs-anspruchs des Vertragsbediensteten gegen die Arbeitgeberin, wenn dieser durch Unfall oder Krankheit an der Dienstleistung verhindert ist. Abs 7 leg cit regelt die Entgeltfortzahlung für den Fall, dass der Vertragsbedienstete durch einen anderen wichtigen, seine Person betreffenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist. Der hier maßgebliche § 51 Abs 8 I-VBG lautet wie folgt:

„Hat eine Dienstverhinderung wegen eines Unfalles oder einer Krankheit oder aus einem im Abs. 7 genannten Grund ein Jahr gedauert, so endet das Dienstverhältnis mit dem Ablauf dieser Frist, es sei denn, dass vorher seine Fortsetzung vereinbart wurde. Bei der Berechnung der einjährigen Frist gilt eine Dienstverhinderung, die innerhalb von sechs Monaten nach dem Wiederantritt des Dienstes eintritt, als Fortsetzung der früheren Dienstverhinderung. Der Vertragsbedienstete ist vom Dienstgeber spätestens drei Monate vor dem Ablauf der Frist nachweislich vom bevorstehenden Ende des Dienstverhältnisses zu verständigen. Erfolgt die nachweisliche Verständigung später, so endet das Dienstverhältnis drei Monate nach dieser Verständigung, sofern der Vertragsbedienstete bis dahin den Dienst nicht wieder angetreten hat und vor dem Ablauf dieser Frist auch keine Verlängerung des Dienstverhältnisses vereinbart worden ist. Die Verständigung gilt auch dann als nachweislich erfolgt, wenn sie auf eine Weise zugestellt oder hinterlegt wurde, die den Regelungen des Zustellgesetzes über die Zustellung zu eigenen Handen oder über eine nachfolgende Hinterlegung entspricht. Abgabestelle ist jedenfalls auch eine vom Vertragsbediensteten dem Dienstgeber bekannt gegebene Wohnadresse.“

2.3.1. Wie oben dargelegt, steht der Kläger zwar auf dem Standpunkt, es sei zu keiner wirksamen Beendigung gekommen, weil die maßgeblichen Krankenstände zum 23.5.2022 zusammengerechnet noch nicht das von § 51 Abs 8 I-VBG geforderte einjährige Ausmaß erreicht, sondern erst 357 Tage angedauert hätten. Dass zum 31.5.2022 das maßgebliche Krankenstandsausmaß iSd der Zusammenrechnungs-regel des zweiten Satzes der zitierten Bestimmung (neuerliche Dienstverhinderungen innerhalb von sechs Monaten gelten als Fortsetzung der früheren Dienstverhinderung) insgesamt – unabhängig von der Ursache der einzelnen Krankenstände – ein Jahr, konkret 365 Tage, erreicht hat, zieht er weder auf rechtlicher noch auf Sachverhaltsebene (siehe Feststellung in US 3, letzter Absatz) in Zweifel. Dieser Umstand ist daher der Beurteilung durch das Berufungsgericht zugrunde zu legen.

2.3.2. Aufgrund der vom Erstgericht hiezu getroffenen Sachverhaltsfeststellungen (vgl ErwGr 1.2. und 1.3.) steht ebenso fest, dass eine die Beendigung des Dienstverhältnisses hindernde Fortsetzungsvereinbarung zwischen den Streitteilen nicht zu Stande kam.

2.4. Das Verständnis des Klägers, § 51 Abs 8 I-VBG stelle in Bezug auf das geforderte Krankenstandsausmaß nur auf aus ein und derselben Erkrankung resultierende Krankenstände ab, wird vom Berufungsgericht nicht geteilt. In diesem Zusammenhang ist zunächst auf die allgemeinen Regeln für die Auslegung von Gesetzen zu verweisen:

2.4.1. Nach § 6 ABGB darf einem Gesetz kein anderer Bedeutungsinhalt unterstellt werden, als der Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorgeht. Jede Gesetzesauslegung hat daher mit der Wortinterpretation , dh der sprachlich grammatikalischen Auslegung zu beginnen. Darunter ist die Erforschung des Wortsinns, der Bedeutung des Ausdrucks oder eines Gesetzes nach dem Sprachgebrauch zu verstehen (RIS-Justiz RS0008896). Bei der Wortinterpretation ist innerhalb des durch den äußerst möglichen Wortsinn abgesteckten Rahmens nach der Bedeutung eines Ausdrucks im allgemeinen Sprachgebrauch oder dem des Gesetzgebers und in seinem Zusammenhang innerhalb der Regelung zu fragen (2 Ob 39/07k). Die Gesetzesauslegung darf aber nicht bei der Wortauslegung stehen bleiben. Zu berücksichtigen sind auch der Zusammenhang der auszulegenden Worte und Sätze mit anderen Worten und Sätzen der betreffenden Gesamtregelung und ihre systematische Stellung (logisch-systematische Auslegung; RIS-Justiz RS0008787), die – mit Vorsicht anzuwendende – historische Auslegung anhand der Feststellung des Willens des geschichtlichen Gesetzgebers unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien (RIS Justiz RS0008776) und letztlich die objektiv-teleologische Interpretation, nämlich das Erfassen des Sinns einer Bestimmung unter Bedachtnahme auf den Zweck der Regelung , wobei der Auslegende die gesetzgeberische Regelung und die darin zum Ausdruck kommenden Wertmaßstäbe selbständig weiter und zu Ende zu denken hat (RIS-Justiz RS0008836). Der äußerst mögliche Wortsinn steckt aber immer die Grenzen jeglicher Auslegung ab, die auch mit den sonstigen Interpretationsmethoden nicht überschritten werden darf (RIS-Justiz RS0008788 [T2]; RS0016495).

2.4.2. Richtig ist, dass es bei isolierter Betrachtung der Wortfolge „wegen eines Unfalles oder einer Krankheit“ durchaus denkbar wäre, dass damit jeweils ein einziger Unfall oder eine einheitliche Krankheit angesprochen sein könnte und daher der Begriff „eine“ hier nicht als bloßer unbestimmter (femininer) Artikel im Sinn von „irgendeine“ , sondern als Zählwort im Sinn von „eine einzige“ oder „eine bestimmte“ zu verstehen wäre.

Dass dem hier aber nicht so ist und dem Gesetzgeber die Unterscheidung zwischen unbestimmtem Artikel und konkretem Zählwort bei Fassung der Bestimmung auch bewusst war, ergibt sich bereits daraus, dass er diese Unterscheidung in Abs 5 leg cit sehr wohl trifft, wenn er dort von einer Dienstverhinderung wegen „einer Krankheit“ oder wegen „desselben Unfalls“ spricht. Hier wollte der Gesetzgeber offenbar ganz bewusst auf eine Dienstverhinderung wegen eines ganz bestimmten Unfalls abstellen und bediente sich hiefür – semantisch präzise – des Begriffs „desselben“ . Indem er aber in der unmittelbar vorangestellten Wortfolge „wegen einer Krankheit“ eben nicht von „derselben“ Krankheit spricht, wollte der Gesetzgeber hier ganz offenkundig eine konkrete Unterscheidung treffen. Anders kann die Verwendung dieser unterschiedlichen Begrifflichkeiten innerhalb eines Satzes hier nicht interpretiert werden.

Aber auch in Abs 1 leg cit hält sich der Gesetzgeber in Bezug auf Krankheiten als Ursache für Dienstverhinderungen allgemein, wenn er dort – anders als bei Unfall – überhaupt auf die Verwendung eines Artikels verzichtet und nur von einer Dienstverhinderung „wegen Krankheit“ spricht.

