23Rs21/22t – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Kohlegger als Vorsitzenden sowie den Richter des Oberlandesgerichts Dr. Engers und die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Vetter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. a Sarah Haider (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AD in RR in Sabine Weber (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Mitglieder des Senats in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , Montagearbeiterin in B* C*, **straße **, vertreten durch Mag. Jürgen Lehner, Mitarbeiter der Arbeiterkammer Vorarlberg (Abteilung Sozialrecht), 6800 Feldkirch, Widnau 2 4, gegen die beklagte Partei D* , E*, B* C*, **gasse **, vertreten durch ihre Mitarbeiterin Mag. a Eleonora Bucher, wegen Schwerarbeitszeiten über die Berufungen der klagenden Partei (ON 23) und der beklagten Partei (ON 25) gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 22.3.2022, 63 Cgs 21/21t 22, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Den Berufungen wird k e i n e Folge gegeben.
Die (ordentliche) Revision ist n i c h t zulässig.
Entscheidungsgründe:
Text
Die am ** geborene Klägerin vollendete am 10.10.2017 das 55. Lebensjahr. Zum Stichtag 1.10.2020 hatte sie 502 Versicherungsmonate, davon 370 Beitragsmonate in der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit, 9 Beitragsmonate in der Pflichtversicherung aufgrund einer Teilversicherung und 123 Beitragsmonate aufgrund einer freiwilligen Versicherung erworben. Die Klägerin war vom 1.11.1997 bis 5.8.2008, 23.8.2008 bis 3.11.2008 und 22.11.2008 bis 13.8.2009 bei der F* G* GmbH in C* als Produktionsmitarbeiterin und Maschinenbedienerin in der Leuchtenfertigung tätig. 80 bis 90 % ihrer Gesamtarbeitszeit entfielen auf die Tätigkeit der Maschinenbedienung. Ihre wöchentliche Normalarbeitszeit betrug 38,5 Stunden (ohne Pause). Dies bedeutete bei gleichmäßiger Verteilung der Normalarbeitszeit an den Wochentagen Montag bis Freitag jeweils 7,7 Stunden (abzüglich der Pausen) Nettoarbeitszeit. Die Klägerin legte zu Mittag meist eine halbe Stunde Pause ein, wobei sie - wie das im Betrieb auch sonst bei Pausen gehandhabt wurde - ausstempeln musste.
Die Klägerin war an einer Fertigungsmaschine eingesetzt, an der Deckenleuchten fabriziert wurden. Diese bestanden aus einem Aluminiumrahmen und Acrylglas für Gewerbebetriebe, Werkshallen oder Bürogebäude. Zunächst musste die Klägerin die auf einem Rollwagen abgelegten Aluminiumprofilleisten abholen und mit dem Rollwagen etwa 20 Schritte zu ihrem Arbeitsplatz bewegen. Dieser Vorgang war zwei- bis dreimal pro Arbeitstag zu verrichten. Die auf einer weiteren Rollvorrichtung positionierten Acrylglasscheiben musste die Klägerin ebenfalls zu ihrem Arbeitsplatz schieben. Anschließend mussten die Scheiben von der Klägerin allein oder mit einer weiteren Mitarbeiterin zusammen auf den Arbeitstisch geschlichtet werden. Die Klägerin fertigte pro Tag ca 200 bis 250 Deckenlampen. Dabei legte sie eine Aluminiumleiste in die Fertigungsmaschine. Anschließend silikonierte sie diese an drei Stellen mit einer Silikonspritzpistole, die an der Decke abgehängt war und mit geringem Kraftaufwand durch einen Handgriff von der Federaufhängung zur Tischplatte gezogen werden konnte. Nach dem Silikonieren wurde die Acrylglasscheibe in eine schablonenartige Vorrichtung an der Maschine eingelegt, gewendet und die zweite Profilschiene positioniert, silikoniert und die Acrylglasscheibe aufgelegt. Ebenso wurde mit den kürzeren Randleisten verfahren, die auf die längeren Profilleisten aufgesteckt werden konnten. Die Fixierung der Randprofile erfolgte durch einen Pressvorgang an der Maschine. Durch einen weiteren Maschinenvorgang wurden Bohrungen an den Aluminiumschienen angebracht, in die im Klickverfahren Halterungen eingedrückt wurden. Die so gefertigten Leuchtenabdeckungen wurden anschließend mit einem Gummihammer an den Ecken nachbearbeitet und in der Folge in eine Holzkiste gelegt.
Die Tätigkeit der Klägerin bei der F* G* GmbH teilten sich an einem 8 stündigen Arbeitstag nach Körperstellung und Art der Arbeit wie folgt auf und waren je nach Körperstellung mit folgenden Energieumsätzen (Joule bzw Kilokalorien) verbunden (bei 8 Stunden insgesamt 5.750,40 Joule = 1.374,35 kcal):
Berechnungstabelle/Gesamt:
Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Produktionsmitarbeiterin bei der F* G* GmbH verbrauchte die Klägerin an einem 8 Stunden-Arbeitstag 1.374 Kalorien, bei einer Nettoarbeitszeit von 8,1 Stunden (489 Minuten) verbrauchte die Klägerin 1.400 Kilokalorien.
Die Klägerin hat im Beobachtungszeitraum vom 1.11.1997 bis 30.9.2020 in den Monaten 9/2001, 7/2003, 9 und 11/2006 sowie 1 3 und 5/2007 an zumindest 15 Tagen pro Monat 8,1 Stunden bei der F* G* GmbH gearbeitet.
Der Lebensgefährte der Klägerin (H*) erlitt im Jahr 2008 eine Hirnblutung. Er bezieht seit 1.7.2008 Pflegegeld der Stufe 7. Die Klägerin beendete am 13.8.2009 einvernehmlich ihr Arbeitsverhältnis bei der F* G* GmbH und übernahm sodann die häusliche Pflege ihres Lebensgefährten, die sie seither täglich ausübt. Über eine Ausbildung im Pflegebereich verfügt die Klägerin nicht.
