JudikaturOLG Innsbruck

13Ra4/23w – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
25. April 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Kohlegger als Vorsitzenden und die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Pirchmoser sowie den Richter des Oberlandesgerichts MMag. Dr. Dobler und die fachkundigen Laienrichter AD in RR in Irene Rapp (aus dem Kreis der Arbeitgeber) sowie AD in RR in Sabine Weber (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Mitglieder des Senats in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1. A* , geb am **, Geschäftsführer in **, **straße **, und 2. B* , geb am **, ohne Beschäftigungsbezeichnung, C*, **gasse **, beide vertreten durch Dr. Martin Wuelz, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, gegen die beklagte Partei D* GmbH , FN E*, C*, **-Gasse **, vertreten durch Mag. Alexander Swancar, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, wegen Feststellung, über die Berufung der beklagten Partei (ON 10) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 1.9.2022, 79 Cga 30/22p 8, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird k e i n e Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen zu Handen des Klagsvertreters jeweils die mit EUR 1.702,08 (darin enthalten EUR 283,68 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die (ordentliche) Revision ist n i c h t zulässig.

Entscheidungsgründe:

Text

Die Kläger waren bei der Beklagten aufgrund der Arbeitsverträge vom 4.5.2021 und 20.8.2020 beschäftigt. Als Monatsentgelt waren mit dem Erstkläger EUR 1.900,-- netto und ab 1.12.2020 EUR 2.200,-- netto (im Jahr 2022 brutto EUR 3.254,96) und mit dem Zweitkläger EUR 1.800,-- netto (im Jahr 2022 brutto EUR 2.519,05) je zuzüglich Sonderzahlungen vereinbart.

In beiden Arbeitsverträgen (je Pkt 12.) sind nachstehende Konkurrenzklauseln enthalten:

„Konkurrenzklausel

Gemäß § 36 AngG wird vereinbart, dass für einen Zeitraum eines Jahres nach Ausscheiden aus dem Dienst keine Tätigkeit im Geschäftszweig und im Einzugsgebiet des Arbeitgebers ausgeübt werden darf. Für den Fall des Zuwiderhandelns gegen diese Konkurrenzklausel wird die sofortige Zahlung einer Konventionalstrafe in der Höhe des 12-fachen letzten Monatsentgeltes vereinbart.“

Nachdem die Arbeitsverhältnisse jeweils zum 25.2.2022 einvernehmlich aufgelöst worden waren, gründeten die Kläger das Unternehmen F* GmbH, das zu FN G* in das Firmenbuch eingetragen ist. Beide Kläger sind Gesellschafter, der Erstkläger zudem Geschäftsführer.

Am 29.3.2022 brachte die Beklagte gegen die F* GmbH zu 69 Cg 31/22z LG Innsbruck einen mit 28.3.2022 datierten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein. Darin brachte die Beklagte - soweit in diesem Verfahren relevant - vor (die Parteibezeichnungen im dortigen Provisorialverfahren sind nachstehend beibehalten):

„Die Gegnerin der gefährdeten Partei (folgend als „Gegnerin“ bezeichnet) wurde von ehemaligen Mitarbeitern der gefährdeten Partei gegründet. Sämtliche Gesellschafter der Gegnerin - A*, H* und B* – waren bei der gefährdeten Partei in den letzten Jahren angestellt; in den Arbeitsverträgen wurden Konkurrenzklauseln wirksam vereinbart. Die Gesellschafter B* und H* haben die gefährdete Partei per 25.02.2022 verlassen.

[…]

Die Gegnerin tritt aktuell bei Kunden der gefährdeten Partei auf und versuchen diese aggressiv abzuwerben. Als ehemalige Mitarbeiter der gefährdeten Partei, haben die Gesellschafter der Gegnerin umfangreiche Kenntnis über die Kundenliste der gefährdeten Partei und nutzen dieses Wissen zum Vorteil der Gegnerin und damit wiederum zum persönlichen wirtschaftlichen Vorteil als Gesellschafter.

[…]

Da es sich, wie bereits ausgeführt, bei den Gesellschaftern der Gegnerin um ehemalige Mitarbeiter der gefährdeten Partei handelt, welche zudem mit den Arbeitsverträgen eine Konkurrenzklausel akzeptiert haben, ist der aktuell in Vorteil gezogene Wissensstand über den Bestand auf der Kundenliste der gefährdeten Partei [mit Stand 25.5.2022] auf schlussendlich unlautere Weise zustande gekommen, welche den Wettbewerb verfälscht und deshalb wettbewerbswidriges Verhalten im Sinne des unzulässigen Eindringen in den Kundenkreis von Mitbewerbern darstellt.

[…]

Im Rahmen des aggressiven Abwerbeversuches [bei einem Kunden der gefährdeten Partei] , hat der Gesellschafter der Gegnerin die gefährdete Partei im Sinne des § 7 UWG herabgesetzt.

[…]

[…]

Die gefährdete Partei bereitet aktuell eine Klage auf Unterlassung und Schadenersatz vor. Aufgrund der zeitlichen und wirtschaftlichen Notwendigkeit wegen des aggressiven wettbewerbswidrigen Verhaltens der Gegnerin, war der vorliegende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Rahmen des Provisorialverfahrens vorzuziehen.

[…]

Es wird gestellt der

Antrag

auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung

Mit Beschluss vom 1.4.2022 gab das LG Innsbruck dem Provisorialantrag teilweise statt, teilweise wies es ihn ab.

Gegen den abweisenden Teil erhob die Beklagte am 19.4.2022 einen Rekurs mit auszugsweise folgendem Inhalt:

[…]

Die gefährdete Partei hat in ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung I* konkret und unzweifelhaft als „Kunden“ der gefährdeten Partei bezeichnet. Dieses Tatsachenvorbringen ist zum Zweck der Erlassung einer einstweiligen Verfügung im gegenständlichen Provisorialverfahren ausreichend, weil es im gegenständlichen Verfahren keiner Bescheinigung der Gefährdung bedarf. Die gefährdete Partei hat den bereits begangenen oder drohenden Wettbewerbsverstoß und somit die Grundlage für ihren Anspruch glaubhaft zu machen; im Antrag der gefährdeten Partei gelang dies ausreichend.

