JudikaturOLG Innsbruck

3R13/23w – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
03. April 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Kohlegger als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Engers und die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Pirchmoser als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geb **, Pensionist, **, **straße **, (nunmehr [ON 43]) vertreten durch MMag. Johannes Wechselberger, Rechtsanwalt in Mayrhofen, gegen die beklagte Partei B* , **, **, vertreten durch Mag. Wilfried Huber, Rechtsanwalt in Ramsau im Zillertal, wegen EUR 156.867,41 s.A., über den Rekurs des vormaligen Verfahrenshilfevertreters der klagenden Partei, Dr. C*, Rechtsanwalt in 6240 Rattenberg, **straße **, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 23.12.2022, 10 Cg 85/16i 46, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird t e i l w e i s e Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin a b g e ä n d e r t , dass er lautet:

Die dem Verfahrenshelfer erwachsenen Barauslagen im Sinn des § 64 Abs 1 Z 1 lit f ZPO werden mit EUR 40,32 bestimmt.

Das Mehrbegehren in Höhe von EUR 9,90 wird a b g e w i e s e n .

Die Zahlungsanweisung bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

Der Verfahrenshelfer hat die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls u n z u l ä s s i g .

Begründung:

Text

Gegenstand des Verfahrens war primär ein Geldanspruch des Klägers, den er - wie auch sein Eventualbegehren - in allen drei Instanzen nicht durchzusetzen vermochte. Mit Beschluss vom 16.6.2016 war dem Kläger Verfahrenshilfe unter anderem im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit f und Abs 1 Z 3 ZPO bewilligt worden; mit Bescheid vom 18.5.2017 wurde der nunmehrige Rekurswerber zum „neuen“ Verfahrenshelfer des Klägers bestellt.

Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens beantragte dieser, ihm folgende Barauslagen zu ersetzen:

14.5.2021 ERV-Erhöhung für Fortsetzungsantrag EUR   4,10

6.9.2021 Fahrtkosten 96 km à EUR 0,42 EUR 40,32

27.9.2021 Porto EUR   1,35

30.11.2021 Porto EUR   1,35

14.12.2021 Porto EUR   0,85

11.1.2022 ERV-Erhöhung für Berufung EUR   4,10

20.10.2022 ERV-Erhöhung für außerordentliche Revision EUR   4,10

14.9.2021 Porto EUR   0,85

EUR 57,02

Ohne diesen Antrag einem Verfahrensbeteiligten zuzustellen, wies ihn das Erstgericht mit Beschluss vom 23.12.2022 mit der wesentlichen Begründung ab, Fahrkosten und Porto seien weder bescheinigt noch präzisiert worden; der Ersatz von „ERV-Gebühren“ scheitere daran, dass es sich dabei um keine „faktischen Ausgaben“ im Sinn des § 64 Abs 1 Z 1 lit f ZPO handle.

Gegen diese Entscheidung wendet sich teilweise der rechtzeitige Rekurs des vormaligen Verfahrenshilferechtsanwalts aus den Rechtsmittelgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den bekämpften Beschluss im Sinn einer Bestimmung der Barauslagen mit EUR 50,22 abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt. Zudem strebt das Rechtsmittel den Ersatz der Kosten des Rekursverfahrens an.

Der Revisor und die Parteien des erstinstanzlichen Verfahrens haben sich am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligt.

Der Rekurs ist aufgrund nachstehender Erwägungen teilweise berechtigt:

Rechtliche Beurteilung

1. Mit seiner Mängelrüge reklamiert der Rechtsmittelwerber eine mangelnde Erörterung des Erstgerichts, das verpflichtet gewesen wäre, ihm im Rahmen eines Verbesserungsauftrags die Möglichkeit zu geben, die bestehenden Mängel, nämlich einer mangelnden Bescheinigung und Präzisierung der geltend gemachten Kosten, zu beseitigen.

Davon abgesehen, dass ein Rechtsmittelwerber in einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Pflichten des § 182a ZPO darzulegen hat, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte (RIS-Justiz RS0037095 [T4, T5, T14, T16]) und die Mängelrüge ein solches Vorbringen nicht enthält, existiert in Kostenfragen keine Anleitungspflicht ( Obermaier , Kostenhandbuch³ Rz 1.156; OLG Innsbruck 3 R 55/22w), sodass der behauptete Mangel auch aus diesem Grund nicht vorliegt. Richtig ist zwar, dass ein Antrag auf Barauslagenersatz gemäß § 64 Abs 1 lit f ZPO keiner Befristung unterliegt (OLG Wien, WR 987, 934; OLG Innsbruck 4 R 25/19m); gerade dieser Aspekt erfordert aber die Bejahung einer Erörterungspflicht nicht.