2.4.3. Auch das Argument der Schlechterstellung von krankheitsbedingten Krankenständen gegenüber solchen, die aus Unfällen resultieren, greift schon deshalb nicht, weil die hier zu beurteilende Regelung des § 51 Abs 8 I-VBG eben nicht zwischen krankheits- und unfallbedingten Krankenständen unterscheidet , sondern diese – ebenso wie die hier nicht relevanten Dienstverhinderungen nach Abs 7 leg cit – gleichsetzt; Abs 8 leg cit spricht – anders als Abs 5 leg cit – ja gerade nicht von einem Krankenstand wegen „desselben Unfalls“, sondern nur – wie oben bereits ausgeführt – wegen „eines Unfalls“. Nur weil § 51 I-VBG an anderer Stelle in einem anderen Zusammenhang – Abs 5 leg cit betrifft die Zusammenrechnung von Zeiten der Dienstverhinderung für die Ermittlung der Bezugsfortzahlung – auf einen Krankenstand aufgrund eines einzigen Unfalls abstellt, führt das nicht dazu, dass dies automatisch auch für die inhaltlich einen ganz anderen Themenkreis – nämlich die notwendige Dauer von Krankenständen für die ex lege Beendigung eines Dienstverhältnisses – regelnde Bestimmung des Abs 8 leg cit zu gelten hat. Es gilt vor allem auch zu beachten, dass die hier interessierende Zusammenrechnungsregel in Abs 8 Satz 2 leg cit an sich – wiederum anders als Abs 5 leg cit – überhaupt nicht auf den Grund der mehrmaligen, unterbrochenen Krankenstände abstellt, sondern nur bestimmt, dass bei der Berechnung der dort gefordert einjährigen Frist eine Dienstverhinderung, die innerhalb von sechs Monaten nach dem Wiederantritt des Dienstes eintritt, als Fortsetzung der früheren Dienstverhinderung (Anmerkung: unabhängig von deren Gründen) gilt.

2.4.4. Letztlich gilt es im Sinn der unter ErwGr 2.4.1. dargelegten Auslegungsgrundsätze auch den Zweck der hier zu beurteilenden Regelung zu beachten. Von der Rsp wird die Rechtfertigung derartiger Beendigungsbestimmungen wie der vorliegenden – wie auch für die Möglichkeit des Ausspruchs einer Kündigung wegen längerer Krankenstände – darin gesehen, dass wegen des vertretungsweise nicht mehr bewältigbaren Leistungsausfalls und der mangelnden Einsetzbarkeit der Arbeitskraft der Betrieb beeinträchtigt wird (vgl zum insoweit vergleichbar formulierten § 26 NÖ G-VBG die E 8 ObA 178/00k, in der das Höchstgericht auf die Rsp zu personenbezogenen Kündigungsgründen bei langandauernden Krankenständen und den Umstand, dass solche wegen des vertretungsweise nicht mehr bewältigbaren Leistungsausfalls üblicherweise auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr in Kauf genommen werden [RIS-Justiz RS0051801] verweist). Für die Erfüllung dieses Zwecks ist es aber unerheblich, ob ein (unter Berücksichtigung der Zusammenrechnungsregel) mehr als einjähriger Krankenstand nur aus einer einzigen Krankheit oder einem einzigen Unfall resultiert oder auf unterschiedlichen Ursachen fußt, zumal der Grund der Krankenstände für deren innerbetriebliche Auswirkungen, nämlich das permanente Vertretungserfordernis für die fehlende Arbeitskapazität, bedeutungslos ist. Auch unter Berücksichtigung dieses Aspekts kann das vom Kläger intendierte Auslegungsergebnis daher nicht erreicht werden.

3.1. Bei seiner Argumentation sowohl in der Beweis- als auch Rechtsrüge, es liege eine fristwidrige Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor, weil er sich zum Zeitpunkt der von der Beklagten avisierten Beendigung drei Monate nach Zustellung des Schreibens vom 23.2.2022 noch nicht ein Jahr, sondern erst 357 Tage im Krankenstand befunden habe, missversteht der Kläger offenbar, die Bedeutung und Wirkung der Beendigungsregel des § 51 Abs 8 I-VBG. Diese Bestimmung normiert nicht etwa einen besonderen Kündigungs-/Entlassungsgrund, sondern wird damit – unter der Voraussetzung der Verwirklichung der dortigen Resolutivbedingung – die Auflösung des Dienstverhältnisses kraft Gesetzes ( ex lege-Auflösung ) geregelt (vgl zu vergleichbaren [zum Teil landesgesetzlichen] Regelungen: 8 ObA 46/20b zu § 51 Abs 8 Tir LBedG; 8 ObA 43/09w zu § 60 Abs 2 NÖ L-VBG; 8 ObA 178/00k zu § 26 Abs 9 NÖ G-VBG; 9 ObA 5/21g zu § 22 Abs 10 [Grazer] G-VBG; RIS-Justiz RS0129049 allgemein und zu § 24 Abs 9 VBG). Damit bedurfte aber die Auflösung des Dienstverhältnisses unter Berufung auf § 51 Abs 8 I VBG keiner Beendigungs-erklärung, sondern kam es zur Beendigung des Dienstverhältnisse (durch Zeitablauf) zum Zeitpunkt des Eintritts der festgelegten Bedingung „zusammengerechneter einjähriger Krankenstand“ kraft Gesetzes (vgl 8 ObA 46/20b). Es bewirkte also nicht das Schreiben der Beklagten vom 23.2.2022 die Beendigung des Dienstverhältnisses, sondern ausschließlich der Eintritt der gesetzlich normierten Resolutivbedingung. Damit ist es aber auch unerheblich, dass der Krankenstand des Klägers am 25.5.2022 noch nicht ein Jahr angedauert hat; auf diesen Beendigungstermin beruft sich die Beklagte auch gar nicht.