Mit Bescheid vom 8.10.2010 anerkannte die Hauptstelle Wien der Beklagten den Anspruch der Klägerin auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für die Zeiten der Pflege ihres Lebensgefährten ab 1.7.2010.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.2.2021 stellte die Beklagte bis zum sich ergebenden Feststellungszeitpunkt am 1.10.2020 insgesamt 502 nachgewiesene Versicherungsmonate (370 Beitragsmonate der Pflichtversicherung-Erbwerbstätigkeit, 9 Beitragsmonate der Pflichtversicherung-Teilversicherung und 123 Beitragsmonate der freiwilligen Versicherung) fest. Zugleich lehnte sie die Anerkennung von Schwerarbeitszeiten im Zeitraum 1.11.1997 bis 5.8.2008, 23.8.2008 bis 3.11.2008, 22.11.2008 bis 13.8.2009 und 1.7.2010 bis 30.9.2020 ab. Begründend wird ausgeführt, die Klägerin habe mit der von ihr ausgeübten Tätigkeit als Montagearbeiterin nicht den Mindestverbrauch an 1.400 Arbeitskilokalorien pro Arbeitstag an 15 Tagen des Monats erreicht, sodass keine Schwerarbeit im Sinn des § 1 Abs 1 Z 4 der SchwerarbeitsV vorliege. Die Pflege ihres Lebensgefährten habe nicht zum Erwerb von Pflichtversicherungsmonaten aufgrund einer Erwerbstätigkeit geführt, sodass auch keine Schwerarbeit im Sinn des § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV vorliege. Auch die sonstigen in § 1 SchwerarbeitsV genannten Anforderungen seien nicht erfüllt.
Von diesem Sachverhalt muss das Berufungsgericht - als von den Rechtsmitteln unberührt - gemäß den §§ 2 Abs 1 ASGG, 498 Abs 1 ZPO ausgehen.
Den Bescheid vom 10.2.2021 setzte die Klägerin mit ihrer (fristgerechten) Bescheidklage außer Kraft, mit der sie die Anerkennung von Schwerarbeitszeiten im Zeitraum 1.11.1997 bis 5.8.2008, 23.8.2008 bis 3.11.2008, 22.11.2008 bis 13.8.2009 und 1.7.2010 bis 30.9.2020 im gesetzlichen Ausmaß begehrt. Soweit für das Verständnis der Rechtsmittelentscheidung wesentlich bringt sie vor, die von ihr im Einzelnen beschriebene körperlich schwere Tätigkeit bei der Firma F* G* GmbH habe zu einem die Voraussetzung des § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV übersteigenden Kalorienverbrauch pro Tag bzw Schwerarbeitsmonat geführt. Die besonders belastende Berufstätigkeit im Zusammenhang mit der berufsbedingten Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen im Sinn des § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV sei zumindest bei verfassungskonformer Auslegung auch auf die Klägerin anwendbar.
Die Beklagte bestreitet, beantragt Klagsabweisung und verweist auf ihren bereits im Anstaltsverfahren eingenommenen Standpunkt.
Mit dem bekämpften Urteil wiederholte das Erstgericht den Feststellungsteil des angefochtenen Bescheids (502 Versicherungsmonate; Spruchpunkt 1.), stellte fest, dass die Klägerin in 8 Versicherungsmonaten, nämlich 9/2001, 7/2003, 9/2006, 11/2006, 1 bis 3 und 5/2007 Schwerarbeitszeiten im Sinn der SchwerarbeitsV BGBl II 104/2006 erworben habe (Spruchpunkt 2.) und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren (Spruchpunkt 3.) ab.
Diesem Erkenntnis legte das Erstgericht den eingangs der Berufungsentscheidung wiedergegebenen Sachverhalt zugrunde.
In der Beweiswürdigung führte das Erstgericht unter anderem aus, dass in Auswertung der Verfahrensergebnisse insbesondere der Parteienvernehmung der Klägerin und den vollständigen Arbeitszeitaufzeichnungen keine Anhaltspunkte für zusätzliche Pausen oder Leerzeiten der Klägerin bestünden. Es sei daher dem vom berufskundlichen Sachverständigen - unter Verweis auf diverse Lehrmeinungen aufgrund allgemeiner Überlegungen - vorgenommenen Abzug von Leerzeiten von 10 % nicht zu folgen, sondern der Verbrauch von 1.400 Kilokalorien nach 8,1 Arbeitsstunden pro Tag (in bestimmten Monaten) festzustellen (ON 22 S 7).
Rechtliche Beurteilung
In rechtlicher Beurteilung vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass die Klägerin nach den Feststellungen nur an insgesamt 8 Monaten im relevanten Zeitraum insgesamt 15 Schwerarbeitstage à 8,1 Stunden pro Monat erreicht habe. Nur diese Monate könnten auch als Schwerarbeitsmonate im Sinn des § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV festgestellt werden. § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV stelle auf die berufsbedingte Pflege ab, die bei der Klägerin nicht vorliege. Die Klägerin übe ihre Pflegetätigkeit auch nicht in einer in § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV genannten Institution, sondern zu Hause privat aus. Die freiwillige Selbstversicherung nach § 18b ASVG könne an dieser Einstufung nichts ändern. Daher sei das über die 8 festgestellten Schwerarbeitsmonate hinausgehende Begehren der Klägerin abzuweisen. Mangels Kostenverzeichnisses der Klägerin könne eine Kostenentscheidung entfallen.
Gegen diese Entscheidung wenden sich nunmehr die (rechtzeitigen) Berufungen beider Teile: Die Klägerin bekämpft die Abweisung ihres Feststellungsbegehrens im Zeitraum 1.7.2010 bis 30.9.2020 (Pflegetätigkeit für ihren Lebensgefährten und Teil von Spruchpunkt 3.) aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung dahin abzuändern, dass auch diese Monate als Schwerarbeitszeiten anerkannt werden (ON 23 S 4). Die Beklagte bekämpft Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Urteils aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung auch insoweit im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt (ON 25 S 4).
In ihrer (fristgerechten) Berufungsbeantwortung beantragt die Klägerin , dem gegnerischen Rechtsmittel den Erfolg zu versagen (ON 27 S 2).
