3R92/22m – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungs- und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Kohlegger als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Engers und die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Pirchmoser als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. A* , geb **, wissenschaftliche Angestellte, **, **, vertreten durch Dr. Eveline Landmann, Rechtsanwältin in Kirchbichl, gegen die beklagten Parteien 1. B* , geb **, Einzelhandelskaufmann, C* D* E*, F* **, vertreten durch Mag. Christoph Heel, Rechtsanwalt in Innsbruck, und 2. G* , geb **, Einzelhandelsverkäufer, C* D* E*, F* **, vertreten durch Haselwanter Rechtsanwälte GmbH in Telfs, wegen EUR 20.603,87 s.A. und Feststellung (Streitinteresse EUR 3.000,--), über die Berufung der erstbeklagten Partei (Berufungsinteresse EUR 19.603,87 s.A.) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 20.6.2022, 41 Cg 84/21b 33 idF des Berichtigungsbeschlusses vom selben Tag, 41 Cg 84/21b 35, sowie den Rekurs der zweitbeklagten Partei (Rekursinteresse EUR 1.435,32) gegen die hierin enthaltene Kostenentscheidung, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
1. Der Berufung wird k e i n e Folge gegeben.
Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen der Klagsvertreterin die mit EUR 1.849,92 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 5.000,--, nicht aber EUR 30.000,--.
Die (ordentliche) Revision ist n i c h t zulässig.
2. Dem Rekurs wird k e i n e Folge gegeben.
Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen der Klagsvertreterin die mit EUR 252,31 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls u n z u l ä s s i g .
Text
Entscheidungsgründe:
Am 29.8.2018 gegen 21:30 Uhr (also zumindest bei Dämmerlicht) ereignete sich auf der Gemeindestraße „**“ in D* E* ** Unfall, an dem die Klägerin als Fußgängerin und die beiden Beklagten als Radfahrer beteiligt waren.
Die asphaltierte im Unfallbereich etwa 2,9 m breite **straße verläuft annähernd geradlinig und horizontal von Westen nach Osten. Nördlich grenzt an die Fahrbahn eine leicht abfallende Grünfläche, südlich eine Grünfläche, die in eine abfallende Böschung übergeht, an die sich Gehölz und Büsche anschließen.
Die Beklagten lenkten ihre Fahrräder von D* kommend in Richtung ** (Osten) und näherten sich der späteren Unfallstelle mit einer Geschwindigkeit von etwa 20 km/h. Aus dieser benötigten sie - unter Berücksichtigung einer Reaktionszeit von 0,8 Sekunden, einer Bremsschwellzeit von 0,4 Sekunden bei einer mittleren Vollbremsverzögerung von 5,0 bis 6,5 m/sec² ca 7,8 m oder ca 1,9 Sekunden zum Anhalten. Als sich die Beklagten dem Unfallbereich näherten, war das am Rad des Zweitbeklagten montierte Licht in Betrieb; die Fahrradlampe leuchtete eine Strecke von ca 5 m aus. Der Erstbeklagte, dessen E Bike keine Beleuchtungsquelle aufwies, verwendete die Taschenlampe seines Mobiltelefons, um den vor ihm liegenden Weg auszuleuchten; dieses Licht leuchtete jedenfalls weniger als 7 m der vor ihm liegenden Strecke aus.
Die Klägerin, die keine reflektierende Kleidung trug, sondern eine kurze Hose und einen pinken Pullover, und die auch keine Lampe verwendete, näherte sich dem Unfallbereich in westlicher Richtung; ob sie hiebei eine Geschwindigkeit von mehr als 1,35 m/sec einhielt, steht nicht fest.
Als der Erstbeklagte nur noch weniger als 7 m von der Unfallstelle entfernt war, nahm er eine Person wahr. In weiterer Folge kollidierte er mit der Klägerin und kam zu Sturz. Dadurch geriet er in die Fahrlinie des Zweitbeklagten, der dadurch - ohne dass auch er mit der Klägerin in Berührung geriet - ebenfalls zu Boden stürzte.
Bereits aus zumindest 100 m Entfernung hätte die Klägerin das Handylampenlicht des Erstbeklagten und das Radlampenlicht des Zweitbeklagten wahrnehmen können. Hätte sie bereits 3 Sekunden vor dem Kollisionszeitpunkt in Betracht gezogen, dass sie vom Erstbeklagten nicht rechtzeitig wahrgenommen werden könnte, und wäre sie deswegen in den Grünbereich nördlich der Fahrbahn getreten, hätte sie den Unfall vermeiden können. Eine Ausweichbewegung in Richtung Norden wäre ihr längstens 1,5 Sekunden vor dem Kollisionszeitpunkt möglich gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Erstbeklagte ca 10 m von ihr entfernt und für sie noch nicht erkennbar, dass dieser unmittelbar auf sie zusteuert und gegen ihren Körper prallt, wenn er seine Fahrlinie beibehält und/oder sie nicht Richtung Norden ausweicht. Ob die Klägerin noch versuchte, durch eine Bewegung nach Norden einen Zusammenstoß zu vermeiden, steht nicht fest. Die Klägerin wäre für die Beklagten früher erkennbar gewesen, wenn sie reflektierende Kleidung getragen oder eine Lichtquelle (Taschenlampe) verwendet hätte.
Durch diesen Unfall erlitt die Klägerin eine Gehirnerschütterung, eine Rissquetschwunde am linken Augenoberlid und dem Augenwinkel sowie linksseitig am Scheitel, einen Schlüsselbeinbruch links sowie einen Bruch des linken Schienbeins mit einer Rissquetschwunde. Am 11.9.2018 erfolgte ein operativer Eingriff: Zum einen wurde das linke Schlüsselbein offen eingerichtet und mit einer Platte stabilisiert, zum anderen das linke Schienbein gleichfalls mit einer Platte stabilisiert. Nach Durchführung einer CT Untersuchung des Schädels am 30.8.2018 wurden strukturelle Verletzungen (des Gehirns) ausgeschlossen. Der postoperative Verlauf war komplikationsfrei, die Mobilisation mit einer Unterarmstützkrücke rechts und angelegtem Schultergurt links gelang. Zwei Wochen später erfolgte am 15.9.2018 die stationäre Entlassung.