Die gefährdete Partei hat in ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die (wettbewerbsvorbelastete) Beziehung zur Gegnerin konkret geschildert und mit Bescheinigungsmitteln belegt. Insbesondere wurden die früheren Arbeitsverträge sämtlicher nunmehriger Gesellschafter der Gegnerin, welche diese mit der gefährdeten Partei zuvor eingingen, sowie die Vereinbarungen zur einvernehmlichen Auflösung dieser Arbeitsverträge dem Gericht vorgelegt.

Im Antrag der gefährdeten Partei wurde auf die Existenz von Konkurrenzklauseln in diesen Arbeitsverträgen der ehemaligen Mitarbeiter und nunmehrigen Gesellschafter der Gegnerin hingewiesen. Der geschilderte unmittelbare zeitliche Zusammenhang zwischen dem Abgang der genannten Mitarbeiter und der durch diese bewerkstelligte Gründung der Gegnerin fand im Antrag der gefährdeten Partei hinreichend Erwähnung.

Bereits aus diesem bescheinigten Tatsachenvorbringen ergibt sich die glaubhafte Gefährdung der Partei; einerseits (i) handelt es sich bei sämtlichen Gesellschaftern der Gegnerin um ehemalige Mitarbeiter der gefährdeten Partei, außerdem (ii) handelt es sich bei der Gegnerin um ein direktes Konkurrenzunternehmen der gefährdeten Partei und haben (iii) die nunmehrigen Gesellschafter der Gegnerin schon mit der Gründung der gemeinsamen Gesellschaft gegen das vertragliche Konkurrenzverbot verstoßen.

Aus dem bescheinigten Bruch der vertraglichen Vereinbarung eines Konkurrenzverbotes, lässt sich ohne die Notwendigkeit einer weiteren Konkretisierung bzw. konkretisierender Bescheinigung - wie vom Erstgericht gefordert - ein (weiterer) drohender Wettbewerbsverstoß glaubhaft ableiten.

[…]

Zwischenweilig brachte die Beklagte am 27.4.2022 auch eine Unterlassungsklage gegen die F* GmbH ein (69 Cg 69/22z früher 69 Cg 31/22s).

Das OLG Innsbruck gab dem Rekurs der Beklagten mit Beschluss vom 19.5.2022, 2 R 71/22s, mit folgender auszugsweise wiedergegebener Begründung keine Folge:

[…]

Aus den Ausführungen, es handle sich bei sämtlichen Gesellschaftern der Gegnerin um ehemalige Mitarbeiter der gefährdeten Partei, die Gegnerin sei ein direktes Konkurrenzunternehmen und es hätten die nunmehrigen Gesellschafter schon mit der Gründung der gemeinsamen Gesellschaft gegen das vertragliche Konkurrenzverbot verstoßen, ist für die Rekurswerberin nichts zu gewinnen:

Die Sicherungsbegehren sind auf das Verbot diverser Äußerungen, das Abwerben von Kunden aus der Kundenliste mit Bestand 25.2.2022 und auf das Verbot, bereits angesprochene Kunden zum Vertragsbruch zu verleiten, gerichtet. Allein mit der Gründung der Gegnerin - mögen die Gesellschafter damit auch beabsichtigen, in der Folge entgegen dem vertraglichen Konkurrenzverbot tätig zu werden - haben die Gesellschafter noch nicht die inkriminierten Verhaltensweisen gesetzt; die bloße Unternehmensgründung umfasst nicht die konkreten, von den Sicherungsbegehren umfassten wettbewerbswidrigen Handlungen.

[…]

Von diesem Sachverhalt muss das Berufungsgericht - als vom Rechtsmittel nicht tangiert - gemäß § 2 Abs 1 ASGG, 498 Abs 1 ZPO ausgehen.

Mit der am 24.5.2022 beim Erstgericht eingelangten Klage begehren die Kläger gegenüber der Beklagten für diese kostenpflichtig die Feststellung, „dass die im Arbeitsvertrag“ vom 20.8.2020 (Erstkläger) bzw 4.5.2021 (Zweitkläger) jeweils „zu Punkt 12. getroffene Konkurrenzklausel“ mit dem in der Klage wörtlich wiedergegebenen Inhalt (wie oben bereits kursiv wiedergegeben) „nichtig ist“ . Dazu bringen die Kläger, soweit für das Verständnis der Berufungsentscheidung wesentlich, vor, die Konkurrenzklauseln seien gemäß § 36 Abs 2 AngG wegen Nichterreichung der Entgeltgrenze (20 faches der Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 ASVG) unwirksam. Die Entgeltgrenze wäre bei brutto EUR 3.780,-- gelegen, die nicht erreicht gewesen sei. Das Feststellungsinteresse der Kläger ergebe sich daraus, dass die Beklagte die in den beiden Arbeitsverträgen enthaltenen Konkurrenzklauseln gegen die Kläger verwende. Im Provisorialverfahren habe die Beklagte sich auf den Verstoß der Kläger gegen die Konkurrenzklauseln berufen. Dasselbe gelte für die mittlerweile eingebrachte Unterlassungsklage gegen das Unternehmen der Kläger.

Solange die unwirksamen Konkurrenzklauseln nicht mit der Wirkung eines Feststellungsurteils für nichtig erklärt würden, könnte die Beklagte diese Klauseln weiter gegen die Kläger instrumentalisieren und ihre Rechtssphären beeinträchtigen. Die Beklagte habe durch ihren Provisorialantrag und ihre Unterlassungsklage eine erhebliche objektive Ungewissheit über den Bestand der Konkurrenzklauseln geschaffen, der nicht anders als durch die Rechtskraftwirkung eines der Klage stattgebenden Feststellungsurteils beseitigt werden könne. Im Übrigen sei § 36 AngG zwingend und die Aufrechterhaltung einer Konkurrenzklausel, die gegen diese zwingende Bestimmung verstoße, begründe per se ein Feststellungsinteresse der Kläger.