Nach Art und Inhalt der geltend gemachten Anfechtungsgründe war die Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung entbehrlich. Über die Rechtsmittel war daher in nichtöffentlicher Sitzung zu befinden (§§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO). Dabei erwiesen sie sich aus nachstehenden Erwägungen als unbegründet:
A) Zur Berufung der Klägerin:
1.: Die Klägerin vertritt zusammengefasst die Auffassung, die Tatsache, wonach die Beklagte ihr mit Bescheid vom 8.10.2010 (Beilage C) den Anspruch auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für die Zeiten der Pflege ihres Lebensgefährten anerkannt hat, erzwinge auch das Anerkenntnis dieser Zeiten (vom 1.7.2010 bis 30.9.2020) als Schwerarbeit im Sinn des § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV. Dies ergebe auch eine verfassungskonforme Auslegung der Schwerarbeitsverordnung, weil ansonsten gleichheitswidrig und unsachlich differenziert werde: jenen Personen, die berufsbedingt die Pflege von physisch und psychisch besonders belasteten Pflegetätigkeiten von Personen ab der Pflegegeldstufe 5 (hier sogar 7) und solchen Personen die - wie die Klägerin - diese Tätigkeit aufgrund einer freiwilligen Pensionsversicherung nach § 18b ASVG ausübten. Dieser Argumentation kann aus folgenden Überlegungen nicht beigetreten werden:
2.: Vorauszuschicken ist zunächst, dass sich der Gesetzgeber im Bereich des § 18b ASVG für die Einführung einer freiwilligen Selbstversicherung pflegender Angehöriger und nicht etwa für eine Pflichtversicherung entschieden hat (10 ObS 65/11y mwH).
3.: Es entspricht ferner herrschender Auffassung, dass die SchwerarbeitsV in ihrem § 1 Abs 1 Z 5 alle Tätigkeiten erfasst, die zur berufsbedingten Pflege von erkrankten oder behinderten Personen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf geleistet werden, wie beispielsweise in der Hospiz- oder Palliativmedizin (10 ObS 149/12b ErwGr 4. und 7.). Als Schwerarbeit im Sinn der §§ 4 Abs 3 APG, 607 Abs 14 ASVG soll demnach nicht einmal jede berufsbedingte Pflegetätigkeit von Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf in bestimmten Einrichtungen gelten, sondern nur jene bestimmten berufsbedingten Pflegetätigkeiten, die der Verordnungsgeber in die SchwerarbeitsV einbezogen hat (10 ObS 149/12b ErwGr 7.). Daher hat der Oberste Gerichtshof zB die Tätigkeit einer leitenden Intensivstations-Schwester nicht als Schwerarbeit im Sinn des § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV eingestuft, zu deren überwiegenden Aufgaben eben nur Planungs-, Organisations- und Kontrolltätigkeiten wie zB das Erstellen von Dienstplänen und die Betreuung von Mitarbeiter:innen gehörte, aber eben nicht die besonders psychisch und physisch belastende Behandlung von den in § 1 Abs 1 Z 5 definierten pflegebedürftigen Personen in den dort genannten Einrichtungen (10 ObS 149/12b ErwGr 7.). Auch der in diesem Vorverfahren unbestritten gebliebene Umstand, dass mit den Aufgaben der dortigen Klägerin - vergleichbar mit den in der Berufung erwähnten besonderen psychischen Belastungen der Klägerin hier - besonders umfangreiche und hohe Verantwortung und erhebliche psychische Belastungen verbunden waren, hielt der Oberste Gerichtshof nach den referierten Intentionen des Gesetzgebers als nicht ausreichend, um die Tätigkeit der dortigen Klägerin zur Qualifikation als Schwerarbeit zu rechtfertigen (10 ObS 149/12b ErwGr 7. aE). Auch nach dem „Schwerarbeitsverordnung-Fragen-Antworten-Katalog“ der Krankenversicherungsträger, der mit dem Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz und der Pensionsversicherungsanstalt koordiniert wurde (Teil I, unselbstständige Erwerbstätige, abgedruckt zB in ARD 5813/7/2007), liegt berufsbedingte Pflege im Sinn des § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV nur vor, wenn die Pflege im Rahmen einer Berufstätigkeit von einer hiezu ausgebildeten Person unmittelbar durchgeführt wird (10 ObS 149/12b ErwGr 6.4.). Auch in der Literatur ist unbestritten, dass Voraussetzung für das Vorliegen von Schwerarbeit nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV - egal ob die Leistung zur Gänze (vollzeitig) oder teilweise (teilzeitig mit einer Untergrenze von mindestens 4 Stunden/Tag) ausgeübt wird, einerseits die Leistung in einer entsprechenden im § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV angesprochen Institution und andererseits die Ausübung eines entsprechenden Pflegeberufs ist ( Milisits Neueste OGH- und EuGH-Judikatur im Bereich „Sozialversicherung“ sowie Neuregelungen: „Haklerregelung neu“ bzw „Langzeitversicherungsregelung und Schwerarbeit“, ZAS 2009/18, 102 [103]; Rainer/Pöltner § 4 APG Rz 178; Teschnar/Widlar/Pöltner ASVG 108. Erg Lfg § 4 APG FN 14; die damals bereits vorliegenden Literaturquellen zustimmend zitiert in 10 ObS 149/12b ErwGr 6.1. und 6.3.). Daher muss selbst bei einer Teilzeitbeschäftigung für die Erlangung eines Schwerarbeitsmonats mindestens 15 Tage der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung vorliegen ( Rainer/Pöltner APG § 4 Rz 178). Dass die Klägerin aber die Voraussetzungen für solch eine Pflichtversicherung nicht erfüllt, wurde oben zu 1. bereits näher dargelegt. Diese Tatsache wird auch in der Berufung - zu Recht - nicht mehr bestritten (siehe ON 23 S 3). Die Klägerin leistete ihre Pflegetätigkeit auch nicht in einer der von § 1 Abs 1 Z 5 aufgezählten Institutionen , sondern zu Hause. Auch diese Tatsche blieb von der Klägerin in beiden Instanzen unbestritten. Dass die Klägerin schließlich die Erfordernisse einer Ausbildung, die zur Ausübung eines Pflegeberufs gemäß § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV berechtigt, hat die Klägerin - zutreffend - nicht einmal behauptet.
4.: Es mag nun sein, dass sich daraus die in der Berufung der Klägerin richtig dargestellte unterschiedliche Behandlung von Personen, die überhaupt ohne Versicherung oder - wie die Klägerin - im Rahmen einer freiwilligen Versicherung eine qualifiziert pflegebedürftige Person betreut einerseits mit jenen, die eine Vielzahl ebenso qualifiziert pflegebedürftiger Personen im Rahmen eines entsprechenden Pflegeberufs als Pflichtversicherte in einer entsprechenden Institution leisten, ergibt. Diese in der Berufung als verfassungswidrig - wohl dem Gleich(behandlungs)grundsatz widersprechende - Rechtslage ist jedoch in Wahrheit unter Bedachtnahme auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs sowie des Obersten Gerichtshofs in Sozialrechtssachen vor dem Hintergrund der einschlägigen Regelung des Art 18 B VG jedenfalls gerechtfertigt und nicht unsachlich .