Am (richtig) 21.9.2018 zeigte sich im Bereich des linken Unterschenkels ein postoperativer Infekt, der eine Entfernung des Implantats erforderte. An dessen Stelle wurde ein Oberschenkelgips angelegt. Es wurde eine antibiogrammgerechte Antibiose eingeleitet und über 15 Tage über die Vene verabreicht. Im Anschluss wurde die antibiotische Therapie auf Tabletten umgestellt. Die Wunden heilten gut ab. Mit 23.10.2018 wurde der schmerzadaptierte Belastungsaufbau mit Hilfe von Stützkrücken erlaubt. Bis zu diesem Zeitpunkt verwendete die Klägerin einen Rollstuhl, was aus medizinischer Sicht wichtig war. Am 9.11.2018 zeigte sich der Bruch am Schienbein in Heilung begriffen, der Schlüsselbeinbruch wurde als knöchern verheilt beschrieben. Am 13.12.2018 wurde Beschwerdefreiheit von Seiten des Schlüsselbeins und des Schienbeins dokumentiert. Beide Brüche waren knöchern durchbaut.
Am 8.9.2019 wurde die Platte beim linken Schlüsselbein in einem unauffälligen tagesklinischen Aufenthalt operativ entfernt. Der Verbandswechsel vier Tage später zeigte völlig blande Verhältnisse und es erfolgte der Abschluss der Behandlung.
Bis zum 13.3.2019 war die Klägerin unfallbedingt in ihrer Fähigkeit zur Sportausübung eingeschränkt. Danach standen jedenfalls die am 29.8.2018 erlittenen Verletzungen einer vollständigen körperlichen Belastung nicht mehr entgegen. Ob die Klägerin sportliche Aktivitäten ausübte, die sie unfallbedingt nach dem 13.12.2018 nicht mehr ausübte oder ausüben konnte, steht nicht fest.
Aufgrund der Verletzungen sowie der Tatsache, dass die Klägerin alleine zu Hause sein musste, ging es ihr ca drei bis vier Wochen psychisch nicht gut. Es steht nicht fest, ob die Klägerin unfallbedingt psychische Schmerzen zu erdulden hatte, die Krankheitswert hatten.
Komprimiert betrachtet hatte die Klägerin unfallbedingt 7 bis 8 Tage starke, 3 Wochen mittlere und zwei Monate leichte körperliche Schmerzen zu erdulden. Künftige unfallbedingte Schmerzen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
Ein Wiederaufflammen des auf den Unfall zurückzuführenden Infekts am Schienbein ist möglich. Sonstige unfallkausale Spät- und daraus resultierende Dauerfolgen sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen.
Aufgrund der beim Unfall erlittenen Verletzungen war die Klägerin für sechs Wochen (zumindest somit bis 20.10.2018) überhaupt nicht in der Lage, sich um ihren Haushalt zu kümmern. Während dieser Zeit wurde sie von Freunden und Nachbarn im Haushalt unterstützt. Sie lebte damals alleine in einer ca 30 m² großen Dachgeschosswohnung, in die kein Lift führte. Vor dem Unfall hatte nur sie sich um den Haushalt gekümmert, wofür sie pro Tag jedenfalls zwei Stunden aufgewendet hatte.
Auslagen für die Miete eines Rollstuhls, Medikamente, eine Knieorthese und Pflaster in Höhe von insgesamt EUR 93,87 waren unfallbedingt aus medizinischer Sicht notwendig oder zumindest zweckmäßig.
Soweit steht der Sachverhalt im Berufungsverfahren unbekämpft fest (§ 498 Abs 1 ZPO).
Gestützt auf ein Alleinverschulden der beiden Beklagten am Zustandekommen des Unfalls vom 29.8.2018 strebte die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren die Verurteilung der Beklagten zur gesamtschuldnerischen Zahlung von EUR 20.603,87 (Schmerzengeld EUR 20.000,-- [für körperliche Beschwerden EUR 16.000,-- und seelische Beschwerden EUR 4.000,--], Haushaltshilfe EUR 510,-- und unfallkausale Auslagen EUR 93,87) s.A. an; zudem begehrte sie die mit EUR 3.000,-- bewertete Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für sämtliche Folgen aus dem Unfall vom 29.8.2018; eventualiter erhob sie gegen beide Beklagte alleine inhaltsgleiche Zahlungs- und Feststellungsbegehren.
Hiezu brachte sie im Wesentlichen vor, sie habe sich der Unfallstelle äußerst rechts (gemeint aus ihrer Gehrichtung betrachtet) am nördlichen Fahrbahnrand im Nahebereich der dort angrenzenden Wiese gehend genähert. Plötzlich seien beide oder zumindest einer der Beklagten ungebremst gegen sie gefahren. Beide Fahrräder seien entgegen § 60 Abs 3 StPO nicht beleuchtet gewesen, weshalb die Klägerin die Beklagten auch nicht wahrnehmen und allenfalls unfallvermeidend reagieren habe können. Zudem seien die Beklagten nebeneinander gefahren und hätten jeweils das Gebot des Fahrens auf Sicht missachtet. Insgesamt hätten sie daher das Alleinverschulden am Zustandekommen des Unfalls zu vertreten. Da die jeweilige Beteiligung der Beklagten am Unfallgeschehen für sie nicht bestimmbar sei, würden die Beklagten solidarisch für die unfallbedingt entstandenen Schäden haften. Aus anwaltlicher Vorsicht würden sie jeweils eventualiter alleine in Anspruch genommen.