3.2. Daran ändert auch die in § 51 Abs 8 Satz 3 I VBG festgelegte Verständigungspflicht , der die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 23.2.2022 nachgekommen ist, nichts. Diese Bestimmung verpflichtet den Dienstgeber nur, den Vertragsbedienstete spätestens drei Monate vor Ablauf der einjährigen Frist nachweislich vom bevorstehende Ende des Dienstverhältnisses zu verständigen . Bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass es sich dabei um eine für den Eintritt der Beendigungswirkung zwar notwendige Information des Dienstnehmers, aber nicht um eine Beendigungserklärung handelt. Satz 4 leg cit legt die Folgen einer verspäteten Verständigung fest; in diesem Fall endet das Dienstverhältnis erst drei Monate nach dieser Verständigung. Dass eine frühere Verständigung das Dienstverhältnis – fristwidrig – vor Ablauf der einjährigen Frist beenden würde, ergibt sich aus dieser Gesetzessystematik gerade nicht.

3.3. Damit erübrigt sich aber auch ein inhaltliches Eingehen auf die Beweisrüge des Klägers. Die von ihm gewünschte Ersatzfeststellung würde nämlich zu keinem anderen rechtlichen Ergebnis führen, zumal das Schreiben vom 23.2.2022 ohnehin keine Beendigung bewirkte, sondern nur der Erfüllung der vom Gesetz vorgesehenen Informationspflicht diente, worauf die Beklagte in ihrem Schreiben ebenso hinwies, wie auf den Umstand, dass die Beendigung des Dienstverhältnisses ex lege eintritt. Die Erledigung der Beweisrüge durch das Berufungsgericht kann daher unterbleiben, weil der vom Erstgericht festgestellte und der von der Beweisrüge angestrebte Sachverhalt zum gleichen rechtlichen Ergebnis führen würden. Die vom Rechtsmittelwerber gewünschte Feststellung ist nicht entscheidungswesentlich (RIS-Justiz RS0042386; RS0043190).

4.1. Im Zusammenhang mit der von ihm angenommenen fristwidrigen Beendigung kommt der Kläger auch auf die (verspätete) Verständigung des Behindertenausschusses zurück. Da der Kläger aufgrund des Bescheids des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen vom 25.4.2022 mit Wirkung ab 22.2.2022 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehörte, war die Beklagte nach § 8a BEinstG verpflichtet, (auch) den Behindertenausschuss spätestens drei Monate vor Ablauf der Einjahresfrist zu verständigen, um diesem die Möglichkeit zu geben, zur Zweckmäßigkeit einer Vereinbarung über die Fortsetzung des Dienstverhältnisses Stellung zu nehmen. Nach § 8a Satz 2 BEinstG wird die Beendigung des Dienstverhältnisses (ebenso wie bei einer verspäteten Verständigung des Dienstnehmers iSd § 51 Abs 8 I-VBG) – ungeachtet der dienstrechtlichen Vorschriften – frühestens drei Monate nach Einlangen der Verständigung beim Behindertenausschuss wirksam .