4.1.: Der Gleichheitsgrundsatz verbietet nicht nur, Gleiches ungleich zu behandeln, sondern auch Ungleiches unsachlicherweise gleich zu behandeln. Wesentliche Unterschiede im Tatsächlichen müssen zu einer unterschiedlichen Regelung führen. Dem Gleichheitsgrundsatz wohnt also das Gebot einer differenzierenden Regelung wesentlich unterschiedlicher Sachverhalte inne (VfGH 28.02.1991, B 482/89 ErwGr II.2.a., VfSlg 12.641/1991). Anders formuliert verbietet der Gleichheitsgrundsatz also nur eine unsachliche Ungleichbehandlung (VfGH 14.03.2017, G 164/2016 ErwGr IV.2.7.2., VfSlg 20.151/2017). Die Berufung schenkt nun ua der Tatsache nicht ausreichende Beachtung, dass sich die Stellung der Klägerin in drei wesentlichen Aspekten von der § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV erfassten Personen unterscheidet: Sie verfügt nicht über eine Ausbildung, die zur Ausübung eines Pflegeberufs befähigt und übt eine solche nicht aus; sie betreut nicht eine Mehr- oder Vielzahl von qualifiziert pflegebedürftigen Patienten in einer der im § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV angesprochenen Institutionen; sie ist nicht pflichtversichert in der Pensionsversicherung, sondern nur teilversichert nach § 18b ASVG. Diese sachlichen Unterschiede rechtfertigen daher auch eine unterschiedliche Behandlung der Klägerin.
4.2.: Der Gleichheitsgrundsatz gebietet dem Gesetzgeber, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln und setzt ihm - im Weg des aus ihm abgeleiteten Sachlicheitsgebots - insofern inhaltliche Schranken, als er es verbietet, andere als sachlich begründbare Differenzierungen zwischen den Normadressaten zu schaffen (VfGH 7.3.2018, G 136/2017ua ErwGr IV.11., VfSlg 20.151/2017; vgl VfGH 3.12.2018, G 103/2018 ErwGr IV.2.5.1.). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (VfGH 3.12.2018, G 103/2018 ErwGr IV.2.5.1., VfSlg 20.298/2018; 7.3.2018, G 136/2017 ua ErwGr IV.11., VfSlg 20.151/2017). Dem Gesetzgeber steht bei der Beurteilung sozialer Bedarfslagen und bei der Ausgestaltung der an diese Bedarfslagen anknüpfenden sozialen Maßnahmen sowohl ein weiter Beurteilungs - als auch ein weiter rechtspolitischer Gestaltungs spielraum zu (VfGH G 165/08 ua). Dies entspricht auch der Judikatur des Obersten Gerichtshofs in Sozialrechtssachen (zB 10 ObS 65/11y). Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass dem österreichischen Sozialversicherungsrecht das Prinzip der Äquivalenz von Beitrag und Leistung grundsätzlich fremd ist (zB VfGH 24.9.2009, G 165/08 ua ErwGr IV.B.3.4., VfSlg 18.885/2009). Davon ausgehend entspricht es der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofs in Sozialrechtssachen, dass das Sozialversicherungsrecht eben nicht auf eine volle Äquivalenz von Beitragsleistung und Versicherungsleistung abzielt (10 ObS 65/11y; 10 ObS 119/07b; RIS Justiz RS0110085). Die von der Klägerin bemängelte Reichweite des § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV liegt daher durchaus im Rahmen des gesetzgeberisch zulässigen Beurteilungs- und rechtspolitischen Gestaltungsspielraums.
4.3.: Bei der Beurteilung, ob eine gesetzliche Regelung dem Sachlichkeitsgebot entspricht, ist weiters deren Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen, insbesondere zu beachten, ob dadurch ein Wechsel des Gesamtsystems vorgenommen wird (VfGH 3.12.2018, G 103/2018, VfSlg 20.298/2018 ErwGr IV.2.5.3.). Genau dies ist hier der Fall: Das System der Schwerarbeitspension beruht auf den gesetzlichen Grundlagen der §§ 4 Abs 4 APG iVm § 607 Abs 14 ASVG und der SchwerarbeitsV BGBl I 2006/104 (Verordnung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generation und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten: siehe zB VfGH 6.10.2011, G 20/11 ErwGr IV.6.2., VfSLG 19.530/2011; 10 ObS 149/12b ErwGr 4. und 8.1. mwH). Damit wurde das bisher geltende System durch den Gesetzgeber mit der Pensionsreform 2003 im Rahmen des BBG 2003 BGBl I 71/2003 vollkommen neu aufgesetzt (für viele: Rainer/Pöltner in SV Komm [166. Lfg 9/2016] § 4 APG Rz 110 ff). Diese Systemänderung mit ihrem Inhalt unter anderem des hier strittigen, von der Klägerin kritisierten § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV liegt daher auch wegen dieser Systemänderung im weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem in der Berufung geltend gemachten Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (VfGH 3.12.2018, G 103/2018 ErwGr IV.2.5.1., VfSlG 20.298/2018; 21.6.2004, G 4/03 ErwGr III.2.1., VfSlg 17.238/2004). Der Gleichheitssatz bietet weder einen Schutz vor (auch nachteiligen) Gesetzesänderungen noch erlegt er dem Gesetzgeber Grenzen auf, die ihn bei seiner Entscheidung über das „Ob“ der Gesetzesänderung in irgendeiner Weise beschränken würden, sofern nur das Gesetz in der geänderten Fassung - wie hier bereits dargelegt - den Anforderungen des Gleichheitssatzes entspricht (VfGH 3.12.2018, G 103/2018, ErwGr IV.2.5.3.,VfSlg 20.298/2018; 7.3.2018, G 136/2017ua ErwGr IV.11., VfSlg 20.151/2017). Damit kann die Klägerin aber bestenfalls einen sog „Härtefall“ dartun, also einen Sachverhalt, der in Abweichung vom geregelten Normsachverhalt aufgrund bestimmter Sonderumstände besonders gravierende Konsequenzen hat. Auch nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs machen solche Härtefälle eine gesetzliche Regelung nicht verfassungswidrig oder unbeachtlich (10 ObS 30/16h ErwGr 4.4.; RIS Justiz RS0053509 [T6, T7]; RS0112311).