Aufgrund der von ihr erlittenen Verletzungen und ihrer unfallbedingt schweren psychischen Belastung seien die geltend gemachten Schmerzengeldbeträge angemessen; infolge des Unfalls sei sie in der Führung ihres Haushalts beeinträchtigt gewesen; schließlich seien ihr für Medikamente und Hilfsmittel unfallbedingt Kosten in Höhe von EUR 93,87 erwachsen. Da Dauerfolgen (offenkundig gemeint: weitere Schäden) aufgrund des Unfalls nicht auszuschließen seien, bestehe ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung.
Der Erstbeklagte bestreitet und wendet im Wesentlichen ein, er sei (in Fahrtrichtung betrachtet) rechts und somit am südlichen Fahrbahnrand gefahren. Zum Unfallzeitpunkt sei es nur dämmrig, aber nicht gänzlich dunkel gewesen. Durch das Licht seine Mobiltelefons habe er jedenfalls ausreichende Sicht gehabt. Die Klägerin sei plötzlich aus den Büschen in ihre Fahrspur gesprungen, weshalb er unverzüglich reagiert habe. Dadurch hätten sich sein und jenes des Zweitbeklagten Rad verkeilt, weshalb es zur Kollision gekommen sei. Die Klägerin treffe das Alleinverschulden am Zustandekommen des Unfalls, weil sie die herannahenden Lichtquellen problemlos habe wahrnehmen können und dennoch in ihre Fahrtrichtung gesprungen und nicht am äußerst nördlichen Fahrbahnrand gegangen sei. Zudem sei sie verpflichtet gewesen, durch einen Schritt in die Wiese auszuweichen. Die Voraussetzungen nach § 1302 ABGB lägen jedenfalls nicht vor, eine solidarische Haftung mit dem Zweitbeklagten scheide aus, da der Erstbeklagte keine haftungsbegründende Handlung gesetzt und nicht konkret gefährlich im Sinn der genannten Bestimmung gehandelt habe.
Demgegenüber brachte der Zweitbeklagte vor, er sei am südlichen Fahrbahnrand gefahren und habe seine Fahrlinie stets ausgeleuchtet. Das fallende Rad des Erstbeklagten, der sich seitlich versetzt (in Fahrtrichtung gesehen) links vor ihm befunden habe, habe auch den Zweitbeklagten zu Sturz gebracht. Er selbst habe keinen Kontakt mit der Klägerin gehabt, sodass ihn kein Verschulden treffe. Jedenfalls treffe die Klägerin ein Mitverschulden, da sie die herannahenden, beleuchteten Fahrräder nicht gesehen habe und bei Dunkelheit ohne reflektierende Kleidung und ohne Lichtquelle unterwegs gewesen sei.
Beide Beklagten stellten die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Auslagen außer Streit, bestritten im Übrigen auch die Höhe des erhobenen Leistungsbegehrens und das Vorliegen eines rechtlichen Interesses an der gewünschten Feststellung.
Mit Urteil vom 20.6.2022, im Kostenpunkt aufgrund einer Verwechslung der Beklagten berichtigt mit Beschluss vom selben Tag, verpflichtete das Erstgericht den Erstbeklagten zur Zahlung von EUR 16.603,87 s.A. und stellte dessen Haftung für sämtliche künftige, derzeit noch nicht vorhersehbare Folgen aus dem Unfall vom 29.8.2018 gegenüber der Klägerin fest. Die Haupt- und Eventualmehrbegehren der Klägerin wies es ebenso ab wie sämtliche gegenüber dem Zweitbeklagten erhobenen Begehren. Im Kostenpunkt verpflichtete das Erstgericht unter anderem die Klägerin zur Zahlung von EUR 11.150,68 an den Zweitbeklagten.
Hiebei ging es vom eingangs referierten Sachverhalt aus und traf folgende weitere, soweit im Berufungsverfahren umkämpft kursiv hervorgehobene und mit (1) bis (3) bezeichnete Feststellungen:
„(1) Der Zweitbeklagte steuerte sein Rad 0,9 m links des südlichen (rechten) Fahrbahnrandes. (2) Der Erstbeklagte fuhr ca 1 bis 2 m vor dem Zweitbeklagten und nördlich der gedachten Fahrbahnmitte.
(3) Es steht nicht fest, ob die Klägerin am äußerst nördlichen Fahrbahnrand ging oder einen Abstand zum nördlichen Fahrbahnrand einhielt, bejahendenfalls wie groß dieser Abstand war. Insbesondere steht nicht fest, ob sie noch eine Körperbreite (ca 50 cm) weiter nördlich gehen hätte können, ohne dabei zumindest mit dem rechten Fuß auf der Grünfläche aufzutreten. Auch steht nicht fest, ob sich die Klägerin zunächst südlich der Fahrbahn aufhielt und von dort in Richtung des nördlichen Fahrbahnrandes sprang, als sich die Beklagte bereits bis auf wenige Meter dem Unfallbereich genähert hatten.“
In rechtlicher Beurteilung der Sache vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Erstbeklagte sei entgegen § 68 Abs 2 StVO neben dem Zweitbeklagten gefahren, habe gegen das Rechtsfahrgebot des § 7 StVO verstoßen und entgegen § 60 Abs 3 StVO sowie § 1 Abs 1 Z 3 bis 6 und Abs 4 der Fahrradverordnung keine ausreichende Lichtquelle mit seinem Fahrrad verwendet; schließlich habe er auch dem Grundsatz des Fahrens auf Sicht zuwidergehandelt, weil er bei der von ihm eingehaltenen Geschwindigkeit nicht innerhalb seiner Sichtstrecke anhalten habe können. Demgegenüber sei der Klägerin kein Mitverschulden anzulasten, weil die getroffene Negativfeststellung zu ihrer exakten Gehlinie zu Lasten des Erstbeklagten gehe. Es treffe zwar zu, dass die Klägerin die Lichter der Beklagten bereits aus großer Entfernung habe sehen können, nur deshalb sei sie aber nicht verpflichtet gewesen, in die Wiese auszuweichen; insbesondere habe sie nach den Feststellungen erst zu einem Zeitpunkt erkennen können, dass der Erstbeklagte auf sie zusteuert, als ihr ein Ausweichmanöver nicht mehr möglich gewesen sei. Den auf die mangelnde Verwendung einer reflektierenden Bekleidung oder einer Lichtquelle gestützten Mitverschuldenseinwand habe nur der Zweitbeklagte erhoben.