4.2. Hier erfolgte die Verständigung des Behindertenausschusses mit dort am 13.5.2022 eingelangtem Schreiben. Nach § 8a Satz 2 BEinstG wurde die Beendigung daher – wie von der Beklagten ohnehin angenommen – erst mit 13.8.2022 wirksam. Diese – hier aufgrund des (erst) am 9.5.2022 zugestellten Bescheids vom 25.4.2022 gar nicht früher mögliche – Verständigung des Behindertenausschusses steht der Beendigung des Dienstverhältnisses kraft Gesetzes jedoch nicht entgegen, sondern bewirkt lediglich, dass die Beendigung erst drei Monate nach der Verständigung wirksam werden konnte; die Nichtverständigung führt nur zu einem Hinausschieben des Endigungstermins . Nach der Rsp bestand das Dienstverhältnis bis zu dem durch die verspätete Verständigung des Behindertenausschusses ausgelösten Termin – hier dem 13.8.2022 – im Beendigungsstadium fort, wurde jedoch dadurch nicht darüber hinaus verlängert (vgl 9 ObA 5/21g Rn 6 zum insoweit gleichlautenden § 22 Abs 10 [Grazer] G VBG; 9 ObA 86/16i).

4.3. Das Fortbestehen des Dienstverhältnisses wurde auch nicht dadurch bewirkt, dass sich der Kläger einen Tag vor Ablauf des gemäß § 8a BEinstG hinausgeschobenen Endigungstermins wieder arbeitsbereit erklärte und seine Arbeitsunfähigkeit am 11.8.2022 geendet hatte. Nach der Rsp bewirkt § 8a BeinstG iVm § 51 Abs 8 I-VBG nämlich keine „rollierende Stichtagsregelung“ in dem Sinn, dass die Dienstunfähigkeit nicht nur zum durch den einjährigen Krankenstand ursprünglich ausgelösten Stichtag – hier dem 31.5.2022 – sondern auch noch zum durch die Verständigung des Behindertenausschusses ausgelösten Stichtag – hier dem 13.8.2022 – gegeben sein müsste (9 ObA 5/21g Rn 7ff). Für die Beendigung des Dienstverhältnisses ist daher der Bedingungseintritt zum ursprünglichen Stichtag 31.5.2022 ausreichend; wie bereits dargelegt, löste die verspätete Verständigung nur den Fortbestand des Dienstverhältnisses im Beendigungsstadium über den Einjahrestermin hinaus bis zum Ablauf der Dreimonatsfrist aus. Da es zwischen den Streitteilen auch nicht zum Abschluss einer wirksamen Verlängerungsvereinbarung kam und die Beklagte zudem nach der Mitteilung der Arbeitsbereitschaft des Klägers mit Schreiben vom 16.8.2022 klarstellte, dass das Arbeitsverhältnis am 13.8.2022 geendet hatte, bleibt in Anwendung der gesetzlichen Regelungen und der von der Judikatur entwickelten Grundsätze für die Annahme eines nach wie vor aufrechten Dienstverhältnis kein Raum (9 ObA 5/21g Rn 7ff).

5. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass das Höchstgericht – wie unter ErwGr 3.1. dargelegt – bereits mehrfach mit der Beurteilung gleichartiger Resolutivbedingungen wie jener im hier anzuwendenden § 51 Abs 8 I-VBG befasst war und ausdrücklich festgehalten hat, dass gegen deren Gültigkeit und Verfassungsmäßigkeit keine Bedenken bestehen (zuletzt zu § 51 Abs 8 Tir L-BedG 8 ObA 46/20b ErwGr 5; ausführlich zu §§ 24 Abs 9, 30 Abs 1 Z 6 VBG 9 ObA 66/13s ErwGr 5.; RIS-Justiz RS0129049). In der E 8 ObA 46/20b nahm der Oberste Gerichtshof auch bereits zur Vereinbarkeit derartiger Bestimmungen mit den Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (kurz Gleichbehandlungs-Rahmen-RL) Stellung und bejaht diese.

6.1. In der unterlassenen Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens samt Erstellung einer Zukunftsprognose sieht der Kläger ein willkürliches Vorgehen der Beklagten und ein Überschreiten des ihr vom Gesetz eingeräumten Ermessensspielraums.