Die Beklagte bestreitet, beantragt kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete, soweit hier wesentlich, ein: Ein rechtliches Interesse der Kläger an den begehrten Feststellungen liege nicht vor. Das Vorbringen im Provisorialverfahren vermittle kein Feststellungsinteresse. Das OLG Innsbruck habe in der Rekursentscheidung 2 R 71/22s klargestellt, dass allein durch die behauptete Gründung des Konkurrenzunternehmens keine Verletzung der vertraglichen Konkurrenzverbote erfolgt sei. Spätestens seit dieser Entscheidung falle damit das Feststellungsinteresse der Kläger weg. Soweit sich die Kläger auf das Vorbringen in der Unterlassungsklage beriefen, gehe dieses über die ursprünglichen Behauptungen betreffend das Verhalten der Beklagten im Provisorialverfahren hinaus und stelle eine unzulässige Klagsänderung dar. Die Beklagten beabsichtigten nur, sich einen prozessualen Vorteil im Unterlassungsprozess zu verschaffen, was für ein Feststellungsinteresse nicht ausreiche.

Mit dem bekämpften Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren kostenpflichtig statt. Diesem Erkenntnis legte das Erstgericht neben dem eingangs der Berufungsentscheidung wiedergegeben, unstrittigen auch noch den auf den S 5 10 der Urschrift bzw der Ausfertigungen ON 8 enthaltenen Sachverhalt zugrunde, auf den gemäß den §§ 2 Abs 1 ASGG, 500a ZPO verwiesen werden kann.

Rechtliche Beurteilung

In rechtlicher Beurteilung vertrat das Erstgericht die Auffassung, die Konkurrenzklauseln verstießen gegen die zwingende Norm des § 36 Abs 2 AngG, weil das Einkommen der Kläger die Entgeltgrenze des 20 fachen der täglichen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 ASVG weder bei Begründung der Konkurrenzklauseln noch im Jahr 2022 überschritten habe. Was das Feststellungsinteresse anlange, liege ein der Entscheidung 6 Ob 509/81 vergleichbarer Fall vor. Dort hätte der Kläger [Anm.: ein früherer offener Gesellschafter einer früheren OHG mit ua dem Beklagten] die Feststellung begehrt, er sei [auch solange er die Stellung eines OHG-Gesellschafters innegehabt hat] nicht an ein Konkurrenzverbot gebunden [gewesen], soweit er eine Tätigkeit außerhalb des Territoriums der Republik Österreich ausgeübt habe. Im Gesellschaftsvertrag sei die Reichweite des Konkurrenzverbots nämlich auf den innerösterreichischen Bereich beschränkt gewesen. Die am Handelsgericht Wien verfolgten Schadenersatzansprüche gegen ihn beträfen angebliche Verletzungen des Konkurrenzverbots, die tatsächlich außerhalb Österreichs erfolgt seien und daher vom Konkurrenzverbot nicht erfasst wären. Der Oberste Gerichtshof habe in diesem Vorverfahren die Auffassung vertreten, es liege infolge des Verhaltens des Beklagten, nämlich der Behauptung des auch für außerösterreichische Aktivitäten des Klägers wirksamen Konkurrenzverbots, eine objektive Ungewissheit über den Bestand bzw über den Umfang des Konkurrenzverbots [das den dispositiven § 112 HGB = UGB in Pkt 16. des Gesellschaftsvertrags zulässigerweise abändere] vor, der durch die Rechtskraftwirkung eines positiven Feststellungsurteils beseitigt werden könne. Das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung sei daher ohne Rücksicht darauf zu bejahen, ob der Beklagte auch noch Schadenersatzansprüche gegen den Kläger geltend machen wolle.

Auch im vorliegenden Fall habe die Beklagte durch Einbringung ihres Provisorialantrags gegen die von den Klägern gegründete Gesellschaft und auch die nachfolgende Unterlassungsklage gegen diese behauptet, die Konkurrenzklauseln in den Arbeitsverträgen der Kläger seien wirksam. Damit habe die Beklagte eine vergleichbare Ungewissheit wie im Präzedenzverfahren über den Bestand und den Umfang der Konkurrenzklauseln geschaffen, sodass dem Feststellungsbegehren aus diesem Grund stattzugeben sei.

Gegen diese Entscheidung wendet sich nunmehr die (rechtzeitige) Berufung des Beklagten aus den Rechtsmittelgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer vollständigen und kostenpflichtigen Klagsabweisung abzuändern (ON 10 S 7).

In ihrer (fristgerechten) Berufungsbeantwortung beantragen die Kläger , dem gegnerischen Rechtsmittel den Erfolg zu versagen (ON 12 S 6 f).

Nach Art und Inhalt der geltend gemachten Anfechtungsgründe war die Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung entbehrlich. Über das Rechtsmittel war daher in nichtöffentlicher Sitzung zu befinden (§§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO). Dabei erwies es sich aus nachstehenden Erwägungen als unbegründet:

A) Zur Mängelrüge:

1.: Unter dem Rechtsmittelgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens macht die Beklagte zusammengefasst geltend, das Erstgericht habe es zu Unrecht unterlassen zu erörtern, dass seiner Ansicht nach ein ausschließlich auf das Thema der Rechtsfrage des Vorliegens des rechtlichen Interesses fokussiertes bestreitendes Vorbringen nicht ausreiche, um eine Klagsabweisung zu erreichen. Im Fall einer solchen Erörterung dieser Rechtsansicht des Erstgerichts hätte die Beklagte vorgebracht, dass die mit den Klägern vereinbarten Konkurrenzklauseln „nicht wirksam sind und dies von [ihr] zugestanden wird“ (ON 10 S 2 f). Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt aber tatsächlich nicht vor:

2.: Auch die Pflichten nach den §§ 2 Abs 1 ASGG, 182, 182a ZPO bezwecken nicht, das Gericht zur Erörterung eines Vorbringens einer Partei zu zwingen, dessen Schwächen bereits eine andere Partei aufgezeigt hat (2 Ob 139/18g ErwGr 4.; 4 Ob 76/16x ErwGr 3.7.; RIS Justiz RS0122365). Ist die eine angeblich unzureichende Erörterung geltend machende Partei bereits im erstinstanzlichen Verfahren mit einem hinreichend deutlichen gegenteiligen Vorbringen des Gegners konfrontiert, bedarf es keiner weiteren richterlichen Anleitung zu ergänzendem bzw präzisierendem Vorbringen mehr (3 Ob 36/20w ErwGr 5.; 2 Ob 139/18g ErwGr 4.; 9 ObA 22/18b ErwGr 1.; 6 Ob 89/18h ErwGr 1.).

3.: Die Kläger hatten nun eingangs der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 1.9.2022 ausdrücklich vorgebracht, dass die Beklagte - wie sich aus dem Verfahren 69 Cg 31/22s LG Innsbruck und insbesondere der dort erstatteten Rekursbeantwortung ergebe - „die Nichtigkeit ihres Vertrages nicht einsieht und der Ansicht ist, dass der Vertrag vollinhaltlich aufrecht ist. Auch aus der Tatsache, dass im gegenständlichen Verfahren nicht die Nichtigkeit des Vertrages anerkannt wird, soweit er die Konkurrenzklausel betrifft, indiziert das Festhalten der beklagten Partei am teilnichtigen Arbeitsvertrag und ist bereits dadurch das […] Feststellungsinteresse […] gegeben“ (ON 7.1 S 3 erster Absatz).

4.: Die Frage, ob ein konkretes Parteivorbringen erstattet wurde, stellt grundsätzlich eine solche des individuellen Einzelfalls dar (1 Ob 131/22d Rn 14; RIS Justiz RS0042828 [T1]). Die Auslegung einer Prozesshandlung erfolgt nach ihrem objektiven Erklärungswert. Es kommt darauf an, wie sie unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Prozesszwecks und der Prozess- und Aktenlage im Prozesshandlungszeitpunkt objektiv verstanden werden muss (1 Ob 131/22d Rn 13; 8 ObA 12/22f Rn 9; vgl RIS Justiz RS0037416; RS0097531; RS0017881). Nach diesen Prinzipien kann diesem Vorbringen der Beklagten eindeutig der Schluss abgeleitet werden, wonach die Kläger geltend machen wollten, die Beklagte akzeptiere die Unwirksamkeit/Nichtigkeit der Konkurrenzklauseln nicht und gehe nach wie vor von deren Bestand aus. Angesichts dieses klaren Parteivorbringens der Kläger hatte die Beklagte ihren Prozesstandpunkt selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen aus diesem Sachvortrag der Kläger zu ziehen (3 Ob 36/20w ErwGr 5.; 2 Ob 17/19t ErwGr II.5.2.; 2 Ob 139/18g ErwGr 4.; 9 ObA 22/18b ErwGr 1.; 6 Ob 89/18h ErwGr 1.; RIS Justiz RS0122365 [T3, T4]).

5.: Die Mängelrüge der Berufung muss daher versagen.

B) Zur Rechtsrüge:

1.: Vorauszuschicken ist, dass das oben wiedergegebene Klagebegehren beider Kläger - wie gleich näher zu begründen ist - eine sog negative Feststellungsklage darstellt. Das Begehren muss deshalb schon aus folgenden Überlegungen abgewiesen werden. Allerdings ist die Berufung auch dann nicht erfolgreich, wenn man - wie das Erstgericht (und die Berufung) - von einer positiven Feststellungsklage ausgeht (unten 2.).

1.1.: Die positive Feststellungsklage ist auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechts - allenfalls eines quantitativen Teilaspekts davon (RIS Justiz RS0039117) - gerichtet und der Kläger begehrt mit ihr eine bejahende Feststellung des Gerichts. Mit der negativen Feststellungsklage strebt ein Kläger hingegen die urteilsmäßige Feststellung an, dass ein bestimmtes Rechtsverhältnis im Verhältnis zum Beklagten nicht besteht, dass ein vom Beklagten gegenüber dem Kläger behauptetes Recht nicht besteht oder dass diesem das behauptete Recht nicht zusteht ( Frauenberger-Feiler in Fasching/Konecny ZPO³ III/1 [2017] § 228 Rz 28). Ob nun eine positive oder negative Feststellungsklage vorliegt, muss - wie generell die Frage, ob eine Feststellungsklage oder ein anderer Klagstypus vorliegt - nicht allein nach dem Wortlaut des Klagebegehrens, sondern auch nach dem gesamten Klagsvorbringen und dem diesem zugrunde liegenden Rechtsschutzzweck beurteilt werden ( Frauenberger-Pfeiler aaO).