Dieser habe zwar gleichfalls gegen das Verbot des Fahrens auf Sicht verstoßen, nach den Feststellungen sei der Zweitbeklagte aber erst durch die Kollision zwischen der Klägerin und dem Erstbeklagten zu Sturz und sei es zwischen dem Zweitbeklagten und der Klägerin zu keiner Berührung gekommen; demnach sei auch nicht denkbar, dass die Verletzungen der Klägerin durch das Verhalten des Zweitbeklagten verursacht worden seien. Einen Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot sei diesem ohnehin nicht anzulasten, weil er äußerst rechts gefahren sei.
Zur Höhe des der Klägerin zuzusprechenden Schmerzengeldbetrags legte das Erstgericht einleitend zutreffend die Grundsätze für die Bemessung dieses Schadenersatzes dar und verfocht im Detail die Auffassung, aufgrund der von der Klägerin erlittenen körperlichen Schmerzen und des von ihr aus Anlass der Behandlungen zu ertragenden Unbills (Verbot der Belastung im Fuß- und Schulterbereich; häufige Behandlungstermine; Tragen von Schultergurt; Verwendung von Unterarmstützen; längere antibiotische Behandlung erforderlich) sei ein Schmerzengeld von EUR 16.000,-- angemessen. Die Kosten an Haushaltshilfe und für unfallkausale Aufwendungen seien kausal und hinsichtlich ersterem der Höhe nach angemessen und zweiterem der Höhe nach unstrittig. Im Kostenpunkt folgte es - soweit für das Rechtsmittelverfahren relevant - dem Einwand der Klägerin, wonach die Erörterungsanträge vom 14.2.2022 (ON 21) und 27.4.2022 (ON 28) nur nach TP 2 und nicht wie verzeichnet nach TP 3A zu entlohnen seien.
Während die Klägerin den klagsabweisenden Teil dieser Entscheidung unangefochten in Rechtskraft erwachsen ließ, wendet sich gegen deren klagsstattgebenden Teil die rechtzeitige Berufung des Erstbeklagten aus den Rechtsmittelgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das bekämpfte Urteil im Sinn einer Abweisung der Begehren der Klägerin auch in Ansehung des Erstbeklagten abzuändern.
Zudem hat der Zweitbeklagte rechtzeitig Kostenrekurs gegen die ihn betreffende Kostenentscheidung im Urteil vom 20.6.2022 erhoben; unter Ausführung des Rechtsmittelgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird eine Abänderung der bekämpften Entscheidung im Sinn einer Erhöhung des Zuspruchs um EUR 1.435,32 angestrebt.
Die Klägerin beantragt in ihren jeweils rechtzeitigen Rechtsmittelgegenschriften, den Rechtsmitteln der Beklagten den Erfolg zu versagen.
Nach Art und Inhalt der geltend gemachten Berufungsgründe war auch über dieses Rechtsmittel in nichtöffentlicher Sitzung zu befinden (§§ 480 Abs 1 ZPO, 526 Abs 1 ZPO). Hiebei erwiesen sich Berufung und Rekurs als nicht berechtigt:
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Berufung des Erstbeklagten:
1. Der Berufungswerber formuliert in seiner Beweisrüge, Begründungen des Erstgerichts seien teils nicht nachvollziehbar, stellten teils eine Scheinbegründung dar und fehle es teils überhaupt an einer Begründung. Da es nicht darauf ankommt, wie die geltend gemachten Berufungsgründe bezeichnet werden, sondern darauf, welchem Berufungsgrund die Ausführungen im Rechtsmittel zuzuzählen sind (RIS Justiz RS0111425) und eine mangelhafte Begründung von Feststellungen eine Mangelhaftigkeit darstellen kann, sind diese Ausführungen auch unter dem Gesichtspunkt einer Mängelrüge zu behandeln.