6.2. Richtig ist, dass § 51 Abs 8 I-VBG ausdrücklich die Möglichkeit der Vereinbarung der Fortsetzung des Dienstverhältnisses trotz einjährigen Krankenstands vorsieht. Aus dem Gesetz ergibt sich aber weder eine Verpflichtung zum Abschluss einer Fortsetzungsvereinbarung – würde diese doch die gleichzeitig normierte Beendigung kraft Gesetzes weitgehend konterkarieren –, noch eine den Dienstgeber treffende Obliegenheit zur Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens oder Erstellung einer Zukunftsprognose. Wie bereits dargelegt (siehe ErwGr 3.1.) tritt die Beendigung des Dienstverhältnisses nach § 51 Abs 8 I-VBG bei Erfüllung der zeitlichen Komponente des einjährigen Krankenstands bereits ex lege ein und bedarf es dazu – mit Ausnahme der in dieser Entscheidung ebenfalls bereits behandelten Verständigungen – keiner weiteren Handlungen oder Erklärungen des Dienstgebers. Die Beendigung ist damit nicht von der Ausübung irgendeines Ermessens des Dienstgebers abhängig, sondern ausschließlich vom Zeitablauf. Der Beklagten ist darin beizupflichten, dass hier deshalb schon keine Überschreitung eines ihr eingeräumten Ermessensspielraums in Frage kommt, weil sie ihrerseits für die vom Gesetz vorgesehene automatische Beendigung keine Entscheidung zu treffen hat.

6.3. Aus der in der Praxis offenbar zum Teil geübte Gepflogenheit, im Zusammenhang mit einer bevorstehenden ex lege-Beendigung wegen langer Krankenstände ein amtsärztliches Gutachten einzuholen (vgl Ziehensack VBG-Praxiskommentar 28. Lfg 2018 § 24 VBG Rz 67) ergibt sich keinerlei Verpflichtung des Dienstgebers hiezu. Eine solche wird – soweit für das Berufungsgericht überblickbar – auch in der Literatur nicht vertreten. Um dem Dienstnehmer die Möglichkeit der Abwehr des Eintritts der gesetzlichen Folgen eines mehr als einjährigen Krankenstands zu bieten, und zu verhindern, dass er vom Eintritt dieser Folgen überrascht wird, hat der Landesgesetzgeber ohnehin die Verständigungspflicht vorgesehen. Auch aus diesem Blickwinkel schlägt die Rechtsrüge des Klägers daher nicht durch.

7.1. Abschließend bemängelt der Kläger noch die Festsetzung des Streitwerts mit EUR 120.000,-- durch das Erstgericht. § 58 Abs 2 JN gelange zwar zur Anwendung, das Erstgericht habe aber übersehen, dass der Kläger nicht sein gesamtes Jahreseinkommen in der Höhe von EUR 40.000,-- verliere, sondern nur die Differenz zwischen seinem bisherigen und seinem nunmehrigen Einkommen. Nur diese Differenz sei als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

7.2. Mangels weiterer Erklärungen ist für das Berufungsgericht nicht erkennbar, was der Kläger mit diesen Ausführungen konkret bezweckt. Dass die Festsetzung des Streitwerts hier keinen Einfluss auf die Gerichtszuständigkeit hat, bedarf keiner näheren Erörterung.

7.3. Sehr wohl eine Auswirkung hat die Streitwertfestsetzung allerdings auf die Höhe des wechselseitigen Kostenersatzes iSd §§ 2 Abs 1 ASGG, 41ff ZPO. Sofern die Berufungsausführungen diesen Aspekt im Blick haben, kann sich das Berufungsgericht mit einem Verweis auf den Rechtsmittelausschluss des § 7 Abs 2 letzter Satz RATG begnügen; die infolge der hier bei erster Gelegenheit erfolgten Streitwertbemängelung iSd § 7 Abs 1 RATG (vgl Schriftsatz ON 3) vorgenommene Streitwertfestsetzung nach § 7 Abs 2 RATG ist unanfechtbar.