1.2.: Wie in der Berufung selbst - wenn auch in anderem Zusammenhang und dort mit anderem Ergebnis - betont wird, wollen die Kläger gerichtlicherseits geklärt und festgestellt wissen, dass die zwischen den Streitteilen in den beiden Arbeitsverträgen vereinbarten Konkurrenzklauseln unwirksam sind (zB ON 10 S 3 zweiter Absatz). Tatsächlich ergibt sich aus dem Parteivorbringen der Kläger mehr als eindeutig, dass ihrer Ansicht nach die ihnen überbundenen Beschränkungen in den Konkurrenzklauseln unwirksam sind, die Beklagte an den ihrer Ansicht nach teilnichtigen Teilen der beiden Arbeitsverträge - nämlich den selbstständigen Konkurrenzklauseln - festhalten will und die Beklagte letztlich durch das Verfahren 69 Cg 31/22s und die dort erhobene einstweilige Verfügung nach wie vor den Standpunkt der Gültigkeit/Verbindlichkeit der Konkurrenzklausel vertrete, was Arbeitnehmer, wie die Kläger, nicht hinnehmen müssten (ON 7.1 S 2 letzter Absatz, S 3 erster Absatz). Es ist den Klägern also zusammengefasst daran gelegen, die Rechtswirksamkeit der beiden Konkurrenzklauseln durch die begehrte gerichtliche Feststellung zu beseitigen, also festzustellen, dass die Konkurrenzklausel unwirksam ist, das daraus allenfalls von der Beklagten abgeleitete Konkurrenzklauselverhältnis und der daraus deduzierte im Parallelverfahren von der Beklagten aktiv geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht besteht.

1.3.: Insgesamt betrachtet liegt daher aufgrund all dieser Kriterien eine negative Feststellungsklage vor.

1.4.: Eine negative Feststellungsklage bedarf des rechtlichen Interesses an der Feststellung des Nichtbestehens eines Rechts oder Rechtsverhältnisses. Dafür stellt die Rechtsprechung drei Voraussetzungen auf (RIS Justiz RS0039096):

1.4.1.: Zunächst muss der Beklagte behaupten, das Recht - dessen Nichtbestehen festgestellt werden soll - gegenüber dem Kläger zu haben (10 Ob 47/20i Rn 21). Es genügt dazu eine den Kläger belastende fälschliche Berühmung (9 Ob 69/21v Rn 21; 10 Ob 47/20i Rn 21). An die Frage der Klärungsbedürftigkeit des Rechts oder Rechtsverhältnisses ist dabei kein allzu strenger Maßstab anzulegen (10 Ob 47/20i Rn 21 aE; 8 Ob 137/19h ErwGr 1.1.; RIS Justiz RS0038908 [T12]). Es ist dabei gleichgültig, ob ein solches Recht im Einzelfall überhaupt bestehen kann, also objektiv gesehen möglich ist, oder ob es bei richtiger Beurteilung von Haus aus feststeht, dass es keine gesetzliche Grundlage hat (10 Ob 47/20i Rn 21; 8 Ob 137/19h ErwGr 1.1.).

1.4.2.: Das rechtliche Interesse an der negativen Feststellungsklage erfordert neben der eben dargestellten Berühmung eines solchen Rechts aber auch eine dadurch hervorgerufene Gefährdung der Rechtsstellung des Klägers (9 Ob 69/21v Rn 21; RIS Justiz RS0039096 [T10]; RS0039260; RS0038974). Es genügt dabei schon, wenn der Kläger in seiner Bewegungsfreiheit im Rechtsleben in der Vornahme wirtschaftlicher Maßnahmen behindert wird (10 Ob 47/20i Rn 21; 8 Ob 137/19h ErwGr 1.1.).

1.4.3.: Drittens muss die begehrte (Negativ)Feststellung das zur Beseitigung dieser Gefährdung geeignete Mittel sein (9 Ob 49/22d Rn 1; 9 Ob 69/21v Rn 21; 10 Ob 47/20i Rn 21; RIS Justiz RS0039096 [T8]).

1.5.: Ausgehend von diesen allgemeinen Grundsätzen hat der Oberste Gerichtshof bereits eine Mehrzahl von Fällen entschieden, denen auch hier für die erhobene Rechtsrüge der Berufung Relevanz zukommt:

1.5.1.: Im Verfahren 1 Ob 528/94 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass eine in der Ausstellung von Rechnungen zu sehende Berühmung, mit dem Kläger bestimmte Kaufverträge abgeschlossen zu haben, und die sich daran möglicherweise anknüpfenden privatrechtlichen Folgen ein (negatives) Feststellungsinteresse begründen können.

1.5.2.: Auch im Verfahren 8 Ob 85/03p wurde in der Ausstellung einer Rechnung für geschaltete Inserate, die überdies gemahnt wurde, nicht nur die Berühmung eines Rechts (nämlich die in der Ausstellung liegende Behauptung, der Kläger habe Inseratenaufträge erteilt) erblickt, sondern auch angenommen, dass die Rechnungslegung den Kläger in seiner Bewegungsfreiheit behindert, werde doch seine wirtschaftliche Position maßgeblich durch eine behauptete Forderung von dort immerhin EUR 124.680,32 beeinträchtigt.

1.5.3.: Im Verfahren 4 Ob 19/09m hatten die Beklagten in einem gemeinsamen Schreiben fünf verschiedene Sachverhalte als Rechtsverletzungen (Urheberrechtsverletzungen) angeprangert und den Kläger als Adressaten abschließend aufgefordert, er möge sich binnen 8 Tagen „zu den Sachverhalten […] äußern, ansonsten werden wir unseren Anwalt beauftragen, die Angelegenheit zu bereinigen“ . Der Oberste Gerichtshof billigte die Rechtsauffassung des zweitinstanzlichen Gerichts (OLG Innsbruck 2 R 261/08m), das Verhalten der beiden Beklagten sei als ernsthafte Berühmung eines ihnen nicht zustehenden Rechts zu beurteilen, und bejahte daher die Voraussetzungen einer negativen Feststellungsklage (4 Ob 19/09m ErwGr 3.2. und 3.3.).

1.5.4.: Im Verfahren 8 Ob 131/17y hatte der dort Beklagte ein Forderungsschreiben über EUR 2.100,-- an die Klägerin versendet. Der Oberste Gerichtshof bejahte das rechtliche Interesse der Klägerin im Sinn des § 228 ZPO an einem entsprechenden negativen Feststellungsbegehren (8 Ob 131/17y ErwGr 4.1.).