Bei der Entscheidung von Beweiswürdigungsfragen nach freier Überzeugung (§ 272 ZPO) liegt aber kein Begründungsmangel und keine mangelhafte Beweiswürdigung vor, wenn bei der Begründung dieser Entscheidung Umstände nicht erwähnt wurden, die noch hätten erwähnt werden können, oder eine Erwägung nicht angestellt wurde, die noch angestellt werden hätte können. Das erkennende Gericht ist nicht verpflichtet, sich mit allen Einzelheiten des Verfahrens und allen nur denkbaren Erwägungen auseinanderzusetzen. Wesentlich ist, dass aus seinen Ausführungen erkennbar wird, aus welchen Erwägungen es zum Ergebnis kam, die vorgenommenen Feststellungen treffen zu können oder solche Feststellungen nicht treffen zu können (OLG Innsbruck 3 R 31/12a, 3 R 132/08y, 15 Ra 62/11x; RIS Justiz RS0040180, RS0040165). Von einer Mangelhaftigkeit der Begründung der erstgerichtlichen Feststellungen kann hier aber keine Rede sein; vielmehr hat sich das Gericht erster Instanz gerade bei der Begründung der (Negativ-)Feststellungen zum Unfallhergang ausführlich mit sämtlichen Beweisergebnissen auseinandergesetzt und dargelegt, warum es aufgrund welcher Erwägungen welche Feststellungen getroffen hat und welche Sachverhaltsannahmen nicht getroffen werden konnten (RZ 27 37). Vielmehr sind die angefochtenen Feststellungen das Ergebnis einer sämtliche Verfahrensergebnisse berücksichtigenden, ausgewogenen und insbesondere auch lebensnahen Beweiswürdigung, sodass es vorweg genügt, auf die Richtigkeit der Argumentation des Erstgerichts hinzuweisen und den nicht stichhaltigen und nicht überzeugenden Argumenten des Berufungswerbers kurz entgegenzuhalten (§ 500a ZPO):
2. Mit seiner Beweisrüge bekämpft der Rechtsmittelwerber zunächst die Sachverhaltsannahmen zum Fahrverhalten der Beklagten - oben mit (1) und (2) bezeichnet - und im Weiteren die Negativfeststellung zur Gehlinie der Klägerin - oben (3). Der Behandlung der Beweisrüge ist zunächst voranzustellen, dass die Geltendmachung des Berufungsgrunds der unrichtigen Beweiswürdigung die bestimmte Angabe erfordert, welche Beweise der Erstrichter unrichtig gewürdigt hat, aus welchen Erwägungen sich dies ergibt und welche Tatsachenfeststellungen bei richtiger Beweiswürdigung aufgrund welcher Beweismittel zu treffen gewesen wären (RIS Justiz RS0041835 [T4]). Dabei reicht der Verweis auf einzelne für den Berufungswerber günstige Beweisergebnisse nicht aus; erforderlich ist vielmehr eine Auseinandersetzung mit sämtlichen Beweisergebnissen. Dabei ist darzustellen, warum das Erstgericht bei richtiger Beweiswürdigung gerade die begehrte Feststellung (und nicht etwa aufgrund anderer vorliegender Beweismittel andere Feststellungen) hätte treffen müssen (6 Ob 177/21d ErwGr 3.1.).
2.1 Zur mit (1) bezeichneten Feststellung (wer von den beiden Beklagten der Rechtsfahrende war) formuliert das Rechtsmittel einleitend, nach Auffassung des Erstbeklagten sei es „genau umgekehrt“ gewesen; damit wird offenkundig die Feststellung angestrebt, der Erstbeklagte sei der rechts fahrende Radfahrer gewesen. Zwei und drei Seiten später wünscht der Berufungswerber in diesem Zusammenhang eine Negativfeststellung zur Frage, welcher der Beklagten rechts oder links gefahren sei, weil keinem der Beklagten eine höhere Glaubwürdigkeit zukomme.
Damit genügt die Beweisrüge schon im Ansatz nicht den einleitend dargestellten Erfordernissen, weil nicht bestimmt angegeben wird, welche Ersatzfeststellung angestrebt wird. Diesem Aspekt kommt gerade hier Relevanz zu, weil eine Negativfeststellung zu dieser Frage im Sinn einer alternativen Kausalität zu einer solidarischen Haftung der Beklagten führen würde (siehe dazu: Karner in KBB 6 § 1302 ABGB Rz 4), während die „umgekehrte“ Feststellung eine Alleinhaftung des Zweitbeklagten, jedoch keine Haftung des Erstbeklagten begründen würde. Somit wäre an sich auf diesen Teil der Beweisrüge gar nicht einzugehen und genügt es der Vollständigkeit halber klarzustellen, dass die angefochtene Sachverhaltsannahme gänzlich unbedenklich ist:
Obwohl im Zusammenhang mit § 272 Abs 1 ZPO meist nur von freier Beweiswürdigung die Rede ist, geht diese Bestimmung darüber hinaus: Die richterliche Überzeugungsbildung hat nämlich die Ergebnisse der gesamten Verhandlung miteinzubeziehen („Verhandlungswürdigung“), dh dass alles Vorbringen der Prozessparteien, ihr Verhalten während der Verhandlung und der persönliche Eindruck von den Prozessbeteiligten in die Würdigung Eingang finden sollen ( Rechberger in Fasching/Konecny ³ § 272 ZPO Rz 6). In diesem Sinn hat das Erstgericht zutreffend gewichtet, dass der Erstbeklagte bei seiner Einvernahme nervös war, welchem persönlichen Eindruck auch das Rechtsmittel ausdrücklich beipflichtet, während es die Aussage des Zweitbeklagten als glaubwürdiger erachtete, weil dieser im Zuge seiner Befragung einen überzeugenden Eindruck hinterließ. Da der beigezogene unfalltechnische Sachverständige den Unfallhergang im Wesentlichen objektiv nicht rekonstruieren konnte und auch die Klägerin mangels Erinnerung an das Unfallgeschehen zu diesem Aspekt nichts Entscheidendes beitragen konnte, ist nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht aus den genannten Gründen der Version des Zweitbeklagten Glauben schenkte. Die vom Berufungswerber georteten Widersprüche in dessen Angaben liegen indes nicht vor: Der Zweitbeklagte hat vor den Sicherheitsbehörden angegeben, sie seien nebeneinander gefahren, der Erstbeklagte links und er rechts, wobei der Erstbeklagte eine Radlänge vor ihm gefahren sei; dieser sei durch den Zusammenstoß mit der Klägerin zu Sturz gekommen und er (der Zweitbeklagte) sei dann über sein (des Erstbeklagten) Fahrrad gefahren und ebenfalls zu Sturz gekommen (ON 2 S 31/32 im Akt 78 BAZ 783/18d). Aus dieser Aussage ergibt sich insgesamt völlig zwingend, dass das Fahrrad des Erstbeklagten im Rahmen des Sturzgeschehens in die Fahrlinie des Zweitbeklagten gekommen ist und kann keine Rede davon sein, der Zweitbeklagte hätte nicht erwähnt, dass das Fahrrad des Erstbeklagten in die Fahrlinie des Zweitbeklagten gekommen wäre. Diese Angaben hat der Zweitbeklagte auch vor Gericht eingangs seiner Vernehmung bestätigt (ON 10 S 13). Richtig ist, dass der Zweitbeklagte im Weiteren angab, er könne nicht erklären, warum er zu Sturz gekommen sei (ON 10 S 15); dies ist aber zwanglos mit der zeitlichen Entfernung vom Unfallgeschehen erklärbar und begründet keine Unglaubwürdigkeit des Zweitbeklagten.