7.4. Zudem entspricht die Festsetzung des Streitwerts durch das Erstgericht der höchstgerichtlichen Judikatur. Auch wenn diese Ansicht in der Lehre zum Teil kritisch gesehen wird, ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs das Interesse an der Feststellung des aufrechten Bestands eines Arbeitsverhältnisses unter sinngemäßer Anwendung des § 58 Abs 2 JN zu berechnen und jedenfalls (zumindest) mit dem 3-fachen Jahresbezug zu bewerten (8 ObA 75/04w; RIS-Justiz RS0042257 [insb T3]). Damit unterliegt die vorliegenden Klage aber nicht der Bewertungsfreiheit durch den Kläger, sondern ist – auch unabhängig von der hier ohnehin vorgenommenen Streitwertbemängelung nach § 7 RATG – für die Ermittlung des Prozesskostenersatzes auf den Zwangsstreitwert des § 58 Abs 2 JN abzustellen (8 ObA 75/04w). Die Ansicht des Klägers, es komme auf seinen Einkommensverlust an, ist verfehlt und mit § 58 Abs 2 JN sowie obiger Rechtsprechung nicht in Einklang zu bringen. Danach ist ausschließlich auf den Jahresbezug und nicht eine Entgeltdifferenz abzustellen.

Nur der Vollständigkeit halber festzuhalten ist – wie auch das Erstgericht richtig ausgeführt hat –, dass sich die Pauschalgebühr demgegenüber nach der Bemessungsgrundlage des § 16 Abs 1 Z 1 a) GGG mit EUR 750,-- bemisst (8 ObA 75/04w).

8. Der Berufung des Klägers kommt daher insgesamt keine Berechtigung zu.

9. Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren gr ündet auf den §§ 2 Abs 1 ASGG, 50 Abs 1, 41, 40 ZPO. Der unterlegene Kläger hat der Beklagten die rechtzeitig und (auf Basis eines Streitwerts von EUR 120.000,-- [vgl ErwGr 7.1. bis 7.4.]) nicht überhöht verzeichneten Kosten ihrer Berufungsbeantwortung zu ersetzen.

10. Das Berufungsgericht konnte sich – wie durch die Zitate belegt – in allen erheblichen Rechtsfragen auf eine einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stützen, von der es nicht abgewichen ist. Eine erhebliche Rechtsfrage in der von den §§ 2 Abs 1 ASGG, 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität war daher in diesem Berufungsverfahren nicht zu lösen. Der weitere Rechtszug nach dieser Gesetzesstelle erweist sich damit als nicht zulässig, worüber gemäß den §§ 2 Abs 1 ASGG, 500 Abs 2 Z 3 ZPO ein eigener Ausspruch in den Tenor der Berufungsentscheidung aufzunehmen war.

II. Zum Kostenrekurs des Klägers:

1. Der ausschließlich gegen die Nichthonorierung des Schriftsatzes vom 2.1.2023 (ON 13) gerichtete Kostenrekurs ist berechtigt. Das Erstgericht begründet die Nichthonorierung des Schriftsatzes damit, dieser sei nicht aufgetragen und auch nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen, zumal er „nichts“ enthalten habe, was nicht auch in der vorbereitenden Tagsatzung vorgebracht hätte werden können.

2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass der Schriftsatz ON 13 noch vor der vorbereitenden Tagsatzung und unter Einhaltung der in § 257 Abs 3 ZPO vorgesehenen Frist (Tagsatzungstermin am 24.1.2023, Einbringungsdatum des Schriftsatzes 2.1.2023) eingebracht wurde. Aus diesem Gesichtspunkt steht der Entlohnung des Schriftsatzes daher nichts entgegen. Das RATG sieht eine Entlohnung von nach § 257 Abs 3 ZPO zulässigen Schriftsätzen gemäß TP 3.A.I.1.d) vor.

2.2. Richtig ist aber, dass Schriftsätze – wie auch andere Prozesshandlungen – nur unter dem Erfordernis ihrer Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit zu honorieren sind; es besteht niemals eine Ersatzpflicht, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung nicht notwendig oder zweckmäßig waren. Schriftsätze sind nicht schon allein deshalb zu honorieren, weil sie prozessual zulässig waren (1 Ob 151/97f; Obermaier , Kostenhandbuch 3 3.56 mwN). Vielmehr sind auch Schriftsätze iSd § 257 Abs 3 ZPO, deren Inhalt im Hinblick auf die Prozessförderungspflicht (§ 178 ZPO) ohne Einbuße an Rechtsschutz schon früher oder später im Verfahren, gemeinsam mit dem Vorbringen in einem anderen Schriftsatz oder in einer Tagsatzung vorgetragen hätte werden können, nicht zu honorieren. Ein Replizieren auf einen Schriftsatz des Gegners ist etwa dann erforderlich, wenn darin neues, insb unerwartetes Vorbringen enthalten ist ( Obermaier aaO Rz 3.64).