1.5.5.: In dem bereits vom Erstgericht zitierten Verfahren 8 Ob 137/19h hatte die Beklagte dem Kläger gegenüber unter Klagsandrohung eine Forderung von EUR 10.548,46 fällig gestellt und behauptet, dass der Kläger ihr gegenüber in diesem Umfang schadenersatzpflichtig geworden sei, wobei sie auch noch ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Klägers in den Raum stellte. Auch dort nahm der Oberste Gerichtshof an, dass die daran möglicherweise anknüpfenden privat- sowie strafrechtlichen Folgen das Feststellungsinteresse des Klägers begründeten (8 Ob 137/19h ErwGr 2.).

1.6.: Die Beurteilung des Erstgerichts, wonach die Konkurrenzklauseln mangels Erreichens der Entgeltgrenze des § 36 Abs 2 AngG von Anfang an unwirksam gewesen sei (ON 8 S 14), wird im Rechtsmittel nicht mehr substanziiert bestritten. Im Gegenteil macht die Berufung in ON 10 S 3 zweiter Absatz geltend, sie habe in erster Instanz ohnehin vorbringen wollen, die Rechtsunwirksamkeit werde zugestanden. Auf diesen selbstständigen Aspekt einzugehen ist dem Berufungsgericht daher im Rechtsmittelverfahren verwehrt.

1.7.: Im vorliegenden Fall steht unbekämpft fest, dass die Arbeitsverträge der Kläger mit der Beklagten jeweils unter Pkt 12. eine Konkurrenzklausel enthalten (ON 8 S 5). Nach einvernehmlichem Ausscheiden der Kläger aus dem Unternehmen der Beklagten gründeten diese unter der Firma F* eine zu FN G* in das Firmenbuch eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Beide Kläger sind deren Gesellschafter, der Erstkläger überdies Geschäftsführer (ON 8 S 6 zweiter Absatz). Am 27.4.2022 brachte die Beklagte gegen die F* GmbH eine Unterlassungsklage ein. Mit Antrag vom 28.3.2022 wies die hier Beklagte darauf hin, dass die F* GmbH aktuell bei Kunden der Beklagten auftrete und versuche, diese aggressiv abzuwerben und die Gesellschafter ehemalige Arbeitnehmer der Beklagten seien, die eine Konkurrenzklausel akzeptiert hätten. Darauf gestützt beantragte die hier Beklagte, der F* GmbH aufzutragen, es zu unterlassen, gezielt Kunden der Beklagten (aus einer beiliegenden Kundenliste) anzusprechen oder von der Beklagten abzuwerben, diese Kunden zum Vertragsbruch mit der Beklagten zu überreden, zu motivieren oder dabei zu unterstützen oder im Zusammenhang mit der Beklagten bestimmter Art zu tätigen (keine verfügbaren Techniker im Haus; könne nicht überleben, da sie kein Know-how besitze; sehr chaotische Vorgänge und überwiegend leere Versprechungen der Beklagten; Wechsel vieler Kunden der Beklagten zur F* GmbH, weil dort das erforderliche Know-how vorhanden sei; die Beklagte gestalte Kundenverträge zum Nachteil der Klägerin). Im Rekurs (im Provisorialverfahren) gegen die teils statt- und teils abweisliche Entscheidung des LG Innsbruck vom 1.4.2022 wurde neuerlich auf die Existenz der Konkurrenzklausel in den Arbeitsverträgen der nunmehrigen Gesellschafter als ehemalige Mitarbeiter der Beklagten und den unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Ausscheiden der Kläger und der Gründung der F* GmbH hingewiesen, sowie, dass die nunmehrigen Gesellschafter der F* GmbH schon mit Gründung dieser Gesellschaft gegen das vertragliche Konkurrenzverbot mit der Beklagten verstoßen hätten.

1.8.: Geht man von diesem im Berufungsverfahren unstrittigen Sachverhalt aus, sind alle drei Voraussetzungen für die negative Feststellungsklage erfüllt:

1.8.1.: Die Beklagte berühmte sich mehrfach (fälschlich) der aus dem Gesamtzusammenhang ihres Vorbringens rechtswirksam aufrechten und wirksamen Konkurrenzklauseln, obwohl diese mangels Überschreitung der Entgeltgrenze unwirksam sind.

1.8.2.: Die Kläger werden in ihrer Bewegungsfreiheit im Rechtsleben in der Vornahme wirtschaftlicher Maßnahmen, nämlich insbesondere in der Gründung und dann in der Betreibung ihres Unternehmens F* GmbH, beeinträchtigt.

1.8.3.: Die begehrte Feststellung ist auch das zur Beseitigung dieser Gefährdung einzig geeignete Mittel:

1.8.3.1.: Zunächst setzt sich die Begründung des OLG Innsbruck im Verfahren 2 R 71/22s nicht mit der gegebenen oder fehlenden Rechtswirksamkeit der Konkurrenzklauseln an sich auseinander, sondern begegnet diesem Vorbringen (es handle sich bei den Gesellschaftern der F* GmbH um frühere Mitarbeiter der Beklagten, die Beklagte sei direktes Konkurrenzunternehmen der F* GmbH und bereits mit der Gründung hätten die Kläger gegen das vertragliche Konkurrenzverbot verstoßen) mit der Begründung, allein mit der Gesellschaftsgründung hätten die Kläger noch nicht die einzelnen im Provisorialantrag inkriminierten Verhaltensweisen, insbesondere die vom Sicherungsbegehren umfassten wettbewerbswidrigen Handlungen, gesetzt, sodass weitere Überlegungen dazu auf sich beruhen könnten. Damit ist nicht gesagt, dass eine auf andere inkriminierte Verhaltensweisen gestützte Provisorialverfügung, die wieder im Kern auf den aufrechten Bestand der Konkurrenzklauseln zurückgeführt würde, keinen Erfolg haben könnte. Entgegen dem Standpunkt der Berufung beseitigt also die Begründung der Rekursentscheidung des OLG Innsbruck vom 19.5.2022, 2 R 71/22s, die für die Kläger aus der Berühmung der Konkurrenzklausel bestehende Gefährdung nicht.