B) Zur Berufung der Beklagten:
1.: Mit ihrer vorbildlich im Rahmen der Rechtsprechung dargestellten Beweisrüge bekämpft die Beklagte folgende oben in der Darstellung des Urteilssachverhalts kursiv gesetzte Tatsachenfeststellung:
„Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Produktionsmitarbeiterin bei der Firma F* I* GmbH verbraucht die Klägerin bei einem 8 Stunden-Arbeitstag 1.374 kcal. Bei einer Nettoarbeitszeit von 8,1 Stunden (489 Minuten) verbraucht die Klägerin 1.400 kcal.“
Die Beklagte begehrt die - wie von ihr zutreffend dargestellt bei hypothetisch darauf basierender rechtlicher Beurteilung zur vollständigen Klagsabweisung führende - Ersatzfeststellung:
„Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Produktionsmitarbeiterin bei der Firma F* I* GmbH verbraucht die Klägerin bei einem 8 Stunden-Arbeitstag nach Abzug von 10 % Leerzeiten 1.237 kcal. Der relevante Grenzwert von 1.400 kcal ermittelt sich bei der Klägerin bei 9,1 Stunden Nettoarbeitszeit“ [Hervorhebung durch den Berufungssenat].
Mit der Argumentation des Rechtsmittels ist die angefochtene Feststellung des Erstgerichts aber nicht zu erschüttern und die Ersatzfeststellung ausgehend von den konkreten Verfahrensergebnissen nicht möglich:
2.: Vorauszuschicken ist in diesem Zusammenhang, dass auch anlässlich der Behandlung einer Beweisrüge einer Berufung nur zu überprüfen ist, ob das Erstgericht die ihm vorliegenden Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat, nicht aber, ob seine Feststellungen mit der objektiven Wirklichkeit tatsächlich übereinstimmen (3 Ob 2004/96v; OLG Innsbruck 25 Rs 135/12g, SVSlg 62.419; OLG Innsbruck 13 Ra 6/22p ErwGr A). 2.; A. Kodek in Rechberger/Klicka ZPO 5 [2018] § 482 Rz 6 aE). Gemäß § 272 ZPO (hier iVm § 2 Abs 1 ASGG) obliegt die Beweiswürdigung (zunächst) dem erkennenden Gericht. Dieses hat nach sorgfältiger Überzeugung unter Berücksichtigung der Ergebnisse des gesamten Verfahrens zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht. Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass in den Akten einzelne Beweisergebnisse existieren, die für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers sprechen, reicht im Allgemeinen noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung mit dem Ergebnis aufzuzeigen, dass die erstinstanzlichen Feststellungen abgeändert werden müssen (OLG Wien 133 R 80/18i ErwGr 2.1. [veröffentlicht unter RIS Justiz RW0000815]; 34 R 47/16f ErwGr 3.5. [veröffentlicht unter RIS Justiz RW0000784]; LG Eisenstadt 13 R 93/03d, RIS Justiz RES0000012; OLG Innsbruck wie vor). Die Beweisrüge muss also überzeugend darlegen, dass die getroffenen Feststellungen zwingend unrichtig sind (OLG Wien 8 Rs 47/12b SVSlg 62.4116; 7 Ra 80/11b ZAS Judikatur 2012/95) oder wenigstens bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen (OLG Wien wie vor; LGZ Wien 38 R 161/14d MietSlg 66.7118; vgl LG Linz 15 R 201/09y, EFSlg 124.958). Auch das Berufungsgericht ist im Rahmen der Überprüfung der vom Erstgericht getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht dazu verpflichtet, sich mit jedem einzelnen Beweisergebnis und/oder mit jedem einzelnen Argument des Berufungswerbers auseinanderzusetzen (RIS Justiz RS0043162; OLG Innsbruck zB 13 Ra 20/20v ErwGr B) 6.1.; 2 R 72/18g ErwGr II. 1.2.). Solche zumindest bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für die in der Berufung gewünschten Ersatzfeststellungen vermag die Berufung aber nicht aufzuzeigen:
3.: Die Berufung konzentriert sich - aus ihrer Sicht konsequent - auf die Frage der vom Erstgericht nicht berücksichtigten „Leerzeiten“. In diesem Zusammenhang stellt sie übersichtlich dar, dass das Erstgericht - ihrer Ansicht nach - zu Unrecht vom berufskundlichen Gutachten ao Univ. Prof. Dr. J* „abgegangen“ sei, nicht wie dieser 10 % „Leerzeiten“ (Zeiten reiner Unproduktivität) abgezogen habe und daher einen „roboterartigen Arbeitsverlauf“ ohne Pausen unterstellt habe, den gerade der Sachverständige - unter Hinweis auf die Praxis mehrerer anderer Gutachter im Bundesgebiet - als hypothetisch eingestuft habe.