Eine Mangelhaftigkeit vermag der Rechtsmittelwerber somit nicht aufzuzeigen.

2. Anstelle der unter dem Titel „ERV-Erhöhung“ für drei Vertretungshandlungen in Höhe von jeweils EUR 4,10 strebt der Rekurswerber in seiner Rechtsrüge aus demselben Titel den Zuspruch von einmal EUR 0,50 und zweimal EUR 2,50 an; die übrigen Positionen (Porto- und Fahrtkosten) werden unverändert geltend gemacht.

2.1. Die im erstinstanzlichen Verfahren und auch nunmehr im Rechtsmittel gewählte Bezeichnung ist - wie auch die geltend gemachten Beträge zeigen - eindeutig der Regelung in § 23a RATG entnommen, sodass sich der Anspruchswerber eindeutig auf einen Rechtsgrund gestützt hat. Im Rekursverfahren argumentiert er nunmehr, der Barauslagenersatzanspruch des Verfahrenshelfers könne auch jene Kosten umfassen, die diesem aus der Übermittlung von Schriftsätzen etc im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs erwachsen. Richtig ist, dass diese Auffassung vom Rekursgericht zu RIS-Justiz RI0100065 = 4 R 25/19m vertreten wurde, sie betraf aber geltend gemachte Kosten für Kopien und ist daher nicht einschlägig. Hier hat sich der Anspruchswerber eindeutig auf einen im Gesetz geregelten Zuschlag gestützt, sodass seine nunmehrige Argumentation dem auch im Rekursverfahren geltenden Neuerungsverbot widerstreitet (RIS-Justiz RS0108589) und damit unbeachtlich ist.

2.2. Auf die geltend gemachten Portokosten geht das Rechtsmittel mit keinem Wort ein, sodass auf diesen Teil der Rechtsrüge nicht einzugehen ist (vgl RIS-Justiz RS0041719; 9 ObA 110/14p, 8 Ob 137/07s).

2.3. Zu Recht reklamiert der Rekurswerber aber, dass ihm die geltend gemachten Fahrtkosten nicht ersetzt wurden:

Grundsätzlich sind die vom Verfahrenshelfer ausgelegten Kosten nachvollziehbar aufzuschlüsseln und zu bescheinigen (OLG Innsbruck 4 R 38/18x, 3 R 55/22w ErwGr 3; M. Bydlinski in Fasching/Konecny ³ § 64 ZPO Rz 10/1). Dies ist schon deshalb erforderlich, um im Fall einer Teilabweisung den Umfang der Rechtskraft bestimmen zu können (vgl 1 Ob 291/00a, 8 ObA 22/02x).

Diesem Erfordernis ist der Anspruchswerber in ausreichendem Maß betreffend der geltend gemachten Fahrtkosten nachgekommen. Diese wurden für den 6.9.2021 geltend gemacht, an welchem Tag im erstinstanzlichen Verfahren eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vor dem Erstgericht stattfand, an der der Verfahrenshelfer selbst teilgenommen hat (ON 19). Da die Entfernung zum Kanzleisitz des Verfahrenshelfers in ** amtsbekannt und das amtliche Kilometergeld im Gesetz geregelt ist, ist der Rekurswerber bereits im erstinstanzlichen Verfahren seiner Behauptungs- und Bescheinigungspflicht in ausreichendem Maß nachgekommen, sodass ihm dieser Barauslagenersatz zuzuerkennen ist.

3. Insgesamt ist dem bekämpften Beschluss somit im Sinn einer Festsetzung der dem Verfahrenshelfer erwachsenen Barauslagen in Höhe von EUR 40,32 Folge zu geben und dessen (noch aufrechtes) Mehrbegehren abzuweisen.

In Verfahrenshilfesachen ist grundsätzlich ein Kostenersatz nicht vorgesehen (OLG Innsbruck 4 R 25/19m). Im Übrigen stehen auch nach § 11 Abs 2 RATG keine Rekurskosten zu, weil der im Rechtsmittelverfahren begehrte Kostenbetrag EUR 100,-- nicht übersteigt.

Die absolute Unzulässigkeit eines weiteren Rechtszugs ergibt sich aus § 528 Abs 2 Z 3 ZPO (8 ObA 25/04s, OLG Innsbruck 4 R 25/19m, 3 R 55/22w ErwGr 5).

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