1.8.3.2.: Darüber hinaus ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Konsequenz daraus zu ziehen, dass es sich beim Provisorialverfahren um ein gegenüber dem Hauptverfahren selbstständiges Verfahren handelt (9 ObA 157/97f; Zechner Einstweilige Verfügung 204). In diesem soll ein Anspruch gesichert oder ein Rechtsverhältnis vorläufig geregelt werden ( Kodek in Deixler/Hübner [Hrsg] EO [36. Lfg 2022] § 390 EO Rz 4). Anders als im Hauptverfahren geht es nicht primär um den Anspruch selbst, sondern um dessen prozessuale Sicherung bzw Regelung (RIS Justiz RS0004918; König/Weber EV 6 Rz 6.67). Damit ist die Entscheidung im Provisorialverfahren schon für das Hauptverfahren in keiner Weise bindend (7 Ob 104/03z; 6 Ob 232/98f; 4 Ob 581/95) und nimmt der dortigen Anspruchsverfolgung keineswegs das Rechtsschutzbedürfnis (4 Ob 29/94). Auch die im Provisorialverfahren zugrunde gelegte Rechtsansicht ist für das Hauptverfahren nicht bindend (4 Ob 581/95; RIS Justiz RS0043717). Im Hinblick auf diese Selbstständigkeit des Provisorialverfahrens und die nur eingeschränkte Beteiligung des Gegners der gefährdeten Partei dort gilt auch die - ohnedies problematische und überwiegend abgelehnte - Figur der Bindung zur Wahrung der „Entscheidungsharmonie“ im Verhältnis zwischen Provisorialverfahren und Hauptverfahren nicht (6 Ob 232/98f; Kodek § 390 EO Rz 5). Selbst wenn sich - entgegen dem vorstehenden erläuterten Inhalt der Rekursentscheidung 2 R 71/22s - das OLG Innsbruck bereits mit der Rechts(un)wirksamkeit der Konkurrenzklausel auseinandergesetzt hätte, wie die Berufung geltend macht, wäre diese Entscheidung nicht einmal für das Hauptverfahren und schon gar nicht für die Unterlassungsklage zu 69 Cg 69/22z oder das vorliegende Verfahren 79 Cga 30/22p bindend. Auch unter diesem formalen Gesichtspunkt der eingeschränkten Bindung der im Provisorialverfahren geäußerten Rechtsansicht für Hauptverfahren bzw weitere Verfahren ist daher ohne das bekämpfte Feststellungsurteil im vorliegenden Verfahren keine Sicherung der Kläger und keine Beseitigung ihrer Gefährdung verwirklicht.

1.9.: Weitere Aspekte werden im Berufungsverfahren nicht aufgegriffen, insbesondere wird auch allseits eine unterbliebene förmliche Beschlussfassung über die von den Klägern vorgenommene Klagsänderung nicht reklamiert, sodass es damit sein Bewenden haben kann (RIS Justiz RS0039438). Im Übrigen lagen jedenfalls die Voraussetzungen für die Zulassung der Klagsänderung vor.

2.: Für die Beklagte ergibt sich aber auch kein günstigeres Ergebnis, wenn man der Ansicht des Erstgerichts folgt und von einer positiven Feststellungsklage ausgeht :

2.1.: Festzuhalten ist zunächst, dass das Arbeitsverhältnis der Beklagten mit den Klägern unbestrittenermaßen beendet wurde. Das Feststellungsbegehren betrifft also nicht einen Teil eines insgesamt noch aufrechten weitergehenden Rechtsverhältnisses. Ganz abgesehen davon wäre auch bei einem an sich unbestrittenen Rechtsverhältnis zu dessen näherer Aufklärung die Feststellungen einzelner sich daraus ergebender Rechte und Pflichten und deren Grenzen feststellbar (RIS Justiz RS0039117; RS0038931).

2.2.: Allerdings findet sich in den Arbeitsverträgen eine klassisch formulierte Konkurrenzklausel, die gerade die nachvertragliche selbstständige und unselbstständige Erwerbstätigkeit der Kläger dem Wortlaut nach über die Beendigung hinaus beschränkt. Dazu vertreten die Kläger den Standpunkt, es komme ihnen jedenfalls schon deshalb ein Feststellungsinteresse an der Feststellung der Unwirksamkeit dieser Konkurrenzklauseln zu, weil sie von Anfang an unwirksam gewesen und bis zum Schluss der jeweiligen Arbeitsverhältnisse nicht konvalidiert seien. Die Beklagte bestreitet dieses Feststellungsinteresse mit dem Hinweis, mittlerweile sei zumindest aufgrund des Rekursverfahrens 2 R 71/22s OLG Innsbruck und ihres Prozessverhaltens die seinerzeit bestehende Unklarheit über den Bestand bzw die (Un)Wirksamkeit der Konkurrenzklausel und allenfalls daraus ableitbarer Unterlassungs- und/oder Schadenersatzansprüche beseitigt.