4.: Dazu ist vorab festzuhalten, dass auch das Gutachten eines gerichtlich bestellten Sachverständigen nach der eindeutigen Formulierung des Gesetzes nur ein Beweismittel darstellt (§§ 2 Abs 1 ASGG, 351 Abs 1 ZPO; Zankel Der medizinische Sachverständige im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren, ASoK 2009, 68 [Pkt 2. bei FN 4]; 10 ObS 316/02x; 1 Ob 7/85, JBl 1985, 628; RIS Justiz RS0040588 [T5]; OLG Innsbruck zB 23 Rs 36/10f ErwGr C. 3.), das vom Gericht grundsätzlich frei zu würdigen ist (§§ 2 Abs 1 ASG, 277, 327, 367 ZPO; Schumacher Das Fachwissen des Richters, ÖJZ 1999, 132 [insb 135 bei FN 51]; JBl 1985, 628; OLG Innsbruck wie vor). Von diesem Beweismittel kann das Erstgericht - selbst dann, wenn das Gutachten vollständig, widerspruchsfrei, mängelfrei ist und unter Berücksichtigung seines von der Zertifizierung abgedeckten Fachbereichs erging und auf ausreichender Qualifikation des Gutachters beruht - im Rahmen des auch im sozialgerichtlichen Verfahren entscheidenden Prinzips der freien Beweiswürdigung abgehen: Der Beweiswert eines Sachverständigengutachtens kann nach allgemeinen Grundsätzen im Sinn der §§ 2 Abs 1 ASGG, 272 ZPO im gebundenen Ermessensbereich frei gewürdigt werden (2 Ob 208/20g Rn 23; 10 ObS 69/02y). Dies gilt auch dann, wenn das Gutachten frei von den dargestellten Mängeln insbesondere Widersprüchen oder sonstigen Verstößen gegen die Denkgesetze ist (2 Ob 208/20g Rn 23; 3 Ob 517/89; RIS Justiz RS0040632). Die Tatsacheninstanzen können in freier Beweiswürdigung etwa einem Sachverständigen auch keinen Glauben schenken und gegebenenfalls von der Einholung eines weiteren Gutachtens Abstand nehmen, wenn die eigenen Fachkenntnisse - insbesondere im Senatsprozess, der unter Beiziehung fachkundiger Laienrichter stattfindet (10 ObS 315/92; 10 ObS 69/02y; 10 ObS 85/91), wie etwa im sozialgerichtlichen Verfahren - oder sogar bereits die allgemeine Lebenserfahrung zur Beurteilung der relevanten Tatfragen ausreichen (2 Ob 208/20g Rn 23; 8 Ob 155/08i; RIS Justiz RS0043391). Jede andere Sicht der Überprüfungsfähigkeit eines Sachverständigengutachtens führte zu dem grundsätzlich zu missbilligenden Ergebnis, dass eine Bindung an die Ergebnisse eines formal schlüssigen Gutachtens bestünde und nicht weiter überprüfbar wäre, was einerseits mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung und andererseits mit dem Grundsatz kollidierte, dass im unter anderem sozialgerichtlichen Verfahren im Rahmen der Beweiswürdigung keine gebundenen Beweisregeln gelten (2 Ob 208/20g Rn 23). Dies ist grundsätzlich auch in Teilen des Gutachtens möglich. Das Gericht kann daher das Gutachten, wenn es - hier wie im Regelfall - unter anderem auch auf fachlichen gutachterlichen Schlussfolgerungen beruht, im Rahmen des zugrunde liegenden argumentativen Wegs , der den Sachverständigen zu dieser Schlussfolgerung führte und im Gutachten auf nachvollziehbare Weise dargelegt sein muss (OLG Innsbruck zB 13 Ra 2/17t ErwGr A. 3.2.; 3 R 128/12s; 13 Ra 40/12y; 25 Rs 44/12z ErwGr 2.; 23 Rs 25/12s ErwGr 2.) abgehen .
5.: Dazu kommt noch, dass die grundsätzliche Rechtsprechung, wonach das Ziehen von Schlussfolgerungen ausschließlich Aufgabe des Sachverständigen ist, im Rahmen derer er durch andere Beweisergebnisse wie zB Zeugen- oder Parteienvernehmungen nicht widerlegt werden kann (für viele: RIS Justiz RS0040588) in einem Fall nicht anwendbar ist: Soweit der Sachverständige im Rahmen seiner Befundaufnahme Tatsachen festhält , zu deren Wahrnehmung und Wiedergabe keine besondere Sachkunde erforderlich ist, kann es sich beim selbst schlüssigen Befund des Sachverständigen um ein anderen Beweismitteln vollkommen gleichwertiges Beweisergebnis handeln, welches dann im Rahmen der freien Beweiswürdigung durch andere Beweismittel als Sachbefunde gerichtlich bestellter Sachverständiger widerlegt oder ergänzt werden kann. In diesem Umfang kann ein Befund zB durch Zeugenaussagen oder Parteienvernehmungen oder andere Beweismittel ergänzt und auch widerlegt werden (für viele: 1 Ob 4/01x; OLG Innsbruck zB 3 R 25/18b ErwGr A. 9.3.; 23 Rs 20/18s; Pochmarski/Lichtenberg/Tanczos/Kober Die Berufung in der ZPO³ [2017] 126; Pochmarski/Lichtenberg Die Berufung in der ZPO² [2009] 28).
6.: Daher durfte das Erstgericht im Rahmen der Ermittlung des Arbeits(tages)ablaufs des Klägers - als Grundlage der als Befundaufnahme und damit Grundlage der berufskundlichen Begutachtung aufzufassenden Beilagen F bis R nämlich die Zeitnachweislisten nicht vernachlässigen . Die Berufung geht selbst davon aus, dass diese Zeitnachweislisten vollständig sind (ON 25 S 3). Die Beklagte hat auch die Echtheit dieser in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 21.6.2021 dargetanen Urkunden ausdrücklich anerkannt (ON 9 S 4 erster bis vierter Absatz). Die Berufung gibt ferner zu, dass sich aus diesen Zeitnachweislisten neben der - vom Gutachter und vom Erstgericht unstrittig berücksichtigten Mittagspausen - zwischen dem Ein- und Ausstempeln nie zusätzliche Pausen ergeben (ON 25 S 3 vorletzter Absatz). Die Schlussfolgerung der Berufung, dass sich daher zwingend weitere Pausen des Klägers während seiner Arbeitszeit/Arbeitsleistung gerade aus diesen Zeitnachweislisten ergeben würden, ist durch keinerlei nachvollziehbare Beweisergebnisse - abgesehen von den als nicht konkret fallbezogen aufzufassenden Ausführungen des Gutachters ON 12 insb S 46 - nicht gedeckt: Darüber hinaus hat die Klägerin in der selben Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung im Rahmen ihrer Parteienvernehmung ausgeführt, dass