10R4/23y – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Gosch als Vorsitzenden und die Richter des Oberlandesgerichts Mag. Ortner und Mag. Eppacher als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A***** B *****, vertreten durch die MMMag. Dr. Franz Josef Giesinger, Rechtsanwalt GmbH in Götzis, wider die beklagten Parteien 1. S***** Z ***** und 2. Z *****, beide vertreten durch Dr. Klaus Grubhofer, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen (eingeschränkt) EUR 1.660,50 s.A. und Feststellung (Gesamtstreitwert EUR 6.660,50 s.A.) über den Kostenrekurs (Rekursinteresse EUR 341,75) der klagenden Partei gegen die im Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 1.12.2022, 57 Cg 105/21k 36, enthaltene Kostenentscheidung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird F o l g e gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung dahin abgeändert , dass diese lautet:
„Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen ihrer Vertreterin die mit EUR 7.126,50 (darin enthalten EUR 2.893,20 Barauslagen und EUR 705,52 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu ersetzen.“
Die beklagten Parteien sind weiters zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen ihrer Vertreterin die mit EUR 155,64 (darin enthalten EUR 25,94 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls u n z u l ä s s i g .
Text
begründung:
Mit dem nur im Kostenpunkt angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die Beklagten unter Abweisung eines Mehrbegehrens von EUR 642,-- s.A. zur Zahlung eines Betrages von EUR 1.018,50 s.A. und stellte die Haftung der Beklagten für die künftigen Schäden des Klägers aus dem Verkehrsunfall vom 16.9.2018 fest. Darüber hinaus verpflichtete es die Beklagten zum Ersatz der mit EUR 6.784,57 (darin enthalten EUR 648,56 USt und EUR 2.893,20 Barauslagen) bestimmten Prozesskosten der Klägerin. Seine Kostenentscheidung stützte das Erstgericht auf die Bestimmung des § 43 Abs 2 ZPO, wobei es - den Einwendungen der Beklagten folgend - den Schriftsatz vom 2.6.2022 nur nach TP 2 RATG, und nicht wie von der Klägerin verzeichnet nach TP 3A RATG honorierte.
Während die Entscheidung des Erstgerichts in der Hauptsache unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, richtet sich der fristgerechte Kostenrekurs der Klägerin unter Geltendmachung des Rekursgrunds der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gegen die erstgerichtliche Kostenentscheidung, wobei beantragt wird, diese dahingehend abzuändern, dass der Klägerin ein weiterer Kostenersatz von EUR 341,75 (darin enthalten EUR 56,96 USt) zuerkannt werde.
Die Beklagten haben keine Rekursbeantwortung eingebracht.
Der Rekurs ist b e r e c h t i g t .
Die Rekurswerberin macht geltend, dass ihr Schriftsatz vom 3.6.2022 nach TP 3A RATG zu honorieren sei, da dieser, wie vom Erstgericht aufgetragen, einen Fragenkatalog an den Sachverständigen enthalten habe.
Rechtliche Beurteilung
Dazu war zu erwägen:
1. Der schlichte Antrag einer Partei, einen Sachverständigen zur Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung zwecks Erörterung seines Gutachtens zu laden, ohne dass irgendwelche Themen oder Fragen, deren Erörterung konkret begehrt wird, angeführt werden, stellt ein Ansuchen dar, das eine Tagsatzung betrifft und daher unter TP 1 I lit c RATG zu subsumieren ist. Nur dann, wenn in einem Antrag auf Erörterung eines Sachverständigengutachtens auch angegeben wird, welche Aufklärungen bzw Erläuterungen des schriftlichen Sachverständigengutachtens gewünscht werden, sind derartige Schriftsätze nach überwiegender Rechtsprechung nach TP 2 RATG zu entlohnen (OLG Innsbruck 4 R 17/17g = RIS Justiz RI0100043).
2. Es entspricht jedoch nunmehr ständiger Rechtsprechung, dass ein Antrag auf Gutachtenserörterung mit Fragenkatalog dann nach TP 3A RATG als aufgetragener Schriftsatz entlohnt werden kann, wenn die Partei zur Erstellung eines Fragenkatalogs aufgefordert wurde (RIS Justiz RS0126467 = 2 Ob 162/10b). Trägt also das Gericht den Parteien bei Übermittlung des Gutachtens eines Sachverständigen auf, für den Fall, dass eine mündliche Erörterung dieses Gutachtens beantragt wird, gleichzeitig die vom Sachverständigen zu beantwortenden Fragen zur Vorbereitung der Verhandlung bekanntzugeben, dann handelt es sich bei einem Schriftsatz, mit dem die Gutachtenserörterung beantragt wird und Fragen formuliert werden, um einen aufgetragenen Schriftsatz nach TP 3A RATG (OLG Innsbruck 4 R 27/18d = RIS Justiz RI0100056).
3. Hier hat das Gericht mit Note in ON 23 den Parteien für den Fall, dass eine mündliche Gutachtenserörterung beantragt werden sollte, aufgetragen, gleichzeitig die vom Sachverständigen zu beantwortenden Fragen zur Vorbereitung der Verhandlung zu formulieren. Diesem Auftrag ist die Klägerin mit Schriftsatz (richtig) vom 3.6.2022 in ON 24 nachgekommen: Sie hat mit diesem Schriftsatz nicht nur eine mündliche Gutachtenserörterung beantragt, sondern auch einen umfangreichen Fragenkatalog vorgelegt. Der oben angeführten ständigen Rechtsprechung folgend ist dieser Schriftsatz daher - wie im Rekurs zutreffend geltend gemacht wird - nach TP 3A RATG zu honorieren.
4. Die angefochtene Kostenentscheidung ist dahingehend abzuändern, dass die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung der mit insgesamt EUR 7.126,50 (darin enthalten EUR 2.893,20 Barauslagen und EUR 705,52 USt) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu verpflichten sind.
5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 50 Abs 1, 41 ZPO iVm § 11 RATG. Die Klägerin hat die Kosten ihres Rekurses tarifgemäß verzeichnet.
6. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses stützt sich auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.
Oberlandesgericht Innsbruck, Abteilung 10
Innsbruck, am 27. Jänner 2023
Dr. Klaus-Dieter Gosch, Vizepräsident