2.3.: Dem Standpunkt der Beklagten ist jedoch mit dem Erstgericht unter Hinweis auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 1.7.1981, 6 Ob 509/81, zu erwidern, dass selbst in Fällen, in denen - wie in diesem Präzedenzverfahren - nur Streitigkeiten über die Reichweite (einen Teil des Inhalts) des vertraglich modifizierten (§ 112 HGB = nun UGB) Konkurrenzverbots - dort eines offenen Gesellschafters gegen die übrigen Gesellschafter bzw die Gesellschaft nach Ausscheiden dieses konkurrenzklauselbelasteten Gesellschafters aus der OHG - bestehen, bereits Erklärungen bzw Rechtshandlungen des aus der Konkurrenzklausel berechtigten Teils, die objektiv Anlass zu Zweifeln an Reichweite und Inhalt dieser Klausel geben, ein Feststellungsinteresse für den Zeitraum bis zum Austritt des Feststellungsklägers aus der OHG begründeten. In diesem Präzedenzverfahren war eben klar, dass die Unsicherheiten nur über das ausschließlich für den aufrechten Bestand des Gesellschaftsverhältnisses bzw der Gesellschafterfunktion des Klägers konzipierte Konkurrenzklausel aufgrund der Erklärungen der Rechtsnachfolger der OHG unklar waren. Selbst für diesen Fall hat der Oberste Gerichtshof das Feststellungsinteresse aufgrund der Äußerungen des Rechtsnachfolgers unabhängig von der vom Kläger zusätzlich ins Treffen geführten angeblich drohenden Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen durch die Rechtsnachfolger der OHG bejaht. Im vorliegenden Fall besteht die Unsicherheit aber nicht bezüglich der Wirksamkeit der Konkurrenzklausel für einen bereits vergangenen Zeitabschnitt und bereits vergangene Tätigkeit des durch die Klausel Belasteten (dort ehemaligen OHG-Gesellschafters), sondern für die laufenden gegenwärtigen (nachvertraglichen) und allenfalls künftigen (nachvertraglichen) Tätigkeiten der Kläger (als ehemalige Arbeitnehmer der Beklagten und durch die Konkurrenzklausel belasteten Arbeitnehmer der Beklagten). Gleich wie im Präzendenzverfahren hat die Beklagte nicht nur im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, sondern auch im Rekursverfahren gegen den teilabweisenden Beschluss des Erstgerichts im Provisorialverfahren und schließlich in der mittlerweile erhobenen Unterlassungsklage, in der ebenfalls auf die noch aufrechte Konkurrenzklausel verwiesen wird (ON 1 S 1 Pkt 1 69 Cg 31/22s), erhebliche Unsicherheiten über den Bestand und die Fortwirkung des Konkurrenzklauselverhältnisses und der daraus entspringenden allfälligen Ansprüche der Beklagten begründet. Es wäre daher an der Beklagten gewesen, durch eine unmissverständliche zB Verzichts-Erklärung klarzustellen, dass sie von der Unwirksamkeit der Konkurrenzklausel mindestens ab einvernehmlicher Beendigung der Arbeitsverhältnisse, also für den nachvertraglichen Bereich ausgeht und auf alle aus der Konkurrenzklausel abgeleiteten Ansprüche unwiderruflich verzichtet. Eine solche Erklärung hat die Beklagte weder behauptet noch ist eine solche aktenkundig. Aus der bloßen Entscheidungsbegründung des OLG Innsbruck zu 2 R 71/22s ist nicht einmal zu entnehmen, dass sich dieser Senat des OLG Innsbruck überhaupt meritorisch mit der Frage der Wirksamkeit/Fortwirkung der strittigen Konkurrenzklauseln befasst hat. Vielmehr ließ der zweite Senat des Oberlandesgerichts in dieser Entscheidung diese Rechtsfrage dahinstehen, weil die von der Beklagten beantragten Unterlassungsgebote bereits durch den bescheinigten Sachverhalt jedenfalls nicht gedeckt waren, ohne dass auf die Rechtsfrage der Wirksamkeit/des Fortbestands der Konkurrenzklausel und daraus abgeleiteter allfälliger Rechte der Beklagten abgesprochen werden musste. Trotz des Inhalts der Rekursentscheidung des zweiten Senats des OLG Innsbruck bleibt daher die von der Beklagten durch ihre Erklärungen und Rechtshandlungen geschaffene Unklarheit bestehen. Diese von der Beklagten zu vertretende Unklarheit allein begründet - wie das Erstgericht bereits zutreffend erkannte - das Feststellungsinteresse auch dann, wenn man die Klage unabhängig von ihrer Formulierung als positive Feststellungsklage ansieht (siehe zur fehlenden Bindung und Beseitigung der Gefährdung durch die Rekursentscheidung im Provisorialverfahren 2 R 71/22s auch näher oben ErwGr 1.8.3.2.).

3.: Da somit den auf Klagsabweisung abzielenden Argumenten der Berufung weder unter Annahme einer positiven Feststellungsklage noch in Unterstellung einer negativen Feststellungsklage Erfolg zukommen kann, ist letztlich die exakte Qualifikation des erhobenen Klagebegehrens in die eine oder andere Richtung entbehrlich. Unter diesen Umständen bedurfte es daher weder einer Erörterung der Rechtsnatur der Feststellungsklage (positiv oder negativ) im Sinn des § 182a ZPO, noch im Hinblick auf die Formulierung des Klagebegehrens und schon gar nicht einer - grundsätzlich auch bei Feststellungsklagen zulässigen (8 ObA 4/03a; 8 ObA 11/01b) - Umformulierung des Klagebegehrens.

4.: Zusammengefasst muss daher auch die Rechtsrüge versagen.

C) Verfahrensrechtliches:

1.: Die im Berufungsverfahren unterlegene Beklagte hat den Klägern jeweils die Hälfte (Kopfteilquote: RIS Justiz RS0035919) der rechtzeitig und tarifkonform verzeichneten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen (§§ 50, 41, 40 ZPO, 14 lit a RATG).

2.: Das Berufungsgericht konnte sich - wie durch mehrere Zitate belegt - in allen erheblichen Rechtsfragen auf eine einheitliche Rechtsprechung des Höchstgerichts stützen, von der es nicht abgewichen ist. Eine erhebliche Rechtsfrage in der von den §§ 2 Abs 1 ASGG, 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität war daher in diesem Berufungsverfahren nicht zu klären. Der weitere Rechtszug nach dieser Gesetzesstelle erweist sich daher als nicht zulässig, worüber gemäß den §§ 2 Abs 1 ASGG, 500 Abs 2 Z 1 ZPO ein eigener Ausspruch in den Tenor der Berufungsentscheidung aufzunehmen war.

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