sie mittags üblicherweise eine halbe Stunde Pause gemacht hat, aber keine sonstigen Pausen wie zB Kaffee- oder Rauchpausen, weil sie für diese extra ausstempeln hätte müssen (ON 9 S 7 f insb dritter und letzter Absatz). Die Beklagte, die durch qualifizierte Mitarbeiter bei allen vom Erstgericht durchgeführten Tagsatzungen vertreten war, hätte insbesondere im Rahmen der Parteienvernehmung der Klägerin (ON 5) oder anlässlich der Lokalaugenscheine mit dem Sachverständigen am 13.8.2019 und 29.7.2020 ausreichend Gelegenheit gehabt, an die Klägerin zweckdienliche Fragen zum möglichen Umfang der Tätigkeit der Klägerin zu stellen (§§ 2 Abs 1 ASGG, 289 Abs 1, 341 Abs 1, 357, 375 Abs 1 ZPO; Frauenberger in Fasching/Konecny ZPO³ III [2017] § 289 Rz 1 f; § 341 Rz 1; § 375 Rz 6; 1 Ob 28/96; 10 ObS 401/97m; VwGH 24.6.1985, GZ 85/15/0067, AnwBl 1986/2376; OLG Wien 12 R 142/85, REDOK 1491; 31 R 263/82, JBl 1984, 687; 35 R 2004/78, ZAS 1978/28; OLG Graz 7 Rs 1056/87, SVSlg 33.921; LGZ Wien 44 R 666/06a, EFSlg 115.185). Da die Beklagte derartige Fragestellungen trotz ihrer Befugnisse durch ihre Mitarbeiter (§§ 2 Abs 1 ASGG, 289 Abs 1, 341 Abs 1, 375 Abs 1 ZPO) nicht deponiert und daher den Sachverhalt in den für sie bedeutsamen Richtungen, zB der Pausen bzw der Urlaubs- und Krankenstandszeiten oder auch der übrigen in der Berufung erwähnten Verteil-/Unproduktivitätszeiten nicht weiter aufgeklärt hat, kann sich die Beklagte nunmehr im Rechtsmittelverfahren durch die beiden genannten Beweisaufnahmen gewonnenen Verfahrensergebnisse und deren Umfang nicht für beschwert erachten (10 ObS 401/97m; OLG Wien 35 R 2004/78, ZAS 1980/28). Diesen eigenen Verfahrensfehler kann die Beklagte also weder in der Mängel- noch in der Beweisrüge ihrer Berufung gegen die Sachentscheidung erfolgreich geltend machen (OLG Wien 12 R 142/85 oder 31 R 263/82; LGZ Wien 44 R 666/06a). Wenn daher der Sachverständige im schriftlichen Gutachten (zB ON 12 S 46) von 10 % Leerzeiten als Alternative ausgeht, mag diese - wie sich eben aus der im Gutachten enthaltenen alternativen Darstellung ergibt - in anderen Einzelfällen durchaus zutreffen; im vorliegenden Fall liegen für solche „Leerzeiten“ allerdings abgesehen von dem Hinweis des Sachverständigen auf andere (theoretische) Quellen ohne Bezug auf das vorliegenden Verfahren und auf Ergebnisse bzw Erfahrungen in anderen Gerichtsverfahren im konkreten Fall keine ausreichenden Anhaltspunkte vor. Das Erstgericht ist daher dem Gutachten im Rahmen der dort als alternative angebotenen Berechnung unter Einbeziehung von 10 % Leerzeiten ausgehend von den konkreten Verfahrensergebnissen, die solche Leerzeiten konkret nicht ergeben, mit Fug abgegangen.
7.: Diese Vorgangsweise des Erstgerichts findet übrigens auch ausreichend Grundlage in anderen gerichtlichen Verfahren : In der Berufung wird ebenso wenig wie im erstinstanzlichen Verfahren konkret behauptet , dass gerade die konkrete Werkstätten- und Montagetätigkeit der Klägerin solche Leerzeiten (Verteil- und Unproduktivitätszeiten) aufgewiesen hätte, wie sie die Berufung als mit der Lebenserfahrung konform unterstellt (dort ON 25 S 4). Wie oben bereits dargestellt hat die Beklagte insbesondere im Rahmen der Parteienvernehmung der Klägerin keine zweckdienlichen Fragen zum möglichen Umfang der Tätigkeiten der Klägerin in diesen neuralgischen Punkten der Leerzeiten (Verteil- und Unproduktivitätszeiten) gestellt. Sie kann sich also im Rechtsmittelverfahren durch die vom Erstgericht - im Rahmen des durch §§ 2 Abs 1 ASGG, 272 ZPO wie dargestellt eröffneten Ermessen auch gegen die angebotene Alternative des Sachverständigengutachtens - gewonnenen Verfahrensergebnisse und deren Umfang nicht für beschwert erachten. Darüber hinaus müssten sich - wie sich insbesondere aus dem Vergleich mit den Verfahren 10 ObS 1/15t; 10 ObS 4/15h und OLG Innsbruck 23 Rs 14/21m ergibt - aufgrund des konkreten Arbeitsprofils konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass solche Leerzeiten (Verteil- oder Unproduktivitätszeiten), in denen tatsächlich im konkreten Fall keine Arbeitsleistungen erbracht wurden , angefallen sind:
7.1.: Das Verfahren 10 ObS 1/15t (LG Krems/Donau als ASG 8 Cgs 131/13b, OLG Wien als ASG 10 Rs 82/14y) betraf die Arbeitstätigkeit eines Tankwagenfahrers bzw als Lieferant fester Brennstoffe. In diesem Verfahren musste der dortige Kläger offensichtlich auch Betankungsvorgänge (12x täglich bis zu 45 Minuten Dauer) abwarten. Daher lauteten die Feststellungen dahin, dass 10 % der Arbeitszeit unproduktive Zeiten sogenannte Verteilzeiten waren, nämlich Zeiten, in denen tatsächlich überhaupt keine Arbeitsleistungen erbracht wurden. Der Oberste Gerichtshof stellte entgegen den beiden Unterinstanzen unter Hinweis auf die 10 stündige Arbeitsbelastung fest, dass die Arbeitszeiten des Klägers in der Zeit vom 1.12.1994 bis 31.12.2012 Schwerarbeitszeiten im Sinn des § 607 Abs 14 ASVG bzw § 4 Abs 4 APG iVm § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV sind. Dabei ging der Oberste Gerichtshof anders als die Unterinstanzen davon aus, dass nicht nur vom 8 Stunden-Arbeitstag, sondern in diesen Monaten vom tatsächlich geleisteten 10 Stunden-Arbeitstag auszugehen ist. Dabei berücksichtigte der Oberste Gerichtshof die durch die Feststellungen vorgegebenen Kiloverbrauchswerte unter Einbeziehung der nach den Feststellungen beim dort als Kläger auftretenden Versicherten festgestellten unproduktiven Zeiten , in denen tatsächlich keine Arbeitsleistungen erbracht wurden, die sogenannten Verteilzeiten (10 ObS 1/15t ErwGr 2.).