2.2 Anstelle der festgestellten Fahrlinie des Erstbeklagten strebt das Rechtsmittel für den Fall der Annahme, dass er der links fahrende Radfahrer gewesen sei, die Feststellung an, der Erstbeklagte sei ca in der Mitte der Fahrbahn gefahren. Auch zu diesem Punkt stützt sich der Berufungswerber auf seine Angaben, denen höhere Glaubwürdigkeit als jene des Zweitbeklagten zukomme. Entgegen dessen Auffassung ist es aber angesichts der örtlichen Gegebenheiten und dem Fahrverhalten des Zweitbeklagten 0,9 m links des südlichen Fahrbahnrands lebensnah, dass der Erstbeklagte nördlich der gedachten Fahrbahnmitte fuhr, unterhielten sich doch die beiden Radfahrer miteinander (S 31 in ON 2 im genannten Strafakt). Angesichts einer Fahrbahnhälftenbreite von knapp unter 1,5 m, von der der Zweitbeklagte 0,9 m in Anspruch nahm, liegt es angesichts der Breite von Lenkern von Fahrrädern und der Unterhaltung der beiden Beklagten geradezu zwingend auf der Hand, dass der Erstbeklagte jenseits der gedachten Fahrbahnmitte fuhr. Dass der Zweitbeklagte im Rahmen seiner gerichtlichen Einvernahme angab, der Erstbeklagte sei ca in der Mitte der asphaltierten Fahrbahn unterwegs gewesen, steht der bekämpften Sachverhaltsannahme nicht entgegen, weil es sich um eine vage (arg.: ca) Aussage handelt und überdies angefügt wurde, er habe es so in Erinnerung. Damit erklärt sich auch die Unschärfe der Aussage; vor den Sicherheitsbehörden wurde der Zweitbeklagte konkret auf dieses Thema nicht angesprochen.
2.3 Schließlich strebt der Berufungswerber anstelle der Negativfeststellung zum von der Klägerin eingehaltenen Abstand zum nördlichen Fahrbahnrand die Sachverhaltsannahme an, diese habe einen Seitenabstand von 55 cm ab der Körpermitte gemessen mit dem äußerst rechten Punkt ihres Körpers (Schulter) einen Seitenabstand von 30 cm vom nördlichen Fahrbahnrand eingehalten. Ein konkretes Verfahrensergebnis dafür kann der Rechtsmittelwerber jedoch nicht benennen, weil beide Beklagten übereinstimmend angaben, sie hätten die Klägerin vor dem Unfall nicht wahrgenommen (vor den Sicherheitsbehörden: S 25 und 31 in ON 1 wie vor; vor Gericht: ON 10 S 7 und S 16). Damit stellen sich die restlichen Erwägungen des Berufungswerbers als bloße Mutmaßungen dar, die nicht geeignet sind, die getroffene Negativfeststellung in Zweifel zu ziehen.
3. In seiner Rechtsrüge geht der Berufungswerber von einer mangelnden Vermeidbarkeit des Unfalls für die beiden Radfahrer aus, verficht er den Standpunkt, die Klägerin treffe ein Mitverschulden am Zustandekommen des Unfalls, spricht er eine solidarische Haftung der beiden Beklagten an, beanstandet er das Schmerzengeld als überhöht und reklamiert er eine Widersprüchlichkeit des Tenors der erstinstanzlichen Entscheidung zum Feststellungsbegehren.
3.1 Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs kann auf den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nur eingegangen werden, wenn das angefochtene Urteil unter Zugrundelegung des von ihm festgestellten Sachverhalts als unrichtig bekämpft wird (RIS Justiz RS0041585, RS0043603).
Mit seiner Argumentation nimmt der Berufungswerber auf die beweiswürdigenden Ausführungen des Erstgerichts zu denkmöglichen Unfallvarianten (RZ 36) Bezug und argumentiert, zu Lasten der Klägerin sei daher davon auszugehen, dass der Unfall für die Radfahrer nicht zu vermeiden gewesen sei. Damit wird verkannt, dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Erstgerichts zu den wiedergegebenen, teils bekämpften, vom Berufungsgericht jedoch übernommenen Negativfeststellungen führten, selbst aber als Feststellungen nicht zu qualifizieren sind. Damit jedoch entfernt sich der Berufungswerber vom festgestellten Sachverhalt.
3.2 Dessen Auffassung zuwider geht die Negativfeststellung zur Gehlinie der Klägerin zu seinen Lasten, da die Beweislast für ein Mitverschulden des Geschädigten den Schädiger trifft ( Karner § 1304 ABGB Rz 11 uHa 2 Ob 14/91, 2 Ob 2264/96x). Nichts anderes sagen die vom Rechtsmittelwerber zitierten Belegstellen aus; jedenfalls geht es hier nicht um ein rechtmäßiges Alternativverhalten der Klägerin, weil von deren Verletzung des § 76 Abs 1 Satz 2 StVO im Hinblick auf die getroffene Negativfeststellung gerade nicht ausgegangen werden kann. Mit seiner weiteren Argumentation entfernt sich der Berufungswerber wiederum weitgehend von den Feststellungen des Erstgerichts. Richtig ist zwar, dass die Klägerin aus einer Entfernung von zumindest 100 m das Handylampenlicht und das Radlampenlicht wahrnehmen hätte können (RZ 16 der angefochtenen Entscheidung). Allerdings steht (unbekämpft) auch fest, dass für die Klägerin zu einem Zeitpunkt, als ihr noch eine Ausweichbewegung möglich gewesen wäre, nicht erkennbar war, dass der Erstbeklagte unmittelbar auf sie zusteuerte und gegen ihren Körper prallt, wenn er seine Fahrlinie beibehält und/oder sie nicht in Richtung Norden ausweicht. Darauf kommt es aber an, nämlich ab welchem Zeitpunkt der Erstbeklagte als Gefahr für sie erkennbar war. Das war aber nach den zuvor erwähnten Sachverhaltsannahmen erst zu einem Zeitpunkt der Fall, als es für eine Reaktion zu spät war. Zuvor bestand kein besonderer Anlass für die Klägerin, die Fahrbahn zu verlassen oder sonst unfallvermeidend zu reagieren.