2.3. Genau dieser letztgenannte Fall trifft hier zu. Die Klage war relativ kurz gehalten. Der Kläger hat sich dort zwar bereits auf den Standpunkt gestellt, es sei eine Fortsetzungsvereinbarung geschlossen worden; insbesondere die – auch in der Berufung aufrecht erhaltene – Auffassung, die Krankenstände seien aufgrund ihrer unterschiedlichen Ursachen und der in § 51 Abs 8 I-VBG gewählten Diktion nicht zusammenzurechnen, vertrat er aber erstmals im vorbereitenden Schriftsatz vom 24.11.2022 (ON 11 Pkt 4.). Ebenfalls erstmals in diesem Schriftsatz – und nicht bereits in der Klage – relevierte er, er hätte aufgrund der ihm gegenüber erfolgten Verständigungen nicht erkennen könnten, dass er den Dienst bereits bis 31.5.2022 wieder antreten hätte müssen und auch die Beklagte sei aufgrund des Einschreitens des Amtsarztes bis Ende Juni 2021 [gemeint wohl Juni 2022] nicht von der Beendigung des Dienstverhältnisses überzeugt gewesen (ON 11 Pkt 6.). Im Hinblick auf diese in der Klage noch nicht, sondern erstmals im Schriftsatz ON 11 vertretenen Standpunkte musste es der Beklagten aber nicht nur aus rein prozessualer (§ 257 Abs 3 ZPO), sondern auch aus kostenrechtlicher Sicht möglich und erlaubt sein, auf dieses Vorbringen schriftlich zu replizieren. Ungeachtet der (unnötigen) Weitwendigkeit der Ausführungen des Beklagtenvertreters insbesondere zum Bedeutungsinhalt von § 51 Abs 8 I-VBG war der Schriftsatz schon deshalb zweckmäßig, weil dadurch dem Gericht eine entsprechende Vorbereitung auf die Tagsatzung unter Berücksichtigung aller Argumente beider Seiten möglich war, was bei einer Erstattung des Vorbringens erst in der Tagsatzung nicht der Fall gewesen wäre. Damit ist auch der Schriftsatz vom 2.1.2023 (ON 13) ersatzfähig, weshalb dem – auf diese eine Frage beschränkten – Kostenrekurs Folge zu geben und die angefochtene Kostenentscheidung wie im Spruch abzuändern war.

2.4. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass der Beklagten in ihrem Rekursantrag offenbar insofern ein Schreibfehler unterlaufen ist, als sie dort einen Prozesskostenersatz von insgesamt EUR 6.4 9 4,14 anspricht. Dass es sich dabei lediglich um einen Schreibfehler handelt, ergibt sich zwanglos daraus, dass die Beklagte im Verfahren erster Instanz nur EUR 6.4 8 4,14 verzeichnet hat (siehe Kostenverzeichnis ON 14.3) und damit korrespondierend auch in ihrer Rechtsmittelerklärung eingangs des Rekurses den Anfechtungsumfang dahin umschreibt, als sie anstatt des vom Erstgericht zuerkannten Ersatzes von EUR 4.865,04 einen solchen – wie im Kostenverzeichnis ON 14.3 verzeichnet – von EUR 6.4 8 4,14 begehrt. Der Schreib-/Übertragungsfehler im Rechtsmittelantrag ist daher bei richtiger Interpretation des Rechtsmittels dahin, dass tatsächlich ein Kostenzuspruch von EUR 6.4 8 4,14 beantragt wird, unerheblich.

3. Die Kostenentscheidung im Rekursverfahren gründet auf den §§ 2 Abs 1 ASGG, 50, 40, 41 ZPO. Aufgrund ihres Obsiegens hat die Beklagten Anspruch auf Ersatz der tarifgemäß verzeichneten Rekurskosten.

4. Die absolute Unzulässigkeit eines weiteren Rechtszugs im Kostenpunkt ergibt sich aus §§ 2 Abs 1 ZPO, 528 Abs 2 Z 3 ZPO, worüber gesondert abzusprechen war (§§ 2 Abs 1 ZPO, 526 Abs 3, 500 Abs 2 Z 2 ZPO).

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