7.2.: Im Verfahren 10 ObS 4/15h (LG Krems/Donau als ASG 40 Cgs 72/13h, OLG Wien als ASG 10 Rs 91/14x) war ein LKW Fahrer betroffen, zu dessen Aufgabengebiet unter anderem die Belieferung von Handelsfilialen und Kunden mit Lebensmitteln mit einem Hängerzug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 40 t zählte. Der Kläger musste den LKW zunächst per Hubwagen mit Paletten bis rund 800 kg oder mit bis zu 400 kg schweren Rollcontainern händisch beladen und die Ware sichern. Nach Fahrt zum Zielort hatte er dort die Ware abzuladen und in den Anlieferungsbereich zu verbringen. Danach hatte er die Retourware und das Verpackungsmaterial wieder einzuladen und die nächste Station der Tour anzufahren. Die einzelnen Wegstrecken, die beim Be- und Entladen zurückgelegt werden mussten, waren unterschiedlich und betrugen zwischen 5 m und 35 m. Die Touren umfassten eine Strecke zwischen 100 bis 500 km, es wurden zwischen 2 und 8 Zielorte angefahren. Ausgehend von einem 8 stündigen Arbeitstag in bestimmten Monaten verbrauchte der Kläger als LKW Fahrer nach den Feststellungen in diesem Verfahren insgesamt 1.817,70 Arbeitskalorien. Ausgehend von einem 9 stündigen Arbeitstag in anderen Zeiträumen einen Wert von ca 2.044 Arbeitskalorien. In diesem Verfahren war nicht festgestellt, dass der dort als Kläger auftretende LKW Fahrer mit einem ähnlichen Aufgabenprofil wie der Kläger als Tankwagenfahrer bzw Lieferant von festen Brennstoffen im Verfahren 10 ObS 1/15t unproduktive Zeiten, in denen keine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wurden, sogenannte Verteilzeiten, absolviert hatte, obwohl auch dort zumindest vorgebracht wurde, dass die Verladetätigkeiten teilweise von Mitarbeitern der Warenempfänger durchgeführt wurden. Daher gingen die Gerichte in diesem Verfahren, unter anderem der Oberste Gerichtshof, auch nicht von solchen Verteilzeiten oder unproduktiven Zeiten aus und berücksichtigten daher solche auch nicht bei der arbeitsphysiologischen Ermittlung des Arbeitskalorienverbrauchs.
7.3.: Im Verfahren 23 Rs 14/21m (infolge unterlassener weiterer Anfechtung rechtskräftig) war ein Montagetischler betroffen, der Arbeitszeiten von Montag bis Donnerstag von 7:00 Uhr bis 12:00 Uhr und 13:00 Uhr bis 17:00 Uhr ableistete, wobei er am Vormittag zusätzlich eine viertel Stunde pausierte. Am Freitag arbeitete der Kläger - ebenfalls unter Einschluss einer viertel Stunde Jausenpause am Vormittag - von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr, also 3 Stunden und 45 Minuten. Weitere Pausenzeiten waren nach den Verfahrensergebnissen nicht feststellbar . Auch in diesem Verfahren wurden mangels konkreten Nachweises solche (erstmalig im Berufungsverfahren substantiiert und als allgemein bekannt eingewendeten) „Verteilzeiten“ bzw „Unproduktivitätszeiten“ nicht berücksichtigt.
7.4.: Auch aus dieser Übersicht aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und des Oberlandesgerichts Innsbruck (je in Sozialrechtssachen) ergibt sich also klar, dass die Berücksichtigung von Leerzeiten (wie in der Berufung formuliert) oder Verteilzeiten bzw Unproduktivitätszeiten (wie in anderen Verfahren formuliert) dann kein Platz ist, wenn - wie hier - die konkreten Verfahrensergebnisse über dem Arbeits(zeit)ablauf keinen Anhaltspunkt für solche die normalen Pausenzeiten übersteigenden Leerzeiten/Verteilzeiten/Unproduktivitätszeiten ergeben. Gerade solche konkreten Verfahrensergebnisse vermag die Berufung nicht zu nennen. Auch der Sachverständige vermag in seinem Gutachten abgesehen von der alternativen Annahme mit Blick auf andere aber nicht das konkrete Verfahren keine solchen konkreten Verfahrensergebnisse für weitere Pausen der Klägerin zu konkretisieren. Auch aus den in der Berufung zitierten Zeitnachweislisten sind zusätzliche Pausenzeiten nicht feststellbar. Konkrete Beweisergebnisse im Sinn von solchen Pausenzeiten (Leerzeiten etc) hat die Klägerin anlässlich der Parteienvernehmung des Klägers durch gezielte Fragestellung eben nicht geschaffen. Die Klägerin hat solche weiteren Pausen mit dem nachvollziehbaren Argument, sie hätte ausstempeln müssen (was insbesondere nach dem fertigungskostenähnlichen Arbeitsablauf der Klägerin verständlich erscheint) bestritten.
8.: Ausgehend von dieser Beweislage sind daher die Feststellungen trotz der im Gutachten angegebenen alternativen, aber eben nicht in konkreten Beweisergebnissen gedeckten Modelllösung nicht zu beanstanden. Der vollständig als Beweisrüge ausgestalteten Berufung der Beklagten musste daher der Erfolg versagt bleiben.
C) Verfahrensrechtliches:
1.: Eine Kosten entscheidung konnte entfallen, weil solche in den im Rechtsmittelverfahren gewechselten Schriftsätzen nicht verzeichnet oder beantragt wurden.
2.: Das Berufungsgericht konnte sich auf eine einheitliche Rechtsprechung des Höchstgerichts stützen, von der es nicht abgewichen ist. Eine erhebliche Rechtsfrage in der von den §§ 2 Abs 1 ASGG, 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität war daher in diesem Berufungsverfahren nicht zu klären. Der weitere Rechtszug nach dieser Gesetzesstelle erweist sich daher als nicht zulässig, worüber gemäß den §§ 2 Abs 1 ASGG, 500 Abs 2 Z 3 ZPO ein eigener Ausspruch in den Tenor der Berufungsentscheidung aufzunehmen war.