3.3 Soweit der Berufungswerber nunmehr eine solidarische Haftung der Beklagten anspricht, setzt er sich mit seinem wiederholten (ON 3 S 4, ON 9 S 2) gegenteiligen Standpunkt im erstinstanzlichen Verfahren in Widerspruch; auf diese Neuerung ( Pimmer in Fasching/Konecny ³ § 482 ZPO Rz 1 2) ist daher aufgrund der Unzulässigkeit der nunmehrige Argumentation nicht einzugehen. Im Übrigen haftet ein „Täter“ nicht, wenn einer von mehreren potenziellen Tätern nachweisen kann, dass er den Schaden sicher nicht verursacht hat ( Karner § 1302 ABGB Rz 4 unter Berufung auf 7 Ob 57/01k). Dieser Beweis ist dem Zweitbeklagten aber nach den Feststellungen gelungen.
3.4 Die Argumentation des Berufungswerbers zum Schmerzengeld erschöpft sich in folgender Wendung: „Das Schmerzengeld ist jedenfalls überhöht angenommen, dieses wäre mit maximal EUR 12.000,-- festzusetzen“ (Pkt 2.d) der Berufungsschrift).
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Rechtsrüge nicht gehörig ausgeführt, wenn die Rechtsauffassung des angefochtenen Urteils als „völlig unrichtig“ bezeichnet wird, denn es handelt sich nur um eine begründungslos gebliebene Ablehnung der Richtigkeit von rechtlichen Schlussfolgerungen in dem angefochtenen Urteil (RIS Justiz RS0041719). Außerdem entspricht es der Judikatur des Höchstgerichts, dass eine Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist, wenn nicht dargelegt wird, aus welchen Gründen - ausgehend vom festgestellten Sachverhalt - die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint (RIS Justiz RS0043603).
Eine Begründung für die Unrichtigkeit der vom Erstgericht vorgenommenen Ausmessung des Schmerzengelds enthält das Rechtsmittel in diesem Sinn nicht. Damit kann auf diesen Aspekt nicht eingegangen werden und genügt es, auf die Richtigkeit der - begründeten - Auffassung des Erstgerichts zu verweisen (§ 500a ZPO).
3.5 Der letztlich vom Berufungswerber geortete Widerspruch im Feststellungspunkt liegt nicht vor:
Zu RZ 2 stellte das Erstgericht fest, dass der Erstbeklagte der Klägerin für sämtliche künftige, derzeit noch nicht vorhersehbare Folgen aus dem Unfall vom 29.8.2018 haftet. Zu RZ 3.2 wies es das Feststellungsbegehren, dass der Erstbeklagte der Klägerin auch für bereits eingetretene und auch noch nicht vorhersehbare Folgen aus dem Unfall vom 29.8.2018 hafte, ab.
Mit dem verurteilenden Erkenntnis trug das Erstgericht der Rechtslage Rechnung, wonach die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden aus einem schädigenden Ereignis zulässig ist, während an der Feststellung bereits fälliger Ersatzansprüche kein Interesse besteht; nur wenn ein Teil des Schadens bereits eingetreten, seine volle Höhe jedoch noch nicht bekannt ist, ist die Verbindung eines Leistungsbegehrens mit einem Feststellungsbegehren zulässig ( Frauenberger-Pfeiler in Fasching/Konecny ³ § 228 ZPO Rz 55). Dieser Rechtsauffassung konsequent folgend hat es das auf die Haftung bereits eingetretener Folgen gerichtete Feststellungsbegehren abgewiesen, zumal nicht erkennbar ist, dass solche noch nicht bezifferbar sein H*. Dass das Erstgericht mit dem Wort „und“ eine Verquickung mit noch nicht vorhersehbaren Folgen vornahm, begründet letztlich keinen Widerspruch, weil diese Wendung mit dem Wort „und“ mit den bereits eingetretenen Folgen junktimiert wurde. Damit liegt keine Nichtigkeit im Sinn des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO vor und noch weniger eine unrichtige rechtliche Beurteilung.
4. Zusammengefasst ist der Berufung somit ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50 Abs 1, 41, 40 ZPO. Aufgrund dieser Bestimmungen hat der im Rechtsmittelverfahren unterlegene Erstbeklagte der Klägerin die rechtzeitig und tarifkonform verzeichneten Kosten deren Berufungsbeantwortung zu ersetzen. Da eine Berufungsverhandlung nicht stattgefunden hat, steht nur der dreifache (und nicht wie verzeichnet vierfache) Einheitssatz zu (§ 23 Abs 9 iVm Abs 3 zweiter Fall RATG). Daraus resultiert der aus dem Spruch ersichtlich Kostenbetrag.
Da kein Anlass besteht, von der auch vom Erstbeklagten unbestritten gebliebenen Bewertung des Feststellungsbegehrens abzugehen, ist auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000,-- nicht übersteigt (§ 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO).
Weil sich das Berufungsgericht in allen entscheidenden Rechtsfragen auf eine gefestigte Judikatur des Obersten Gerichtshofs stützen konnte und demgemäß eine Rechtsfrage mit der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zu lösen war, ist zudem in den Tenor der Entscheidung über die Berufung des Erstbeklagten der Ausspruch aufzunehmen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist (§ 500 Abs 2 Z 3 ZPO).
II. Zum Kostenrekurs des Zweitbeklagten:
Dieser verficht den Standpunkt, ein im Kostenverzeichnis vorliegender Additionsfehler wäre vom Erstgericht amtswegig zu Gunsten des Rekurswerbers zu berücksichtigen gewesen; zudem vertritt er die Auffassung, die beiden Gutachtenserörterungsanträge ON 21 und 28 seien nach TP 3A zu honorieren, weil bei Übermittlung der Sachverständigengutachten vom Erstgericht aufgetragen worden sei, für den Fall, dass eine mündliche Erörterung der Gutachten beantragt werde, gleichzeitig die vom Sachverständigen zu beantwortenden Fragen zur Beantwortung in der Verhandlung bekannt zu geben seien; es handle sich diesfalls nämlich jeweils um aufgetragene Schriftsätze.
1. Ohne konkrete Einwendungen (im Sinn des § 54 Abs 1a ZPO) sind nur offenbare Unrichtigkeiten sowie Schreib- und Rechenfehler in einem Kostenverzeichnis wahrzunehmen, wobei eine offenbare Unrichtigkeit im Sinn dieses Wortlauts vorliegen muss, dh, dass kein eingehendes Aktenstudium und nicht die Lösung mehr oder weniger difiziler Tat-, Rechts- und Wertungsfragen erforderlich ist. Unter solche bereits bei überblicksartiger Akteneinsicht ins Auge stechenden Unrichtigkeiten fallen daher gar nicht erbrachte und damit zu Unrecht verzeichnete Leistungen ebenso wie unverbrauchte Kostenvorschüsse und sonstige evidente Gesetzwidrigkeiten. Auch Fehler, die durch einfaches Gegenüberstellen und Vergleichen der Kostennoten der Prozessparteien bereits ins Auge springen, sind unter dem Begriff der offenbaren Unrichtigkeit zu subsumieren (OLG Innsbruck 3 R 76/18b unter Berufung auf OLG Linz 3 R 80/13z, OLG Innsbruck 3 R 80/13z, OLG Wien 34 R 23/15z).
Da hier (naheliegenderweise) keine Einwendungen der Klägerin im Sinn eines Rechenfehlers des Zweitbeklagten erhoben wurden, kam eine amtswegige Berücksichtigung des behaupteten Rechenfehlers nicht in Betracht. Anders könnte auch nicht der erklärten Absicht des Gesetzgebers im Zuge der Einführung des § 54 Abs 1 ZPO Rechnung getragen werden, die Gerichte zu entlasten. Geradezu konterkariert würde die Rechtslage, wollte vom Erstgericht amtswegig verlangt werden, Rechenoperationen eines Kostenanspruchswerbers über zahllose Einzelpositionen wie hier amtswegig vorzunehmen. Damit muss nicht noch zusätzlich darauf hingewiesen werden, dass die Regelung in § 405 ZPO ausdrücklich verbietet, einer Partei etwas zuzusprechen, was sie nicht begehrt hat.
2. Der vierte Senat des Berufungsgerichts, auf dessen Entscheidung 4 R 27/18d sich der Rekurswerber bei seiner weiteren Argumentation vornehmlich beruft, hat in der Entscheidung vom 21.2.2017, 4 R 17/17g, ausgeführt, der schlichte Antrag einer Partei, den Sachverständigen zur Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung zwecks Erörterung seines Gutachtens zu laden, ohne dass irgendwelche Themen oder Fragen, deren Erörterung konkret begehrt wird, angeführt werden, ein Ansuchen darstelle, das eine Tagsatzung betreffe, und daher unter TP 1 I lit c RATG zu subsumieren sei. Nur dann, wenn in einem Antrag auf Erörterung eines Sachverständigengutachtens auch angegeben wird, welche Aufklärungen bzw Erläuterungen des schriftlichen Sachverständigengutachtens gewünscht werden, seien derartige Schriftsätze nach überwiegender Rechtsprechung nach TP 2 RATG zu entlohnen.
Dieser Auffassung schließt sich das Rekursgericht jedenfalls hier im Hinblick auf den jeweils kurzen Inhalt der Schriftsätze ON 21 und ON 28 an.
Im Übrigen sieht TP 3A I 1 lit d zweiter Fall RATG eine Entlohnung nach dieser Bestimmung für Schriftsätze vor, die vom Gericht aufgetragen werden. Zufolge § 180 Abs 2 ZPO kann das Gericht den Parteien unter anderem auftragen, binnen ihnen einer gleichzeitig zu setzenden Frist Vorbringen zu erstatten. Von einem Auftrag in diesem Sinn kann hier aber keine Rede sein, sondern ging den beiden hier zu behandelnden Schriftsätzen bloß die Aufforderung voran, im Fall der Beantragung einer mündlichen Erörterung des Gutachtens gleichzeitig die vom Sachverständigen zu beantwortenden Fragen zur Vorbereitung der Verhandlung bekanntzugeben (ON 20 und ON 27). Aus dieser Aufforderung kann die gewünschte Rechtsnatur der beiden Schriftsätze ON 21 und ON 28 aber nicht überzeugend argumentiert werden; schließlich wäre es auch nur schwer vertretbar, etwa einen Schriftsatz aufgrund des Auftrags des Gerichts, eine ladungsfähige Adresse eines Zeugen bekanntzugeben oder zur Person eines Sachverständigen Stellung zu nehmen oder über den Stand von allfälligen Vergleichsgesprächen zu berichten, als aufgetragenen Schriftsatz im Sinn der TP 3A zu qualifizieren.
3. Insgesamt ist daher dem Kostenrekurs kein Erfolg zu bescheiden.
Die Kostenentscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht (gleichfalls) auf §§ 50 Abs 1, 41, 40 ZPO. Aufgrund dieser Bestimmungen hat der im Rekursverfahren unterlegene Zweitbeklagte der Klägerin die rechtzeitig und tarifkonform verzeichneten Kosten deren Rekursbeantwortung zu ersetzen.
Die absolute Unzulässigkeit eines weiteren Rechtszugs ergibt sich aus § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.